Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der 1969 geborene Kläger beantragte am 23. Januar 2014 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Zuvor hatte er vom 19. November bis 17. Dezember 2013 eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum H...
im Bereich der Orthopädie durchlaufen. Im Abschlussbericht wurde ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für
sechs Stunden und mehr für mittelschwere Tätigkeiten im Gehen, Stehen, Sitzen beschrieben. Tätigkeiten mit dauerhaften oder
überwiegenden Überkopfarbeiten sollten vermieden werden.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag mit Bescheid vom 4. Februar 2014 ab. Hiergegen legte der Kläger am 13. Februar
2014 Widerspruch ein. Er sei nach wie vor arbeitsunfähig und die Rehabilitation nicht erfolgreich verlaufen. Eine Verbesserung
des Gesundheitszustandes habe sich bisher nicht eingestellt.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch die Chirurgin Dr. B..., die den Kläger am 1. Juli 2014 untersucht hat. Die
Sachverständige benannte als Diagnosen: Minderbelastbarkeit beider Schultergelenke bei Verschleiß im Schultereckgelenk und
verschleißbedingter Rissbildung der Sehnen der Muskelmanschette mit Einschränkungen bei der Anhebung über die Horizontale,
Kraftminderung sowie chronische Schmerzen; erhebliches Übergewicht (Adipositas Grad II); langjähriger medikamentös behandelter
Bluthochdruck. Die Sachverständige beschrieb ein Leistungsvermögen für leichte Arbeiten, überwiegend im Gehen, überwiegend
im Stehen, überwiegend im Sitzen für sechs Stunden und mehr, in Tages-, Früh- und Spätschicht, ohne Nachtschichten, ohne Heben
und Tragen von Lasten über 10 kg und ohne Überkopfarbeiten oder Arbeiten in Armvorhalte.
Die Beklagte wies sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 zurück. Auch unter Berücksichtigung des
im Widerspruchsverfahren eingeholten sozialmedizinischem Gutachten bestehe ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr
arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, so dass keine Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Juli 2014 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und sein Anliegen weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat Befundunterlagen der behandelnden Ärzte eingeholt sowie den Orthopäden Dr. L... zum medizinischen Sachverständigen
ernannt. Dieser hat den Kläger am 25. November 2015 untersucht und unter dem 11. Januar 2016 ein schriftliches Sachverständigengutachten
erstellt und in der mündlichen Verhandlung erläutert.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2014 eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer in gesetzlicher Höhe zu
gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf ihre Bescheide und das Sachverständigengutachten von Dr. L... bezogen.
Mit Urteil vom 26. Februar 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt:
"Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
1 und 4
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sind in §
43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI) geregelt. Nach §
43 Abs.
1 und
2 SGB VI bestehen sowohl versicherungsrechtliche als auch medizinische Voraussetzungen. Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze
Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn.
- sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind,
- in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
- vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Nach der Legaldefinition von §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach
der Legaldefinition von § 43 Abs. 2 Satz 28GB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung
auf nicht absehbarer Zeit außerstande. sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei
Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach §
43 Abs.
3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich
erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Die Kammer ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (vgl. §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG ), insbesondere nach der durchgeführten Beweiserhebung, nicht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger für Tätigkeiten unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch über ein Restleistungsvermögen von unter sechs bzw. unter
drei Stunden täglich verfügt.
Zwar ist das Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt. Er leidet an degenerativen Veränderungen der schulternahen Weichteile
(degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette, mehr oder weniger ausgeprägten Kontinuitätstrennungen der Rotatorenmanschette),
einem leichten Engpasssyndrom am linken Handgelenk, einer statischen Fußdeformität ohne entzündliche Dekompensation, einem
nicht zufriedenstellend eingestellten Bluthochdruck sowie an einem gesundheitlich relevanten Übergewicht (Adipositas Grad
II).
