Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 11. März 2009 als Arbeitsunfall.
Die 1955 geborene Klägerin war etwa ab dem Jahre 2000 ohne Bezahlung für die "Zooschule S." tätig. Der Rechtscharakter dieser
Einrichtung ist zwischen den Beteiligten streitig. Ziel der Einrichtung ist es, insbesondere bei Schülern Verständnis und
Achtung gegenüber Tieren zu entwickeln. Für diese Zwecke wurden zeitweise über 300 Kleintiere gehalten. Die Klägerin half
zum Beispiel bei der Betreuung und Versorgung der in der Zooschule gehaltenen Tiere. Am 11. März 2009 rutschte sie bei dieser
Tätigkeit aus und zog sich dabei ausweislich des Operationsberichts des SRH-Klinikums S. vom selben Tage eine Oberschenkelfraktur
rechts zu. Am 27. März 2009 war nach einer Schraubenauswanderung ein erneuter operativer Eingriff erforderlich. Mit Schreiben
vom 5. Mai 2009 teilte die Krankenversicherung der Klägerin der Beklagten mit, dass sie davon ausgehe, dass diese aufgrund
der Folgen eines Arbeitsunfalles im Klinikum S. behandelt worden sei, und machte einen Erstattungsanspruch geltend. Die Beklagte
holte Auskünfte über die Organisation der Zooschule S. ein und zog Behandlungsberichte bei. Sie gab ein Erstes Rentengutachten
bei Dr. R. in Auftrag. Er gelangte in seinem Gutachten vom 23. April 2010 zu dem Ergebnis, dass eine Bewegungseinschränkung
im Hüftgelenk und eine Beinverkürzung Folgen des Unfallereignisses seien. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde auf
20 v.H. geschätzt. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. Contes führte demgegenüber in einer Stellungnahme vom 8. Mai 2010 aus,
dass aufgrund der erlittenen Verletzung eine unfallbedingte Beinverkürzung um 1,5 cm nicht nachvollziehbar sei. Es seien nur
geringe Unfallfolgen verblieben. Die MdE werde auf 10 v.H. geschätzt.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juni 2010 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Versicherungsschutz
nach §
2 Abs.
1 Nr.
10 a des
Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) bestehe nicht. Die Zooschule sei eine eigenständige, selbsttragende und sich selbst organisierende Einrichtung, die niemandem
weisungsgebunden sei. Sie sei der P.-G.-Schule nicht zuzuordnen. Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe daher nicht.
Ein Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2010 zurückgewiesen. Allein die räumliche Zugehörigkeit
zur Grundschule sowie die Einbeziehung der Zooschule in den Schulunterricht ändere nichts an der Eigenständigkeit dieser Einrichtung.
Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Meiningen Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 10. Mai
2011 die Verwaltungsberufsgenossenschaft und mit Beschluss vom 1. März 2012 die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst
und Wohlfahrtspflege beigeladen. Das Sozialgericht Meiningen hat im Klageverfahren Unterlagen des Fördervereins der P.-G.-Schule
und der Stadt S. über die Förderung von Projekten der Zooschule beigezogen. Des Weiteren hat es in der mündlichen Verhandlung
vom 16. August 2011 den Leiter der Zooschule I. Z. als Zeugen vernommen.
Mit Urteil vom 10. September 2012 hat das Sozialgericht Meiningen den Bescheid vom 30. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29. November 2010 aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Unfall vom 11. März 2009 um einen Arbeitsunfall handelt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfallereignisses am 11. März 2009 nach §
2 Abs.
1 Nr.
10 a SGB VII gesetzlich unfallversichert gewesen sei. Bei der Zooschule handele es sich um ein schulübergreifendes Projekt, das Bestandteil
der Schullandschaft in S. sei. Welcher Schule sie genau zuzuordnen sei, sei nicht entscheidungserheblich. Allerdings bestehe
eine größere sachliche und fachliche Nähe zur P.-G.-Schule. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Zooschule keine
eigenständige Einrichtung. Dem Zeugen Z. sei vom Kultusministerium eine Freistellung für seine Tätigkeit in der Zooschule
bewilligt worden. Dass der Förderverein der P.-G.-Schule mit Spendenmitteln die Zooschule unterstütze, stehe dem nicht entgegen.
