Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln durch Vertragsärzte; Gebrauchsfertigmachen eines Arzneimittels durch das
Einbringen von monoklonalen Antikörpern in eine Kochsalzlösung durch den behandelnden Arzt
Gründe:
I
Im Streit steht die Frage, ob der beklagte Beschwerdeausschuss verpflichtet ist, gegen den Beigeladenen zu 2. wegen der Anforderung
Monoklonaler Antikörper (MAK) als Rezepturen von der Apotheke in den Quartalen II/2008 bis I/2009 einen Verordnungsregress
in Höhe von 4776,02 Euro festzusetzen.
Der zu 2. beigeladene Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie nimmt im Bezirk
der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teil und führt eine Praxis
mit onkologischem Schwerpunkt. Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, beantragte eine Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise
in Einzelfällen, weil der Beigeladene zu 2. die von ihm für die Krebsbehandlung bei seinen Patienten benötigten MAK - Herceptin
(Trastuzumab) sowie MabThera (Rituximab) - in Form von Rezepturen von der Apotheke angefordert habe, statt diese Medikamente
als Fertigarzneimittel zu verordnen und sie vor der Anwendung selbst in eine Kochsalzlösung einzubringen. Mit Bescheid vom
15.9.2010 lehnte die Prüfungsstelle den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom
24.5.2011 (aus der Sitzung vom 23.3.2011) mit der Begründung zurück, dem Vertragsarzt könne das Gebrauchsfertigmachen von
toxischen Arzneimitteln wie Zytostatika und MAK in der Praxis nicht zugemutet werden; zudem stelle das Gebrauchsfertigmachen
in der Praxis eine erhebliche Gefährdung der Patienten dar. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid
des SG vom 22.6.2012, Urteil des LSG vom 4.12.2013).
Das LSG hat ausgeführt, die Anforderung von MAK als Rezepturen von einer Apotheke sei nicht unwirtschaftlich, weil Vertragsärzte
nicht verpflichtet seien, MAK in Kochsalzlösung einzubringen. Dieser Vorgang sei als Herstellung von Arzneimitteln zu werten
und somit von der Leistungspflicht der Vertragsärzte nicht umfasst. Nach der Legaldefinition des § 4 Abs 14 des Arzneimittelgesetzes (AMG) falle unter den Begriff des "Herstellens" von Arzneimitteln auch das "Zubereiten" und damit auch das vom Körpergewicht des
Patienten abhängige Dosieren und Einbringen von MAK in eine Kochsalzlösung, die vor der Anwendung (Infusion) am Patienten
notwendig sei. Zwar seien Vertragsärzte arzneimittelrechtlich berechtigt, Arzneimittel zur Anwendung beim Patienten zuzubereiten.
Jedoch sei gemäß §
73 Abs
2 SGB V allein die Verordnung, nicht aber die Herstellung von Arzneimitteln von der vertragsärztlichen Leistungspflicht umfasst.
Auch aus anderen Vorschriften des Vertragsarztrechts sei eine Verpflichtung der Vertragsärzte zur Herstellung von Arzneimitteln
nicht ableitbar, insbesondere nicht aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä), weil dieser
für die Zubereitung von Infusionslösungen keine Gebührenordnungsposition (GOP) vorsehe. Dies bestätige auch die Onkologie-Vereinbarung, indem diese sich darauf beschränke, bestimmte Qualitätsanforderungen
zu definieren, soweit die Zubereitung in der Praxis erfolge.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Das Gebrauchsfertigmachen einer Arznei zur unmittelbaren
Anwendung am Patienten sei keine Herstellung iS von § 4 Abs 14 AMG. Durch das Urteil des LSG würden jegliche Zubereitungsschritte einer Einordnung unter die vertragsärztlichen Pflichten nach
§
73 Abs
2 Nr
1 SGB V entzogen, obwohl dieser Vorgang nicht zur Arzneimittelverordnung, sondern zur ärztlichen Behandlung gehöre. Wäre die Auffassung
des LSG richtig, sei zu befürchten, dass künftig jedes noch so einfache Überführen eines Arzneimittels in die anwendungsfertige
Form nicht mehr durch den Vertragsarzt erfolge.
MAK wiesen auch keine toxische Wirkung auf, die betriebliche Vorkehrungen erforderten, die einem onkologisch verantwortlichen
Arzt nicht zugemutet werden könnten. Dies ergebe sich aus dem Grundsatzgutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 6
"Arzneimittelversorgung" der MDK-Gemeinschaft vom Juli 2005 ("Zubereitung von Monoklonaler Antikörper in Apotheken am Beispiel
Trastuzumab und Rituximab") sowie aus den Ausführungen namhafter nationaler und internationaler Institutionen im Gutachten
der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Vor dem Hintergrund dieser von der BGW selbst angeführten
Quellen sei das dortige Fazit, dass von einer Toxizität ausgegangen werden müsse, solange deren Nichtvorhandensein nicht nachgewiesen
sei, ebenso wie die Empfehlung der BGW, MAK als CMR-Stoffe (i.e. cancerogen - mutagen - reproduktionstoxisch) einzustufen,
nur schwer nachzuvollziehen. Außerdem sei es lediglich beim Empfehlungscharakter verblieben, da MAK bis zum heutigen Tag nicht
in der TRGS (Technische Regelung für Gefahrenstoffe) aufgenommen worden sei. Auch die Gutachter der Ludwig-Maximilian-Universität
München hätten in ihrem pharmakologischen Gutachten vom 29.5.2012 gefolgert, dass eine tumorerzeugende Wirkung im Sinne einer
klassischen Wirkung als Initiator nicht gegeben sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 4.12.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit erforderliche Kosten-Nutzen-Analyse könne nur vorgenommen werden, wenn es berücksichtigungsfähige
Alternativen gebe; dies sei vorliegend jedoch zu verneinen. Vertragsärzte seien nicht verpflichtet, MAK sowie deren erforderliche
Trägerlösung als solche zu verordnen, um daraus im Anschluss in ihren Praxisräumen eine applikationsfähige Lösung herzustellen;
das "Herstellen" iS von § 4 Abs 14 AMG sei nicht von der vertragsärztlichen Versorgung iS des §
73 Abs
2 Satz 1 Nr
1 iVm §
28 SGB V umfasst. Auch das Gebrauchsfertigmachen eines Arzneimittels falle in den Pflichtenkreis des Apothekers, da auch dieses ein
"Herstellen" iS von § 4 Abs 14 AMG sei. Das Herstellen der applikationsfähigen Lösung, bestehend aus den MAK und der Kochsalzlösung, stelle keine bloße Rekonstitution
iS des § 4 Abs 31 AMG dar, da es sich nicht um einen einfachen Prozess handele, die applikationsfähige Infusionslösung aus zwei Arzneimitteln bestehe
und diese in der Regel auch nicht anhand der Angaben aus der Packungsbeilage einfach zuzubereiten seien. Selbst wenn man von
einer Rekonstitution ausgehe, handele es sich dabei ebenfalls um ein Herstellen iS von § 4 Abs 14 AMG.
Zudem habe vorliegend die Wirtschaftlichkeit hinter dem höheren therapeutischen Nutzen bzw der Patientensicherheit zurückzustehen.
