Zahnbehandlungskosten für Berufsmusiker als Leistungen zur Rehabilitation
Streit um Zuständigkeit eines Leistungsträgers
Rechtsfolgen der unterbliebenen Feststellung zur Zuständigkeit im Rahmen des § 14 SGB IX
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen entweder von der Beklagten oder der Beigeladenen zu erbringenden Zuschuss zu den über
den Festbetrag hinausgehenden Kosten der Zahnbehandlung des Klägers als Teilhabeleistung.
Der 1962 geborene Kläger ist seit 1985 als Klarinettist/Bassklarinettist an der D in B tätig. Er ist bei der Beigeladenen
krankenversichert.
Seine behandelnden Ärzte empfahlen ihm auf Grund mehrerer gezogener Zähne und einer Veränderung der Zahnstellung zur Vermeidung
seiner Berufsunfähigkeit eine umfangreiche Zahnbehandlung, welche in drei Schritten durchgeführt werden sollte:
1. kieferorthopädische Behandlung: Multiband Apparatur und Invisilign-Schienen;
2. kieferchirurgische Behandlung: Implantatversorgung;
3. zahnärztliche Behandlung: Überkronung der Implantate.
Nach den von seinen Ärzten erstellten Heil- und Kostenplänen sollten dafür folgende Kosten entstehen: zahnmedizinische Maßnahmen
5.298,34 EUR, kieferchirurgische Maßnahmen 3.514,92 EUR, kieferorthopädische Maßnahmen 4.423,19 EUR. Die Behandlung wurde
bislang nicht durchgeführt.
Der Kläger wandte sich zwecks Kostenerstattung zunächst an die Beigeladene und übersandte jedenfalls den Heil- und Kostenplan
seiner Zahnärztin vom 11. Juli 2008, auf welchem die Beigeladene in dem Feld "Zuschussfestsetzung" den Gesamtbetrag iHv 887,45
EUR eintrug und im Feld "Die Krankenkasse übernimmt folgende Festzuschüsse" einen Stempel, eine Unterschrift sowie das Datum
18. September 2008 aufbrachte.
Am 4. Oktober 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage der drei Heil- und Kostenpläne die Kostenübernahme
der beabsichtigten zahnmedizinischen Maßnahmen und machte unter Vorlage eines Schreibens seines Kieferorthopäden, in welchem
dieser die Notwendigkeit der geplanten kieferorthopädischen Maßnahmen bestätigte, geltend, alle drei Behandlungsschritte bauten
aufeinander auf und seien zur Erhaltung seiner Berufsfähigkeit notwendig.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2008 stellte der Kläger spätestens Anfang Dezember 2009 - das Datum des Eingangs des Schreibens
vom 28. Juli 2008 bei der Beigeladenen ist zwischen dieser und dem Kläger streitig - bei der Beigeladenen unter Vorlage der
drei Heil- und Kostenpläne und unter Hinweis auf seine durch die Zahnbeschwerden verursachten beruflichen Beeinträchtigungen
einen "Antrag auf Zuschuss zur Zahnbehandlung" und bat um Mitteilung, ob und in welcher Höhe die Beigeladene sich an den Kosten
der dringend erforderlichen Behandlungen beteiligen würde. Der Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten der kieferorthopädischen
Behandlung wurde von der Beigeladenen mit - inzwischen bestandskräftigem - Bescheid vom 9. Dezember 2009 mit der Begründung
abgelehnt, diese Kosten seien mit Ausnahme der Behandlung von schweren Kieferfehlstellungen nur bei Minderjährigen von der
gesetzlichen Krankenversicherung zu erstatten.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach einen Zuschuss zu den Kosten der zahnärztlichen
Behandlung und der Versorgung mit Zahnersatz. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen bestätigten Heil- und Kostenplanes
sei jedoch zunächst der berufsbezogene Bedarf zu ermitteln und die jeweilige Regelversorgung der Krankenkassen zum Abzug zu
bringen. Von dem hiernach verbleibenden Saldo werde ein Pauschbetrag iHv 50 % erstattet, in Anlehnung an die Bonusregelung
der Krankenversicherung könne dieser Betrag auf 60 % bzw. 65 % erhöht werden. Mit dieser Differenzierung werde in der Rentenversicherung
