Anerkennung weiterer Folgen eines Arbeitsunfalls
Hinreichende Wahrscheinlichkeit für haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität
Vernünftige Abwägung aller Umstände
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Rotatorenmanschettenruptur rechts als weitere Folge eines von der Beklagten
anerkannten Arbeitsunfalles vom 20. April 2015 anzuerkennen ist.
Der 1951 geborene Kläger suchte am 21. April 2015 einen Durchgangsarzt auf. Dabei gab er an, dass er am Vortag bei Montagearbeiten
- nämlich beim Lösen eines verklemmten Blechteils - abgerutscht und stechende Schmerzen in der rechten Schulter verspürt habe.
Er habe zunächst weiter gearbeitet und sei nunmehr zum Arzt gegangen. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Zerrung der
rechten Schulter. Ausweislich seines Berichtes waren eine frische knöcherne Verletzung und eine Gelenkinstabilität nicht nachweisbar.
Ein MRT-Befund der rechten Schulter vom 27. April 2015 ergab eine ansatznahe komplette Ruptur der Supraspinatussehne. Diagnostiziert
wurde ein vorbestehendes Impingement der Supraspinatussehne und eine jetzt komplette ansatznahe Ruptur und weitere Teilläsionen
und Aufreibung der Sehne subacromial. Eine Degeneration der Infraspinatussehne wurde festgestellt. In der Unfallanzeige vom
27. April 2015 wurde der Hergang dahingehend geschildert, dass der Kläger ein verklemmtes Blech in einem Schaltschrank entfernen
wollte und dabei stark angezogen und gedrückt habe. Das Blech habe sich dadurch abrupt gelöst, so dass er abgerutscht sei.
Dabei habe er in der rechten Schulter einen stechenden Schmerz verspürt. Er habe eingeschränkt weitergearbeitet.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Im MRT-Befund vom 27. April 2015
sei eine erhebliche degenerative Veränderung der rechten Schulter mit Ruptur eines Rotatorenmanschettenteiles festgestellt
worden. Diese sei nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Hiergegen legte der Kläger am 23. Juni 2015 Widerspruch ein.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers ein. Beigezogen wurde
des Weiteren ein Befundbericht der Klinik für Schulterchirurgie B. N. vom 9. Juli 2015. Ausweislich dessen gab der Kläger
an, seit frühester Jugend Beschwerden in beiden Schultern zu haben. Die Beschwerden seien jedoch bislang erträglich gewesen.
Am 17. Juli 2015 erfolgte eine Schulter-OP rechts. Ausweislich des Operationsberichts vom gleichen Tage gelangte eine Partialruptur
der Subscapularissehne zur Darstellung. Das Labrum war degenerativ aufgefasert. Die Supraspinatussehne war auf voller Breite
bis in den Infraspinatus gerissen. Die Sehnenretraktion betrug Stadium Patte II.
Nach Anhörung des Klägers wurde der Chefarzt der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie J., Prof. Dr. H.
mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens beauftragt. Der Facharzt für Unfallchirurgie Dr. H. und Prof. Dr. H. verneinten
in dem Gutachten vom 8. Januar 2016 in Zusammenschau des geschilderten Unfallmechanismus und der bildgebenden Befunde das
Vorliegen einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur. Der MRT-Befund vom 27. April 2015 belege einen vorbestehenden degenerativen
Schaden im Bereich der rechten Schulter. Insbesondere die Supra- und Infraspinatussehne seien erheblich degeneriert. Arthrotische
Veränderungen befänden sich zudem im Bereich des Acromioclaviculargelenkes. Am Glenoid sei eine beginnende Omarthrose festzustellen.
Der vom Kläger geschilderte Unfallhergang mit dem Versuch das festgeklemmte Blech zu verformen und aus dem Schacht herauszuziehen,
wobei es sich plötzlich löste, sei nicht geeignet, eine solche Verletzung hervorzurufen. Soweit in dem MRT-Befund vom 27.
April 2015 Zeichen für eine frische Teilruptur des Musculus subscapularis zu sehen seien, sprächen gegen einen ursächlichen
Zusammenhang die zugleich im MRT-Befund festgestellten erheblichen degenerativen Veränderungen der Sehnen und des Gelenkes.