Die Fachinformationen der Hersteller sähen bei den genannten MAK eine Herstellung der Infusionslösung durch ausgebildetes
Personal unter aseptischen Bedingungen im Interesse der Patientensicherheit vor. Bei Patienten mit onkologischen Erkrankungen
handele es sich in der Regel um solche mit geschwächtem Immunsystem, die daher besonders infektionsgefährdet seien. Im Übrigen
seien bei der Fertigung applikationsfähiger Infusionslösungen mit MAK Standards einzuhalten, die ein Arbeiten unter aseptischen
Bedingungen an einer Sicherheitswerkbank nach DIN 12980 verlangten. Hierüber bestehe Einigkeit zwischen der BGW sowie der
Bundesapothekenkammer. Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekenverband
in der "Hilfstaxe" für die Herstellung parenteraler Lösungen mit MAK in der Apotheke einen Zuschlag vereinbart hätten; hieraus
lasse sich der Schluss ziehen, dass die Herstellung parenteraler Lösungen mit MAK grundsätzlich zum originären Aufgabenkreis
der Apotheken gehöre.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Gesetzgeber trenne zwischen der ärztlichen Behandlung und der Versorgung mit Arzneimitteln. Beide seien Teil der Krankenbehandlung,
die Versorgung mit Arzneimitteln jedoch nicht Teil der ärztlichen Behandlung. Die Arzneimittelversorgung im Rahmen der vertragsärztlichen
Versorgung erfolge gemäß §
73 Abs
2 Satz 1 Nr
7 SGB V im Wege der Verordnung. Die Herstellung von Arzneimitteln, zu der auch die Zubereitung einer Infusionslösung gehöre, sei
deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Teil der vertragsärztlichen Versorgung und könne vom Vertragsarzt im Rahmen seines
Beitrags zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrags nicht verlangt werden. Dies gelte auch dann, wenn man von einer Rekonstitution
iS von § 4 Abs 31 AMG ausginge, weil diese grundsätzlich dem Herstellungsbegriff des § 4 Abs 14 AMG unterfalle.
Die gemäß § 13 Abs 2b AMG zulässige Arzneimittelherstellung durch den Arzt stehe also nicht als obligatorische Leistungsalternative zur Verfügung und
könne deshalb nicht als Vergleichsmaßstab für eine wirtschaftliche Versorgung dienen. Selbst wenn man die Zubereitung lediglich
als unwesentlichen Teil-Herstellungsschritt ansehe, gelte nichts anderes, weil die in der vertragsärztlichen Versorgung zu
erbringenden ärztlichen Leistungen abschließend im EBM-Ä geregelt seien. In der Leistungslegende der dort aufgenommenen GOP für Infusionen sei die patientenindividuelle Zubereitung von Krebs-Arzneimitteln in eine anwendbare Darreichungsform nicht
aufgenommen worden. Auch in der Onkologie-Vereinbarung sei eine Zubereitung durch den Vertragsarzt nicht vorgesehen.
Der Beigeladene zu 2. schließt sich, ohne einen Antrag zu stellen, den Ausführungen des Beklagten und der Beigeladenen zu
1. an und weist ergänzend darauf hin, dass die Toxizität von MAK nicht durch das BGW-Gutachten in Frage gestellt werde. Auch
verpflichteten die TRGS 525 in ihrer aktuellen Fassung die Ärzte bei Arzneimitteln, bei denen auch nur ein Verdacht auf CMR
bestehe, dieselben Voraussetzungen wie bei CMR-Arzneimitteln einzuhalten.
II
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet. Das LSG, das seine Entscheidung
allein auf die - unzutreffende - Auffassung gestützt hat, dass das Gebrauchsfertigmachen von Arzneimitteln generell von der
Leistungspflicht der Vertragsärzte nicht umfasst sei, weil hierzu allein die Verordnung, nicht aber die Herstellung von Arzneimitteln
gehöre, wird erneut zu prüfen und zu entscheiden haben, ob der Beklagte verpflichtet ist, gegen den zu 2. beigeladenen Vertragsarzt
einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnungen im Einzelfall festzusetzen.
Eine Verpflichtung des Beklagten, gegen den Beigeladenen zu 2. einen Regress festzusetzen, setzt voraus, dass jener gegen
das ihn unmittelbar verpflichtende Wirtschaftlichkeitsgebot (§§
12 Abs
1,
70 Abs
1 Satz 2
SGB V) verstoßen und damit unwirtschaftlich iS des §
106 Abs
1 SGB V gehandelt hätte, indem er die für die Behandlung von Versicherten der klagenden Krankenkasse benötigten MAK in Form von Rezepturen
von der Apotheke angefordert hat, statt das Arzneimittel selbst gebrauchsfertig zu machen. Dies ist im Grundsatz nicht ausgeschlossen:
Ein Vertragsarzt kann verpflichtet sein, Arzneimittel zur Anwendung an seinen Patienten selbst gebrauchsfertig zu machen,
statt diese zur Anfertigung als Rezeptur durch eine Apotheke zu verordnen, weil dies regelmäßig kostengünstiger und damit
(allein) wirtschaftlich ist (1.). Das Gebrauchsfertigmachen von Arzneimitteln ist - entgegen der Auffassung des LSG - auch
nicht dem pharmazeutischen Bereich zuzuordnen, soweit es selbstverständlicher Bestandteil einer ärztlichen Behandlungsmaßnahme
ist (2.). Die Festsetzung eines Regresses ist hier auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen (3.). Ob der Kläger hier
verpflichtet war, MAK selbst gebrauchsfertig zu machen, vermag der Senat allerdings nicht abschließend zu beurteilen, weil
das LSG hierzu nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat (4.).
1. a. Rechtsgrundlage des von der Klägerin begehrten Arzneikostenregresses ist §
106 Abs
2 SGB V (hier zugrunde zu legen idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378, 404, die in den Quartalen II/2008 bis I/2009 galt). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene
Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben
(aaO Satz 1 Nr 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß
§
106 Abs
2 Satz 4
SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen
(s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 bis 14 mwN). Diese waren auch in § 16 der hier einschlägigen Prüfvereinbarung vorgesehen. Einzelfallprüfungen
sind insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl daher rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem
bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft
werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14).
b. §
106 Abs
1 SGB V verpflichtet die Krankenkassen und die KÄVen, die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und
Prüfungen zu überwachen. Das Verfahren nach §
106 SGB V dient damit der Feststellung, ob die vertragsärztliche Versorgung in Bezug auf die Behandlungs- wie auch die Verordnungsweise
den gesetzlichen Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots genügt. Der in §
106 Abs
1 SGB V verwendete Begriff der Wirtschaftlichkeit ist mit den in §
12 Abs
1 SGB V definierten, in §
70 Abs
1 Satz 2
SGB V für die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern wiederholten und in §
72 Abs
2 SGB V für die Beziehungen der Krankenkassen zu Ärzten und Zahnärzten präzisierten Begriffen identisch. Nach §
12 Abs
1 Satz 1
SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer
nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Satz 2 aaO). Nach §
70 Abs
1 Satz 2
SGB V muss die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und
muss wirtschaftlich erbracht werden. Der für die Prüfungsgremien maßgebende Begriff der Wirtschaftlichkeit trägt die anderen
genannten Sachvoraussetzungen in sich (BSGE 17, 79, 84; BSGE 19, 123, 128 = SozR Nr 7 zu § 368n
RVO, Bl Aa 10, 12; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 36).
