Gründe:
I. Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz über einen Anspruch der Antragstellerinnen gegen den Antragsgegner auf
Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom 23. Januar bis 31. Juli 2012.
Die am ... 1965 geborene Antragstellerin zu 1) lebt mit ihren zwei Kindern, der am ... 1996 geborenen Antragstellerin zu 2)
und ihrem am 2. Januar 2002 geborenen Sohn K. in einer nach eigenen Angaben 120 qm bzw. 98,25 qm großen Wohnung, die im Obergeschoss
eines Zweifamilienhauses gelegen ist. In der unteren Wohnung, die nach eigenen Angaben 60 qm bzw. 56,5 qm groß ist, wohnt
der Ehemann der Antragstellerin zu 1), Ralf-Walter E., von dem sie seit 2005 getrennt lebt. Das Haus steht im Eigentum der
Kinder der Antragstellerin zu 1), die es mit notariellem Kaufvertrag vom 16. März 2004 zu einem Preis von 40.000 EUR vom Ehepaar
Reupsch erwarben. Mit Beschluss vom 4. Mai 2005 (11F 276/04 und 11 F 277/04 RE) genehmigte das Familiengericht Köthen den Grundstückskaufvertrag mit der Auflage, das Mietkonto auf die beiden minderjährigen
Kinder umzuschreiben.
Unter dem 16. März 2005 schloss die Antragstellerin zu 1) mit der Antragstellern zu 2) und ihrem Sohn K. einen Wohnraummietvertrag
über die von ihr und den Kindern bewohnte Wohnung ab. Als Nutzungsentgelt wurde eine monatliche Grundmiete von 300 EUR zzgl.
50 EUR Nebenkosten vereinbart. Die Miete hatte die Antragstellerin 1) in bar an ihre Kinder zu leisten, was sie ausweislich
der sich in der Verwaltungsakte des Antragsgegners befindlichen Quittungen für die Monate März bis August 2011 getan hatte.
Unter dem 2. Januar 2011 schloss der getrennt lebende Ehemann mit der Antragstellerin zu 2) und seinem Sohn K. einen Mietvertrag
über die im Zweifamilienhaus gelegene 60 qm große Wohnung ab. Auch hier wurde als Nutzungsentgelt eine monatliche Grundmiete
in Höhe von 300 EUR zzgl. 50 EUR Nebenkosten vereinbart. Ausweislich der sich in der Verwaltungsakte befindlichen Quittungen
leistete er Zahlungen in den Monaten Januar bis November 2011 an seine Kinder.
Die Antragstellerin zu 1) ist Eigentümerin zweier weiterer Grundstücke, aus denen sie Mieteinnahmen in Höhe von insgesamt
1.000 EUR/Monat erzielte. Für die Antragstellerin zu 2) und ihren Bruder erhält sie Kindergeld in Höhe von je 184 EUR/Monat.
Am 1. Juli 2011 eröffnete das Amtsgericht Dessau-Roßlau über das Vermögen der Antragstellerin zu 1), die zuvor selbstständig
tätig war, das Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter zog in der Folge die Mieteinnahmen aus den Grundstücken der Antragstellerin
zu 1) direkt von den Mietern ein.
Für das Haus fielen nach den zu den Akten gereichten Unterlagen in den Monaten Januar bis April 2012 Monaten folgende Kosten
an:
Januar 2012:
Abfallgebühren in Höhe von 80,40 EUR, Schornsteinfeger in Höhe von 55,73 EUR sowie Vorauszahlungen für den Bezug von Trinkwasser
in Höhe von 68 EUR.
Februar 2012:
Grundsteuer in Höhe von 85,80 EUR
März 2012:
Vorauszahlungen für den Bezug von Trinkwasser in Höhe von 68 EUR
April 2012:
Abfallgebühren in Höhe von 80,40 EUR.
Am 19. Juli 2011 stellten die Antragsteller zu 1) und ihre Kinder beim Antragsgegner einen Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 lehnte der Antragsgegner eine Leistungsbewilligung ab. Die Antragsteller seien nicht hilfebedürftig.
Als Bedarf für die Antragstellerin zu 1) legte er neben der Regelleistung in Höhe von 364 EUR Kosten der Unterkunft (KdU)
in Höhe von 350 EUR zugrunde. Den Bedarf der Antragstellerin zu 2) und ihres Bruders K. errechnete er aus dem Sozialgeld in
Höhe von 287 EUR bzw. 251 EUR und KdU in Höhe von 103,09 EUR bzw. 103,11 EUR (insgesamt 206,20 EUR), wobei er die im Laufe
eines Jahres anfallenden Nebenkosten (ohne Heizkosten) auf zwölf Monate aufteilte. Diesem Bedarf stellte er ein anrechenbares
Einkommen bei der Antragstellerin zu 1) in Höhe von 860 EUR (1.000 EUR abzgl. einer Pauschale für Mieteinnahmen in Höhe von
11% und der Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR), bei der Antragstellerin zu 2) und bei K. jeweils in Höhe von 495,50
EUR (350 EUR Mieteinnahmen abzgl. einer Pauschale für Mieteinnahmen in Höhe von 11% zzgl. Kindergeld in Höhe von 184 EUR)
gegenüber. Da das Einkommen den Bedarf übersteige, ergebe sich kein Leistungsanspruch.
