Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Berücksichtigung von Einkommen aus einer Übungsleitertätigkeit in einem Sportverein
Gründe:
I
Im Streit steht die Rechtmäßigkeit einer teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Alg II für die Monate Oktober und November
2008 sowie einer Erstattungsforderung des Beklagten von insgesamt 60 Euro.
Die 1989 geborene Klägerin - Schülerin an einem Gymnasium - lebte in den streitbefangenen Monaten mit ihrer Mutter in einer
Bedarfsgemeinschaft. Ihre Mutter erhielt für sie Kindergeld in Höhe von 154 Euro monatlich. Ab September 2008 war die Klägerin
als Übungsleiterin in einem Sportverein tätig, wofür sie in den Monaten Oktober und November 2008 ein monatliches "Honorar"
in Höhe von 80 Euro erhielt. Durch Bescheid vom 12.8.2008 bewilligte der Beklagte ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
für den Zeitraum vom 1.9.2008 bis 28.2.2009 in Höhe von 542,61 Euro monatlich. Darin enthalten waren kopfteilige Leistungen
für Unterkunft und Heizung in Höhe von 385,61 Euro. Von der Regelleistung in Höhe von 281 Euro setzte der Beklagte 124 Euro
als zu berücksichtigendes Einkommen ab (154 Euro Kindergeld abzüglich der Versicherungspauschale von 30 Euro). Nachdem die
Klägerin einen "Übungsleitervertrag" übersandt hatte, änderte der Beklagte den zuvor benannten Bescheid für die Monate Oktober
und November 2008 wegen der Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit und forderte insgesamt 60 Euro von der erbrachten
Regelleistung zurück (Bescheid vom 20.11.2008). Mit ihrem Widerspruch hiergegen blieb die Klägerin erfolglos (Widerspruchsbescheid
vom 11.3.2009). Zur Begründung führte der Beklagte aus, von dem Einkommen aus Kindergeld und Erwerbstätigkeit seien die Versicherungspauschale
und ein Freibetrag von 50 Euro in Abzug zu bringen. Das berücksichtigungsfähige Einkommen steige damit monatlich von 124 Euro
auf 154 Euro. Während des Widerspruchsverfahrens änderte der Beklagte den Bescheid vom 12.8.2008 wegen einer Betriebskostengutschrift
in Höhe von 124,22 Euro nochmals (Bescheid vom 26.2.2009). Diese berücksichtigte er als Einkommen bei der Berechnung der Kosten
für Unterkunft und begehrte in dieser Höhe die Erstattung der erbrachten Leistungen.
Das SG Freiburg hat den Bescheid des Beklagten vom 20.11.2008 insoweit aufgehoben, als dieser mehr als 134 Euro monatlich
als Einkommen bei der Berechnung des Alg II berücksichtigt und eine Erstattung von Leistungen von mehr als insgesamt 20 Euro
gefordert hatte. Es ist dabei von einem monatlichen Gesamteinkommen der Klägerin von 234 Euro ausgegangen und hat von diesem
100 Euro pauschal abgesetzt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.4.2012). Das LSG hat die auf die Beschwerde
des Beklagten zugelassene Berufung durch Urteil vom 21.6.2013 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Bescheid
wegen der Berücksichtigung der Betriebskostenerstattung nicht nach §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei, denn dieses Guthaben sei von den Leistungen für Unterkunft und Heizung
abzusetzen. Das Einkommen aus Kindergeld und Übungsleitertätigkeit mindere hingegen die Regelleistung. Wenn es auch im Ergebnis
dem SG folge, so habe dieses jedoch unzutreffend ein Gesamteinkommen gebildet und den pauschalen Abzug von diesem vorgenommen. Die
Pauschale von 100 Euro nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II idF des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.8.2005 (BGBl I 2407, mit Wirkung vom 1.10.2005; im Weiteren aF) sei lediglich