Durch die genannten Erkrankungen ist das Leistungsvermögen in qualitativer Hinsicht eingeschränkt auf körperlich leichte bis
mittelschwere Tätigkeiten im Sitzen überwiegend, im Gehen überwiegend und im Stehen überwiegend. Bei überwiegend sitzenden
Tätigkeiten muss die Gelegenheit zur selbstgewählten kurzzeitigen Körperhaltungsänderungen zur Auflockerung der Muskulatur
gegeben sein. Im Hinblick auf die Veränderungen in den Schultergelenken können Tätigkeiten nicht zugemutet werden, die mit
länger anhaltenden Armvorhalten beidseits verbunden sind. Tätigkeiten oberhalb der Schulterebene bzw. Überkopfarbeiten dürfen
nicht zugemutet werden. Unterhalb der Schulterebene ist die Einsetzbarkeit der Arme und Hände nicht beeinträchtigt. Der Kläger
kann noch Tätigkeiten an Tastaturen verrichten, sofern die oben beschriebenen gelegentlichen Haltungsänderungen vorgenommen
werden können. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten können nicht zugemutet werden, da dies eine uneingeschränkte Einsetzbarkeit
der oberen Extremitäten zur Voraussetzung hat. Im Hinblick auf die Neigung zu erhöhten Blutdruckwerten müssen Tätigkeiten
und Arbeitsfelder gemieden werden, die mit einer erhöhten Irritation des vegetativen Nervensystems einhergehen, so insbesondere
Tätigkeiten in Nacht- und Wechselschichten, unter besonderem Zeitdruck bzw. unter Akkordbedingungen.
Dennoch liegt unter Berücksichtigung dieser Leistungseinschränkungen ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich
vor. Die Kammer trifft diese Feststellungen zum quantitativen und qualitativen Leistungsvermögen auf der Grundlage des überzeugenden
und widerspruchsfreien Sachverständigengutachtens von Dr. L... Der Sachverständige hat die vorhandenen ärztlichen Unterlagen
erkennbar vollständig erfasst und ausgewertet und den Kläger in der erforderlichen methodischen Korrektheit untersucht. Er
ist dabei für die Kammer nachvollziehbar zu qualitativen Einschränkungen gelangt, nicht jedoch zu einem quantitativ eingeschränkten
Leistungsvermögen. Die Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens deckt sich auch mit dem Begutachtungsergebnis
von Dr. B... im Verwaltungsverfahren sowie dem Abschlussbericht der Rehabilitationsmaßnahme im November/Dezember 2013.
Der allgemeine Arbeitsmarkt ist für den Kläger mit seinen qualitativen Einschränkungen nicht verschlossen. Mit dem festgestellten
Leistungsvermögen ist der Kläger nach objektiven Kriterien noch in der Lage, vollschichtig unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein. Der "allgemeine Arbeitsmarkt" umfasst alle nur denkbaren Tätigkeiten, die auf
dem Arbeitsmarkt vorhanden sind, sofern es sich um übliche Tätigkeiten handelt. Daher scheiden die Tätigkeiten aus, für die
ein Arbeitsmarkt nicht existiert (Eicher/Haase/Rauschenbach: Die Rentenversicherung im SGB, Loseblattsammlung Stand: Oktober
2010, § 43, 2c). Die "üblichen Bedingungen" des allgemeinen Arbeitsmarktes werden definiert durch die konkrete Ausgestaltung
der Arbeitsverhältnisse. Hierbei ist auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen,
das Arbeitsentgelt, Dauer, Umfang und Verteilung der Arbeitszeit abzustellen. Übliche Bedingungen liegen dann vor, wenn entsprechende
Arbeitsverhältnisse in beachtlicher Zahl zu diesen Bedingungen abgeschlossen werden (Eicher u. a. aaO). Hierbei ist eine Zahl
von mindestens 300 Stellen bundesweit erforderlich (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20.07.2004, B 4 RA 5/04, R, zitiert nach juris). Der Versicherte muss in der Lage sein, innerhalb einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten
die entsprechende Tätigkeit konkurrenzfähig verrichten zu können. Ob der Versicherte mit seinen Einschränkungen auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt tatsächlich eine Anstellung findet, ist für das Rentenverfahren nicht entscheidungserheblich. Das entsprechende
Risiko, keine Anstellung zu finden, fällt in den Bereich der Arbeitsverwaltung.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob bei dem Kläger eine Summierung von einzelnen Leistungseinschränkungen und eine spezifische
Behinderung vorliegen. Dieses hätte nur zur Folge, dass, abweichend vom Grundsatz, dass bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen
für mittelschwere oder leichte Arbeiten vom Vorhandensein von genügend Vollzeitarbeitsplätzen ausgegangen wird, nunmehr das
Erfordernis zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit begründet wird (vgl. Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht,
2. Auf. 2009, S. 830f. m. w. N aus der Rechtsprechung des Bundessozialgericht). Denn der Kläger kann zur Überzeugung der Kammer
mit dem verbliebenen Leistungsvermögen jedenfalls noch leichte Pack- und einfache Sortiertätigkeiten in der Ausübungsform
des Versandfertigmachers unter wettbewerbsfähigen Bedingungen unter den üblichen Bedingungen das allgemeinen Arbeitsmarktes
nach einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten ausüben.