Ebenfalls mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Übernahme der Kosten für zu bevorratende
Brennstoffe wegen der fehlenden Hilfebedürftigkeit der Antragsteller ab.
Gegen die Leistungsablehnung legten die Antragsteller Widerspruch ein. Sie fügten ein unter dem 19. Dezember 2011 gefertigtes
Schreiben des Insolvenzverwalters bei, in dem dieser unter Bezug auf §
851b Zivilprozessordnung (
ZPO) darauf hinwies, dass die Mieteinnahmen der Antragstellerin zu 1) nicht zur Verfügung stünden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2012 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen die Leistungsablehnung für die Zeit
von Juli bis Dezember 2012 als unbegründet zurück. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen
(Urteil vom 22. September 2009, L 6 AS 11/09) und des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20. Oktober 2011, L 5 AS 1546/09) seien Einkünfte, auch wenn sie der Insolvenzmasse zufließen, in Rahmen des SGB II als Einkommen anzurechnen. Ansonsten würde dem Grundsatz zuwidergehandelt, dass mit den öffentlichen Geldern der Grundsicherung
keine private Schuldentilgung erfolgen solle.
Am 23. Januar 2012 haben die Antragsteller und K. E. vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau Klage gegen die Leistungsablehnung
erhoben (S 8 AS 177/12) und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten,
ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat K. seinen Antrag mit Schriftsatz vom
10. Februar 2012 zurückgenommen. Im Wesentlichen haben die Antragsteller darauf verwiesen, die Mieteinnahmen in Höhe von 1.000
EUR/Monat stünden ihnen nicht zur Verfügung, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem könne der Antragsgegner nach § 33 SGB II Ansprüche gegen den Insolvenzverwalter verfolgen. Weiterhin habe die Antragstellerin zu 1) einen Anspruch auf Gewährung eines
Zuschlags wegen Alleinerziehung. Der von ihr getrennt lebende Ehemann sei zwar mit ihr zusammen sorgeberechtigt, kümmere sich
aber nicht um die Kinder. Im Erörterungstermin am 9. Februar 2012 haben die Antragsteller im Übrigen die Bedarfsberechnung
des Antragsgegners unstreitig gestellt.
Der Antragsgegner hat sich im Wesentlichen zunächst darauf gestützt, es fehle an einer Antragstellung nach § 37 SGB II für die Zeit ab 23. Januar 2012. Im Übrigen sei unverständlich, weshalb die Antragsteller die Frage der Pfändungsfreiheit
der Mieteinnahmen nicht in einem zivilrechtlichen (Eil-)Verfahren klären ließen.
Am 31. Januar 2012 haben die Antragsteller einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gestellt.
Mit Beschluss vom 15. Februar 2012 hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragsteller vorläufig, längstens
bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes - jeweils als Darlehen - für die
Zeit vom 23. bis 31. Januar in Höhe von 256,62 EUR und für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2012 in Höhe von 855,40 EUR/Monat
zu gewähren. Im Übrigen (vorläufige Leistungsgewährung als Zuschuss) hat es den Antrag abgelehnt. Im Wesentlichen hat es zur
Begründung ausgeführt, bei der Bedarfsberechnung sei ein Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 36% des Regelsatzes (134,64 EUR) anzuerkennen. Für die Berücksichtigung dieses Mehrbedarfs komme es allein auf
die tatsächlichen Verhältnisse an. Es sei deshalb nicht maßgeblich, wer im rechtlichen Sinne als Inhaber des Personensorgerechts
(auch) zur Erziehung berechtigt oder verpflichtet sei, sondern wer sich tatsächlich um die Kinder kümmere und an ihrer Erziehung
beteiligt sei. Die tatsächlichen Umstände, aus denen sich hier das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 SGB II ergebe (keine Entlastung durch den von ihr getrennt lebenden Ehemann), habe die Antragstellerin zu 1) durch die zur Akte
gereichte Eidesstattliche Versicherung in hinreichender Weise glaubhaft gemacht. Unter Zugrundelegung der Berechnung des Antragsgegners
ergebe sich mithin ein Bedarf in Höhe von insgesamt 1.361,02 EUR. (1.216,38 EUR + 134,64 EUR +10 EUR (Erhöhung des Regelsatzes
bei der Antragstellerin zu 1))).
Hinsichtlich der Einkommensberücksichtigung in Bezug auf die Mieteinnahmen der Antragstellerin zu 1) in Höhe von 1.000 EUR/Monat
sei zu berücksichtigen, dass insoweit auch dann von zuzurechnendem Einkommen auszugehen sei, wenn über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren
eröffnet worden sei und ihr das Einkommen tatsächlich nicht zustehe. Auf der anderen Seite bestehe derzeit für sie faktisch
keine Möglichkeit, die Mieteinnahmen tatsächlich zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zu verwenden. Den Antragstellern
seien daher die Leistungen als Darlehen in analoger Anwendung des § 24 Abs. 1 SGB II n.F. zu gewähren. Ihnen könne auch nicht entgegengehalten werden, sie wären nicht in ausreichender Weise rechtlich gegen
den Insolvenzverwalter vorgegangen. Sie könnten nicht auf unter Umständen langwierige und schwierige zivilrechtliche Auseinandersetzungen
verwiesen werden. Weder die Dauer noch der Ausgang eines etwaigen zivilgerichtlichen Eilverfahrens seien letztlich sicher
vorherzusagen.
