Vergütung von Rechtsanwälten im sozialgerichtlichen Verfahren
Kein Entstehen der fiktiven Terminsgebühr bei angenommenem Teilanerkenntnis und (einseitiger) Erledigungserklärung
Keine Erledigungsgebühr durch Einwirkung auf den Mandanten zum Zwecke der Erledigungserklärung
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) streitig, ob der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als nach dem Recht der Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordneter Rechtsanwalt
in dem Hauptsacheverfahren S 4 P 2229/18 beim Sozialgericht Ulm (SG) eine Einigungs- und eine (fiktive) Terminsgebühr beanspruchen kann.
In jenem Verfahren begehrte der dortige Kläger von der beklagten Pflegekasse "antragsgemäß" (Antrag vom 20.11.2017) Leistungen
aus der sozialen Pflegeversicherung nach dem
Elften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) unter Zugrundelegung mindestens eines Pflegegrads 1 (Ablehnungsbescheid vom 31.01.2018, Widerspruchsbescheid vom 12.06.2018).
Mit Beschluss vom 13.09.2018 bewilligte das SG dem Kläger PKH unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Nachdem das SG sodann von Amts wegen das Sachverständigengutachten der Lehrerin für Pflegeberufe Franke eingeholt hatte (Empfehlung: Zuerkennung
des Pflegegrads 1 ab März 2018), anerkannte die Beklagte unter Verwahrung gegen die Kostenlast "den Anspruch auf Leistungen
der Pflegeversicherung in Pflegegrad 1 ab März 2018"; die Voraussetzungen für die Leistungen seien erst während des Verfahrens
eingetreten (Schriftsatz vom 31.10.2018). Mit Schriftsatz vom 13.11.2018 nahm der Kläger "das Teil-Anerkenntnis der Beklagten
zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache" an, erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und stellte
Kostenantrag nach §
193 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG).
Der Beschwerdeführer beantragte sodann die Festsetzung seiner Vergütung aus der Staatskasse i.H.v. insgesamt 1.071,00 €, wobei
er eine Verfahrensgebühr (300,00 €), eine Terminsgebühr (280,00 €) und eine Einigungsgebühr (300,00 €) in Ansatz brachte (zzgl.
Auslagenpauschale i.H.v. 20,00 € und 19 % Umsatzsteuer i.H.v. 171,00 €).
Mit Festsetzungsentscheidung vom 05.12.2018 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) des SG die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für das Verfahren S 4 P 2229/18 wie folgt fest:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG
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300,00 €
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Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG
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270,00 €
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Pauschale Nr. 7002 VV RVG
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20,00 €
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19 % USt. Nr. 7008 VV RVG
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112,10 €
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Summe
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702,10 €
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Eine Einigungsgebühr entstehe bei der bloßen Annahme eines Anerkenntnisses zur Erledigung des Rechtsstreits nicht. Die fiktive
Terminsgebühr sei auf 90 % der Verfahrensgebühr festzusetzen (Anm. Satz 2 zu Nr. 3106 VV RVG).
Mit seiner Erinnerung vom 14.12.2018 hat der Beschwerdeführer sein Begehren auf Vergütung der beantragten Einigungsgebühr
weiterverfolgt. Die Beklagte habe den Klageanspruch nicht voll, sondern nur teilweise (ab März 2018) anerkannt. Die Annahme
dieses Teilanerkenntnisses und die nachfolgende Erledigungserklärung der gesamten Hauptsache sei nach ausführlicher Beratung
des Klägers in den Kanzleiräumen auf entsprechende anwaltliche Empfehlung erfolgt; der Kläger habe zunächst den Rechtsstreit
in der Hauptsache gerade nicht (vollumfänglich) für erledigt erklären wollen. Dies - Annahme des Angebotes der Beklagten gegen
Erledigung im Übrigen - stelle zudem eine Einigungsvereinbarung dar.