vom Erwerbseinkommen abzusetzen, sodass das Einkommen aus Übungsleitertätigkeit in Höhe von 80 Euro monatlich keine Berücksichtigung
bei der Leistungsberechnung finde. Gleichzeitig entwickele der pauschalierte Absetzbetrag jedoch bei Einkommen, das nicht
aus Erwerbstätigkeit stamme, eine relative Sperrwirkung in dem Sinne, dass von diesem zwar die Versicherungspauschale vor
der Berücksichtigung in Abzug gebracht werden könne, nicht jedoch über den Gesamtbetrag von 100 Euro hinaus. Denn die Pauschale
des § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF umfasse auch die Versicherungsbeiträge. Diese dürften nicht nur, weil zwei Einkommensarten zusammenträfen, doppelt abgesetzt
werden. Daher seien von dem Kindergeld nur 20 Euro (100 Euro pauschaler Absetzbetrag minus 80 Euro Erwerbseinkommen = verbleibender
Freibetrag von 20 Euro) abzugsfähig. Hieraus folge sodann ein zu berücksichtigendes Einkommen von 134 Euro monatlich (keine
Berücksichtigung des Erwerbseinkommens und 154 Euro Kindergeld minus 20 Euro Freibetrag = 134 Euro).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF geltend. Bei dem Freibetrag nach dieser Vorschrift handele es sich um eine Pauschale, sodass nicht davon ausgegangen werden
könne, ein bestimmter, in diese eingeflossener Betrag stünde durch den nicht vollständigen Verbrauch der Pauschale noch zum
anderweitigen Abzug zur Verfügung. Umgekehrt könne bei einem Einkommen bis 400 Euro auch kein höherer Betrag als der Pauschbetrag
abgesetzt werden. Mit der Vorgehensweise des LSG sei ein Schutz der Gewinnerwartung des Leistungsberechtigten verknüpft, der
jedoch nur für Einkommen aus Erwerbstätigkeit vorgesehen sei. Unter Beachtung der Fachlichen Hinweise der BA zu §§ 11, 11a, 11b SGB II (Stand 22.7.2013, RdNr 11.168) könnten zwar auch vom Einkommen, das nicht aus Erwerbstätigkeit stamme, weitergehende Absetzungen
vorgenommen werden, wenn das Einkommen aus Erwerbstätigkeit hinter der Pauschale zurückbleibe. Dann müssten die konkreten
Absetzbeträge jedoch zusammengenommen das Erwerbseinkommen übersteigen. Das sei hier nicht der Fall, denn durch Versicherungspauschale
(30 Euro), Werbungskostenpauschale (15,33 Euro) und Fahrtkosten (8 Einzelfahrten á 2 Euro = 16 Euro) in Höhe von insgesamt
61,33 Euro werde das erzielte Erwerbseinkommen von 80 Euro unterschritten.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.6.2013 und des Sozialgerichts Freiburg vom 23.4.2012 aufzuheben
sowie die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.
II
Die zulässige Revision ist begründet.
Die Aufhebung der Bewilligung von Alg II für die Monate Oktober und November 2008 durch den Bescheid des Beklagten vom 20.11.2008
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.3.2009 in Höhe von 30 Euro monatlich und die Forderung eines Erstattungsbetrags
von insgesamt 60 Euro ist rechtmäßig. Die Klägerin hat mit der Aufnahme der Tätigkeit als Übungsleiterin Einkommen erzielt,
das zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne der Minderung ihres Bedarfs geführt hat. Sie hatte in den streitigen
Monaten nur noch Anspruch auf eine um 30 Euro niedrigere monatliche Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts als von dem
Beklagten durch Bescheid vom 12.8.2008 festgestellt.
1. Streitgegenstand ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung der Regelleistung aus dem Bescheid vom 12.8.2008 für die Monate
Oktober und November 2008 in Höhe von 30 Euro monatlich sowie die Erstattungsforderung des Beklagten gegen die Klägerin in
Höhe von insgesamt 60 Euro aufgrund des Bescheides vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.3.2009.