die vom Gesetzgeber geforderte Eigenverantwortung der Betroffenen durch eine regelmäßige Gesunderhaltung der Zähne sowie entsprechende
Zahnarztbesuche berücksichtigt. Ausgehend hiervon habe der Kläger Anspruch auf einen Zuschuss iHv 1.767,87 EUR ohne Bonus.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11. Februar 2009 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Beklagte
sei verpflichtet, bis zu 100 % der Kosten einer notwendigen Rehabilitationsmaßnahme zu übernehmen, wenn nur durch diese Maßnahmen
seine berufliche Leistungsfähigkeit wieder hergestellt bzw. erhalten werden könne. Die - abzüglich der Kostenerstattung von
dritter Seite - sich ergebenden Restkosten der gesamten Zahnbehandlungen seien deshalb von der Beklagten zu erstatten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zwar bestehe
bei dem Kläger aufgrund seiner Berufstätigkeit als Orchestermusiker ein über die Versorgung durch die Krankenversicherung
hinausgehender berufsspezifischer Mehrbedarf, die Höhe des Zuschusses richte sich jedoch nach den im Bescheid vom 5. Februar
2009 aufgezeigten Kriterien.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, die Festsetzung der Festzuschüsse im angefochtenen Bescheid habe keinerlei pflichtgemäße
Ermessensausübung im konkreten Einzelfall erkennen lassen. Die Rehabilitation sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) der Prototyp einer final ausgerichteten Leistung, deren Ziel in Abweichung von den Grundsätzen des Krankenversicherungsrechtes
die vollständige Rehabilitation des Behinderten sei und die deshalb bis zur Höhe der vollen Rehabilitation zu erbringen sei,
wenn die medizinische Leistung bestimmt und geeignet sei, die Erwerbsfähigkeit des Versicherten voraussichtlich zu erhalten,
wesentlich zu bessern oder wiederherzustellen. Aus diesem Grunde sei die Beklagte nicht berechtigt, in Fällen der beruflichen
Notwendigkeit ihre Zuschüsse auf bestimmte Prozentsätze der Restkosten oder gar auf Festbeträge zu begrenzen.
Das Sozialgericht hat den Kläger durch den Kieferorthopäden Prof. Dr. Dr. R untersuchen und begutachten lassen, der unter
dem 31. Januar 2013 (Untersuchung am 16. Januar 2013) ein Gutachten über den kieferorthopädischen Befund bei dem Kläger erstellt
und die Notwendigkeit der Durchführung der geplanten zahnmedizinischen Maßnahmen zur Erhaltung der Berufsfähigkeit des Klägers
bejaht hat; auf den Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen.
Durch Urteil vom 4. November 2013 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt,
den Antrag des Klägers vom 4. Oktober 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Kläger
habe Anspruch auf einen Zuschuss zu den von ihm nach den eingereichten Behandlungsplänen zu zahlenden Kosten. Der Anspruch
auf Erstattung der Kosten für die kieferorthopädischen Maßnahmen ergebe sich aus §
26 Abs.
2 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX), der durch die Regelung in §
28 Abs.
2 Satz 6 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) nicht eingeschränkt werde. Der Kläger erfülle auch die persönlichen Voraussetzungen des §
10 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (
SGB VI). Denn die Maßnahmen seien notwendig, um seine Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen bzw. zu erhalten. Die Beklagte habe jedoch
das ihr durch §
13 Abs.
1 SGB VI eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt, denn die von ihr zur Begründung der Entscheidung herangezogenen Grundsätze stünden
mit dem gesetzgeberischen Ziel der Regelungen über die berufliche Rehabilitation nicht im Einklang, wonach die vollständige
Rehabilitation des Klägers unter Kumulierung verschiedener Leistungen bis zur Höhe der Gesamtkosten erreicht werden solle.