Der Beschwerdegegner hat seinerseits am 28.02.2019 Erinnerung gegen die Festsetzung der (fiktiven) Terminsgebühr eingelegt.
Eine solche sei nicht entstanden, da sich der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht durch ein volles Anerkenntnis, sondern
lediglich durch ein Teilanerkenntnis mit anschließender Erledigungserklärung im Übrigen erledigt habe. Die Einigungsgebühr
sei hingegen zu Recht nicht festgesetzt worden, da diese eine vertragliche Vereinbarung der Beteiligten voraussetze, wovon
vorliegend indes keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführer habe lediglich die Annahme des Teilanerkenntnisses erklärt und
den Rechtsstreit in der Hauptsache im Übrigen für erledigt erklärt. Dies führe nicht zum Anfall einer Einigungsgebühr. Auch
eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, da dem Begehren des Klägers in der Hauptsache "bereits vollumfänglich entsprochen"
worden und lediglich noch der Kostenpunkt streitig gewesen sei. Ein besonderes Einwirken des Beschwerdeführers auf seinen
Mandanten i.S. einer qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung an der Erledigung habe nicht stattgefunden.
Auf die Erinnerung des Beschwerdegegners hat das SG mit Beschluss vom 20.03.2019 die Entscheidung der UdG abgeändert und die Vergütung des Beschwerdeführers aus der Staatskasse
auf insgesamt 380,80 € (Verfahrensgebühr 300,00 €, Auslagenpauschale 20,00 €, 19 % Umsatzsteuer 60,80 €) festgesetzt. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass weder ein schriftlicher Vergleich zwischen den Beteiligten i.S.d. Anm.
Satz 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG geschlossen worden sei, noch das Verfahren nach angenommenem (vollen) Anerkenntnis i.S.d. Anm. Satz 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV
RVG geendet habe. Die Festsetzung einer (fiktiven) Terminsgebühr komme daher nicht in Betracht. Zu Recht habe die UdG indes keine
Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr in Ansatz gebracht. Weder hätten sich die Beteiligten geeinigt, noch liege eine qualifizierte
erledigungsgerichtete Tätigkeit des Anwalts vor. Die bloße Erledigungserklärung genüge insoweit nicht, ebenso wenig eine Beratung
des Mandanten über die weiteren Erfolgsaussichten des Verfahrens nach Teilanerkenntnis des Gegners. Diese Tätigkeit sei bereits
mit der Verfahrensgebühr abgegolten.
Der Beschwerdeführer hat gegen den ihm am 26.03.2019 zugestellten Beschluss am 27.03.2019 Beschwerde eingelegt, mit der er
sein Begehren einer Terminsgebühr i.H.v. 270,00 € und einer "Vergleichs-/Erledigungsgebühr" weiterverfolgt. Zur Begründung
hat er auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verfahrensakten erster und zweiter Instanz
und die beigezogene SG-Akte S 4 P 2229/18 Bezug genommen.
II.
Über die Beschwerde entscheidet der Berichterstatter des nunmehr alleine für Kostensachen zuständigen 10. Senats des Landessozialgerichts
(LSG) Baden-Württemberg als Einzelrichter ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§