Nicht streitbefangen ist die Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen eines Betriebskostenguthabens und die Forderung eines
Erstattungsbetrags von 124,22 Euro durch den Bescheid vom 26.2.2009. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bescheid vom 26.2.2009
nach §
86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist. Der Höhe nach ist die Prüfung im Revisionsverfahren darauf begrenzt, ob der Beklagte
berechtigt war, die Regelleistung teilweise aufzuheben. Bereits die Klägerin hat den Streitgegenstand durch ihre Klage zum
SG zulässig auf die teilweise Aufhebung und Erstattung der Regelleistung beschränkt und nur der Beklagte ist in die Revision
gegangen.
An der Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung des Rechtsmittels hat sich mit der Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts
geändert (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; s nun auch zur neuen Rechtslage BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 41/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dies gilt auch für den Fall, dass der Leistungsberechtigte sich gegen eine Aufhebung
der ihm bewilligten Leistung wendet, wenn die Aufhebung allein der Regelleistung zuzuordnen ist (vgl für den Fall der Aufhebung
der Leistungen für Unterkunft und Heizung: BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 14). Dies ist hier der Fall, denn die vom Beklagten im Bescheid vom 20.11.2008 verfügte Aufhebung
der Leistungsgewährung in Höhe von 30 Euro monatlich wegen zugeflossenen Einkommens mindert nach § 19 S 2 und 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706 mit Wirkung vom 1.8.2006;
im Weiteren aF) die Geldleistungen der Agentur für Arbeit, also die Regelleistung. Erst soweit Einkommen und Vermögen darüber
hinaus zu berücksichtigen wäre, minderte dieses die Geldleistungen der kommunalen Träger - im Wesentlichen die Leistungen
für Unterkunft und Heizung. Die hier vom Beklagten vorgenommene Minderung des monatlichen Alg II der Klägerin um 30 Euro überschreitet
die von der Arbeitsagentur zu gewährende Regelleistung jedoch nicht. Die Klägerin hatte nach dem Bescheid vom 12.8.2008 Anspruch
auf eine Regelleistung von 157 Euro. Das Betriebskostenguthaben hingegen mindert nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706 mit Wirkung vom 1.8.2006)
als Rückzahlung, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen ist, lediglich die nach dem Monat der Rückzahlung oder
der Gutschrift entstehenden Aufwendungen für die Unterkunft (vgl BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55).
2. Die materielle Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.3.2009 beurteilt
sich nach § 40 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom 12.8.2008, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den
tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts
Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Wegen §
40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm §
330 Abs
3 S 1
SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend.
Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch das von der Klägerin erzielte Einkommen aus der Übungsleitertätigkeit
eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen gegenüber denen, die der Bescheiderteilung vom 12.8.2008 zugrunde lagen, eingetreten
ist. Es führt zu einer Minderung des zu beanspruchenden Alg II. Zwar ist dieses "Honorar" selbst nicht als Einkommen iS des
§ 11 Abs 1 S 1 SGB II idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; im Weiteren aF) bei der Berechnung der Regelleistung
zu berücksichtigen (hierzu unter a). Das von der Mutter bezogene Kindergeld - hier Einkommen der Klägerin - ist jedoch nunmehr
in voller Höhe der Berechnung der Leistungen zugrunde zu legen (§ 11 Abs 1 S 3 SGB II in der vorgenannten Fassung; im Weiteren aF). Von dem Kindergeld ist kein Pauschbetrag von 30 Euro mehr abzusetzen und damit
ein um 30 Euro höheres Einkommen bei der Berechnung der Regelleistung zu berücksichtigen (b).
a) Nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II aF sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch,
der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder
Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Das von der Klägerin erzielte Einkommen aus der Übungsleitertätigkeit unterfällt keiner der in § 11 Abs 1 S 1 SGB II aF benannten Ausnahmen. Gleichwohl mindert es die Regelleistung nicht.