Wegen der rechtlichen Berücksichtigung der Mieteinnahmen als Einkommen scheide nach Überzeugung der Kammer eine "mittelbare
Leistungsgewährung" im Sinne einer nicht nur über ein Darlehen vorzunehmenden Leistungsgewährung aus, woran auch die Vorschrift
des § 33 SGB II selbst bei grundsätzlicher Einschlägigkeit nichts ändern könne. Denn hierüber könne jedenfalls die prinzipielle Frage der
rechtlichen Berücksichtigung des Einkommens nicht "ausgehebelt" werden, da diese Vorschrift insoweit letztlich lediglich Folgefragen
im Hinblick auf die Beziehungen zu den in rechtlicher Hinsicht im dortigen Regelungsumfang "mitberührten" Dritten normiere.
Im Übrigen hätten die Antragsteller noch im Monat Januar 2012 einen Antrag auf SGB II-Leistungen gestellt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt darlehensweise Leistungen noch (anteilig) für den Monat Januar
2012 ab Stellung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht berücksichtigt werden könnten.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2012 hat der Antragsgegner den Antragstellern in Ausführung des Beschlusses den Antragstellern
vorläufig Leistungen als Darlehen in Höhe von 256,62 EUR für die Zeit vom 23. bis 31. Januar 2012, für die Zeit vom 1. Februar
bis 30. Juni 2012 in Höhe von 855,40 EUR sowie für Juli 2012 in Höhe von 828,47 EUR bewilligt. Im Juli 2012 verringere sich
der Alleinerziehendenzuschlag.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts hat der Antragsgegner am 15. März 2012 Beschwerde eingelegt. Im Wesentlichen hat er
auf die Gesetzesänderung des § 850i
ZPO verwiesen, wonach auch "sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind" dem Pfändungsschutz unterlägen, soweit der Schuldner
diese Mittel zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes benötige. Eine Leistungsgewährung in diesem Fall würde eine Tilgung privater
Schulden nach sich ziehen.
Mit Bescheid vom 27. März 2012 hat der Antragsgegner den Leistungsantrag vom 31. Januar 2012 mangels Hilfebedürftigkeit abgelehnt.
Die Antragsteller haben nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides einen Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
unter Aufhebung des Beschluss des Sozialgerichts vom 15. Februar 2012 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
sowie die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen und den Antragsteller zu verpflichten, die im Beschluss des Sozialgerichts vom 15. Februar 2012
austenorierten Leistungen vorläufig als Zuschuss zu gewähren.
Im Wesentlichen berufen sich die Antragstellerinnen auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses. Sie haben angeregt,
den Insolvenzverwalter beizuladen und den mit ihm geführten Schriftverkehr zu den Akten gereicht. Hinsichtlich des Inhaltes
wird auf Blatt 116 ff der Gerichtsakte Bezug genommen. Im Erörterungstermin vom 16. Mai 2012 haben sie weitere Unterlagen
für die Kosten des Hauses und den Schriftverkehr mit der Krankenversicherung zu den Akten gereicht, sowie zu Protokoll einen
neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gestellt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Protokolle
sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II. Die nach §
172 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG. Der Wert der Beschwerde übersteigt den Berufungswert des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG in Höhe von 750 EUR. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Verpflichtung durch das Sozialgericht, die im Beschluss vom
15. Februar 2012 austenorierten Zahlungen vorläufig zu leisten.
Der Senat hat von einer Beiladung des Insolvenzverwalters in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgesehen.
Ein Fall der notwendigen Beiladung nach §
75 Abs.2
SGG liegt nicht vor. Im Übrigen erfolgt in diesem Verfahren nur eine vorläufige Entscheidung.
Die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde sind jeweils teilweise begründet. In diesem Umfang war der Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz abzulehnen. Die Antragstellerinnen haben einen Anordnungsgrund und einen entsprechenden Anspruch auf Gewährung
eines Zuschusses statt eines Darlehens für die Monate Januar bis April 2012 dem Grunde nach glaubhaft gemacht, jedoch nicht
in der vom Sozialgericht austenorierten Höhe.
Der Senat hatte nur die Monate Januar bis April 2012 zu überprüfen. Zwar ist im Fall der Leistungsablehnung in der Regel über
den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz zu entscheiden (vgl.
BSG, Urteil vom 25. Juni 2008, B 11b AS 45/06 R, Rn. 28, Juris). Allerdings haben die Antragsteller am 16. Mai 2012 mit Wirkung zum 1. Mai 2012 (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II) einen neuen Leistungsantrag gestellt. Damit endet der durch den Leistungsantrag vom 31. Januar 2012 erfasste Zeitraum.
Weiterhin entfaltet der Beschluss des Sozialgerichts nur für den Zeitraum vom 23. Januar bis 30. April 2012 rechtliche Wirkungen.