155 Abs.
4 SGG, §
56 Abs.
2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 und 3 RVG); die Streitsache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und hat auch keine grundsätzliche
Bedeutung (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat auf die Erinnerung des Beschwerdegegners zu Recht die Vergütungsfestsetzungsentscheidung der UdG abgeändert, die Vergütung
des Beschwerdeführers aus der Staatskasse auf nicht mehr als 380,80 € festgesetzt und dessen Erinnerung zurückgewiesen. Es
hat in der angefochtenen Entscheidung die rechtlichen Grundlagen für die hier alleine streitigen Gebühren - (fiktive) Terminsgebühr
nach Anm. Satz 1 Nrn. 1 und 3 zu Nr. 3106 VV RVG und Einigungs-/Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 i.V.m. Nrn. 1005, 1000, 1002 VV RVG - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass und warum in dem in Rede stehenden Klageverfahren weder ein "schriftlicher
Vergleich" i.S.d. Anm. Satz 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG geschlossen wurde noch dieses Verfahren "nach angenommenem Anerkenntnis endete" (Anm. Satz 1 Nr. 3 zu Nr. 3016 VV RVG), sodass eine (fiktive) Terminsgebühr nicht entstanden ist. Ebenso rechtsfehlerfrei wie zutreffend hat das SG des weiteren begründet, dass und warum auch keine Erledigungsgebühr (Nr. 1006 i.V.m. Nrn. 1005, 1002 VV RVG) und erst recht keine Einigungsgebühr (Nr. 1006 i.V.m. Nrn. 1005, 1000 VV RVG) angefallen ist. Nachdem der Beschwerdeführer dem lediglich unter Verweis auf sein Vorbringen im Erinnerungsverfahren entgegengetreten
ist, sieht der Senat insoweit gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG von einer weiteren Begründung ab und weist die Beschwerde aus den oben zusammengefassten Gründen der angefochtenen Entscheidung
zurück.
Ergänzend merkt der Senat an, dass die Beklagte im Ausgangsverfahren unzweifelhaft lediglich ein Teilanerkenntnis abgab (Pflegeleistungen
nach Pflegegrad 1 ab März 2018 statt der klageweise begehrten Leistungen bereits ab Antragstellung im November 2017, vgl.
§
33 Abs.
1 Satz 2
SGB XI). Gemäß §
101 Abs.
2 SGG erledigt das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs "insoweit" den Rechtsstreit in der Hauptsache, d.h.
dass im Übrigen (hier: Leistungen für die Zeit vor März 2018) von Gesetzes wegen eine Erledigung "nach angenommenem Anerkenntnis"
gerade nicht eintrat, sondern erst durch die einseitige Erledigungserklärung des Klägers betreffend den nicht anerkannten
Teil. Die Anm. Satz 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG stellt aber auf das Ende "des Verfahrens" - und nicht nur eines Teils davon - ab.
Der Senat hat bereits entschieden (Beschluss vom 02.07.2019, L 10 SF 4254/18 E-B), was unter einer Verfahrensbeendigung "nach angenommenem Anerkenntnis" i.S.d. Anm. Satz 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG zu verstehen ist, dass eine (einseitige) Erledigungserklärung - bei der es sich im gerichtskostenfreien
SGG-Verfahren der Sache nach ohnehin eine Klagerücknahme handelt (Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 29.12.2005, B 7a AL 192/05 B, in juris, Rdnr. 7) - eine (fiktive) Terminsgebühr nicht auslöst und dass die
prozessualen Unterschiede zwischen der Annahme eines (vollen) Anerkenntnisses (Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache
unmittelbar kraft Gesetzes und unmittelbare Schaffung eines Vollstreckungstitels, §
199 Abs.
1 Nr.
3 SGG) und den sonstigen Arten der Klaglosstellung (Erfüllung bzw. Abhilfe, insoweit zunächst nur Wegfall der Beschwer) eine gebührenrechtlich
unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Darauf wird hier verwiesen. Unter Zugrundelegung dessen ist es folgerichtig, dass
die Annahme eines Teilanerkenntnisses mit anschließender (einseitiger) Erledigungserklärung der Hauptsache im Übrigen nicht
als Beendigung des Verfahrens nach angenommenem Anerkenntnis i.S.d. Anm. Satz 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG angesehen werden kann. Dass eine erweiternde oder gar analoge Anwendung der Anm. Satz 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG nicht in Betracht kommt, hat der Senat in der o.a. Entscheidung ebenfalls dargelegt.