Zweck des Fördervereins sei es, die Schule allgemein zu unterstützen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Zooschule S. sei keiner Schule in S. zuzuordnen. Die Schulleiter weder
der Grund- noch der Regelschule seien gegenüber den in der Zooschule tätigen Personen weisungsberechtigt. Die Zooschule werde
aus Fördermitteln und Spendengeldern finanziert. Der Leiter der Zooschule Z. habe sich zum Unfallzeitpunkt in Altersteilzeit
befunden. Allein die finanzielle Unterstützung der Zooschule durch die Stadt S. und den Förderverein könne nicht dazu führen,
dass diese deshalb zum Bestandteil der Schullandschaft der Stadt S. werde. Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 10. September 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Zeuge Z. habe in seiner Vernehmung nachvollziehbar ausgeführt, dass die Zooschule von Anfang an als Arbeitsgemeinschaft
der P.-G.-Schule geführt worden sei. Bescheide des Veterinäramtes seien direkt an die Schulleitung geschickt worden. Die Zooschule
sei fester Bestandteil des Schulunterrichts in S.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladene zu 2. ist der Auffassung, dass das Sozialgericht unter den Tatbestand des §
2 Abs.
1 Nr.
10 a SGB VII nicht vollständig subsumiert habe. Es habe nicht festgestellt, dass die Klägerin im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung
der Stadt S. tätig geworden sei. Unklar sei auch, woher das Sozialgericht seine Kenntnisse bezogen habe, dass die ehrenamtliche
Tätigkeit in der Zooschule den Behörden bekannt gewesen sei.
Der Senat hat im Berufungsverfahren eine Auskunft des Amtsgerichts S. vom 3. April 2014 eingeholt, wonach die Zooschule S.
im Vereinsregister nicht eingetragen ist. Ferner hat der Senat Auskünfte der Stadt S. und des Staatlichen Schulamtes Thüringen
über die Zooschule eingeholt. Zudem hat der Senat am 24. November 2014 durch den Berichterstatter die Zeugen K., E., Sch.
und Z. zur Organisation der Zooschule S. gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift
verwiesen.
Im Ergebnis der Beweisaufnahme sieht die Klägerin die Entscheidung des Sozialgerichts Meiningen bestätigt. Die Zooschule sei
dem Verantwortungsbereich der Stadt S. zuzurechnen. Die Beklagte ist hingegen der Auffassung, dass die Klägerin nicht für
die Stadt S. ehrenamtlich tätig geworden ist. Die Zooschule selbst sei kein mitgliedschaftlich verfasstes Gebilde. Unternehmer
der Zooschule S. sei vielmehr der Zeuge Z. Unternehmer im Sinne des §
136 Abs.
3 SGB VII sei derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereiche oder der einen maßgeblichen
Einfluss auf die Leitung des Unternehmens habe. Diese Voraussetzungen lägen in der Person des Zeugen Z. vor. Der Zeuge Z.
habe maßgeblichen Einfluss auf die Leitung des Unternehmens Zooschule. Er habe diese geleitet und die freiwilligen Helfer
ausgesucht und in ihre Tätigkeiten eingearbeitet. Nur er habe sich um die Finanzen gekümmert und sei Ansprechpartner für die
Stadt und die Schule gewesen. Die Stadt S. werde nicht dadurch Unternehmer der Zooschule, dass sie der Zooschule Räumlichkeiten
zur Verfügung stelle und sich an den Kosten der Zooschule teilweise beteilige oder das Recht habe, der Zooschule S. die Räumlichkeiten
zu kündigen. So werde auch Sportvereinen die Nutzung von Einrichtungen überlassen, ohne dass die Stadt hierdurch Unternehmer
des Vereins werde.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§
143,
151 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Meiningen hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der
Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2010 ist rechtswidrig
und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§
54 SGG).
Die auf Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten und Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtete kombinierte Anfechtungs-
und Feststellungsklage ist zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ein Versicherter, dem
gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Arbeitsunfall nicht
gegeben ist, dessen Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs-
und Feststellungsklage nach §§
54 Abs.
1 Satz 1,
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG klären lassen (BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R, BSGE 103, 45-54).