Die Schadensanlage sei bereits so stark ausgeprägt gewesen, dass eine Gelegenheitsbewegung im Alltag ebenfalls geeignet gewesen
wäre, die Beschwerden zur gleichen Zeit auszulösen.
Darauf gestützt wies die Beklagte mit Bescheid vom 31. März 2016 den Widerspruch des Klägers zurück. Hiergegen erhob der Kläger
am 27. April 2016 Klage. Das Sozialgericht hat ein Zusammenhangsgutachten beim Unfallchirurgen Dr. K. in Auftrag gegeben.
Einen Befangenheitsantrag des Klägers gegen den Sachverständigen hat es mit Beschluss vom 22. September 2016 abgelehnt.
In seinem Gutachten vom 27. September 2016 verneinte Dr. K. einen Kausalzusammenhang zwischen dem geschilderten Unfallereignis
und den Beschwerden an der rechten Schulter. Aus dem MRT-Befund vom 27. April 2015 ergäben sich vorbestehende Umformungserscheinungen,
die im zeitlichen Fenster zwischen dem Unfallereignis und der Bildgebung nicht hätten eintreten können. Insbesondere der Retraktionsgrad
der Sehnen und eine bereits fettige Atrophie der Muskulatur deuteten auf einen älteren Schaden hin. Aus dem Operationsbericht
vom 17. Juli 2015 ergebe sich keine Komplett-, sondern eine Teilläsion. Eine solche trete regelhaft unfallbedingt nicht ein.
Der geschilderte Unfallhergang sei nicht geeignet, die festgestellte Verletzung zu verursachen. In einer ergänzenden Stellungnahme
vom 23. Januar 2017 hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei unterstellter unfallbedingter Gewalteinwirkung auf eine Sehnenstruktur
nicht erklärlich sei, warum einige der parallel laufenden Sehnenfasern reißen sollten, während die anderen der Gewalteinwirkung
standhielten. In der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2017 hat die Beklagte das Ereignis vom 20. April 2015 als Arbeitsunfall
mit der Folge einer folgenlos ausgeheilten Distorsion der rechten Schulter und eine Arbeitsunfähigkeit von 7 Tagen anerkannt.
Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. Unter dem 10. Juli 2017 schilderte der Kläger erneut den Unfallhergang.
Er habe ein zuvor eingepasstes 2 mm-Blech noch einmal aus dem Schaltschrank nehmen müssen. Er habe beim Ausbauen auf einer
Stehleiter gestanden. Durch eine Öffnung habe er das Blech seitlich mit der rechten Hand erfasst. Dabei habe er es angezogen
und gedrückt. Das Blech habe sich dabei in der Dachöffnung verklemmt. Beim erneuten starken rechtshändigen Ziehen habe sich
das Blech urplötzlich gelöst und sei zurückgeschnellt. Es sei zu einem Ruck in der rechten Schulter und einem stechenden Schmerz
gekommen. Danach habe er keine Kraft mehr im Arm verspürt. Mit weiterer ergänzender Stellungnahme vom 19. Juli 2017 hat der
Sachverständige Dr. K. hierzu ausgeführt, dass dieser Hergangsschilderung eine mögliche pathologische Gewalteinwirkung auf
die betroffenen Sehnenbereiche nicht mehr zu entnehmen sei. Vielmehr hätten Teile der Rotatorenmanschette durch die unterstellte
Gewalteinwirkung überhaupt nicht erreicht werden können.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2017 hat das Sozialgericht Meiningen die Klage abgewiesen. Eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur
sei zu verneinen. Das Unfallereignis sei hinsichtlich der Rotatorenmanschettenruptur nur als Gelegenheitsursache einzustufen.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 28. November 2017 den Tatbestand im Urteil dahingehend berichtigt,
dass der Satzteil im zweiten Absatz "und dieses ihm noch gegen den rechten Oberarm prallte" gestrichen wird.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Das Sozialgericht sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Es
habe in seinem Urteil in fehlerhafter Weise ausgeführt, dass das Blechteil gegen den rechten Oberarm geprallt sei. Vielmehr
habe das zusammengebogene Blech unter Spannung gestanden und beim Auseinanderschnellen den betroffenen Arm mit erheblicher
Kraft nach hinten und außen geschleudert. Der Sachverständige Dr. K. habe sich mit dem vom Kläger in der ergänzenden Stellungnahme
vom 10. Juli 2017 geschilderten Unfallhergang nur unzureichend auseinandergesetzt. Es sei ein weiteres Sachverständigengutachten
einzuholen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 15. Oktober 2017 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2015 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2016 in der Form des Teilanerkenntnisses vom 6. Juni 2017 abzuändern und
festzustellen, dass eine Rotatorenmanschettenruptur rechts weitere Folge des Unfallereignisses vom 20. April 2015 ist,
hilfsweise, ein weiteres schriftliches Sachverständigengutachten nach §
106 SGG einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des Sozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und den beigezogenen
Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer weiteren Unfallfolge aufgrund des Ereignisses vom 20. April 2015. Der
Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses
vom 6. Juni 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§
54 SGG).
Richtige Klageart für die Feststellung weiterer Unfallfolgen ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach
§
54 Abs.
1 SGG und §
55 Abs.
1,
3 SGG.
Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es unterschiedliche Beweisanforderungen. Für die äußerlich fassbaren und
feststellbaren Voraussetzungen "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses", "Unfallereignis" und
"Gesundheitserstschaden" wird eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert, die vorliegt, wenn kein vernünftiger
die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (Vollbeweis). Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige
Unterstellungen reichen daher ebenso wenig aus wie eine (möglicherweise hohe) Wahrscheinlichkeit. Hinreichende Wahrscheinlichkeit
wird von der ständigen Rechtsprechung für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden
(haftungsbegründende Kausalität) sowie dem Gesundheitserstschaden und der Unfallfolge im Sinne eines länger andauernden Gesundheitsschadens
(haftungsausfüllende Kausalität) für ausreichend erachtet (vgl. BSG, Urteile vom 20. März 2007 - B 2 U 27/06 R und 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, beide zitiert nach Juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen
so stark überwiegen, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden
kann (vgl. BSG, Urteile vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R und 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, beide zitiert nach Juris). Sofern die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht von demjenigen, der sie geltend
macht, mit dem von der Rechtsprechung geforderten Grad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu
tragen, dass dann der entsprechende Anspruch entfällt.
In Anwendung dieser Grundsätze gelangt der Senat zu der Auffassung, dass erhebliche Gesichtspunkte dagegen sprechen, dass
der Riss der Supraspinatussehne bei dem Ereignis am 20. April 2015 entstanden ist. Dies ergibt sich aus der Auswertung aller
vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Sachverständigengutachten.
Hinsichtlich der Entstehung einer Rotatorenmanschettenruptur ist zu berücksichtigen, dass sich im Bereich der Schulter das
Schulterhauptgelenk und das wenig bewegliche Schultereckgelenk befinden. Das Schulterhauptgelenk wird von dem Oberarmkopf
und der relativ kleinen Schulterpfanne gebildet. Um den Oberarmkopf fest in der Pfanne zu verankern, gibt es eine Vielzahl
von Muskeln zwischen Schulterblatt und Oberarm. Die Summe der Muskeln, die den Oberarmkopf im Bereich der Schulterpfanne zentrieren,
nennt man zusammengefasst Rotatorenmanschette. Dazu gehört unter anderem der Musculus supraspinatus. Gesichert ist, dass diese
Muskeln und Sehnen erheblichen degenerativen Veränderungen unterliegen. Jenseits des 50. Lebensjahres sind degenerative Veränderungen
der Rotatorenmanschette sehr häufig anzutreffen (Mehrhoff u.a., Unfallbegutachtung, 13. Auflage 2012, Seite 279/280). Derartige
Sehnenschäden werden häufig zum Beispiel durch ein Engpasssyndrom verursacht. Ist eine Rotatorenmanschettenruptur hingegen
traumatisch bedingt, sind nur bestimmte Verletzungsmechanismen geeignet, eine solche zu verursachen. Nicht geeignet sind eine
direkte Krafteinwirkung auf die Schulter wie bei einem Sturz, Schlag oder Prellung oder ein Sturz auf den ausgestreckten Arm
(Schönberger, Mehrtens, Valentin, Unfallbegutachtung, 9. Auflage 2017 S. 429 ff.).