Der Begriff der "Wirtschaftlichkeit" im engeren Sinne fordert, entsprechend dem Minimalprinzip (vgl BSGE 55, 277, 279 = SozR 2100 § 69 Nr 3 S 3) mit dem geringstmöglichen Aufwand die erforderliche - ausreichende und zweckmäßige - Leistung
zu erbringen (s hierzu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 37). Bezogen auf die Krankenversicherung bestimmt der Begriff - als Kernbestandteil des Wirtschaftlichkeitsgebots
im engeren Sinne (BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 44) - die Relation zwischen dem Kostenaufwand und dem Nutzen in Form des Heilerfolgs (vgl BSGE
52, 134, 139 = SozR 2200 § 182 Nr 76 S 147). Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit im Sinne des Minimalprinzips bedingt den Beleg,
dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu
erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl zB BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr 6, RdNr 14; BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 16; BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 53/12 R - Juris RdNr 19 = USK 2013-67; BSGE 116, 138 = SozR 4-2500 § 12 Nr 4, RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 8 RdNr 26; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 37).
Entsprechend dem Minimalprinzip ist der Vertragsarzt bei zwei zur Behandlung einer bestimmten Gesundheitsstörung zur Verfügung
stehenden, medizinisch gleichwertigen Therapieansätzen im Regelfall verpflichtet, den kostengünstigeren zu wählen (BSGE 96,
261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 44; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 38; vgl auch BSG Beschluss vom 31.5.2006 - B 6 KA 68/05 B - Juris RdNr 11; ebenso zB Noftz in Hauck/Noftz,
SGB V, Stand 01/00, §
12 RdNr 23; Roters in Kasseler Kommentar, 2016, §
12 SGB V RdNr 41). Das Minimalprinzip ist grundsätzlich auch im Verhältnis zweier therapeutisch gleichwertiger, aber unterschiedlich
teurer Arzneimittel zu beachten (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 38 unter Bezugnahme auf LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 28.10.2009 - L 7 KA 131/06 - Juris RdNr 52; in diesem Sinne auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 44; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 28; BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr 6 RdNr 14).
Die Verpflichtung des Vertragsarztes zu wirtschaftlichem Handeln gilt für jedwede ärztliche Tätigkeit (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 39 mwN). Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet den Vertragsarzt, umfassend - also in jedem Teilbereich - wirtschaftlich
zu handeln (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 39 mwN). Dies folgt aus dem umfassenden Geltungsanspruch des Wirtschaftlichkeitsgebots (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 39 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 34).
Ein Arzt hat das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Verordnung von Arzneimitteln nicht allein in Bezug auf die Auswahl des Arzneimittels
zu beachten, sondern auch dann, wenn er vor der Entscheidung steht, ob er ein Arzneimittel selbst zur Anwendung an seinem
Patienten gebrauchsfertig macht oder hiermit eine Apotheke beauftragt. §
12 Abs
1 Satz 2
SGB V bestimmt, dass Leistungserbringer Leistungen, die unwirtschaftlich sind, nicht "bewirken" dürfen. Der Begriff des "Bewirkens"
umfasst nicht allein das "Veranlassen" - dh das Verordnen - einer Leistung, sondern auch das "Zustandebringen", also jede
andere Form der Einwirkung des Vertragsarztes auf das wirtschaftliche Ergebnis.
Aus welchem Grund sich die Leistung im Ergebnis als unwirtschaftlich darstellt, spielt daher keine Rolle. Es gilt vielmehr
auch hier der Grundsatz, dass dann, wenn "Leistungen" als gleichwertig anzusehen sind, weil sie voraussichtlich mit gleicher
Wahrscheinlichkeit den gleichen Behandlungserfolg bringen werden, die kostengünstigere zu wählen ist (BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 51 RdNr 40 unter Hinweis auf Roters in Kasseler Kommentar, §
12 SGB V RdNr 42). Eine "Gleichwertigkeit" liegt erst recht dann vor, wenn es sich um identische Arzneimittel handelt und lediglich
deren Gebrauchsfertigmachung in zulässiger Weise durch unterschiedliche Personen erfolgt.
2. Entgegen der Auffassung des LSG ist eine Gebrauchsfertigmachung von Arzneimitteln durch den Vertragsarzt zur Anwendung
an seinen Patienten auch nicht ausschließlich dem pharmazeutischen Bereich zuzuordnen, sondern dieser Vorgang ist grundsätzlich
von der vertragsärztlichen Leistungspflicht eines Vertragsarztes mit umfasst, wenn er als notwendige Vorbereitungshandlung
Teil der ärztlichen Behandlung ist (a.). Auch arzneimittelrechtlich wird die Gebrauchsfertigmachung dem Vertragsarzt nicht
nur erlaubt, sondern es wird durch generelle Ausnahmeregelungen im AMG anerkannt, dass diese Tätigkeit regelmäßiger Bestandteil der ärztlichen Behandlung ist (b.).
a. Ein Vertragsarzt kann - grundsätzlich - Kraft seines Versorgungsauftrags verpflichtet sein, ein Fertigarzneimittel zur
Anwendung an seinen Patienten gebrauchsfertig zu machen, weil das Gebrauchtfertigmachen eines Arzneimittels im Sinne einer
patientengerechten Zubereitung desselben als notwendige Vorbereitungshandlung zur ärztlichen Behandlung gehört und damit selbstverständlicher
Teil der vom Vertragsarzt zu erbringenden ärztlichen Leistungen ist.
Nach §
95 Abs
3 Satz 1
SGB V bewirkt die Zulassung, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung "im Umfang seines aus der
Zulassung folgenden ... Versorgungsauftrages" verpflichtet ist. Der Umfang des Versorgungsauftrags entspricht im Grundsatz
dem Inhalt der vertragsärztlichen Versorgung: Diese umfasst nach §
73 Abs
2 Satz 1
SGB V - soweit vorliegend relevant - die ärztliche Behandlung (Nr 1) und die Verordnung von Arzneimitteln (Nr
7) und entspricht damit wiederum inhaltlich dem in §
27 Abs
1 Satz 2
SGB V definierten Umfang der "Krankenbehandlung". Die Frage, ob ein Arzt ein Medikament selbst gebrauchsfertig machen muss, betrifft
nicht die Verordnung, sondern die "Anwendung" des Medikaments, fällt also unter den Begriff "ärztliche Behandlung". Nach §
28 Abs
1 Satz 1
SGB V umfasst die ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten
nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist.