Zwar ist grundsätzlich zunächst zu prüfen, ob es sich bei diesem Einkommen um solches aus abhängiger Beschäftigung oder selbstständiger
Tätigkeit handelt (vgl hierzu Entscheidung des erkennenden Senats vom selben Tag - B 4 AS 31/13 R; s auch BSG vom 22.6.2005 - B 12 RA 6/04 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 1 zum selbstständigen Aerobic-Trainer als sozialversicherungspflichtiger Lehrer). Denn die Schritte
zur Bestimmung der Höhe der Berücksichtigungsfähigkeit des Einkommens sind bei diesen beiden Einkommensarten unterschiedlich.
Bei Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit ist zunächst unter Beachtung von § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II idF des 7. Gesetzes zur Änderung des
SGB III und anderer Gesetze vom 8.4.2008 (BGBl I 681 mit Wirkung vom 1.1.2008; im Weiteren aF) iVm § 3 Abs 1 Alg II-V idF durch Art 1 Nr 1 Buchst a D Buchst bb und cc der 1. VO zur Änderung der Alg II-V vom 18.12.2008 (BGBl I 2780, mit Wirkung vom 1.1.2008; im Weiteren aF) von den Betriebseinnahmen auszugehen, von denen nach
§ 3 Abs 2 S 1 Alg II-V aF die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs 2 SGB II aF abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen sind. Danach sind dann die Beträge,
die sich aus § 11 Abs 2 bis 4 SGB II aF und ggf § 30 SGB II idF des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.8.2005 (BGBl I 2407 mit Wirkung vom 1.10.2005; im Weiteren aF) ergeben, abzuziehen
(vgl BSG vom 5.6.2014 - B 4 AS 31/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; im Anschluss an: BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 1/13 R - SozR 4-3200 § 11 Nr 64 RdNr 26). Bei Einkommen aus abhängiger Beschäftigung ist nach § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II aF iVm § 2 Abs 1 Alg II-V aF von den Bruttoeinnahmen auszugehen, die vor der Berücksichtigung bei der Leistungsberechnung um die Absetzbeträge nach
§ 11 Abs 2 S 1 bis 4 SGB II aF sowie ggf den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II zu bereinigen sind. Eine Klärung, ob es sich um Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit oder abhängiger Beschäftigung handelt,
konnte hier jedoch unterbleiben. In beiden Fällen ist, wenn es sich um Einkommen von unter 400 Euro handelt, ein Pauschbetrag
von 100 Euro in Abzug zu bringen (s hierzu bei selbstständigem Erwerbseinkommen: BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 1/13 R - SozR 4-3200 § 11 Nr 64 RdNr 41). Unterschreitet das erzielte Einkommen, sei es aus selbstständiger Tätigkeit ohne Abzug
der Betriebsausgaben, sei es das Bruttoeinkommen aus abhängiger Beschäftigung, diesen Pauschbetrag, bleibt es in jedem Fall
bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Einkommen nach § 11 SGB II außer Betracht. So liegt der Fall hier.
Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin für ihre Tätigkeit als Übungsleiterin in den Monaten Oktober und November
2008 je 80 Euro erzielt. Dieses Einkommen, das den pauschalen Absetzbetrag nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF unterschreitet, ist daher von vornherein und unabhängig von seiner rechtlichen Einordnung nicht bei der Bemessung des
Bedarfs zur Existenzsicherung zu berücksichtigen. Daher und weil streitiger Zeitraum nur die Monate Oktober und November 2008
sind, bedurfte es keiner Ausführungen dazu, ob es sich bei dem "Honorar" um solches aus ehrenamtlicher Tätigkeit handelt,
das durch den am 1.4.2011 in Kraft getretenen § 11b Abs 2 S 3 SGB II besonders privilegiert wird (idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453).