Hinsichtlich der Beklagten kann sich Versicherungsschutz nur aus §
2 Abs.1 Nr. 10 a
SGB VII ergeben. Nach dieser Vorschrift in der Fassung vom 1. Januar 2005 sind kraft Gesetzes versichert Personen, die für Körperschaften
im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften
ehrenamtlich tätig sind. Voraussetzung ist daher, dass die ehrenamtliche Tätigkeit aufgrund eines Auftrages, mit ausdrücklicher
Einwilligung oder mit schriftlicher Genehmigung einer Gebietskörperschaft ausgeführt wird. Bereits für die frühere Fassung
in §
2 Abs.
1 Nr.
10 SGB VII hatte die Rechtsprechung daraus, dass die Versicherung an die Ausübung eines Amtes anknüpfte, gefolgert, dass dem ehrenamtlich
Tätigen von dem Rechtsträger ein bestimmter, abgegrenzter Aufgabenkreis übertragen worden sein musste (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - B 2 U 14/02 R, zitiert nach Juris). Der übertragene Aufgabenkreis muss sich seinerseits wiederum innerhalb des der öffentlich-rechtlichen
Körperschaft zugewiesenen qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereichs halten (vgl. LSG Schleswig-Holstein,
Urteil vom 10. November 2009, L 8 U 71/08).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat die Klägerin am 11. März 2009 einen Arbeitsunfall erlitten, als sie bei der Versorgung
der Tiere in der Zooschule half, ausrutschte und sich eine Oberschenkelfraktur rechts zuzog. Der Unfall stand im inneren Zusammenhang
mit einer versicherten Tätigkeit nach §
2 Abs.
1 Nummer
10 a SGB VII.
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme und in Auswertung der beigezogenen Unterlagen war die Klägerin am Unfalltag,
ohne hierfür ein Entgelt zu erhalten, in der Zooschule, einer dem Geltungsbereich des §
2 Abs.
1 Nr.
10 a SGB VII unterfallenden Einrichtung, tätig. Die Zooschule S. war zum Unfallzeitpunkt Teil der Regelschule P.-G.-Schule. Der für die
Annahme von Versicherungsschutz erforderliche Auftrag liegt ebenso vor.
Die Zuordnung der Zooschule zur P.-G.-Schule und damit zu einem der Stadt S. als sachlichem Schulträger (§ 3 des Thüringer
Gesetzes über die Finanzierung der Staatlichen Schulen) zuzuordnenden qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich
ergibt sich aus der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles. Zunächst ist der Beklagten zuzugeben, dass allein das
Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten und die Gewährung von finanziellen Zuschüssen nicht ausreicht, um die Zooschule dem
öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich der Stadt S. zuzuordnen (vgl. zu einer Brauchtumsveranstaltung: BSG, Urteil vom 30. April 1991, Az.: 2 RU 68/90, NZA 1991 S. 827). Vorliegend beschränkt sich jedoch das Engagement der Stadt S. hinsichtlich der Zooschule nicht nur auf diese beiden Gesichtspunkte.