Teil der eigentlichen ärztlichen Behandlung sind auch notwendige Vorbereitungshandlungen (s hierzu BSG SozR 4-2500 §
27 Nr 18 RdNr 17; Ulmer in Eichenhofer/Wenner,
SGB V, 2. Aufl 2016, § 27 RdNr 30). So hat das BSG (aaO) zB das Einfrieren und die Lagerung von Eierstockgewebe als Teilausschnitt der Gesamtbehandlung bezeichnet; es handele
sich um eine unselbstständige Vorbereitungshandlung der späteren (eigentlichen) ärztlichen Krankenbehandlung. Dies fortführend
gilt für eine ärztliche Behandlung, deren Inhalt die Gabe von Infusionen ist, dass nicht nur das Legen des Zugangs oder das
Einfüllen der Infusionslösung notwendiger Teil der Behandlung ist, sondern auch das vorhergehende Zubereiten der Infusionslösung,
weil es sich als notwendige Vorbereitungshandlung zur eigentlichen Krankenbehandlung darstellt.
Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass ein Vertragsarzt - grundsätzlich - nicht beliebig auswählen kann, welche
vertragsärztlichen Leistungen er erbringen will. Danach hat die Zulassung des Vertragsarztes zur Folge, dass er alle wesentlichen
Leistungen des Fachgebiets auch tatsächlich anbieten und erbringen muss (BSGE 88, 20, 25 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 71). Abweichungen hiervon können sich aus einer zulässigen Spezialisierung der ärztlichen
Tätigkeit ergeben. Hingegen ist ein Vertragsarzt nicht berechtigt, sein Leistungsspektrum aus sachfremden - namentlich finanziellen
- Erwägungen zu beschränken, weil er mit der Zulassung die Pflicht übernimmt, die Versorgung der Versicherten im Rahmen seines
Versorgungsauftrags sicherzustellen (vgl BSGE 88, 20, 26 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 72). Dies gilt erst recht für die Verweigerung einzelner - vom Arzt als "unattraktiv" angesehener
- Teilschritte der ärztlichen Behandlung.
b. Eine Zuordnung des Gebrauchsfertigmachens eines Arzneimittels zur ärztlichen Behandlung scheidet nicht deswegen aus, weil
- wie das LSG meint - diese Tätigkeit allein dem Tätigkeitsbereich der Apotheken zugeordnet sei. Das LSG hat seine Entscheidung
damit begründet, dass es sich beim Gebrauchsfertigmachen um die "Herstellung" eines Arzneimittels im Sinne des AMG handele, welches nicht von der vertragsärztlichen Leistungspflicht umfasst sei, weil hierzu allein die Verordnung, nicht
aber die Herstellung von Arzneimitteln gehöre. Diese Auffassung trifft so nicht zu. Zwar ist nach der weiten Begriffsdefinition
des AMG jede Form der patientengerechten Zubereitung eines Arzneimittels - auch das Einbringen von MAK in eine Kochsalzlösung - als
"Herstellung" von Arzneimitteln anzusehen (aa.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Handlung damit ausschließlich dem
Apotheker zugeordnet und zugleich aus dem Bereich der ärztlichen Behandlung ausgegrenzt ist (bb.).
aa. Nach § 13 Abs 1 Satz 1 AMG bedarf derjenige einer Erlaubnis der zuständigen Behörde im Sinne eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (Kügel in Kügel/Müller/Hofmann,
AMG-Kommentar, 2012, § 13 RdNr 1), der ua Arzneimittel "herstellen" will. Der Begriff des "Herstellens" wird in § 4 Abs 14 AMG ("Sonstige Begriffsbestimmungen") definiert; danach ist "Herstellen" das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be-
oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe. Bezogen auf § 4 Abs 14 AMG ist allgemein anerkannt, dass das Gesetz von einem weiten Begriff des Herstellens ausgeht (BVerwG Urteil vom 3.3.2011 - 3 C 8/10 - Juris RdNr 16 = USK 2011-56 = Buchholz 418.32 AMG Nr 60; BGH Urteil vom 4.9.2012 - 1 StR 534/11 - Juris RdNr 24 mwN = BGHSt 57, 312). Dies entspricht dem Schutzzweck des Gesetzes, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten, indem der Verkehr von Arzneimitteln
besonderen Anforderungen unterworfen wird (BVerwG aaO); es soll sichergestellt werden, dass die nach dem AMG vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen, insbesondere die Überwachung der an der Arzneimittelherstellung beteiligten Personen lückenlos
bleibt (BGH aaO). Somit ist auch die patientengerechte "Zubereitung" bzw "Gebrauchsfertigmachung" eines Fertigarzneimittels
unter den Begriff des "Herstellens" im Sinne des AMG zu subsumieren.
bb. Der weite Herstellungsbegriff hat jedoch nicht zur Folge, dass Vertragsärzte damit generell den Regelungen des AMG - insbesondere dem Erfordernis einer Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs 1 AMG - unterworfen sind, wenn sie lediglich Arzneimittel zur Anwendung an ihren Patienten gebrauchsfertig machen. Erst recht führt
die Subsumierung der patientengerechten Zubereitung eines Arzneimittels durch einen Arzt unter den Begriff der "Herstellung"
nicht dazu, dass dieser Vorgang allein dem Apotheker oder pharmazeutischen Unternehmer zugeordnet vorbehalten wäre.
(1) Dem steht bereits entgegen, dass in dem - vorliegend für die Beurteilung der Rechtslage maßgeblichen - Verordnungszeitraum
(II/2008 bis I/2009) das AMG ausdrücklich keine Anwendung auf Arzneimittel fand, die ein Arzt ausschließlich zu dem Zweck "herstellte", um diese unter
seiner unmittelbaren fachlichen Verantwortung am Patienten anzuwenden (§ 4a Satz 1 Nr 3 AMG aF). Diese Regelung geht auf das Urteil des BVerfG vom 16.2.2000 (BVerfGE 102, 26 ff) zurück, wonach der Gesetzgeber - nach damaligem Rechtszustand - zur Regelung der Herstellung von Arzneimitteln nur berechtigt
war, soweit diese dazu bestimmt waren, in den Verkehr gebracht zu werden; Arzneimittel, die der Arzt herstellte und selbst
anwendete, unterfielen der Regelungskompetenz somit nicht. Dies wurde durch die Nr 3 aaO nachfolgend ausdrücklich klargestellt
(Rehmann, AMG, 3. Aufl 2008, § 4a RdNr 4).