b) Das von der Mutter der Klägerin für diese bezogene Kindergeld mindert hingegen als Einkommen den durch Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts zu deckenden Bedarf der Klägerin. Nach § 11 Abs 1 S 3 SGB II aF ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts
benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Die Rechtsprechung des BSG hat diese vom
EStG abweichende Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes in ständiger Rechtsprechung für gerechtfertigt angesehen,
da das Kindergeld vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden soll und auch nicht an der Einkommensverteilung
innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 S 3 SGB II teilnimmt (s im Einzelnen BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr 34 sowie BSG vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23 RdNr 17). Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin und der Vorinstanzen führt das Hinzutreten
des weiteren Einkommens in Gestalt des Entgelts für die Übungsleitertätigkeit hier dazu, dass das Kindergeld - anders als
im Bescheid vom 12.8.2008 erfolgt - nunmehr in voller Höhe, also mit 154 Euro, bei der Berechnung des Alg II zu berücksichtigen
ist. Es sind keine Absetzungen vom Kindergeld mehr vorzunehmen.
Zwar ist nach § 13 SGB II aF iVm § 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V idF der Alg II-V vom 17.12.2007 (BGBl I 2942, mit Wirkung vom 1.1.2008; im Weiteren aF) als Pauschbetrag vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger
ein Betrag in Höhe von 30 Euro für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II, die dem Grunde und der Höhe nach angemessen sind, abzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn keine tatsächlichen Aufwendungen
für private Versicherungen iS des § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II aF geltend gemacht werden (BSG vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr 42; BSG vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23 RdNr 20). Die Versicherungspauschale steht ebenso wenig in Abhängigkeit zu der Einkommensart und
ist daher auch vom Kindergeld zumindest eines volljährigen Kindes in Abzug zu bringen (vgl BSG vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23 RdNr 20 zum minderjährigen Kind in und außerhalb der Bedarfsgemeinschaft; s auch BSG vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr 34 zur Rechtslage bis zum 30.6.2006; s auch BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 56/07 R - RdNr 14). Hier liegt der Fall jedoch anders.
Absetzungen vom Einkommen sind nur vorzunehmen, soweit die abzugsfähige Belastung nicht bereits (vorab) in voller Höhe oder
anteilig abgesetzt worden ist (vgl BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 33). Dies bedeutet, dass bei dem Zusammentreffen verschiedener Einkommensarten die Versicherungspauschale
grundsätzlich insgesamt nur ein Mal in Abzug gebracht werden kann und nicht mehrfach, also von jedem zugeflossenen Einkommen.
Die Versicherungspauschale ist hier bereits mit dem pauschalen Abzug vom Einkommen der Klägerin aus der Übungsleitertätigkeit
abgesetzt worden. § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF sieht insoweit vor, dass bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, an Stelle der Beträge nach S 1 Nr
3 (Beiträge für private Versicherungen) bis Nr 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen ist.
Dies führt im vorliegenden Fall zwar dazu, dass die Klägerin die abzugsfähige Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF nicht in vollem Umfang "ausnutzen" kann. Es verbleibt ein Differenzbetrag von 20 Euro zwischen dem nicht zu berücksichtigenden
Einkommen aus der Übungsleitertätigkeit in Höhe von 80 Euro und dem pauschalen Absetzbetrag von 100 Euro. Hieraus folgt jedoch
nicht - anders als es das LSG angenommen hat -, dass dieser Differenzbetrag auf das Kindergeld zu übertragen ist. Dies ergibt
sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF, der Gesetzesbegründung, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck des pauschalierten Abzugs.
§ 11 Abs 2 S 2 SGB II aF sieht vor, dass die Pauschale aus den Absetzbeträgen nach § 11 Abs 1 Nr 3 bis 5 SGB II aF - Versicherungsbeiträge, geförderte Altersvorsorgebeiträge und mit der Erzielung des Einkommens verbundene Ausgaben -
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, zu Gute kommen soll. Nach dem Wortlaut ist die Pauschale mithin nur
vom Erwerbseinkommen abzusetzen (vgl BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 33; s auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr 547, Stand: VI/2010; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 11b RdNr 29; so wohl auch Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11b RdNr 15; Striebinger in Gagel SGB II/SGB III, § 11b RdNr 46, Stand: III/2013), nicht jedoch von anderen Einkommensarten,
also auch nicht dem Kindergeld.
