Gründe:
Die Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens die Klägerin für fähig gehalten,
ab Juni 1992 einer Teilzeitbeschäftigung von fünf Stunden täglich nachzugehen. Es hat ihr ab diesem Zeitpunkt ein fiktives
Einkommen von 1.150 DM netto monatlich angerechnet, das sie als Verkäuferin oder in einem anderen vergleichbaren Beruf erzielen
könnte und ihr einen entsprechenden Aufstockungsunterhalt nach §
1573 Abs.
2
BGB zugebilligt. Hierzu hat es ausgeführt, die Klägerin habe seit Beginn des Prozesses im November 1991 keine ihr zumutbaren
ausreichenden Bemühungen um Arbeit entfaltet und nicht dargetan, daß sie trotz solcher Bemühungen keine Stelle hätte finden
können.
Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der der Klägerin restlich zugesprochene Unterhaltsanspruch beruht auf §
1572
BGB. Es liegt dabei im Bereich tatrichterlicher Würdigung, wenn das Oberlandesgericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens
nicht nur von einer teilweisen Erwerbsfähigkeit der Klägerin ab Juni 1992 ausgeht, sondern angesichts der Art ihrer Erkrankung
- Magenbeschwerden mit einer einhergehenden "konversionsneurotischen Symptomatik" - auch annimmt, die Klägerin habe mit ihren
Bemühungen um eine Arbeit bereits zu einem früheren Zeitpunkt einsetzen müssen, so daß sie unmittelbar im Anschluß an ihre
endgültige Gesundung Ende Mai/Anfang Juni 1992 eine Arbeit hätte finden und antreten können. Zwar kann einem Unterhaltsberechtigten,
der nach der Scheidung, der Beendigung der Erziehung eines Kindes oder nach einer Erkrankung den (Wieder-)Einstieg in das
Berufsleben finden muß, eine angemessene Zeitspanne zur Arbeitssuche zuzubilligen sein (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 193; Münch-Komm/Richter
BGB 3. Aufl. §
1573 Rdn. 10). Dabei kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine Obliegenheit, sich rechtzeitig um eine Erwerbsmöglichkeit
zu kümmern, kann auch schon vor den genannten Zeitpunkten bestehen (vgl. Senatsurteile vom 24. April 1985 - IVb ZR 9/84 - FamRZ 1985, 782, 784; und vom 23. Oktober 1985 - IVb ZR 68/84 - FamRZ 1986, 553, 555; MünchKomm/Richter aaO.). Im vorliegenden Fall ist das Oberlandesgericht ersichtlich von einer solchen Obliegenheit
ausgegangen, da die Klägerin nach der Art ihrer Erkrankung nicht gehindert war, sich entsprechend frühzeitig beim Arbeitsamt
zu melden und auf private Stellenanzeigen zu antworten.
2. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Unterhaltsansprüche der Klägerin seien in Höhe der ihr geleisteten Sozialhilfe
kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergegangen, und zwar auch, soweit sie den Zeitraum vor Inkrafttreten der Neuregelung
der §§ 90, 91
BSHG am 27. Juni 1993 betreffen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23. Juni 1993, in Kraft getreten am 27. Juni
1993, BGBl. I 944, 952) hat der Gesetzgeber die frühere Regelung der im Ermessen des Sozialhilfeträgers stehenden Überleitung
von Unterhaltsansprüchen gemäß §§ 90, 91
BSHG a.F. durch einen gesetzlichen Forderungsübergang ersetzt. Nach § 91 Abs. 1
BSHG n.F., der nunmehr als Spezialvorschrift ausschließlich Unterhaltsansprüche erfaßt, geht ein nach bürgerlichem Recht gegebener
Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers für die Zeit, für die ihm Hilfe gewährt wird, bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen
auf den Träger der Sozialhilfe über. Eines Verwaltungsaktes in Form der Überleitungsanzeige bedarf es nicht mehr, der Anspruchsübergang
tritt kraft Gesetzes mit dem Bewirken der Leistungen ein. Gemäß § 91 Abs. 3
BSHG n.F. wirkt der Übergang außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts auf den Beginn der Hilfe nur dann zurück,
wenn dem Unterhaltspflichtigen der Bedarf unverzüglich nach Kenntnis des Sozialhilfeträgers mitgeteilt wurde. Danach kann
- außer im Falle einer Mahnung - auch im Falle einer Bedarfsmitteilung (Rechtswahrungsanzeige) der Sozialhilfeträger den Unterhaltspflichtigen
für die Vergangenheit in Anspruch nehmen (Künkel FamRZ 1994, 540 f; Schellhorn/Schellhorn FuR 1993, 261 f; Scholz FamRZ 1994, 1 f).