Mit ihrer Berufung vertritt die Beklagte weiterhin die Ansicht, die Ausübung ihres Ermessens in Anlehnung an die Bonusregelung
der Krankenversicherung nach §
55 Abs.
1 SGB V sei rechtmäßig. Für die Übernahme der Kosten für die kieferorthopädischen Maßnahmen fehlten bereits die Voraussetzungen des
§
28 Abs.
2 Satz 7
SGB V, wonach kieferorthopädische Leistungen nur bei schweren Kieferanomalien vom Rentenversicherungsträger zu übernehmen seien
und im Übrigen bei medizinischer Notwendigkeit vollständig von dem Krankenversicherungsträger gemäß §
29 Abs.
2 und
3 SGB V. Vom Vorliegen schwerer Anomalien sei im Falle des Klägers jedoch nicht auszugehen, weil dieser jahrelang in der Lage gewesen
sei, Klarinette zu spielen und seinen Beruf auszuüben.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. November 2013 aufzuheben und die gegen die Beklagte gerichtete Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, seinen Antrag auf Teilhabeleistungen unter Änderung
des Bescheides vom 18. September 2008 und Aufhebung des Bescheides vom 9. Dezember 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden.
Er meint, dass entweder die Beklagte oder die Beigeladene zur Erstattung der vollen Behandlungskosten unter Berücksichtigung
von Leistungen Dritter und des Festbetrages aufgrund der beruflichen Notwendigkeiten der Maßnahmen verpflichtet seien.
Die zum Verfahren beigeladene Krankenkasse des Klägers ist der Ansicht, sie sei für medizinische Rehabilitationsleistungen
bereits deshalb nicht zuständig, weil der Kläger bei ihr zu keinem Zeitpunkt einen dahingehenden Antrag gestellt habe und
sie zudem für berufliche Teilhabeleistungen - auch unter Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips - nicht zuständig sei,
zumal sich ein solcher Teilhabebedarf nach der Lage des Falles und der vorliegenden Informationen bei Einreichung des zahnärztlichen
Heil- und Kostenplans vom 11. Juli 2008 nicht angedeutet habe. Einen fristauslösenden Antrag iSv §
14 SGB IX habe der Kläger deshalb bei ihr nicht gestellt. Sie habe deshalb nur Leistungen der medizinischen Grundversorgung, vorliegend
in der Form von Festbeträgen, zu erbringen.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage im Hinblick auf die Beigeladene abzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen
sowie auf der Gerichtsakten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung geworden sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte jedenfalls keinen weitergehenden
Anspruch auf Erstattung der nicht gedeckten Kosten der Zahnbehandlung als den bereits durch die Beklagte - bestandskräftig
- bewilligten Zuschuss und damit auch keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Teilhabeantrags. Der geltend gemachte Neubescheidungsanspruch
besteht vielmehr gegenüber der - gemäß §
75 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) notwendig - Beigeladenen. Denn diese ist im Verhältnis zum Kläger leistungspflichtig (auch) für die nach dem
SGB VI zu erbringenden Teilhabeleistungen, und zwar als zuständiger erstangegangener Leistungsträger auf der Grundlage von §
15 Abs.
1 Satz 2
SGB VI iVm §
14 Abs.
1 SGB IX. Dem steht nicht entgegen, dass ein Anspruch des Klägers gegen die Beigeladene als nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) zuständigem Leistungsträger (§
13 Abs.
1 Satz 1
SGB V) nicht gegeben ist.
Streitgegenstand ist bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Beteiligten der Anspruch des Klägers auf Neubescheidung
seines Antrags auf Erstattung der den Festbetrag (§
36 SGB V) übersteigenden Kosten der gesamten aufeinander aufbauenden Zahnbehandlung entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene
unter Abzug von Leistungen Dritter sowie des von der Beklagten bereits bewilligten Betrages iHv 1.767,87 EUR durch Bescheid
vom 5. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2009. Gegenstand des Rechtsstreits ist also einerseits
der Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2009, soweit die Beklagte
die Erstattung der über den Betrag von 1.767,87 EUR hinausgehenden Kosten der Zahnbehandlung unter Abzug des von der Beigeladenen
bewilligten Festzuschusses sowie Leistungen Dritter abgelehnt hat. Verfahrensgegenstand sind aber auch die für das Verhältnis
des Klägers zur Beigeladenen maßgebenden Entscheidungen der Beigeladenen vom 18. September 2008 und 9. Dezember 2009, die
Kosten der zahnärztlichen Behandlung auf den Festbetrag zu beschränken bzw die Übernahme der Kosten für die kieferorthopädische
Behandlung abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidungen der Beigeladenen ist zu entscheiden, weil eine unmittelbare Verurteilung