Eine Verteilung eines verbleibenden Restes der Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF auf andere Einkommensarten würde auch der in der Gesetzesbegründung benannten Zielsetzung dieser Pauschale zuwiderlaufen.
Es war intendiert, mit ihr Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen (BT-Drucks 15/5446, S 4). Denn mit
der Einführung der Pauschale war eine Anhebung des Freibetrags verbunden worden - nunmehr sollte Erwerbseinkommen bis zu 100
Euro ohne Prüfung der konkreten mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Aufwendungen von der Berücksichtigung bei der Berechnung
des Alg II freigestellt werden. Es sollte jedoch keine allgemeine Erhöhung der Absetzbeträge unabhängig von der Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit durch die Möglichkeit der Verteilung des nicht verbrauchten Rests der Pauschale auf andere Einkommensarten
erfolgen.
Auch spricht bereits die Pauschalierung nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF selbst gegen eine Übertragbarkeit des Restes auf eine andere Einkommensart als Erwerbseinkommen. Eine Pauschale ist ein
Geldbetrag, durch den eine Leistung, die sich aus verschiedenen Einzelposten zusammensetzt, ohne Spezifizierung nach ihrem
Durchschnittswert abgegolten wird. Bei einer Pauschale ist es demnach nicht möglich zu bestimmen, welcher Teil dieser Pauschale
bereits durch das sie unterschreitende Einkommen verbraucht worden ist, also auch nicht, dass die pauschalierten Versicherungsbeiträge
noch nicht berücksichtigt worden sind. Sinn einer Pauschale ist es gerade, ohne Berechnung im Detail und konkreten Fall eine
vereinfachende Berücksichtigung vornehmen zu können (BT-Drucks 15/5446, S 4). Wenn jedoch nicht bestimmbar ist, welcher Teil
der Pauschale "offen" und welcher "verbraucht" ist, so ist eine Übertragung eines Restes auf eine andere Einkommensart zumindest
dann nicht möglich, wenn Absetzungen, die ebenfalls Bestandteil der Pauschale sind, für diese von ihrer Art her gesetzlich
gerade nicht vorgesehen sind. So verhält es sich beim Kindergeld im Verhältnis zum Pauschalabzug nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF.
Die neben den Versicherungsbeiträgen in der Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF vorgesehenen Absetzungen von Beiträgen zur geförderten Altersvorsorge (§ 11 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB II aF) und von Ausgaben, die mit der Erzielung des Einkommens verbunden sind (§ 11 Abs 2 S 1 Nr 5 SGB II aF), können nicht von dem Kindergeld vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II in Abzug gebracht werden. Die
Übertragung des nicht verbrauchten Restes der Pauschale würde dies jedoch bewirken. Soweit der Differenzbetrag zwischen erzieltem
Einkommen und Pauschale wie im konkreten Fall 20 Euro beträgt, wird dies zwar nicht auf den ersten Blick erkennbar, jedoch
umso deutlicher, wenn das Erwerbseinkommen unter 70 Euro liegt. Dann würden bei Übertragung des nicht verbrauchten Restes
der Pauschale nicht nur die Pauschale für Versicherungsbeiträge zum Freibetrag bei anderen Einkommensarten, sondern auch Altersvorsorgebeiträge
oder mit der Erzielung des Einkommens verbundene Ausgaben, ohne dass diese grundsätzlich der Einkommensart "Kindergeld" zugeordnet
werden können. Dieses Ergebnis ändert nichts daran, dass bei einer anderen Einkommensart ggf Absetzungen nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 5 SGB II aF neben der nicht verbrauchten Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF vorgenommen werden können, soweit sie mit dieser Einkommensart konkret verbunden und nicht durch die Pauschale bereits
verbraucht sind (vgl BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 33).
3. Der Beklagte war auch berechtigt, gemäß § 50 Abs 1 S 1 SGB X von der Klägerin die Erstattung des überzahlten Betrags von 2 x 30 Euro zu verlangen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.