Nur am Rande sei angemerkt, dass vorliegend die Terminsgebühr auch nicht als "echte" nach Nr. 3106 VV RVG entstanden ist. Selbst wenn der Beschwerdeführer - was der Senat zu seinen Gunsten unterstellt - mit seinem Mandanten nach
Abgabe des Teilanerkenntnisses der Beklagten eine Besprechung zum weiteren Vorgehen durchführte, führt dies nicht zur Terminsgebühr,
denn gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 Nr. 2 Halbsatz 2 VV RVG sind außergerichtliche Besprechungen mit dem Auftraggeber nicht gebührenauslösend.
Was die Erledigungsgebühr anbelangt - dass eine Einigungsgebühr abwegig ist, hat das SG im Einzelnen dargelegt -, hat bereits der vormals für das Kostenrecht zuständige 12. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem
Beschluss vom 28.08.2017 (L 12 SF 912/17 E-B) u.a. Folgendes ausgeführt:
"Die Erledigungsgebühr setzt stets eine anwaltliche Mitwirkung voraus, die kausal für die Erledigung der Rechtssache bzw.
des Rechtsstreits gewesen ist. "Mitwirkung" meint dabei mehr als die bloße Einschaltung oder Hinzuziehung eines Rechtsanwalts;
sie erfordert ein auf die Erledigung der Rechtssache gerichtetes Tätigwerden, das über die reine Verfahrenseinleitung, Klagebegründung
und Abgabe von verfahrensbeendenden Erklärungen hinausgeht. Es muss sich um eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung
des Rechtsanwalts handeln, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand - Geschäftsgebühr
bzw. Verfahrensgebühr - für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren bzw. sozialgerichtlichen Verfahren abgegolten
wird (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 62/12 R -, SozR 4-1300 § 63 Nr. 19, und schon - zu § 24 BRAGebO - BVerwG, Urteil vom 04.10.1985 - 8 C 68/83 -, juris).
Sowohl die Annahme eines Anerkenntnisses als auch eine Klagerücknahmeerklärung oder eine andere Erledigungserklärung sind
demnach in aller Regel keine über die normale Prozessführung hinausgehende, qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts an
der Erledigung (siehe etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2016 - L 6 AS 1367/15 B -, juris; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 18.02.2014 - L 5 SF 436/13 B E, L 5 SF 30/13 B P -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.07.2014 - OVG 3 K 33.14 -, juris). Dabei reicht es auch bei der durchaus
angezeigten Anlegung eines nicht strengen Maßstabs nicht aus, dass der Rechtsanwalt seinem Mandanten zur Abgabe der verfahrensbeendenden
Prozesserklärung geraten hat. Mit der Verfahrensgebühr abgegolten werden u. a. die Beratung, Besprechungen, Rücknahmeerklärungen,
Rechtsmitteleinlegungen einschließlich der Beratung über die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels (Müller-Rabe, in Gerold/Schmidt,
RVG, 22. Auflage 2015, zu Nr. 3100 VV RVG Rdnr. 24). Die Einwirkung auf den Mandanten, der Erledigung des Rechtsstreits zuzustimmen, ist daher keine qualifizierte
Mitwirkung im Sinne der Nr. 1006, 1005 VV RVG, auch nicht wenn der Rechtsanwalt Überzeugungsarbeit leisten muss, um das Einverständnis zu erlangen (Bayerisches LSG, Beschluss
vom 01.07.2011 - L 15 SF 82/10 B E -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.09.2015 - L 19 AS 1453/ B -, juris; OVG Berlin-Brandenburg a.a.O.;
Schütz in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage 2014, zu Nr. 1002 VV RVG Rdnr. 25; vgl. zu Konstellationen, in denen eine Beratung des Mandanten eine Erledigungsgebühr auslösen kann, z.B. BayVGH,
Beschluss vom 20.05.2014 - 10 C 12.1343 -, juris).