Umstritten ist, ob diese Legalzession rückwirkend auch Unterhaltsansprüche aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Neuregelung
am 27. Juni 1993 erfaßt, wenn deren Voraussetzungen für eine Geltendmachung für die Vergangenheit - sei es durch Verzug gemäß
§
1613
BGB oder Rechtswahrungsanzeige - zwar gegeben waren, aber noch keine Überleitung auf den Sozialhilfeträger nach § 90 Abs. 1
BSHG a.F. erfolgt war (bejahend: OLG Hamburg FamRZ 1994, 126; OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 1223; OLG Karlsruhe, NJW 1994, 2902; OLG Köln FamRZ 1994, 970; AG Kerpen FamRZ 1994, 1425; Brudermüller FuR 1995, 17; Künkel aaO. S. 549; Scholz aaO. S. 1; verneinend: OLG Koblenz FamRZ 1995, 171, 172; OVG Münster FamRZ 1994, 594; Wohlgemuth FamRZ 1995, 333).
Der Senat folgt der überwiegenden Meinung.
Das Gesetz enthält keine besondere Übergangsvorschrift für vor dem Inkrafttreten entstandene Unterhaltsansprüche. Daher gilt
die Neufassung nach allgemeinen Rückwirkungsregeln auch für Unterhaltsansprüche aus der Zeit vor dem 27. Juni 1993. Verfassungsrechtliche
Bedenken gegen eine solche Rückwirkung bestehen nicht, weil es sich nicht um einen ändernden Eingriff in bereits abgeschlossene
Sachverhalte handelt, auf deren Bestand die Betroffenen vertrauen durften, sondern um noch nicht abgewickelte Rechtsbeziehungen
zwischen den Beteiligten. Eine Benachteiligung des Unterhaltsschuldners ist nicht ersichtlich, da er - die Voraussetzungen
des Verzugs unterstellt - auch nach der alten Regelung damit rechnen mußte, daß der Sozialhilfeträger den Unterhaltsanspruch
rückwirkend durch Verwaltungsakt auf sich überleitete. Die Neuregelung brachte eine Änderung nur insoweit, als dieses Ergebnis
jetzt nicht mehr durch Überleitungsakt, sondern durch Legalzession herbeigeführt wird (so zutreffend OLG Hamburg und Künkel,
jeweils aaO.). Auch die Rechtsstellung des Unterhaltsbedürftigen bleibt unverändert, da sein Unterhaltsanspruch nur in derselben
Höhe und für denselben Zeitraum übergeht, wie ihm Sozialhilfe gewährt wird. Es kann auch davon ausgegangen werden, daß der
Gesetzgeber ein Ergebnis vermeiden wollte, bei dem der Unterhaltsbedürftige in Altfällen, in denen eine Überleitung nicht
erfolgt und auch eine bürgerlich-rechtliche Abtretung der Unterhaltsansprüche an den Sozialhilfeträger nicht wirksam war (vgl.
hierzu Senatsurteil vom 16. März 1994 - XII ZR 225/92 - FamRZ 1994, 829), trotz gewährter Sozialhilfe Zahlung des vollen Unterhalts an sich verlangen könnte (vgl. Brudermüller aaO.).