Die Geltung der einstweiligen Regelung ist bis 31. Juli 2012 befristet worden, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache,
mithin bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den im Januar 2012 gestellten Leistungsantrag (vgl. zum Ende der Wirksamkeit
einer einstweiligen Regelungsanordnung Peters/Sautter/Wolff,
SGG, 4. Aufl., Stand Oktober 2011, §
86b Rn. 105). Zwar hat das Sozialgericht nicht ausdrücklich die Gültigkeit des Beschlusses bis zur Bestandskraft/Rechtskraft
einer Entscheidung der Hauptsache ausgesprochen. Diese Auslegung ergibt sich jedoch aus dem Sinn und Zweck einer einstweiligen
Anordnung. Sie soll ein Rechtsverhältnis vorläufig regeln. Einer vorläufigen Regelung bedarf es dann nicht mehr, wenn sie
durch eine endgültige (bestandskräftige/rechtkräftige) Entscheidung ersetzt ist; ihre Legitimationswirkung ist mithin bis
zu einer Entscheidung in der Hauptsache begrenzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1990, 2 BvE 6/90, 2 BvE 7/90, Rn. 46).
Eine solche Entscheidung in der Hauptsache hat der Beklagte mit Erlass des Bescheides vom 27. März 2012 getroffen. Er ist,
da er nicht von den Antragstellerinnen angefochten wurde, Ende April 2012 bestandskräftig geworden (vgl. Peters/Sautter/Wolff,
aaO., § 77, Ziffer 5).
Der nach § 44 SGB X seitens der Antragsteller gestellte Überprüfungsantrag ändert an der Bestandskraft des Bescheides nichts. Er eröffnet allerdings
die Möglichkeit, in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter besonderen Voraussetzungen trotz Vorliegens einer
bestandskräftigen Regelung des Rechtsverhältnisses eine Regelungsanordnung zu erstreiten.
Das Gericht kann nach §
86b Abs.
2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung
des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige
Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn
eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung
ist gemäß §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen
materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige
Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle
richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung
regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache
nicht bindet. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend
wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl. §
86b Rn. 16b).
In Fällen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens nach
§ 44 SGB X gestellt wird, sind allerdings besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds zu stellen. Ansprüche
in so genannten Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X betreffen nämlich bestandskräftige Bescheide, die bis zu ihrer Aufhebung in einem solchen Verfahren für alle Beteiligten
bindend sind. Soll ein bestandskräftiger Bescheid in einem solchen Verfahren zurückgenommen werden, ist es den Antragstellern
im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren
abzuwarten (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, L 2 B 96/07 AS ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9. Februar 2006, L 7 AS 384/05 ER, jeweils recherchiert über juris). Wegen der besonders strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes
ist es erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die
Lebensverhältnisse dargelegt werden (LSG Sachsen-Anhalt, aaO.)
Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den bestandskräftigen Bescheid des Antragsgegners vom 27. März 2012 den Leistungszeitraum
von Januar bis April 2012 betreffend vorliegend erfüllt. Die Antragstellerinnen haben glaubhaft gemacht, ihren Lebensunterhalt
nicht durch ihnen zur Verfügung stehende Mittel bestreiten zu können.
Sie können auch nicht darauf verwiesen werden, zunächst gegen den Insolvenzverwalter vorzugehen. Die ihnen ihm gegenüber zur
Verfügung stehenden Maßnahmen (zivilrechtliches Eilverfahren auf Freigabe der Mieteinnahmen (s. unten) oder Stellung eines
Antrags nach §
100 Insolvenzordnung (
InsO)) sind nicht hinreichend erfolgversprechend.
Die Gläubigerversammlung beschließt nach §
100 InsO, ob und in welchem Umfang dem Schuldner und seiner Familie Unterhalt aus der Insolvenzmasse gewährt werden soll. Bis zur
Entscheidung der Gläubigerversammlung kann der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher
bestellt ist, dem Schuldner den notwendigen Unterhalt gewähren. Die Regelung, die auf selbstständig tätige Gemeinschuldner
zugeschnitten ist (vgl. Uhlenbrock,
Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, §
100, Rn. 11), gibt dem Insolvenzschuldner nicht zwingend einen Anspruch, dass ihm der notwendige Unterhalt aus der Insolvenzmasse
gewährt wird. Das Ob und die Höhe des Unterhalts sind mithin nach dem Wortlaut der Regelung in die Entscheidungsbefugnis der
Gläubigerversammlung gestellt. Nach § 132 Abs. 1 Satz 1 Konkursordnung (KO) stand dem Gemeinschuldner gegenüber der Gläubigerversammlung ein Anspruch auf Unterstützung aus der Konkursmasse zu. Durch
die Änderung dieses Anspruches in eine Ermessensentscheidung spricht manches dafür, dass nunmehr die Zweckbestimmung des Insolvenzverfahrens
nicht mehr generell auch die Bereitstellung der zum Unterhalt der Familie gehörenden Mittel für den Bedarf mit umfasst (vgl.
hierzu VG Karlsruhe, Urteil vom 27. Februar 2008, 10 K 1092/06, Rn. 22), sowie der Zweck der Vorschrift auch nicht etwa eine Entlastung der Sozialleistungsträger bezweckt (vgl. Kübler/Prütting/Bork,
Kommentar zur
Insolvenzordnung, Loseblattsammlung, Stand 47. Lieferung 2012, §
100, Rn. 2).