Eine nach alldem vorausgesetzte besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung bei der Erledigung
des Rechtsstreits hat der Erinnerungsführer nicht entfaltet. (...) Der Erinnerungsführer hat die Erledigungsgebühr auch nicht
damit verdient, dass er das vom Beklagten bereits mit Schriftsatz vom 29.10.2015 (sinngemäß) erklärte Teilanerkenntnis angenommen
und den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt, d.h. die Klage im Übrigen zurückgenommen hat. Das ist Teil der allgemeinen
Prozessführung und schon mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Gleiches gilt für die vom Erinnerungsführer betonte Vermittlung
der Rechtsauffassung des Gerichts gegenüber seinem Mandanten (...); auch dies ist mit der Verfahrens- und Terminsgebühr abgegolten.
Die Einwirkung auf den Mandanten, der Erledigung des Rechtsstreits zuzustimmen, begründet bei dieser Ausgangssituation keine
"qualifizierte" anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung des Rechtsstreits. Ließe man das für die das Entstehen der Erledigungsgebühr
genügen, würde diese Gebühr immer anfallen, wenn der Prozess nicht durch eine schriftliche Entscheidung des Gerichts beendet
wurde. Dem Gesetz lassen sich aber keinerlei Anhaltspunkte für einen derart weiten Anwendungsbereich der Erledigungsgebühr
entnehmen.
Allerdings scheinen etliche Entscheidungen (z.B. des Thüringer LSG, Beschlüsse vom 18.01.2016 - L 6 SF 1366/15 B -, und vom 24.11.2014 - L 6 SF 1078/14 B -, beide in juris) und Stimmen in der Literatur (z.B. Müller-Rabe a.a.O. VV 1002 Rdnr. 52) bei einer Erledigung des Rechtsstreits
durch Teilanerkenntnis und Erledigungserklärung bzw. Rücknahme im Übrigen den Anfall einer Erledigungsgebühr zu bejahen. Dem
folgt der Senat in dieser Allgemeinheit nicht. (...) Der Senat vermag hier keinen Grund für eine andere Bewertung zu erkennen
als im Falle der Rücknahme einer Klage oder eines Rechtsmittels oder der Annahme eines (vollen) Anerkenntnisses, in dem auch
die oben genannten Stimmen eine qualifizierte Mitwirkung und damit eine Erledigungsgebühr verneinen (Thüringer LSG, Beschluss
vom 27.02.2017 - L 6 SF 625/16 B -, juris; Müller-Rabe a.a.O. Rdnr. 46). Nach Abgabe des Teilanerkenntnisses vom 29.10.2015, das der Erinnerungsführer mit
Schriftsatz vom 11.12.2015 annahm und im Übrigen die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen in seiner Klagebegründung
weiterführte, waren letztlich weiterhin nur die Erfolgsaussichten der über das Teilanerkenntnis hinaus gehenden (und damit
noch anhängigen) Klage zu prüfen und die Mandanten entsprechend zu beraten, gegebenenfalls unter Mitberücksichtigung einer
vom Gericht geäußerten Rechtsauffassung. Ein darüber hinaus gehender, eine qualifizierte Mitwirkung begründender kreativer
Beitrag liegt dagegen nicht vor."
Ungeachtet des Umstands, dass vorliegend die Voraussetzungen der Anm. Satz 1 zu Nr. 1002 VV RVG schon nicht erfüllt sind - keine Erledigung "nach" ganz oder teilweiser Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf
angefochtenen Verwaltungsakts (eine solche teilweise Änderung des Bescheids vom 31.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 12.06.2018 erklärte die Beklagte zu keinem Zeitpunkt im Verfahren) -, veranlasst die Beschwerde nicht dazu, von den oben
dargelegten zusammengefassten Grundsätzen des 12. Senats abzuweichen. Das bloße anwaltliche Einwirken auf den Mandanten, einen
(noch) anhängigen Anspruch nicht weiterzuverfolgen, stellte keine qualifizierte Erledigungsmitwirkung im obigen Sinne dar.
Zu Recht hat der 12. Senat dargelegt, dass es keinen Anhalt dafür gibt, dass der Gesetzgeber die (teilweise) Rücknahme einer
Klage anwaltsgebührenrechtlich privilegieren wollte. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG; die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).