(2) Im Übrigen geht das AMG zwar von einem sehr weiten, selbst das Auflösen einer Arzneimittel-Brausetablette durch Patienten einbeziehenden (so Koyuncu
in Deutsch/Lippert, AMG, 3. Aufl 2011, § 4 RdNr 117), Begriff der "Herstellung" aus, nimmt jedoch - sowohl in der seinerzeit maßgeblichen als auch in der aktuellen
Fassung - die patientengerechte Zubereitung von Arzneimitteln zur unmittelbaren Anwendung durch den Arzt generell von der
ansonsten zwingend erforderlichen Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs 1 AMG aus:
(a) Nach § 13 Abs 1 AMG aF bedurfte es einer Herstellungserlaubnis nur dann, wenn die Herstellung "zur Abgabe an andere" erfolgte. Eine Abgabe an
Andere im Sinne des Satzes 1 aaO lag vor, wenn die Person, die das Arzneimittel herstellte, eine andere war als die, die es
anwendete (§ 13 Abs 1 Satz 3 AMG aF). Eine Abgabe setzte die Einräumung der tatsächlichen Verfügungsgewalt durch körperliche Überlassung des Arzneimittels
voraus, bedeutete also einen Wechsel in der Verfügungsmacht (ganz hM, vgl die Nachweise im Beschluss des Bayerischen Obersten
Landesgerichts vom 29.4.1998 - 4St RR 12/98 - Juris RdNr 10 = NJW 1998, 3430 ff; Hartl, Die Herstellung von Infusionslösungen durch Arzt und medizinisches Hilfspersonal - Arzneimittelrechtliche Überlegungen
zur Zulässigkeit, PharmaRecht 1986, S 97, 98; Rehmann aaO). Im Falle einer unmittelbaren Anwendung erhält der empfangende
Patient jedoch keine Verfügungsmacht über das Arzneimittel (Hartl aaO mwN). Der Arzt, der Arzneimittel selbst herstellt und
diese ausschließlich in seiner Praxis selbst anwendet, stellt diese daher nicht zur Abgabe an Andere her (Rehmann aaO). Dies
galt gleichermaßen für die "Herstellung" einer Infusionslösung durch den Arzt zur Anwendung am eigenen Patienten (so ausdrücklich
Hartl aaO).
(b) Auch nach der neuen, durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl
I 1990) mit Wirkung zum 23.7.2009 geänderten, Rechtslage bestehen explizite, zubereitungs- wie auch personenbezogene Ausnahmen
von der Erlaubnispflicht. Zwar ist in § 13 Abs 1 Satz 1 AMG nF die einschränkende Wendung "zum Zwecke der Abgabe an andere" entfallen. Zur Kompensation der Erweiterung der Erlaubnispflicht
auf jede Herstellung unabhängig von einer "Abgabe" werden zahlreiche handlungs- bzw personenbezogene Ausnahmen von der Erlaubnispflicht
normiert, nämlich zum einen für die "Herstellung" von Arzneimitteln durch Ärzte zur Anwendung am eigenen Patienten, zum anderen
für "Rekonstruktionen":
So ist eine Erlaubnis nach § 13 Abs 1 AMG nF dann entbehrlich, wenn die "Herstellung" durch eine Person erfolgt, die Arzt ist, soweit die Arzneimittel unter ihrer
unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt werden
(§ 13 Abs 2b Satz 1 AMG nF). Diese Regelung entspricht (inhaltlich) der in § 4a Satz 1 Nr 3 AMG aF enthaltenen Regelung (Rehmann, AMG, 4. Aufl 2014, § 13 RdNr 13). Damit bleibt es dabei, dass ein Arzt ohne Herstellungserlaubnis Arzneimittel für die eigenen Patienten herstellen
darf (so Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drucks
16/12256 S 45; ebenso der Ausschussbericht, BT-Drucks 16/13428 S 84 zu § 13).
Zudem bestimmt § 13 Abs 1a Nr 4 AMG nF, dass § 13 Abs 1 AMG im Falle einer "Rekonstitution" keine Anwendung findet, soweit es sich nicht um Arzneimittel handelt, die zur klinischen
Prüfung bestimmt sind. Der Begriff der "Rekonstitution" eines Fertigarzneimittels zur Anwendung beim Menschen ist in § 4 Abs 31 Halbsatz 1 AMG definiert als "die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage".
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/12256 S 42) ist unter Rekonstitution ein einfacher Prozess zu verstehen (aA Pannenbecker/Kügel
in Kügel/Müller/Hofmann, AMG 2012, § 4 RdNr 212: Eine derartige Beschränkung lasse sich der Definition nicht entnehmen), zB das Auflösen eines Arzneimittels, das
Verdünnen für die bestimmten Patienten oder das Mischen mit einem für die Anwendung geeigneten Hilfsstoff, der so kurz wie
möglich vor der Anwendung hinzugefügt wird und in Übereinstimmung mit der Packungsbeilage stehen muss; das Arzneimittel darf
zudem nicht erst durch die Rekonstitution - zum Beispiel aus einem Wirkstoff oder durch Mischen verschiedener Arzneimittel
- hergestellt werden. Zwar gilt auch die Rekonstitution als "Herstellung" (BT-Drucks aaO), jedoch entfällt in diesen Fällen
das Erfordernis einer Herstellungserlaubnis ebenso wie eine Überwachung "des Betriebes" (§ 64 Abs 1 Satz 1 AMG) und die Anzeigepflicht nach § 67 AMG (§ 67 Abs 1 Satz 1 AMG).
Welche Handlungen unter den Begriff der "Rekonstitution" zu subsumieren sind, ist nicht abschließend geklärt. Allerdings dürfte
viel dafür sprechen, dass jedenfalls das bloße Anrühren eines pulverförmigen Arzneimittels oder dessen Verdünnung mit Wasser
oder Kochsalzlösung den Begriffsinhalt erfüllt. So wird im Schrifttum etwa das Auflösen einer Arzneimittel-Brausetablette
oder die Verflüssigung der Antibiotika-Trockensubstanz zur anschließenden Einnahme als Beispiel für eine "Rekonstitution"
genannt (Koyuncu in Deutsch/Lippert, AMG, 3. Aufl 2011, § 4 RdNr 117 mwN). Für onkologische Zytostatika-Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln wird hingegen das Vorliegen einer "Rekonstitution"
verneint, weil es sich dabei nicht um einen einfachen Prozess handelt und die Zytostatika in der Regel auch nicht anhand der
Angaben auf der Packungsbeilage zuzubereiten sind (so Koyuncu aaO RdNr 118 unter Hinweis auf Dettling/Kieser/Ulshöfer in PharmR
2009, 546 ff; einschränkend auch OVG Berlin-Brandenburg Urteil vom 16.10.2014 - OVG 5 B 2.12 - Juris RdNr 37). Letztlich braucht der Senat aber nicht abschließend zu entscheiden, ob auch die gebrauchsfertige Zubereitung
von MAK als "Restitution" anzusehen ist, weil auch die Verneinung einer "Rekonstitution" nichts an dem Grundsatz ändern würde,
dass die Zubereitung eines Fertigarzneimittels durch den Arzt zum Zwecke der persönlichen Anwendung an einem bestimmten Patienten
keine Herstellererlaubnis erfordert.
(c) Mit diesen Ausnahmen wollte der Gesetzgeber erkennbar dem Umstand Rechnung tragen, dass er mit der sehr weiten Fassung
des Begriffs der "Herstellung" im Sinne des Arzneimittelrechts zugleich Teile der klassischen ärztlichen Tätigkeit dem AMG unterworfen hat. Mit den dargestellten generellen Ausnahmen berücksichtigt das AMG, dass die patientengerechte Gebrauchsfertigmachung von Arzneimitteln in einer Vielzahl von Fällen selbstverständlicher Bestandteil
ärztlichen Handelns ist, sei es bei der Herstellung von Infusionslösungen aller Art oder etwa bei der Dosierung von Narkosemitteln.