der Beigeladenen nach §
75 Abs.
5 SGG voraussetzt, dass den Ablehnungsentscheidungen der Beklagten im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen keine
Bindungswirkung zukommt. Denn im Falle einer Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach §
75 Abs.
5 SGG ausgeschlossen.
Der Kläger hat sich mit seinem Begehren nach Erstattung der vollständigen Kosten seiner Zahnbehandlung spätestens im September
2008 zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichem Leistungsträger (§
33 SGB V) gewandt und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§
36 iVm §
12 Abs.
2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich am 4. Oktober 2008 an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichem Leistungsträger
(§
15 Abs.
1 SGB VI iVm §
26 Abs.
2 Nr.
1 und §
33 Abs.
6 SGB IX), um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§
9 Abs.
1 Satz 1
SGB VI iVm §
5 Nr.
2 und §
6 Abs.
1 Nr.
4 SGB IX) einstandspflichtigem Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil der als Klarinettist tätige Kläger die Notwendigkeit
der zahnmedizinischen Versorgung damit begründet hat, er könne ohne Durchführung dieser Maßnahmen seinen Beruf nicht mehr
ausüben.
Die Beklagte ist rentenversicherungsrechtlich für die begehrte Rehabilitationsleistung in der Form von zahnmedizinischen Behandlungen
jedoch nicht zuständig, weil der Leistungsantrag des Klägers bei ihr am 4. Oktober 2008 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung
des §
14 SGB IX entgegen der Ansicht der Beigeladenen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den jedenfalls bereits
vor dem 18. September 2008 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen
Verwaltungsverfahrens anzusehen ist. Damit ist eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX im ausschließlich maßgebenden Außenverhältnis zum Kläger ausgeschlossen. Im Verhältnis zum Kläger ist die Beigeladene allein
zuständiger Rehabilitationsträger geworden.
Nach §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger (§
6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst
angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von §
14 Abs.
1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen
Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und
Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken
(vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten,
innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden
gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig
ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche
Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen
Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und
die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§
14 Abs.
1 Sätze 2 und 3
SGB IX). Anderenfalls bestimmt §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese
Zuständigkeit nach §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen,
die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, Rn 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, Rn 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, Rn 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers
geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit
auf den nachträglichen Ausgleich nach §
14 Abs.
4 Satz 1
SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist (BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).
Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von §
14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung
einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung
des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach
§
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen
Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt (vgl
§ 8 SGB X), selbst wenn dieser - wie vorliegend - bindend wird (BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).
Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für
die begehrte Kostenerstattung iSd §
14 SGB IX anzusehen. Denn bei ihr hat der Kläger erstmals, und zwar jedenfalls vor dem 18. September 2008, durch Übersendung zumindest
des zahnärztlichen Heil- und Kostenplans einen Antrag auf Kostenerstattung für die Zahnbehandlung gestellt. Die Beigeladene
ist damit im Außenverhältnis zum Kläger mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung
des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus, und zwar entgegen der Ansicht der Beigeladenen auch hinsichtlich
der Kosten für die kieferorthopädischen und die kieferchirurgischen Maßnahmen. Denn der Antrag des Klägers bei der Beigeladenen
richtet sich nach der Auslegungsregelung des §
2 Abs.
2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (
SGB I) auf eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechtes des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem
SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem
SGB VI) bestmögliche zahnmedizinische Versorgung. Eine solche Auslegung schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei
separate Leistungsanträge, nämlich einen auf die Bewilligung des Festbetrages und einen weiteren Antrag auf Bewilligung der
darüber hinausgehenden Kosten der Zahnbehandlung, von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen im September 2008
bei der Beigeladenen gestellten Antrag auf Erstattung der Kosten der Zahnbehandlung auszugehen (vgl insoweit BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R = SozR 4-3250 § 14 Nr 19 Rn 21). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dem Antrag vom September 2008 hätten die für die
Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben gefehlt, weil diesem Antrag die Berufsbezogenheit nicht zu entnehmen gewesen sei,
wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen
Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Denn im Zweifel will der Versicherte die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter
Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommende Leistungen und Anspruchsgrundlagen zu prüfen.