Vorab ist zu berücksichtigen, dass sich aus den nachvollziehbaren Angaben der Zeugen K. und Z. ergibt, dass die Zooschule
zu Beginn ihrer Existenz als Arbeitsgemeinschaft der P.-G.-Schule entstanden ist. Der Zeuge Z. hat in der mündlichen Verhandlung
vor dem SG Meiningen am 16. August 2011 ausführlich dargelegt, dass alles "mit ein paar Vögeln im Vorbereitungsraum für den
Biologieunterricht" seinen Anfang genommen hat. Die Schüler haben sich damals an der Versorgung der Tiere - auch in den Ferien
- beteiligt. Auf steigenden Raumbedarf wurde mit der Bereitstellung zusätzlicher Räume reagiert. Ab Anfang der Neunzigerjahre
wurde die Zooschule inhaltlich verstärkt in die Unterrichtsgestaltung einbezogen. So hat die von 1991 bis 2013 als Schulleiterin
amtierende Zeugin K. ausführlich dargelegt, dass seit 1990 die Zooschule als Profilierungsrichtung für die Regelschule angesehen
wurde. Zu Beginn eines jeden Schuljahres wurde ein inhaltliches Konzept erarbeitet, in welchem Umfang die Zooschule in den
Unterricht einbezogen werden sollte. Für die Tätigkeit des Zeugen Z. hat die Zeugin K. beim Staatlichen Schulamt Abminderungsstunden
beantragt und diese auch genehmigt bekommen. Dies steht im Einklang mit der Auskunft des Staatlichen Schulamtes Südthüringen
vom 16. Juni 2014. Dadurch hat sich im Ergebnis der Umfang der Lehrverpflichtung des Zeugen Z. verringert. Dies belegt, dass
das Staatliche Schulamt Südthüringen genauso wie die Schulleitung der P.-G.-Schule davon ausging, dass die Tätigkeit des Zeugen
Z. für die Zooschule im dienstlichem Interesse liegt und dem Schulbetrieb dient. Andernfalls hätten Abminderungsstunden nicht
gewährt werden dürfen. Damit liegt ein wesentlicher Unterschied zum Beispiel zu einem Sportlehrer vor, der in seiner Freizeit
für einen Verein eine Jugendmannschaft trainiert. In diesem Fall scheidet eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtungen
aus, da es sich bei dem Training um eine Tätigkeit außerhalb des Schulbetriebs handelt.
Entscheidend für eine Zuordnung der Zooschule zur P.-G.-Schule spricht außerdem, dass die Zeugin K. als Schulleiterin der
P.-G.-Schule und - je nach Bedeutung der zu entscheidenden Angelegenheit - Bedienstete der Stadt S. zum Unfallzeitpunkt am
11. März 2009 das Letztentscheidungsrecht hinsichtlich der Angelegenheiten der Zooschule hatten. Dies ergibt sich nicht zuletzt
aus den Umständen des Umzugs der Zooschule im Jahre 2001/2002. Aufgrund der Sanierung der P.-G.-Schule und deren erhöhtem
Raumbedarf konnte die Zooschule damals nicht in die Räumlichkeiten der P.-G.-Schule nach der Sanierung zurückkehren. Die Entscheidung,
dass die Zooschule in den Räumlichkeiten der angrenzenden Grundschule "..." verbleiben sollte, war das Ergebnis einer Abstimmung
zwischen der Stadt S. und den betroffenen Schulleitern. Die Zeugin Sch., stellvertretende Amtsleiterin der Schulverwaltung
der Stadt S., hat insoweit in ihrer Vernehmung auch ausgeführt, dass alle Beteiligten zu dem Zeitpunkt davon ausgegangen sind,
dass die Zooschule ein Teil der P.-G.-Schule ist. Dem entsprechen die Angaben des Zeugen Z. in seiner Zeugenaussage vor dem
Berichterstatter am 24. November 2014. Auch er hat ausgeführt, dass die Entscheidung für den Umzug in die Grundschule "..."