Zwar wird zum Teil in der Literatur dagegen vertreten, dass sich das Recht der Gläubigerversammlung, Unterhalt zu gewähren,
zu einer Pflicht verdichtet, wenn der Schuldner mittels des unpfändbaren Einkommens nicht in der Lage ist, seinen Unterhalt
zu bestreiten und wenn Gläubigerinteressen nicht entgegenstehen (vgl. Uhlenbrock aaO., Rn. 2). Ein solcher Antrag steht der
Annahme eines Anordnungsgrundes jedoch auch deswegen nicht entgegen, da der Insolvenzverwalter in seinem Schreiben vom 15.
März 2012 deutlich gemacht hat, dass er einem etwaigen Antrag nach §
100 Abs.
1 Satz 1
InsO nicht nachkommen werde. Eine Beschlussfassung der Gläubigerversammlung war im streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht
herbeigeführt.
Auch ein Anordnungsanspruch ist von der Antragstellerin zu 1) glaubhaft gemacht worden.
Die Antragstellerinnen erfüllen die Voraussetzungen des § 19 SGB II. Sie sind leistungsberechtigt i.S.v. § 7 SGB II. Sie sind im passenden Alter nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, erwerbsfähig nach § 8 SGB II (Nr. 2) und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4). Sie sind auch hilfebedürftig nach § 9 SGB II, d.h. sie können ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern (s. unten).
Den Bedarf der Antragstellerinnen hatte der Senat nach eigener Prüfung festzustellen. Sie konnten nicht rechtswirksam die
Leistungsberechnung des Antragsgegners in den Ablehnungsbescheiden unstreitig stellen. Vielmehr sind Leistungsansprüche nach
dem SGB II dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R, Rn. 16). Zudem ist auch der Bedarf des K. E. monatlich zu berechnen, obgleich dieser nicht Beteiligter des Verfahrens
ist. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist das Kindergeld, welches das Kind nicht zum Bestreiten seines Lebensunterhalts benötigt, dem Kindergeldberechtigten, hier
der Antragstellerin zu 1), als Einkommen anzurechnen. Um ihren Bedarf berechnen zu können, sind mithin zunächst die Bedarfe
von K. und der Antragstellerin zu 2) festzustellen.
Ob der Leistungsgewährung an K. ein verwertbares Vermögen entgegensteht, brauchte der Senat nicht zu entscheiden. Er ist Miteigentümer
zur ideellen Hälfte eines nach eigenen Angaben etwa 180 qm/154,75 qm großen Hauses. Dieses unterfällt wohl nicht mehr dem
Schonvermögen des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, wonach als Vermögen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist.
K. ist allerdings nicht Beteiligter dieses Verfahrens, er hat bereits insoweit keinen Leistungsanspruch geltend machen können.
Der Bedarf des K. setzt sich zusammen aus dem Sozialgeld nach §§ 20 Abs. 1 und 2, 77 Abs. 4 SGB II in Höhe von 251 EUR/Monat. Hinzuzurechnen sind die tatsächlich monatlichen anfallenden, angemessenen Kosten der Unterkunft
nach § 22 SGB II. Diese betragen im Januar 2012 insgesamt 204,13 EUR (Vorauszahlungen für den Bezug von Trinkwasser, Schornsteinfeger und
Abfallgebühren), im Februar 2012 85,80 EUR (Grundsteuer), im März 2012 68 EUR (Vorauszahlungen für den Bezug von Trinkwasser)
und im April 80,40 EUR (Abfallgebühren). Kosten für die Beheizung des Hauses fielen im Überprüfungszeitraum nicht an. Da K.
mit den Antragstellerinnen in einer Bedarfsgemeinschaft/Haushaltsgemeinschaft lebt, sind diese Kosten kopfteilg aufzuteilen
(vgl. zur näheren Begründung unten), d.h. er hat monatlich 1/3 dieser Kosten zu tragen (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 11b AS 13/06 R, Rn. 13).
Auf seinen Bedarf ist das von ihm erzielte Einkommen nach § 11 SGB II anzurechnen. Danach sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen zu berücksichtigen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder
Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.
Die Mietzahlungen, die die Antragstellerin zu 1) an ihn und die Antragstellerin zu 2) aus dem Mietvertrag über die gemeinsam
bewohnte Wohnung zu leisten hatte, hat der Senat letztlich zugunsten der Antragstellerin zu 2) und K. nicht als Einkommen
berücksichtigt, denn nach vorläufiger Auffassung ist dieser Mietvertrag nicht wirksam; die Mietzahlungen der Antragstellerin
zu 1) sind vom Antragsgegner nicht zu übernehmen.
Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung besteht, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem
diese (behaupteten) Zahlungsverpflichtungen vereinbart worden sind. Dabei kommt es letztlich entscheidend darauf an, ob der
Leistungsberechtigte ernsthaften Forderungen aus dem Vertrag ausgesetzt ist. Entscheidend ist der rechtliche Bindungswille
der beteiligten Vertragsparteien. Ob ein solcher Bindungswille bestand, ist unter Gesamtwürdigung der Umstände festzustellen
(BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, B 14 AS 31/07 R, Rn. 18, 20).
