Erwerbsminderungsrente
Grundsatzrüge
Formulierung einer generellen Rechtsfrage
Einen Verfahrensmangel begründende Tatsachen
Gründe:
Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 12.11.2014 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung, auch
bei Berufsunfähigkeit, verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel.
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 18.3.2015 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen
Form, denn die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensmangels sind nicht ordnungsgemäß dargetan
(§
160 Abs
2 Nr
1 und
3 iVm §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese
noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin führt zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aus, dass es sich um eine "äußerst relevante Grundfrage der
medizinisch/psychiatrischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente" handele. Das LSG habe das Ausmaß
der Erkrankungen unterschätzt und die Tatsache, dass die Klägerin an anhaltenden, dauernden Schmerzen leide, bei seiner Entscheidungsfindung
nicht berücksichtigt.
Dieser Vortrag genügt den aufgezeigten Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht.
Es fehlt schon an der Formulierung einer generellen Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm des Bundesrechts
(§
162 SGG; stRspr, vgl nur BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; Senatsbeschluss vom 3.11.2014 - B 13 R 253/14 B - RdNr 8 mwN). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit
das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl Becker, SGb 2007, 261, 265). Hingegen gehört es nicht zu den Aufgaben des BSG, den Beschwerdevortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine abstrakte Rechtsfrage herausfiltern ließe
(vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48). Den vorgenannten Ausführungen der Klägerin kommt kein normativer Gehalt zu, weil es an einer Frage fehlt, die
durch Auslegung des Rechts mittels juristischer Methodik zu beantworten wäre. Vielmehr zielen ihre Ausführungen auf die Tatsachenwürdigung
des LSG ab (vgl dazu unten 2.).
2. Soweit die Klägerin Verfahrensmängel geltend macht, sind diese nicht formgerecht bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Die Klägerin rügt die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG iVm Art
103 Abs
1 GG) und die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG). Das LSG habe das Sachverständigengutachten der Fachärztin für Physiotherapie T. "in unzulässiger und unsachgemäßer Weise
abqualifiziert" und sich anstelle dessen auf andere ärztliche Gutachten und Entlassungsberichte in seiner Entscheidungsfindung
gestützt, die eine Besserungsprognose hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit der Klägerin enthielten.
Mit diesem Vortrag macht die Klägerin sinngemäß erneut nichts anderes als eine unzutreffende Beweiswürdigung des LSG geltend
(s oben 1.). Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von §
160 Abs
2 Nr
3 letzter Halbs
SGG kann aber ein Verfahrensmangel nicht auf die Verletzung des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung (§
128 Abs
1 S 1
SGG) gestützt werden.
Soweit die Klägerin rügt, das LSG habe es unterlassen die Fachärztin T. persönlich zu hören, fehlt es an hinreichender Darlegung
in der Beschwerdebegründung, dass die anwaltlich vertretene Klägerin einen entsprechenden prozessordnungsgemäßen Beweisantrag
nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG gestellt (vgl dazu Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN) und bis zuletzt vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten habe (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Überdies fehlt es auch an hinreichender Darlegung, dass die Klägerin von ihrem Recht, sachdienliche Fragen
an die Sachverständige zu richten (§
116 S 2
SGG), Gebrauch gemacht hat. Diese Gehörsrüge (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) setzt insbesondere voraus, dass die Klägerin die aus ihrer Sicht erläuterungsbedürftigen Punkte ausreichend konkret bezeichnet
und dem LSG rechtzeitig mitgeteilt hat. Insbesondere muss die Klägerin alles getan haben, um eine Anhörung der Sachverständigen
zu erreichen (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7 mwN). An solchem Vortrag fehlt es hier.
Eine formgerechte Bezeichnung der Verletzung rechtlichen Gehörs liegt auch nicht darin, dass die Klägerin behauptet, ihr sei
"gelegentlich der abschließenden mündlichen Verhandlung am 12.11.2014, trotz ausdrücklichen und mehrfachen Antrages, keine
Möglichkeit zur persönlichen Äußerung" gewährt worden. Aus dieser pauschalen Behauptung lässt sich in keiner Weise nachvollziehen,
aus welchem konkreten Grund der Klägerin eine persönliche Äußerung verwehrt geblieben sei. Sie hat nicht etwa behauptet, dass
ein begründeter Vertagungsantrag zu Unrecht abgelehnt worden sei. Im Übrigen verlangt §
62 SGG nicht, dass der Beteiligte selbst gehört wird, wenn er sich durch seinen Bevollmächtigten Gehör verschaffen kann (vgl Senatsbeschlüsse
vom 14.11.2005 - B 13 RJ 245/05 B - Juris RdNr 8; vom 21.8.2008 - B 13 R 109/08 B - Juris RdNr 15).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.