die Schulverwaltung in Absprache mit den beiden Schulleitern getroffen hat. Der Zeuge Z. hat in diesem Zusammenhang ferner
nachvollziehbar ausgeführt, dass aus seiner Sicht die Stadt S., was die Frage der räumlichen Unterbringung der Zooschule angeht,
das letzte Wort hat. Dem steht nicht entgegen, dass nach den Angaben der Zeugin K. alle Beteiligten immer darum bemüht waren,
dem Zeugen Z. sein Engagement für die Zooschule auch weiterhin zu ermöglichen und man seinen Wünschen und Vorstellungen weitgehend
entgegengekommen ist. Dies ändert nichts daran, dass der sachliche Schulträger - die Stadt S. - in eigener Verantwortung die
Entscheidung über die weitere Unterbringung der Zooschule getroffen hat. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich,
dass nach der Durchführung des Umzugs bis zum Unfallzeitpunkt im März 2009 die Zooschule sich verselbstständigt hätte. Die
Zeugin K. hat insoweit ausgeführt, dass es regelmäßig Zusammenkünfte von ihr mit der Stadt S. gab, um Einzelheiten im Zusammenhang
mit der Zooschule zu klären. Ziel sei es gewesen, den Tierbestand so zu begrenzen, dass das pädagogische Konzept umgesetzt
werden konnte und die Zooschule nicht zu einem "Tierheimersatz" ausartete. In diesem Zusammenhang hat die Zeugin K. auch ausgeführt,
dass für den Fall, dass der Zeuge Z. sich in solchen Gesprächen nicht einsichtig gezeigt hätte, sie als Schulleiterin ihm
gegebenenfalls nach Rücksprache mit der Stadt S. verbindlich eine Grenze hätte setzen können. Entsprechendes hat auch der
Zeuge Z. bestätigt. Dieser hat in seiner Vernehmung ausgeführt, dass es nach dem Umzug eine Zusammenkunft von Vertretern der
Schulverwaltung, der damaligen Schulleiterin der P.-G.-Schule und ihm gegeben hat. Bei dieser Zusammenkunft sei ihm verdeutlicht
worden, dass eine bestimmte Anzahl an Tieren nicht überschritten werden dürfe. Dies schließt es aus, den Zeugen Z. als selbständigen
Unternehmer der Zooschule einzustufen. Dem entspricht es, dass die Zeugin K. sich verpflichtet fühlte, für den Fall, dass
der Zeuge Z. längere Zeit ausfallen sollte, für die in der Zooschule vorhandenen Tiere zu sorgen und eine Auffanglösung zu
finden. Bei einer Einstellung der Zooschule hätte sie im Zusammenwirken mit der Stadt S. die Weitervergabe der Tiere organisiert.
Wenn es sich, wie von der Beklagten vertreten, bei der Zooschule um ein Unternehmen des Zeugen Z. gehandelt hätte, hätte keine
Notwendigkeit bestanden, bei den Gesprächen zwischen der Schulleitung der P.-G.-Schule und Mitarbeitern der Stadt S. sich
mit der Frage zu beschäftigen, wie die Fortführung oder Abwicklung der Zooschule bei einem Ausfall des Zeugen Z. sicherzustellen
ist. Dies wäre dann allein Aufgabe des Zeugen Z. gewesen. Im Ergebnis nachvollziehbar ist die Zeugin K. in ihrer Einvernahme
am 24. November 2014 zu der Einschätzung gelangt, dass die Entscheidung, ob die Zooschule weitergeführt oder abgewickelt worden
wäre, von ihr als Schulleiterin im Einvernehmen mit der Stadt S. zu treffen gewesen wäre. Dem entspricht es auch, dass nach
den Angaben des Zeugen Z. die Vereinbarung, wonach im Falle der Auflösung der Zooschule die Tiere vom Tierpark versorgt werden
sollten, vom Tierparkleiter, dem Schulleiter der P.-G.-Schule und dem Zeugen selbst unterschrieben worden ist. Die Einbindung
des Schulleiters hätte keinen Sinn gemacht, wenn man nicht davon ausgegangen wäre, dass die Zooschule Teil der P.-G.-Schule
ist und die Schule daher auch rechtlich Verantwortung für die Tiere trägt.