Kern des Mietvertrages ist die entgeltliche Gebrauchsüberlassung, hier eines Wohnraumes, durch den Vermieter an den Mieter
(§
535 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB)). Die Kinder der Antragstellerin zu 1) waren bei Abschluss des Mietvertrages drei bzw. acht Jahre alt. Der Wille, ihrer
Mutter die Wohnung entgeltlich zur Nutzung zu überlassen, erscheint bereits aufgrund des Alters der Kinder zweifelhaft. Unter
Familienangehörigen ist es zudem gerade in der vorliegenden Fallkonstellation unüblich, dass die Eltern ihren noch minderjährigen
Kindern Mietzahlungen für die mit ihnen gemeinsam genutzte Wohnung leisten. Vielmehr sind von den Eltern Unterhaltsleistungen
an die Kinder zu erbringen. Ein plausibler Grund für den Abschluss eines Mietvertrages ist nicht ersichtlich. Soweit die Vertragspflichten
hier (auch) in Form der Mietzahlung erfüllt worden sein sollten, könnten sie jedenfalls im Rahmen des SGB II nicht als vom Grundsicherungsträger zu tragende KdU Berücksichtigung finden. Sie beinhalten keine tatsächlichen Aufwendungen
für eine Unterkunft, sondern stellen allenfalls Unterstützungsleistungen an die Kinder dar.
Als Einkommen anzurechnen ist jedoch die Hälfte der Mietzahlungen (175 EUR), die sein Vater an ihn (K.) und die Antragstellerin
zu 2) monatlich leistet. Der mit ihm geschlossene Mietvertrag ist wohl wirksam. Ihm wird ein von K. und der Antragstellerin
zu 2) nicht genutzter Wohnraum zur Verfügung gestellt. Beide Kinder bilden mit ihm keine Haushaltsgemeinschaft. Auch sonst
sind keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Scheinmietvertrages ersichtlich.
Von den Mieteinnahmen sind keine Abzüge vorzunehmen. Nach § 4 Alg II_V gilt für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung §
2 entsprechend. Nur die dort genannten Abzüge sind folglich vorzunehmen. Solche sind aber nicht geltend gemacht worden. Ein
Rückgriff auf Regelungen aus der Verordnung zu § 82 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe (SGB XII) erscheint entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht mehr möglich. Der Senat hat keine Hinweise dafür, dass der Verkehrswert
der Mieteinnahmen - etwa durch Instandsetzungskosten - von der geschuldeten Miete abweicht (§ 4 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 6 Satz 1 Alg II-V). Auch die Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V war nicht in Abzug zu bringen, da eigene Versicherungen des K. nach Lage der Akten nicht bestehen.
Ebenfalls als Einkommen ist das Kindergeld in Höhe von 184 EUR/Monat zu berücksichtigen.
Da K. in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt durch sein Einkommen zu decken, ist ein Teil des Kindergeldes nach § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II als Einkommen der Antragstellerin zu 1) zu berücksichtigen. Es ergibt sich folgende Berechnung in den einzelnen Monaten:
Januar 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 319,04 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 39,96 EUR
Februar 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 279,60 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 79,40 EUR
März 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 273,67 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 85,33 EUR
April 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 277,80 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 81,20 EUR
Die Antragstellerin zu 2) hat keinen Anordnungsanspruch auf vorläufige Gewährung von SGB II-Leistungen durch den Antragsgegner für die Monate Januar bis April 2012 glaubhaft gemacht. Sie kann ebenfalls ihren Bedarf
(Sozialgeld in Höhe von 287 EUR zzgl. der anteiligen KdU) durch die Mieteinnahmen und einen Teil des Kindergeldes decken.
Hinsichtlich der rechtlichen Begründung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Für die Antragstellerin zu 2) ergibt sich danach nachfolgende Berechnung:
Januar 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 355,04 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 3,96 EUR
Februar 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 315,60 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 43,40 EUR
März 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 309,67 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 49,33 EUR
April 2012
Gesamtbedarf (Sozialgeld und KdU-Anteil): 313,80 EUR
Einkommen: 359,00 EUR
Überschießendes Kindergeld: 45,20 EUR
Die Antragstellerin zu 1) hat einen Leistungsanspruch in der nachfolgend dargestellten Höhe glaubhaft gemacht.
Ihrem Bedarf in Höhe der Regelleistung (374 EUR) ist ein Zuschlag wegen Alleinerziehung der Kinder nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 36% der Regelleistung hinzuzurechnen. Zur Begründung verweist der Senat nach eigener Prüfung auf die zutreffenden
Ausführungen des Sozialgerichts.
Die tatsächlich monatlich anfallenden Kosten für das Haus hat sie zu 1/3 zu tragen, da sie zusammen mit der Antragstellerin
zu 2) und K. in einer Bedarfs- bzw. Haushaltsgemeinschaft lebt (s.o.). Zahlungensverpflichtungen aus dem Mietvertrag sind
aus den o.g. Gründen vom Antragsgegner vorläufig nicht zu übernehmen.