Trotz des weiten Herstellungsbegriffes verschiebt das AMG den Handlungsbereich des Pharmazeuten daher nicht zu Lasten der Ärzte, sondern räumt diesen in Bezug auf die Anwendung von
Arzneimitteln am Patienten einen Freiraum ein, in dem eine "Herstellung" von Arzneimitteln durch Ärzte nicht nur zugelassen
ist, sondern vorausgesetzt wird. Daher taugt der Umstand, dass auch die "Zubereitung" von Arzneimitteln ansonsten als "Herstellung"
gilt, insoweit nicht für eine Abgrenzung der ärztlichen von der pharmazeutischen Tätigkeit.
c. Eine ausschließliche Zuordnung des Vorgangs der patientengerechten Zubereitung eines Arzneimittels zu den pharmazeutischen
Tätigkeiten statt zur ärztlichen Behandlung ist auch nicht aus anderen Gründen gesetzlich vorgegeben oder implizit vorausgesetzt:
aa. Der Umstand, dass die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) Zuschläge für "Zubereitungen aus Stoffen" vorsieht und auch
Zuschläge für parenterale Lösungen mit MAK bestimmt (vgl § 5 Abs 6 Nr 2 AMPreisV), ist ebenso wie die Tatsache, dass die Spitzenorganisationen
entsprechende Vereinbarungen getroffen haben, nicht geeignet, eine Exklusivität der Apotheker hinsichtlich der Zubereitung
zu belegen, weil derartige Regelungen auch dann erforderlich bzw zumindest sinnvoll sind, wenn die Zubereitung jedenfalls
auch durch Apotheken erfolgt. Nichts anderes gilt für den Gesichtspunkt, dass in der "Onkologie-Vereinbarung" ("Vereinbarung
über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten" - Anlage 7 zum BMV-Ä) die Vorschrift über die bei der Zubereitung der zur parenteralen Tumortherapie benötigten Wirkstoffe zu beachtenden Voraussetzungen
mit den Worten "Soweit die Zubereitung ... in der Praxis des Arztes stattfindet ..." eingeleitet wird (§ 5 Abs 1 Punkt 5).
bb. Auch aus dem Umstand, dass der EBM-Ä für die patientenbezogene "Zubereitung" eines Arzneimittels keine gesonderte GOP vorsieht, lässt sich kein durchgreifender Beleg dafür entnehmen, dass diese Tätigkeit nicht zur ärztlichen Behandlung gehört.
Zwar ist zutreffend, dass der einheitliche Bewertungsmaßstab als Verzeichnis der abrechnungsfähigen Leistungen den gesetzlichen
Leistungsrahmen der ärztlichen Behandlung nach den §§
27,
28 SGB V sowie nach §
73 Abs
2 SGB V ausfüllt. Dass der Bewertungsmaßstab eine abschließende Regelung der Leistungen darstellt, die Bestandteil der vertragsärztlichen
Versorgung sind (vgl zB BSGE 81, 86, 92 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 87 f), bedeutet jedoch nicht, dass damit jede einzelne ärztliche (Teil-)Leistung in diesem
aufgeführt sein muss, um als ärztliche Behandlung angesehen zu werden. So mag man darin, dass eine ärztliche Tätigkeit in
der "Gebührenordnung" aufgeführt ist, ein Indiz für das Vorliegen einer ärztlichen Tätigkeit sehen (so Fahlbusch in jurisPK-
SGB V, 3. Aufl 2016, §
28 RdNr 23), weil diese die allgemeine Auffassung der Ärzteschaft darüber widerspiegeln, was zur ärztlichen Tätigkeit gehört
(Fahlbusch aaO unter Hinweis auf BSGE 23, 176, 180). Aus dem Fehlen expliziter GOPen kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine Leistung nicht Teil
der ärztlichen Behandlung ist.
Dem steht schon der Umstand entgegen, dass die ärztlichen Leistungen nach den gesetzlichen Vorgaben vorrangig als Pauschalen
oder Leistungskomplexe abgebildet werden sollen, während Einzelleistungen eher die Ausnahme bilden (vgl §
87 Abs
2b Satz 1 und Abs
2c Satz 1
SGB V). Hinzu kommt, dass nicht alle Teilschritte einer ärztlichen Behandlung im Bewertungsmaßstab mit gesonderten GOPen aufgeführt
sind. So bestimmt zB die GOP für Infusionen (Nr 02100 EBM-Ä) als obligaten Leistungsinhalt allein die Durchführung der Infusion (differenziert nach Art
des "Zugangs"); nichts anderes gilt für die spezifischere Infusionstherapie mit Zytostatika nach der Nr 02101 EBM-Ä. Für die
Behandlung mit MAK ist nach den Hinweisen zu den Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung nur die GOP Nr 01510 EBM-Ä, in begründeten Ausnahmefällen die Nr 01511 EBM-Ä berechnungsfähig. Diese GOP nennen - neben der Beobachtung und Betreuung - als fakultativen Leistungsinhalt ebenfalls nur "Infusionen". Da aber jede
Infusion einige Vorbereitungshandlungen voraussetzt, nämlich zumindest das Legen eines Zugang und die Bereitstellung der Infusionslösung
nebst der Öffnung des Transportbehältnisses bzw deren gesonderte Zubereitung unmittelbar vor der Anwendung, liegt es auf der
Hand, dass diese Handlungen mit abgegolten sind.
3. Wenn danach ein Vertragsarzt grundsätzlich gehalten ist, ein für die Behandlung seines Patienten benötigtes Medikament
als Fertigarzneimittel zu verordnen und selbst für die Anwendung aufzubereiten, müssen die Prüfgremien auf die mit der Verordnung
einer Rezeptur verbundenen Mehrkosten mit einem Regress reagieren. Ein solcher ist weder ausgeschlossen, weil das vertragsärztliche
Verordnungsverhalten vorrangig nach Richtgrößen geprüft wird (a.), noch, weil eine Regressverpflichtung im Verordnungsbereich
regelmäßig eine normative Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots voraussetzt (b.).
a. Dass die Prüfung der Verordnungsweise nach den gesetzlichen Vorgaben (§
106 Abs
2 Satz 1 Nr
1 iVm Abs
5a SGB V) vorrangig im Wege der Richtgrößenprüfung erfolgt, steht einer Einzelfallprüfung hier nicht entgegen, weil die Verordnung
von MAK gemäß Nr 4 iVm Anl 2 Nr
2b der hier maßgeblichen "Richtgrößenvereinbarung ab 01.01.2008 (§
84 Abs.
6 SGB V) im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns" nicht der Richtgrößenprüfung unterliegt (s hierzu auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 45 f).
b. Dem Begehren der Klägerin, die Handlungsweise des Beigeladenen zu 2. zum Anlass für Prüfmaßnahmen zu nehmen, steht - jedenfalls
im Grundsatz - auch nicht entgegen, dass eine Verpflichtung des Vertragsarztes, Medikamente zur Anwendung an seinen Patienten
selbst gebrauchsfertig zu machen, nicht ausdrücklich normiert ist, und es nach der Rechtsprechung des Senats nur in besonders
gelagerten Konstellationen möglich ist, unmittelbar aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des §
12 Abs
1 SGB V konkrete, im Falle der Nichtbeachtung einen Regress auslösende Vorgaben für die ärztliche Behandlung eines Patienten im Einzelfall
abzuleiten (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 44).