Die Aufgaben bestehen darin, Fertigerzeugnisse zur Verschönerung oder Aufbesserung des Aussehens aufzumachen oder zu kennzeichnen.
Diese Tätigkeiten sind in vielen Branchen und bei unterschiedlichen Produkten anzutreffen, zum Teil auch bei Firmen, die sich
auf derartige Arbeiten im Kundenauftrag spezialisiert haben. Als Einzelaufgabe werden Waren beklebt, eingehüllt, gezählt oder
sortiert; es werden Abziehbilder, Warenzeichen oder Etiketten angebracht. Es wird in Papp- und Holzschachteln oder sonstige
Behältnisse verpackt; diese werden verschlossen und mit Hinweisen oder Kennungen versehen. Die körperlichen Belastungen sind
abhängig von den zu verrichtenden Detailaufgaben; in nennenswerter Zahl sind in der industriellen Herstellung Tätigkeiten
vorhanden, die bei überwiegendem Sitzen nur leicht belasteten; Trage- und Hebebelastungen über 10 kg kommen nicht vor. Der
dauerhafte Einsatz der Hände ist auf das Hantieren mit leichten Gegenständen beschränkt. Bei dem Kläger ist der Einsatz der
Hände und Arme unterhalb der Schulterebene nicht eingeschränkt. Bewegungen oberhalb der Schulterebene und mit länger anhaltenden
Armvorhalten werden nicht abverlangt. Der Arbeitsrhythmus wird nicht durch Anlagen oder Maschinen vorgegeben und der Lohn
nicht nach Akkordrichtsätzen berechnet, so dass sich besonderer Zeitdruck nicht ergibt. Bundesweit waren in der veröffentlichten
Beschäftigungsstatistik in der Berufsordnung 522 zuletzt 2011 223.284 Arbeitnehmer erfasst. Aus diesen Beschäftigungszahlen
ist abzuleiten, dass, trotz unterschiedlicher körperlicher Anforderungen, die Anzahl der Arbeitsplätze für leistungsgeminderte
Bewerber deutlich oberhalb von 300 bis 400 Stellen lag. Die Stellenbesetzung erfolgt in der Regel nach offenen Bewerbungsverfahren,
so dass diese Stellen grundsätzlich auch von außen erreichbar sind und nicht nur betriebsintern besetzt werden.
Die Kammer trifft diese Feststellungen auf der Grundlage der Sachkunde des Vorsitzenden aus vielen Erwerbsminderungsrentenverfahren,
in denen das abstrakte Anforderungsprofil eines Versandfertigmachers von einem arbeitsmarkt- und berufskundigen Sachverständigen
erläutert wurde.
Ein verschlossener Arbeitsmarkt folgt nicht aus einer fehlenden rentenrechtlichen Wegefähigkeit. Der Kläger kann eine Arbeitsstelle
unter den insoweit heranzuziehenden generalisierten Kriterien erreichen, da er in der Lage ist, viermal täglich eine Wegstrecke
von mehr als 500 Metern in jeweils höchsten 20 Minuten zurückzulegen. Auch kann er zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel
während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Die Kammer trifft diese Feststellung auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens
von Dr. L...
Ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach . §§
43 Abs.
1 , 240
SGB VI scheitert bei dem am ....1967 geborenen Kläger daran, dass er nach dem maßgeblichen Stichtag des 01.01.1961 geboren ist."
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 8. März 2016 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die am
17. März 2016 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Der Kläger ist der Auffassung, dass das
erstinstanzlich eingeholte Gutachten von Dr. L... seine Leiden nicht zutreffend beurteilt habe. Insbesondere die Beurteilung
der Einschränkungen der linken Hand sei für ihn nicht nachvollziehbar. So sei es nicht möglich, mit der linken Hand auch nur
einfache Verrichtungen auszuführen. Er habe beispielsweise Probleme, eine Jacke mit der Hand aus dem Schrank zu nehmen. Vor
diesem Hintergrund erscheine insbesondere die Erfassung des Karpaltunnelsyndroms als leichte Beeinträchtigung nicht fachgerecht.