Die Antragstellerin zu 1) hat mithin im streitgegenständlichen Zeitraum folgenden Bedarf:
Januar 2012
374,00 EUR (Regelbedarf)
134,64 EUR (Alleinerziehendenzuschlag)
68,04 EUR (KdU)
576,68 EUR
Februar 2012
374,00 EUR (Regelbedarf)
134,64 EUR (Alleinerziehendenzuschlag)
28,60 EUR (KdU)
531,31 EUR
März 2012
374,00 EUR (Regelbedarf)
134,64 EUR (Alleinerziehendenzuschlag)
22,67 EUR (KdU)
537,24 EUR
April 2012
374,00 EUR (Regelbedarf)
134,64 EUR (Alleinerziehendenzuschlag)
26,80 EUR KdU
535,44 EUR
Auf den Bedarf der Antragstellerin zu 1) sind entgegen der Ansicht des Antragsgegners und des Sozialgerichts die Mieteinnahmen
in Höhe von 1.000 EUR/Monat nicht als Einkommen anzurechnen, da sie nach vorläufiger Auffassung des Senats die Freigabe dieser
Einkünfte aus der Insolvenzmasse nicht oder nicht ohne Weiteres in angemessener Zeit realisieren kann (vgl. zur Pfändung BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 KG 1/10 R, Rn. 19, 23). Die vorläufig zu gewährenden Leistungen sind mithin in Form eines Zuschusses an die Antragstellerin zu 1) zu
zahlen.
Zur Insolvenzmasse, über die der Insolvenzschuldner gemäß §
80 InsO kein Verwaltungs- und Verfügungsrecht hat, gehört nach §
35 Abs.
1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens
erlangt. Nicht in die Insolvenzmasse gehören gemäß §
36 Abs.
1 InsO die Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Dabei gelten §§ 850,
850a,
850c,
850e,
850f Abs.
1, §§ 850g bis 850k, 851c und 851d der
ZPO entsprechend.
Die Mieteinnahmen fallen unter §
851b ZPO. Danach ist die Pfändung von Miete und Pacht auf Antrag des Schuldners vom Vollstreckungsgericht insoweit aufzuheben, als
diese Einkünfte für den Schuldner zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks, zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten
und zur Befriedigung von Ansprüchen unentbehrlich sind, die bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch des
Gläubigers nach § 10 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vorgehen würden. Das Gleiche gilt für die Pfändung von Barmitteln und Guthaben, die aus Miet- oder Pachtzahlungen herrühren
und zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken unentbehrlich sind. Auf diese Regelung nimmt aber §
36 InsO nicht Bezug.
Eine analoge Anwendung von §§
811,
850 ff
ZPO kommt nicht in Betracht, weil keine gesetzliche Regelungslücke besteht. Nach der klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelung
hat sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, bei der Forderungspfändung lediglich das Arbeitseinkommen des Schuldners
und bestimmte gleichgestellte fortlaufende Bezüge zu schützen, nicht aber Einkommen aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung
oder Verkaufserlöse (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2004, IXa ZR 228/03, Rn. 6).
Nach §
765a ZPO kann auf Antrag des Schuldners das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben,
untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen
ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Eine solche Härte ist hier weder
vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere begründet die Notwendigkeit, zur Sicherung des Lebensunterhalts Leistungen nach
dem SGB II in Anspruch nehmen zu müssen, keine sittenwidrige Härte (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2004, aaO., Rn. 8, Beschluss
vom 2. Dezember 2010, IX ZB 120/10, Rn. 9). Zwar sollen private Schulden nicht durch Gewährung von SGB II-Leistungen getilgt werden. Der Gläubiger hat jedoch seinerseits einen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch gegen den
Staat, dass dieser eine effektive Zwangsvollstreckung ermöglicht. Auch das Eigentum des Gläubigers wird durch das
Grundgesetz geschützt. In der gesetzlichen Regelung muss daher eine angemessene Abwägung zwischen diesen widerstreitenden Interessen
zum Ausdruck kommen. Dieser Abwägung hat der Gesetzgeber in §§
811,
850 ff
ZPO Rechnung getragen. Zum einen hat er den Schuldner durch die Vorschrift des §
811 ZPO vor "Kahlpfändung" bei der Mobiliarzwangsvollstreckung geschützt. Der Gesetzgeber hat des Weiteren das Arbeitseinkommen und
vergleichbare Bezüge des Schuldners in den §§
850 ff
ZPO nur eingeschränkt der Pfändung unterworfen. Diesen Vorschriften ist jedoch ebenso wenig wie §
54 des
Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil (
SGB I) kein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen, dem Schuldner sei in der Zwangsvollstreckung so viel zu belassen, dass er seinen
Lebensunterhalt selbst erwirtschaften kann. Wer von den Erträgen seines Vermögens lebt, ist daher nicht dagegen geschützt,
dass in das Vermögen und in dessen Erträge vollstreckt wird, auch wenn er dadurch womöglich sozialhilfebedürftig wird (vgl.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2004, aaO., Rn. 10).
Auch das vom Antragsgegner zitierte Urteil des LSG Berlin-Brandenburg kann für den vorliegenden Fall nicht herangezogen werden.