aa. Zwar bedarf es - namentlich im Verordnungsbereich - im Regelfall näherer normativer Konkretisierungen des in §
12 Abs
1 SGB V abstrakt formulierten Wirtschaftlichkeitsgebots, an denen der Arzt seine Behandlungsweise ausrichten kann (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 47). Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) gemäß §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB V gehalten ist, eine Richtlinie für die Verordnung von Arzneimitteln zu beschließen, welche den in §
92 Abs
2 SGB V niedergelegten detaillierten Vorgaben genügen müssen; hierzu gehören auch Regelungen, die dem Vertragsarzt eine Entscheidung
über die Wirtschaftlichkeit einer Verordnung ermöglichen. Weiterhin muss der Arzt davor geschützt sein, dass eine nicht offensichtlich
regelwidrige Behandlungsweise im Nachhinein auf der Grundlage ganz allgemeiner Erwägungen zu wirtschaftlichen Alternativen
als fehlerhaft bewertet wird (BSG aaO). Andererseits schließt das aber nicht aus, dass der Arzt im Verordnungsbereich in besonderen Konstellationen auch ohne
entsprechende Konkretisierungen zur unmittelbaren Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet ist und aus dessen
Nichtbeachtung Folgerungen gezogen werden dürfen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 48). Denn der GBA ist weder verpflichtet ("soll") noch in der Lage, für jede der im Rahmen der vertragsärztlichen
Versorgung denkbaren Fallgestaltungen Regelungen aufzustellen. Mithin kann ein Vertragsarzt - insbesondere bei bestehenden
rechtskonformen Handlungsalternativen, die mit unterschiedlich hohen Kosten verbunden sind - auch ohne entsprechende Konkretisierung
durch die Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) verpflichtet sein, sich für die wirtschaftlichere Variante zu entscheiden (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 48).
bb. Dass die AM-RL keine ausdrückliche Verpflichtung der Vertragsärzte enthält, Arzneimittel selbst gebrauchsfertig zu machen,
belegt nicht, dass ein Verzicht auf die Nutzung dieser Handlungsmöglichkeit als wirtschaftlich anzusehen bzw zumindest folgenlos
hinzunehmen wäre, weil nach den vorstehend dargestellten Maßstäben eine den unmittelbaren Rückgriff auf §
12 Abs
1 SGB V erlaubende "besondere Konstellation" auch vorliegend dem Grunde nach gegeben ist:
Die patientengerechte "Zubereitung" von Arzneimitteln zur unmittelbaren Anwendung am Patienten in der Arztpraxis kann - wie
bereits (unter 2.a.) ausgeführt - regelmäßiger Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit sein; die Gebrauchsfertigmachung erfolgt
üblicherweise durch den Arzt selbst oder im Wege der Delegation durch das Fachpersonal der Praxis. Dies betrifft zB die von
der Klägerin angeführten Beispiele, wie etwa die Zubereitung parenteral zu verabreichender Arzneimittel, die nicht direkt
anwendungsfertig in Fertigspritzen oder vorgefüllten Applikatoren vorliegen, oder die Gebrauchsfertigmachung des Anästhetikums
Propofol. Ein weiteres Beispiel sind Cortison-Präparate zur Anwendung bei allergischen Akutereignissen, bei welchen das Fertigarzneimittel
aus Trägersubstanz und Lösungsmittel besteht, die zwecks längerer Haltbarkeit kurz vor der Applikation zusammengemischt werden
müssen (so Ufer, ZMGR 2010, 346, 349). Bei diesen Fallgestaltungen ergibt sich die "besondere Konstellation" daraus, dass
es sich - jedenfalls im Regelfall - um eine Selbstverständlichkeit handelt, dass ein Vertragsarzt ein Arzneimittel, das er
für die Behandlung seiner Patienten benötigt, selbst gebrauchsfertig macht. In derartigen Fällen wäre es geradezu abwegig,
als rechtliche Grundlage für die Festsetzung eines Regresses als Reaktion auf ein abweichendes Vorgehen entsprechende explizite
Vorgaben in der AM-RL zu verlangen.
Eine auf der Üblichkeit des Gebrauchsfertigmachens durch den Arzt beruhende "besondere Konstellation" wäre nur dann zu verneinen,
wenn die konkret in Rede stehende Handlung aufgrund von Besonderheiten, die sich aus der Eigenart des Arzneimittels bzw seiner
Verarbeitung und/oder der behandelten Patienten ergeben, gerade nicht zu den üblicherweise in der Arztpraxis durchgeführten
Tätigkeiten gehört. Die Rechtmäßigkeit eines Regresses hängt demnach (auch) davon ab, dass festgestellt wird, dass auch in
Bezug auf MAK die Herstellung einer Infusionslösung zur unmittelbaren Anwendung am Patienten als selbstverständlicher, weil
üblicher Teil der ärztlichen Behandlung anzusehen ist, und der Vertragsarzt keine berechtigten Einwände geltend machen kann,
die einer durch ihn in der Arztpraxis vorgenommenen Zubereitung entgegenstehen (s 4.). Hierzu hat das LSG keine ausreichenden
Feststellungen getroffen.
4. In begründeten Ausnahmefällen kann es aus Sachgründen - insbesondere wegen der Eigenart des zuzubereitenden Arzneimittels
- geboten sein, die Zubereitung nicht in der Arztpraxis, sondern in einer Apotheke durchzuführen. Wäre dies der Fall, entfiele
die Verpflichtung des Vertragsarztes, das Medikament selbst gebrauchsfertig zu machen, und damit zugleich die entsprechende
Handlungsalternative, deren Bestehen Voraussetzung für die Feststellung des unwirtschaftlichen Handelns bei Anforderung der
fertigen Mischung als Rezeptur von der Apotheke ist; zugleich fehlte es dann an einer "besonderen Konstellation" im (unter
3.) dargestellten Sinne. Die Feststellung, dass dem Vertragsarzt die Zubereitung von Arzneimitteln in seiner Praxis zugemutet
werden kann und er daher unwirtschaftlich handelt, wenn er diese durch die Apotheke vornehmen lässt, ist nur gerechtfertigt,
wenn die an die Zubereitung zu stellenden Anforderungen nicht über das Maß hinausgehen, das von jedem Vertragsarzt erwartet
werden kann.
Es steht außer Frage, dass dann, wenn ein Gebrauchsfertigmachen eines Arzneimittels besonderer Vorkehrungen bedarf, diese
aber vor Ort nicht sichergestellt werden können und müssen, eine Zubereitung in der Arztpraxis schon aus diesem Grunde ausscheidet.