Unerheblich ist, dass möglicherweise nach außen der Eindruck entstand, dass der Zeuge Z. weitreichende Entscheidungsbefugnisse
hinsichtlich der Angelegenheiten der Zooschule hatte beziehungsweise die Zooschule untrennbar mit seiner Person verbunden
ist. Dies macht diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere ehrenamtliche Helfer den Zeugen Z.
als "Chef" betrachtet haben mögen. Soweit die Schulleiterin oder die Mitarbeiter der Stadt S. eine Kontrolle in bestimmten
Bereichen nur eingeschränkt ausübten (so kannte die Zeugin K. nur eine der ehrenamtlichen Helferinnen vom Namen her), etwa
weil sie sich darauf verließen, dass der Zeuge Z. die Zooschule ordnungsgemäß führte, ist dies für die hier vorzunehmende
Abgrenzung unbeachtlich. Denn entscheidend ist, dass Kontrollbefugnisse bestanden und dass - wie ausgeführt - die Schulleiterin
und Bedienstete der Stadt S. zum Unfallzeitpunkt am 11. März 2009 das Letztentscheidungsrecht hinsichtlich der Angelegenheiten
der Zooschule hatten.
Dafür, dass die Zooschule als Teil der P.-G.-Schule anzusehen ist, spricht schließlich, dass der Schriftverkehr, zum Beispiel
des Veterinäramts mit der Zooschule, über das Sekretariat der P.-G.-Schule abgewickelt wurde. Dem entspricht die Adressierung
der Bescheide des Veterinäramtes in den Jahren 2009 und 2010. Diese waren zumindest adressenmäßig immer an die P.-G.-Schule
gerichtet. Den Schriftverkehr für die Zooschule hat die Sekretärin der P.-G.-Schule in ihrer Arbeitszeit erledigt. Daran gab
es aus Sicht der Zeugin K., als damaliger Schulleiterin, nichts zu beanstanden, weil es sich um eine schulische Aufgabe gehandelt
hat.
Die Zeugin E. hat in ihrer Einvernahme ausgeführt, dass sie dienstlich im eigentlichen Sinne mit der Zooschule nichts zu tun
gehabt habe. Aus ihrer Sicht waren die von der Zooschule genutzten Räume im Ergebnis der Regelschule zuzuordnen gewesen und
sie war deshalb dienstlich damit nicht weiter befasst.
Auch die Zeugin Sch., stellvertretende Amtsleiterin Schulverwaltung, hat in ihrer Vernehmung ausgeführt, dass die Zooschule
aus ihrer Sicht immer der P.-G.-Schule zugeordnet gewesen und diese Zuordnung auch nach dem Umzug in die Räumlichkeiten der
Grundschule erhalten geblieben sei. Ihre weitere Einschätzung, dass die Zooschule keine städtische Einrichtung sei, stellt
dies nicht infrage. Hierbei handelt es sich ausschließlich um eine rechtliche Bewertung. Bezogen auf die tatsächlichen Gegebenheiten
hat die Zeugin Sch. die enge Anbindung an die Regelschule bestätigt.
Die Finanzierung der Zooschule steht ebenfalls einer Einordnung als Teil der P.-G.-Schule nicht entgegen. Die Zeugin Sch.
hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Finanzierung der Zooschule bis zum Jahre 2009 aus ihrer Sicht relativ ungeordnet
verlief und sie sich ab dem Jahre 2010 bemüht habe, die finanziellen Angelegenheiten verwaltungsmäßig besser in den Griff
zu bekommen. Seit dieser Zeit habe zum Beispiel für Aufgaben der Zooschule ein bestimmter Betrag haushaltsmäßig zur Verfügung
gestanden. Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits sind aber nur die Verhältnisse zum Unfallzeitpunkt am 11. März 2009 entscheidend.
Das Bemühen der Schulverwaltung ab dem Jahre 2010, die finanziellen Belange der Zooschule besser zu regeln, verdeutlicht allerdings,
dass man von einer bestehenden Verantwortung der Stadt S. für die Zooschule ausging. Ansonsten wäre die Stadt nicht berechtigt
gewesen, Änderungen in der Finanzstruktur zu veranlassen. Auch zum Unfallzeitpunkt März 2009 verhielt es sich so, dass nach
den Angaben der Zeugin Sch. teilweise Rechnungen von der Stadt S. übernommen wurden und es teilweise Förderungen unter dem
Stichwort "schulbezogene Jugendarbeit" gab. Dass die finanzielle Abwicklung hinsichtlich der Kosten für die Zooschule und
der eingenommenen Spenden über ein Konto des Fördervereins erfolgte, steht einer Einordnung der Zooschule als Teil der P.-G.-Schule
nicht entgegen. Nach den Angaben des Zeugen Z. gab und gibt es beim Förderverein ein eigenständiges Konto allein für die Zooschule.