Darüber hinaus sei bei ihm eine statische Fußdeformität festgestellt worden. Hinsichtlich des Leistungsvermögens werde jedoch
ausgeführt, dass Tätigkeiten im Gehen überwiegend und im Stehen überwiegend möglich seien. Dies sei ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Sofern der medizinische Sachverständige darüber hinausgehend bezüglich des qualitativen Leistungsvermögens ausgeführt habe,
dass Tätigkeiten an Arbeitstischen möglich seien, berücksichtige dies gerade nicht die erheblichen Einschränkungen der linken
Hand. Der Kläger macht geltend, dass bereits anhand der bei ihm festzustellenden medizinischen Einschränkungen eine Leistungsfähigkeit
auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich gegeben sei. Außerdem sei ihm der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen. Die ihm
nach Auffassung des Sozialgerichts noch möglichen leichten Pack- und einfachen Sortiertätigkeiten in der Ausübungsform des
Versandfertigmachers könne er jedenfalls nicht mehr erbringen. Weiterhin reicht der Kläger einen Arztbrief des Arztes für
innere Medizin und Kardiologie Dr. Ha... aus N... vom 15. Februar 2017 zu den Akten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. Februar 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller
Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 1. Februar 2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter einverstanden erklärt ( §
155 Abs.
3 und
4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) .
Der Senat hat Befund- und Behandlungsberichte des Orthopäden Dr. S... aus F... vom 28. Juni 2016 und des Arztes für Allgemeinmedizin
B... aus N... vom 21. Juli 2016 mit Arztbriefen in der Anlage sowie ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. T... aus E...
vom 13. Juli 2017 eingeholt.
In der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2017 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass die Auferlegung von Verschuldenskosten
gemäß §
192 SGG in Betracht kommt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
Der medizinische Sachverständige Dr. T... gelangt nach ausführlicher Untersuchung des Klägers zu keinen maßgeblichen Abweichungen
hinsichtlich der Diagnosen und Bewertungen zu den bisher erstellten Gutachten. Das vom Kläger dargestellte Ausmaß seiner Leistungsbeeinträchtigung
insbesondere im Hinblick auf die Funktionseinschränkungen der linken Hand und der Fußdeformität konnte der medizinische Sachverständige
nicht bestätigen. An den oberen Gliedmaßen findet sich eine verschmächtigte Schulterkappenmuskulatur auf beiden Seiten mit
reizlosen Narben nach den durchgeführten Operationen. Bei der Bewegungsprüfung ist das Bewegungsausmaß im linken Schultergelenk
für die Armhebung deutlich eingeschränkt. Hier wird gerade die Horizontale erreicht. Es bestehen positive Engpasszeichen.
Auch die Drehbewegungen sind eingeschränkt. Rechts kann die Horizontale überwunden werden und ein Bewegungsausmaß bis 120
Grad ist möglich. Auch rechts sind die Drehbewegungen endgradig eingeschränkt, so dass der Schürzen- und Nackengriff nur eingeschränkt
vorgeführt werden kann. Die Ellenbogengelenke sind äußerlich unauffällig ohne Gelenkschwellung und ohne Instabilitätszeichen.
Das Bewegungsausmaß ist nicht eingeschränkt. Auch die Unterarmumwendbewegungen sind nicht eingeschränkt. Die Handgelenksregion
ist ohne Weichteilschwellung und ohne Instabilitätszeichen. Das Bewegungsausmaß der Handgelenke ist seitengleich und nicht
eingeschränkt. Sensible Störungen bestehen nicht, ebenso keine Verschmächtigung der Hohlhandmuskulatur. Der Faustschluss ist
komplett. Die Fingerstreckung ist bis auf den rechten Kleinfinger regelrecht. Die feinmotorischen Funktionen können vorgeführt
werden. Bei der vergleichenden Umfangsmessung ist keine maßgebliche Differenz zwischen rechts und links erkennbar. Maßgebliche
Funktionsstörungen resultieren hieraus nicht und leistungseinschränkende Funktionsstörungen im Bereich der Ellenbogengelenke,
der Handgelenke oder auch der Finger liegen nicht vor. Im Weiteren bestehen Beschwerden im linken Kniegelenk und im Bereich
der linken Ferse. Aktuell liegt kein Reizzustand im Kniegelenk vor. Es finden sich ein leichter Kniescheibenanspann- und Verschiebeschmerz
und ein Druckschmerz am inneren Gelenkspalt. Höhergradige Verschleißerscheinungen sind in den bildgebenden Verfahren nicht
zu erkennen. Das Bewegungsausmaß ist nur endgradig eingeschränkt. Die Belastungsbeschwerden im Bereich des linken Fußes bei
einem Senk-Spreizfuß werden mit einer Einlagenversorgung behandelt. Eine Muskelminderung als Ausdruck einer Gebrauchsbeeinträchtigung
im linken Bein zeigt sich im Seitenvergleich nicht.
