Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II
Berücksichtigung des Grundfreibetrages bei mehreren Beschäftigungen
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom
15. Januar 2019 ist nicht begründet. Gründe für die Zulassung der Berufung im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
1 bis
3 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) liegen nicht vor.
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG zu. Denn eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn von ihrer Entscheidung erwartet werden kann, dass sie
zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Das ist nur der Fall, wenn es
in einem Rechtsstreit um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige (entscheidungserhebliche) konkrete Rechtsfrage geht, deren
Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Dabei ist unabhängig von der höchstrichterlichen Klärung eine Rechtsfrage
dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Beantwortung so gut wie unbestritten ist oder die Antwort von vornherein praktisch
außer Zweifel steht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Auflage 2017, §
160, Rn. 8 und 8a).
Die hier von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob der Freibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für mehrere Beschäftigungen zu berücksichtigen ist, wenn der Lohn im selben Monat zufließt, ist geklärt.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der von dem Sozialgericht herangezogenen Entscheidung vom 17. Juli 2014 (B 14 AS 25/13 R - juris) zwar entschieden, fließe einem Leistungsberechtigten mit nur einem Beschäftigungsverhältnis innerhalb eines Monats
in mehreren Monaten erarbeitetes Arbeitsentgelt zu, so sei auch das weitere Einkommen um den Grundfreibetrag für jeden dieser
Monate gesondert zu bereinigen. Entscheidend ist insoweit aber weniger, ob eine oder mehrere Beschäftigungen in Rede stehen,
sondern für welchen Zeitraum der Lohn gezahlt wird, also für einen oder mehrere Monate. Begründet hat das BSG dies damit, dass die Freibetragsregelung mit Blick gerade auf den Niedriglohnbereich gewährleisten soll, dass für jeden Monat
entlohnter Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens 100,- Euro frei von der Anrechnung
auf das Arbeitslosengeld II bleibe. Deshalb werde die für die Einführung des Grundfreibetrags zentrale Anreizfunktion evident
verfehlt, wenn beim Zufluss eines über einen Zeitraum von mehreren Monaten erarbeiteten Erwerbseinkommens innerhalb eines
Monats anstelle der vom Gesetzgeber intendierten Freistellung von Hinzuverdiensten in Höhe von jedenfalls 100,- Euro der Grundfreibetrag
nur einmal zur Absetzung komme. Nicht entschieden hat das BSG damit den Fall, in dem mehrere Arbeitslöhne im selben Monat erarbeitet worden sind. Insoweit sind die gesetzgeberischen Erwägungen
zur Einführung eines Grundfreibetrages, auf die das BSG auch Bezug genommen hat, eindeutig. Denn danach kann der Grundfreibetrag bei mehreren Beschäftigungen eines Hilfebedürftigen
nur einmal abgesetzt werden (BT-Drucks. 15/5446, Seite 4; so auch Stotz, jurisPR-SozR 2/2015 Anm. 3; Löcher, SGb 2015, 694; Schmidt in Eicher, SGB II, 4. Auflage 2017, § 11b, Rn. 36; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, § 11b SGB II, Rn. 304).
Die Berufung kann hier auch nicht gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG zugelassen werden, weil sich nicht feststellen lässt, dass das mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffene Urteil von
einem Urteil der in der Vorschrift genannten Gerichte abweichen würde. Eine solche Abweichung setzt voraus, dass das Sozialgericht
einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt hat, der von einem die Entscheidung eines der genannten Gerichte tragenden Rechtssatz
abweicht und das Urteil hierauf beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne ist hier nicht ersichtlich. Denn die Aufstellung eines
abstrakten Rechtssatzes im vorgenannten Sinne durch das Sozialgericht ist nicht erkennbar und zwar schon deshalb nicht, weil
es ausweislich Seite 6 des Urteils unzutreffend davon ausgegangen ist, die jeweilige Vergütung sei für unterschiedliche Monate
gezahlt worden und nicht für denselben Monat (hier April 2014). Ein etwaiger Fehler bei der Übertragung vorliegender Rechtsprechung
der in §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte auf den vorliegenden Fall würde im Übrigen als reiner Rechtsanwendungsfehler eine Abweichung im Sinne
des §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG auch nicht begründen.
Schließlich ist die Berufung auch nicht nach §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist hier aber nicht geltend
gemacht worden und auch nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG). Nach §
145 Abs.
4 Satz 4 wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.