Übertragen auf den vorliegenden Fall ist bereits der Hergang des Geschehens vom 20. April 2015 nicht geeignet, eine traumatische
Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen. Der Senat legt dabei den Hergang zugrunde, den der Kläger schriftlich am 10. Juli
2017 niedergelegt hat. Danach hat er am Unfalltag ein zuvor in einen Schaltschrank eingebautes Blech herausnehmen wollen.
Er stand dabei auf einer Stehleiter hinter dem Schaltschrank und hat durch eine Öffnung das Blech seitlich mit der rechten
Hand erfasst. Dabei hat er es angezogen und gedrückt. Das Blech hat sich dabei in der Dachöffnung verklemmt und dann beim
erneuten starken rechtshändigen Ziehen hat sich das Blech urplötzlich gelöst und ist zurückgeschnellt. Dabei ist es zu einem
Ruck in der rechten Schulter und einem stechenden Schmerz gekommen. Ausweislich des Berichtigungsantrags des Klägers vom 27.
Oktober 2017 ist ihm das Blech nicht gegen den rechten Oberarm geprallt. Diesen Hergang hat der Sachverständige Dr. K. in
seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Juli 2017 als ungeeignet angesehen. Er hat ausgeführt, dass eine mögliche pathologische
Gewalteinwirkung auf das gespannte Muskel-Sehnen-System des Schulterblattmuskels diesem entgegenwirkend nicht zu erkennen
sei. Dies steht mit den medizinischen Erkenntnissen hinsichtlich des Hergangs einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur
im Einklang. Erforderlich für eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur ist eine erhebliche Zugbelastung auf die Schulter-Sehnen-Klappe,
wie z. B. bei einem Halteversuch beim Absturz von einem Gerüst. Eine solche erhebliche Zugbelastung ist bei dem vom Kläger
geschilderten Hergang nicht feststellbar. Des Weiteren ergeben sich aus dem klinischen Erstbericht, den bildgebenden Befunden
und dem Operationsbericht weitere erhebliche Zweifel am Vorliegen einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur.
Nach der medizinischen Literatur (vgl. Schönberger, Mehrtens, Valentin, 9. Aufl. 2017, S. 429 ff.) ist für eine traumatische
Rotatorenmanschettenruptur typisch die sofortige Arbeitsniederlegung und eine sogenannte Pseudolähmung des Armes, d. h. der
verletzte Arm kann aktiv nur minimal angehoben werden. Der Kläger hat nach dem Unfallereignis vom 20. April 2015 jedoch zunächst
weitergearbeitet. Er hat erst am Folgetag, dem 21. April 2015 den Durchgangsarzt aufgesucht. Der Durchgangsarzt hat ausweislich
seines Berichts vom 21. April 2015 keine sogenannte Pseudolähmung des verletzten rechten Armes dokumentiert. Die Beweglichkeit
im Schulterhauptgelenk betrug beim Seit- und Vorheben 60° bzw. 70°. Die Rotationsbewegungen waren auch gegen den Widerstand
frei. Der rechte Arm war ansonsten normal funktionsfähig. Ein sogenanntes Droping-arm-Syndrom wurde gerade nicht beschrieben.
Damit ist der klinische Erstbefund mit einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur nicht in Einklang zu bringen.
Auch aus den bildgebenden Befunden und dem Operationsbericht ergeben sich hinreichende Zweifel am Vorliegen einer traumatisch
bedingten Rotatorenmanschettenruptur. Ausweislich der Sachverständigengutachten von Prof. Dr. H. und Dr. K. zeigt der MRT-Befund
vom 27. April 2015 bereits erhebliche degenerative Veränderungen im Bereich der Supraspinatus- und Infraspinatussehne. Auch
im Acromioclaviculargelenk fanden sich degenerative Veränderungen. Dr. K. weist in seinem Sachverständigengutachten zu Recht
darauf hin, dass die beschriebene Teilläsion der Supraspinatussehne ebenfalls mit einer traumatisch bedingten Ruptur nicht
in Einklang zu bringen ist. Dr. Klemm beschreibt in seinem Gutachten vom 27. September 2016, dass ausweislich des MRT-Befundes
Umformungserscheinungen kernspintomographisch dokumentiert sind, insbesondere eine Retraktion der Sehnen und eine bereits
fettige Atrophie der Muskulatur. Diese hätten innerhalb der kurzen Zeit zwischen Unfallereignis und Anfertigung des bildgebenden
Befundes nicht entstehen können. Typische Begleitverletzungen für eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur fanden sich
hingegen im MRT-Befund nicht.