Kardiologisch wurde zuletzt im Februar 2017 eine Funktionsstörung des Herzens bei einem eingestellten Bluthochdruck ausgeschlossen.
Im Übrigen hat die Begutachtung durch Dr. T... die vom Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten medizinischen Befunde
in vollem Umfang bestätigt. Danach bestehen beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen:
- Funktionsstörungen der linken Schulter bei Rotatorenmanschettendefekt mit zweifacher operativer Versorgung und anhaltender
Bewegungseinschränkung mit Schmerzen
- Funktionsstörung der rechten Schulter nach einem operativ versorgten Rotatorenmanschettendefekt mit Bewegungseinschränkung
- leichtgradige hypertensive Herzkrankheit, eingestellter Bluthochdruck.
Aufgrund der Funktionseinschränkungen in beiden Schultergelenken können nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten zugemutet
werden. Diese kann der Kläger aber täglich noch für mehr als sechs Stunden verrichten. Es ist eine Arbeit überwiegend im Sitzen
und überwiegend im Stehen und Gehen möglich. Die Körperhaltung sollte in Abständen kurzzeitig aufgelockert werden können.
Ein fester Wechselrhythmus ist nicht erforderlich. Kurzzeitige Auflockerungsphasen sind ausreichend. Ausgeschlossen sind Arbeiten
in überwiegend einseitiger Körperhaltung und langandauernde Arbeiten in Zwangshaltungen, ebenso Heben und Tragen von schweren
Lasten, Überkopfarbeiten und Arbeiten in der Vorhalte der Arme aufgrund der Veränderungen der Schultergelenke. Die Kniegelenksveränderungen
schließen häufiges Arbeiten im Knien und Hocken sowie auf Leitern und Gerüsten aus. Aufgrund des Bluthochdrucks sind keine
Arbeiten in Nacht- und Wechselschicht und keine Arbeiten unter besonderer nervlicher Belastung möglich. Arbeiten am Computer
können hingegen ausgeführt werden. Der Kläger ist noch in der Lage, einen Fußweg von mehr als 500 m viermal täglich in höchstens
20 Minuten zurückzulegen. Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen, die eine Einschränkung der Gehstrecke in sozialmedizinisch
relevantem Ausmaß hervorrufen könnten, liegen nicht vor.
Diese Einschätzung von Dr. T... des bei dem Kläger noch vorhandenen Leistungsvermögens ist ohne Weiteres nachvollziehbar und
schlüssig begründet. Die gesundheitlichen Einbußen beim Kläger haben bei Weitem kein Ausmaß erreicht, aus dem eine zeitliche
Einschränkung des Leistungsvermögens abgeleitet werden könnte. An der Richtigkeit dieser übereinstimmenden Beurteilung sämtlicher
Sachverständigen hat der Senat keine Zweifel.
Der allgemeine Arbeitsmarkt ist dem Kläger aufgrund dieser qualitativen Leistungseinschränkungen nicht verschlossen. Das wäre
nur dann der Fall, wenn eine ungewöhnliche Summierung qualitativer Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische
Leistungseinschränkung vorläge und sich keine konkrete Verweisungstätigkeit benennen ließe. Hier bestehen schon keine ernstlichen
Zweifel daran, dass es für den Kläger unter Berücksichtigung der getroffenen qualitativen Leistungseinschränkungen unter den
üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch geeignete Tätigkeitsfelder gibt. Denn sein Restleistungsvermögen
erlaubt zumindest ungelernte Verrichtungen oder Tätigkeiten wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen
von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw., die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise
gefordert werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R ).