Zum einen befasst sich das LSG mit einer Erstattung eines Betriebskostenguthabens. Ob hierfür §
54 SGB I analog anzuwenden ist, braucht der Senat an dieser Stelle nicht entscheiden. Für die Mieteinnahmen verbietet sich eine analoge
Anwendung des §
54 SGB I bereits deswegen, weil keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Die Möglichkeit der Pfändung von derartigen Mieteinnahmen
ist in §
851b ZPO ausdrücklich geregelt.
Die Mieteinnahmen unterliegen mithin der Zwangsvollstreckung und fallen in die Insolvenzmasse.
Auch ein Antrag nach § 850i n.F.
ZPO erscheint wenig erfolgversprechend. Werden nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder
Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet, so hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag nach
dieser Regelung während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben
würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Neuere Rechtsprechung liegt - soweit ersichtlich
- zur Auslegung des § 850i
ZPO noch nicht vor. Ob die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung über § 850i
ZPO zu einer Beschränkung der Insolvenzmasse führen, ist in der Literatur umstritten. Ein Teil der Literatur sieht in der Neufassung
keine Änderung. "Sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind" seien weiterhin nur Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit.
Erfasst würden vielmehr Ansprüche Selbstständiger für Dienste und Leistungen, die nicht von ihnen persönlich, sondern von
den in ihren Unternehmen angestellten Personen erbracht werden (vgl. Stöber in Zöller,
ZPO, 29. Aufl. 2012, § 850i, Rn. 1). Andere sehen auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von § 850i
ZPO erfasst (vgl. Musielak,
ZPO, 9. Aufl. 2012, § 851i, Rn. 3). Nach der Systematik des Gesetzes dürften jedoch nur Einkommen Erwerbstätiger von § 850i
ZPO erfasst werden. §
850 ZPO befasst sich mit dem Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen. Die §§ 850a bis l
ZPO enthalten Einzelheiten zu dessen Pfändbarkeit. §
851 ff
ZPO regeln dagegen nicht pfändbare Forderungen, die kein Arbeitseinkommen sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass offensichtlich
der Gesetzgeber selbst in der Regelung des § 850i
ZPO nur die Einkommen erwerbstätiger Schuldner im Auge hatte. Eine Änderung der §§
850 ff
ZPO mit der Maßgabe, dass nicht nur Erwerbseinkommen, sondern Einkommen aller Art geschützt werden soll, liegt im Gesetzentwurf
vor, ist allerdings noch nicht beschlossen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung und Modernisierung des Pfändungsschutzes
(GNeuMoP)) vom 16. Juni 2010, BT-Drs 17/2167, Art. 1 Nr. 4, S. 7) So sollen Mehrverdienste des Schuldners künftig unabhängig
von ihrer Herkunft mit zusätzlichen Freibeträgen geschützt werden (vgl. BT-Drs. 17/2167 S. 11, 17).
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner gehalten ist, die Antragstellerin zu 1) in die Lage versetzen, ihre
Rechte gegenüber dem Insolvenzverwalter wahrzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom, 22. September 2009, B 4 AS 8/09 R, Rn. 23 zu einer unwirksamen Mieterhöhung). Dieses hat er bisher nicht hinreichend getan. Die Antragstellerin zu 1) wird
insbesondere ohne Hilfe nicht in der Lage sein, einen schlüssigen, die Voraussetzungen für die Gewährung des geltend gemachten
pfändungsfreien Anteils darlegenden (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2007, XII ZR 112/05, Rn. 26, Juris) Antrag gemäß § 850i
ZPO beim Insolvenzgericht einzureichen.
Auf den Gesamtbedarf der Antragstellerin zu 1) ist daher allein das Kindergeld, das K. und die Antragstellerin zu 2) zur Bedarfsdeckung
nicht benötigen, anzurechnen. Hiervon ist die Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Alg II-V in Abzug zu bringen.
Es ergibt sich mithin nachfolgender glaubhaft gemachter Leistungsanspruch:
Januar 2012
576,68 EUR - 43,92 EUR - 30 EUR = 562,76 EUR.
Entsprechend des Beschlusses des Sozialgerichts, das Leistungen ab 23. Januar 2012 zugesprochen hatte, errechnet sich ein
anteiliger Anspruch in Höhe von 168,83 EUR.
Februar 2012
531,31 EUR - 134,66 EUR - 30 EUR = 426,65 EUR.
März 2012
537,24 EUR - 122,80 EUR - 30 EUR = 444,44 EUR.
April 2012
535,44 EUR - 126,40 EUR - 30 EUR = 439,04 EUR.
In Höhe dieses vorläufigen Leistungsanspruches der Antragstellerin zu 1) war die Beschwerde mithin unbegründet. Die Leistungen
an die Antragstellerin zu 1) sind als Zuschuss vorläufig zu bewilligen. Insoweit ist die Anschlussbeschwerde der Antragsteller
für die Monate Januar bis April 2012 erfolgreich, im Übrigen unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 ZPO, wobei die Kostentragungslast entsprechend des Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten zu quoteln war. Der Beschluss
ist unanfechtbar (§
177 SGG).