Die Frage, ob die zahnmedizinische Versorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne weiteres
durch eine Nachfrage bei dem Kläger (zB per Telefon) geklärt werden können. Im Übrigen hat der Kläger mit seinem Teilhabeantrag
vom Oktober 2008 bei der Beklagten, der - worauf noch einzugehen sein wird - zugleich als Widerspruch gegen die Verwaltungsentscheidung
der Beigeladenen vom 18. September 2008 anzusehen ist, zweifelsfrei auf den beruflichen Bezug der beabsichtigten Behandlung
hingewiesen.
Nachdem die Beigeladene den Antrag des Klägers vom September 2008 auf Leistungen zur Teilhabe - was zwischen den Beteiligten
im Übrigen nicht streitig ist - nicht innerhalb von zwei Wochen nach dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich
den Rehabilitationsbedarf des Klägers festzustellen (§
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX).
Die Beigeladene war demnach gegenüber dem Kläger verpflichtet, nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl § 23 Abs. 1 Satz 1
SGB VI) über Art, Dauer, Umfang und Durchführung (auch) der rentenversicherungsrechtlichen Rehabilitationsleistung zu entscheiden,
dh über ihre Kostenerstattungspflicht hinsichtlich der den Festbetrag übersteigenden Kosten der gesamten Zahnbehandlung in
Ausfluss ihrer Eigenschaft als nach §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt
einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§
5 Nr
2, §
6 Abs.
1 Nr
4 SGB IX) zu prüfen hat. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war schon deshalb rechtswidrig, weil sie den Anspruch des Klägers
nach den §§
9,
15 SGB VI iVm §
26 Abs.
2 Nr
1 und §
33 Abs.
6 Nr
1 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat: Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt danach als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§
9 Abs
1 SGB VI), wenn die persönlichen (§
10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§
11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach §
12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Kläger fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§
10 SGB VI), weil seine Zähne geschädigt sind und er deshalb typische Anforderungen seiner Berufstätigkeit ohne die notwendigen zahnmedizinischen
Maßnahmen nicht (mehr) erfüllen kann; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Klarinettist in einem Orchester
- und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI abzustellen. Für den Fall der zahnmedizinischen Versorgung entsprechend den von seinen Ärzten erstellten Heil- und Kostenplänen
bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Der Senat folgt insoweit den schlüssigen und nachvollziehbaren und im Übrigen
von den Beteiligten auch unbestrittenen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. R in dessen vom Sozialgericht eingeholten
Gutachten, in welchem dieser festgestellt hat, dass die gesamten geplanten zahnmedizinischen Maßnahmen - im Einzelnen verweist
der Senat diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil gemäß §
153 Abs.
2 SGG (S 6 Abs
4 Zeile 1 bis S 7 Abs 3 letzte Zeile) geeignet und erforderlich sind, um die derzeitig eingeschränkte berufliche Leistungsfähigkeit
des Klägers wiederherzustellen und zu erhalten. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
(§
11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach §
12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Der Kläger erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger.
Gemäß §
9 Abs.
1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach §
15 SGB VI erbringen, für die in Abs.
1 Satz 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§
26 bis
31 SGB IX verwiesen wird. Nach §
26 Abs.
1 Nr.
2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit
zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach §
26 Abs.
2 Nr.
1 SGB IX auch Behandlungen durch Ärzte und Zahnärzte, deren Erbringung wiederum in §
33 Abs.
6 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach §
33 Abs.
6 SGB IX ua medizinische Hilfen wie die von den Ärzten des Klägers vorgeschlagenen, wobei gemäß §
15 Abs.
1 Satz 2
SGB VI zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz nur erbracht wird, wenn sie unmittelbar und gezielt
zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, insbesondere zur Ausübung des bisherigen Berufs, erforderlich
sind - woran der Senat wie bereits dargelegt keine Zweifel hat - und soweit sie nicht als Leistungen der Krankenversicherung
zu erbringen sind, was hier ebenfalls vorliegt.
Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§
13 Abs
1 S 1
SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (vgl BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 Rn 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 Rn 11; BSG Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R - juris - Rn 27; stRspr).
Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. R sind die geplanten zahnmedizinischen Maßnahmen
zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass letztlich eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt.
Damit sind die dem Kläger entstehenden Kosten auch erforderlich, und zwar entgegen der Ansicht der Beklagten und der Beigeladenen
in voller Höhe ohne Abzug von etwaigen Prozentsätzen. Der Senat folgt dabei der Rechtsprechung des BSG in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1980 (- 1 RA 51/79 - juris), in der die finale Zwecksetzung der Rehabilitation ausdrücklich betont wird. "Erforderlich" iSv von §
33 Abs.
1 SGB IX sind uneingeschränkt die medizinisch notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Berufsfähigkeit ohne
Rücksicht auf die Höhe der Kosten dieser Maßnahmen, soweit nicht günstigere und ebenso wirksame medizinische Maßnahmen zur
Verfügung stehen und denselben Heilungserfolg versprechen. Letzteres ist indes nicht der Fall.
Der Kläger hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten
der geplanten Behandlung abzüglich Leistungen von dritter Seite. Der Kläger hat erstinstanzlich seinen Anspruch auf Kostenerstattung
für die über den Festbetrag hinausgehenden Kosten mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, diese in der
Form einer Bescheidungsklage, die darauf abzielt, die Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Senates zu verpflichten (vgl. §
131 Abs
3 SGG), verfolgt. Da der Kläger selbst keine Berufung eingelegt hat, kommt auch nur eine Verpflichtung der Beigeladenen zu eben
dieser Neubescheidung in Betracht, wobei die Beigeladene zu berücksichtigen hat, dass der Kläger ausdrücklich nur die Erstattung
der über die bereits durch die Bewilligung durch die Beklagte bzw anderer dritter Stellen hinausgehenden Kosten begehrt.
Die Verurteilung der Beigeladenen zur Neubescheidung des Antrages des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung
des Senats ist nach §
75 Abs.
5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die
Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.
Der Verurteilung der Beigeladenen stehen auch nicht ihre Entscheidungen vom 11. September 2008 und vom 9. Dezember 2009 entgegen,
dem Leistungsantrag des Klägers nur in Form des Festbetrags (§
36 iVm §
12 Abs.
2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidungen sind im Verhältnis
zum Kläger nicht in Bestandskraft erwachsen.
Bei der Entscheidung der Beigeladenen vom 11. September 2008 handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), welcher dem Kläger in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens und nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen
zur Kenntnis gegeben worden ist. Hierdurch ist der Verwaltungsakt dem Kläger bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden
(§ 39 Abs. 1 SGB X). Auch bei dem Schreiben vom 9. Dezember 2009 handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Diese Verwaltungsakte haben gegenüber
dem Kläger keine Bestandskraft erlangt (§
77 SGG). Zwar hat der Kläger gegen die Entscheidungen bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§
83 SGG). Er hat aber mit seiner Antragstellung bei der Beklagten am 8. Oktober 2008, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz
zuvor erhaltene Mitteilung der Beigeladenen über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht,
mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein. Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung
gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des §
14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Denn lässt der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die
Vorgaben des §
14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger
macht, müssen - um der Zielsetzung des §
14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch
als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall
- der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass
für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können
(vgl BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - Rn 58).
Ausgehend von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei
der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag des Klägers bei der Beklagten vom 4. Oktober 2008 auf Erstattung der über
den Festbetrag hinausgehenden Kosten der Zahnbehandlung zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung
der Beigeladenen vom 18. September 2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der
ablehnende Bescheid der Beigeladenen vom 9. Dezember 2009 ist gemäß §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung
der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (vgl BSG aaO. Rn 59 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nrn. 1 oder 2
SGG liegen nicht vor.