Nach § 2 Abs. 2 der Satzung des Fördervereins ist Zweck des Vereins die Förderung der P.-G.-Schule. Dieser Vereinszweck wird
durch die die Beschaffung und Zurverfügungstellung von Spenden für die Ausstattung der Schule verwirklicht. Insoweit hat das
Engagement des Fördervereins zwingend zur Voraussetzung, dass es sich bei der Zooschule um einen Teil der P.-G.-Schule handelt.
Dass die Zooschule als Teil der P.-G.-Schule anzusehen ist, wird auch durch ein Schreiben des Sachgebiets Schulverwaltung
vom 13. Oktober 2006 bestätigt. Dort teilt eine Sachgebietsleiterin dem Zeugen Z. mit, dass der Kommunale Schadensausgleich
als kommunaler Versicherer der Stadt S. ihr in einem Schreiben vom 10. Oktober 2006 mitgeteilt habe, dass die in der Zooschule
untergebrachten Tiere im allgemeinen Haftpflichtdeckungsschutz der Stadtverwaltung eingeschlossen sind. Eine derartige Aussage
wäre nicht möglich, wenn die Zooschule als selbstständiges Unternehmen außerhalb des Aufgabenbereichs der Stadt S. angesehen
würde. Denn die Übernahme der Tierhalterhaftpflicht nach §
833 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) setzt voraus, dass die Stadt S. Halter der in der Zooschule vorhandenen Tiere ist. Tierhalter im Sinne des §
833 BGB ist, wer die Bestimmungsgewalt über das Tier hat, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und den allgemeinen
Wert und Nutzen des Tieres in Anspruch nimmt. Tierhalter ist also - unabhängig von formellen rechtlichen Beziehungen - wer
faktisch für das Schicksal des Tieres zuständig ist (vgl. LG Hanau Urteil v. 16.01.2003 - 1 O 1130/02 - NJW-RR 2003, 457-458).
Letztlich bestätigt auch das Schreiben der Stadt S. vom 23. Juni 2011 an die Schulleiterin der P.-G.-Schule die vorgenommene
Einschätzung. Dieses Schreiben ist zwar nach dem Unfallzeitpunkt erstellt worden. Es eignet sich aber dennoch zur Beurteilung
des Sachverhalts im Jahre 2009, da es verdeutlicht, wie innerhalb der Stadt S. die Zooschule eingeordnet wurde. Wegen der
gleich gebliebenen Verhältnisse kann gefolgert werden, dass die Einschätzung der Stadt S. auch schon in den früheren Jahren
bestand. In besagtem Schreiben wird im Rahmen eines Antrags auf Einrichtung eines Bürgerarbeitsplatzes ausgeführt, dass die
Stadt sich bei einer Förderdauer von drei Jahren nicht automatisch dazu verpflichtet, die Zooschule für diesen Zeitraum auch
weiter zu betreiben. Hintergrund der Einschränkung ist, dass aus Sicht der Stadt S. der Einsatz eines Bürgerarbeiters nur
solange erfolgen kann, wie ein Verantwortlicher zur Führung der Zooschule benannt und tätig ist. Dieses Schreiben verdeutlicht
damit, dass die Stadt S. im Ergebnis davon ausgeht, eine Entscheidung über den Fortbestand der Zooschule treffen zu können.
Die gemachte Einschränkung beruht lediglich darauf, dass faktisch der Fortbestand der Zooschule aus Sicht der Stadt S. vor
allem vom weiteren Engagement des Zeugen Z. abhängt.