Der Senat konnte auch eine wesentliche richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Rotatorenmanschettendefektes durch
das Unfallgeschehen vom 20. April 2015 nicht feststellen. Denn auch insoweit konnte der Senat nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
die Überzeugung gewinnen, dass das Unfallgeschehen vom 20. April 2015 wesentlich ursächlich im Sinne einer Verschlimmerung
ist.
Ein Fall einer unfallversicherungsrechtlich relevanten Verschlimmerung liegt nur vor, wenn das Unfallereignis auf einen bereits
bestehenden Gesundheitsschaden trifft und im Zusammenhang mit dem Unfallereignis (lediglich) dessen Verschlimmerung oder der
Tod des Versicherten eintritt (G. Wagner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VII, 2. Aufl. 2014, §
8 SGB VII, Rn. 167). Allerdings ist eine Verschlimmerung nur in Betracht zu ziehen, wenn vor dem Unfallereignis bereits eine Gesundheitsstörung
im Sinne eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes vorhanden war. Hierzu bedarf es der Feststellung
von medizinisch (klinisch) erfassbaren Beschwerden, Funktionsstörungen oder Belastungseinschränkungen. Ebenso muss festgestellt
werden, dass sich diese verschlimmert haben. Ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens
rechtfertigt noch nicht eine richtunggebende Verschlimmerung im Rechtssinne. Die haftungsbegründende/ausfüllende Kausalität
zwischen Unfallereignis und Verschlimmerung ist in einem solchen Falle nur gegeben, wenn das Unfallereignis für die Verschlimmerung
eine wesentliche Ursache war.
Im vorliegenden Fall hat das Ereignis vom 20. April 2015 die vorbestehenden degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette
nicht in diesem Sinne und auch nicht richtunggebend ursächlich verschlimmert. Schon der oben beschriebene medizinische Befund
der kernspintomographischen Untersuchung spricht deutlich für ein Bestehen der Rotatorenmanschettenruptur bereits vor dem
20. April 2015. Der Retraktionsgrad der Sehne erreichte laut OP-Bericht ein Stadium nach Patte II. Dieses und die festgestellte
Rückbildung der Muskulatur sind mit einer frischen Ruptur nicht vereinbar.
Damit bestehen erhebliche Anhaltspunkte für eine schicksalhafte Entstehung der Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich
der rechten Schulter. Ein Zusammenhang mit dem Ereignis vom 20. April 2015 kann daher nicht mit der erforderlichen hinreichenden
Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Dem Hilfsantrag des Klägers war nicht zu folgen. Die Notwendigkeit ein weiteres Sachverständigengutachten nach §
106 SGG einzuholen besteht nicht. Der Sachverhalt ist in medizinischer Hinsicht ausreichend aufgeklärt. Dem Vorbringen des Klägers
lassen sich keine noch offenen Fragen hinsichtlich der medizinischen Anknüpfungstatsachen entnehmen. Soweit Dr. K. in seiner
ergänzenden Stellungnahme vom 19. Juli 2017 eine Krafteinwirkung auf den Bereich der Schultermuskulatur verneint, hat er die
Hergangsschilderung des Klägers vom 10. Juli 2017 berücksichtigt. Dies wird verdeutlicht durch den (erfolgreichen) Tatbestandsberichtigungsantrag
vom 27. Oktober 2017. Darin hat der Kläger einen Anprall des Blechteiles auf die rechte Schulter nochmals ausdrücklich verneint.
Daher verbleibt es bei der mit Teilanerkenntnis der Beklagten vom 6. Juni 2017 festgestellten Unfallfolge einer folgenlos
ausgeheilten Distorsion der rechten Schulter.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 SGG liegen nicht vor.