Entsprechendes gilt auch dann, wenn die patientengerechte Gebrauchsfertigmachung eines Arzneimittels im Übrigen - insbesondere
wegen des hiermit verbundenen zeitlichen Aufwands - besondere Anforderungen an die Arztpraxis stellen würde, die dieser nicht
zumutbar sind. Die für die Zubereitung des Arzneimittels erforderlichen besonderen Vorkehrungen müssen daher über das allgemein
in Arztpraxen Übliche - bei spezialisierten Praxen über das in vergleichbaren Praxen Übliche - hinausgehen. Es muss sich unter
dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit um Vorkehrungen handeln, die zwar von einem Arzt nach eigenem Ermessen getroffen werden
könnten, zu denen er aber - auch unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots - nicht verpflichtet ist. Auch der mit
der Zubereitung verbundene zeitliche oder logistische Aufwand muss deutlich über den üblicherweise mit der Gebrauchsfertigmachung
von Arzneimitteln verbundenen Aufwand hinausgehen, um die Unzumutbarkeit einer Zubereitung in der Arztpraxis zu begründen;
insoweit können die auf Spitzenverbandsebene vereinbarten bzw die in der AMPreisV genannten Apothekenzuschläge für Zubereitungen
einen Anhalt geben.
Umstände, die die bei der Zubereitung zu beachtenden Standards und (Schutz-)Maßnahmen mitbestimmen, ergeben sich primär aus
den Eigenheiten des verwendeten Arzneimittels; sie können aber auch aus dem Patientengut, bei denen die Zubereitung zur Anwendung
gelangt, herrühren:
Es steht außer Frage, dass ein Arzt grundsätzlich weder verpflichtet ist, in seiner Praxis überhaupt CMR-Stoffe - dh solche,
die krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend und fruchtschädigend sind - zu verarbeiten, noch die hierzu
zum Schutz des Personals sowie zum Eigenschutz erforderlichen baulichen bzw technischen Bedingungen zu schaffen. Etwas anderes
gilt dann, wenn die Fachrichtung - wie zB bei Radiologen - den Umgang mit diesen Stoffen erfordert, sodass die damit verbundenen
Vorkehrungen selbstverständliche Voraussetzung der ärztlichen Tätigkeit sind; dem gleichgestellt ist eine besondere, den Umgang
mit CMR-Stoffen erfordernde Ausrichtung der Praxis, wenn der Vertragsarzt in seiner Praxis die hierfür erforderlichen Vorkehrungen
tatsächlich getroffen hat. So haben Zytostatika-Zubereitungen nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln des Arzneibuches
in sogenannten "Zytostatika-Werkbänken", also in Sicherheitsboxen unter Reinraumbedingungen, zu erfolgen (Ufer in ZMGR 2010,
346, 348). Ob dies gleichermaßen auch für MAK-Zubereitungen gilt, vermag der Senat nicht zu beurteilen, weil das LSG Feststellungen
dazu, ob MAK-Stoffe toxische Wirkungen auf die "Anwender" haben - also auf Personen, die mit diesen umgehen (Arzt, Praxispersonal)
-, nicht getroffen hat.
Ob sich zudem (allein) aus den besonderen gesundheitlichen Situationen der in einer onkologischen Praxis behandelten Patienten
Umstände ergeben, die eine Zubereitung in einer Apotheke erfordern, vermag der Senat mangels entsprechender Feststellungen
des LSG ebenfalls nicht abschließend zu beurteilen. Der bloße Umstand, dass bei der Zubereitung einer Infusionslösung "aseptisch"
gearbeitet werden muss, genügt nicht, weil dies in jeder Arztpraxis sichergestellt werden muss. Ganz gleich, ob in der Arztpraxis
zB eine Infusionslösung zubereitet wird, eine Blutabnahme erfolgt, eine Impfung verabreicht wird oder eine Magenspiegelung
erfolgt, muss sichergestellt sein, dass Infektionen durch die verwendeten Gerätschaften, das ärztliche bzw nichtärztliche
Personal und die Raumluft verhindert werden. Nicht zu folgen ist auch der Auffassung des SG Berlin (Urteil vom 27.4.2011 -
S 71 KA 93/11 WA - Juris RdNr 31), dass es schon zur Vermeidung von Medikationsfehlern und damit (allgemein) zur Patientensicherheit erforderlich
ist, die patientenindividuelle Herstellung aller im Rahmen einer onkologischen Therapie eingesetzten parenteralen Zubereitungen
durch eine Apotheke durchführen zu lassen. Zwar mag es sein, dass die Dosierung von MAK eine besondere Sorgfalt erfordert,
doch ist eine solche zB auch bei der Dosierung von Propofol (etwa bei einer Magenspiegelung) geboten.
Ansonsten wird einerseits zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei den Patienten mit onkologischen Erkrankungen in aller
Regel um solche mit einem besonders geschwächten Immunsystem handelt und diese mithin besonders infektionsgefährdet sind (s
auch SG Berlin aaO RdNr 32). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass MAK regelmäßig in spezialisierten onkologischen (Schwerpunkt-)Praxen
zur Anwendung gelangen, in denen ohnehin Rücksicht auf die besondere Infektionsgefährdung der Patienten zu nehmen ist. So
bestimmt § 5 der Onkologie-Vereinbarung ("Organisatorische Maßnahmen"), dass der onkologisch qualifizierte Arzt sicherzustellen
hat, dass für stark immundefiziente Patienten oder Patienten mit ansteckenden Krankheiten separate Untersuchungs- und Behandlungsräume
vorzuhalten sind (Abs 1 Punkt 3 Satz 2 aaO).
5. Auch wenn nach alledem nicht nur die Berechtigung, sondern auch eine Verpflichtung des Vertragsarztes besteht, Medikamente
zur unmittelbaren Anwendung an seinen Patienten selbst gebrauchsfertig zu machen, soweit das nicht aus den angeführten Gründen
unzumutbar ist, kann der Senat den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil das LSG nicht die Feststellungen getroffen
hat, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob diese Annahme auch für den speziellen Fall der MAK-Zubereitungen zutrifft.
Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Das LSG wird zunächst aufzuklären haben, ob das Gebrauchsfertigmachen von MAK durch den behandelnden Arzt - bzw unter dessen
Aufsicht durch sein medizinisches Fachpersonal - in onkologischen Praxen mit zumutbarem Aufwand möglich und "üblich" ist und
es daher erwartet werden kann, dass ein Arzt bzw das Praxispersonal die patientengerechte Zubereitung des Arzneimittels selbst
vornimmt. Ist dies der Fall, bedarf es objektiver, medizinisch begründeter Zweifel, wenn ein Arzt geltend macht, ohne Verstoß
gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot den teureren Weg einer Anfertigung durch eine Apotheke wählen zu dürfen. Insoweit besteht
vorliegend Klärungsbedarf dahingehend, welchen zeitlichen und logistischen Aufwand dieses Gebrauchsfertigmachen erfordert;
hierzu wird das LSG festzustellen haben, welche Handlungsschritte das Gebrauchsfertigmachen von MAK erfordert, welchen zeitlichen
Aufwand dies erfordert und welche Anforderungen an die Aufbewahrung und an die Zubereitung von MAK zu stellen sind. In diesem
Zusammenhang kann dem Umstand Bedeutung zukommen, dass die AMPreisV Zuschläge für die Zubereitung parenteraler Lösungen mit
MAK vorsieht. Zu klären ist weiter, ob - und wenn ja, aus welchen Gründen - eine Verarbeitung von MAK in der Arztpraxis statt
in einer Apotheke zu einer Gefährdung des Praxispersonals und/oder der Patienten führen kann.
6. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren bleibt dem LSG überlassen.