Das Fehlen von Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin von der Stadt S. ausdrücklich schriftlich damit beauftragt worden ist,
für die Zooschule ehrenamtlich tätig zu werden, steht der Annahme von Unfallversicherungsschutz nicht entgegen. Eine schriftliche
Auftragserteilung ist für die Annahme von Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
1 Nr.
10 a SGB VII nicht erforderlich. Eine konkludente Auftragserteilung ist ausreichend (Ricke in Kasseler Kommentar
SGB VII, §
2 Rn. 47 d). Nicht ausreichend ist hingegen in der Regel eine bloße Duldung von bestimmten Tätigkeiten durch die betroffene
Gebietskörperschaft (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10. November 2009, Az.: L 8 U 71/08, zitiert nach Juris). Vorliegend kann aber nicht nur von einer bloßen Duldung der Tätigkeit der Klägerin für die Zooschule
durch die Verantwortlichen der P.-G.-Schule ausgegangen werden. Die Klägerin ist vielmehr vom Zeugen Z. für die ehrenamtliche
Tätigkeit ausgewählt worden, und er hat ihren Einsatz koordiniert. Sie war etwa seit dem Jahre 2000 für die Zooschule ehrenamtlich
tätig. Zu diesem Zeitpunkt war der Zeuge Z. noch als Lehrer an der Regelschule P.-G.-Schule tätig. Demgegenüber kann es nicht
ins Gewicht fallen, dass die Schulleiterin - die Zeugin K. - ausweislich ihrer Zeugeneinvernahme die Auswahl der ehrenamtlichen
Helfer dem Zeugen Z. überließ und außer einer engen Mitarbeiterin von Herrn Z., einer Frau W., in der Regel die Helfer nicht
namentlich kannte. Der Zeuge Z. war jedenfalls zum Zeitpunkt der Auswahl der Klägerin als ehrenamtliche Helferin Lehrer der
P.-G.-Schule und von der Schulleitung mit der Leitung der Zooschule betraut. Seine Kenntnis ist insoweit ausreichend bzw.
die Schulleiterin muss sich seine Kenntnis zurechnen lassen. Zudem haben die Schulleiterin und die sonstigen Verantwortlichen
der Stadt S. immer Kenntnis davon gehabt, dass der Zeuge Z. ehrenamtliche Helfer im Rahmen der Zooschule einsetzt. Sie hätten
jederzeit die Möglichkeit gehabt, sich konkret über diese zu informieren. Insoweit kann gerade nicht davon die Rede sein,
dass die Klägerin als beliebige, der Leitung der öffentlichen Einrichtungen unbekannte Person, ehrenamtlich tätig geworden
ist. Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Im Rahmen dieses Verfahrens muss mithin nicht geklärt werden, wie es
sich mit ehrenamtlichen Helfern verhält, die von dem Zeugen Z. erst zu einem Zeitpunkt ausgewählt worden sind, als er sich
in der Freistellungsphase der Altersteilzeit bzw. in Rente befand. Denn die Auswahl der Klägerin erfolgte zu einem Zeitpunkt,
als der Zeuge Z. sich noch als Lehrer im Dienst befand. Dass der Unfall am 11. März 2009 demgegenüber zu einem Zeitpunkt geschah,
als der Zeuge Z. sich bereits in der Altersteilzeit befand, ist für die Frage, ob ein Auftrag im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
10 a SGB VII vorliegt, unerheblich. Denn eine einmal erfolgte Auftragserteilung reicht aus, da diese fortgilt.
In der Gesamtschau sprechen daher deutlich überwiegende Umstände für die vom Sozialgericht Meiningen vertretene Auffassung,
dass die Klägerin ehrenamtlich im Sinne des §
2 Nr. 10 a
SGB VII tätig war.
Der erforderliche Gesundheitserstschaden für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ist aufgrund der festgestellten Oberschenkelfraktur
rechts unzweifelhaft zu bejahen.
Bei dieser Sachlage sind Anhaltspunkte für das Bestehen von Versicherungsschutz gegenüber den Beigeladenen nicht ersichtlich.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.