Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob ein Darlehen zur Gründung eines selbständigen Gewerbes als Einkommen beziehungsweise
Vermögen zum Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II führt.
Der 1973 Kläger bezog seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) von der Beklagten. Mit Darlehensverträgen vom 1. Juni 2007 mit Frau R M und vom 5. Juni 2007 mit der D Bank gewährten
diese dem Kläger jeweils Darlehen von 25.000,00 EUR.
Bereits am 29. Mai 2007 hatte der Kläger von Frau A G einen Imbissstand im Einkaufszentrum A, B, für 30.000,00 EUR erworben,
zur Abgeltung des Kaufpreises und zur Anschubfinanzierung des beabsichtigten selbständigen Gewerbes dienten diese Darlehen.
Zugrunde lagen ein Geschäftskonzept und ein Investitionsplan, wonach der Kläger zur Betriebsgründung ein Gesamtkapital von
46.824,07 EUR benötigte und in dem ein von einem Steuerberater geprüftes Geschäftskonzept vorgelegen haben. Der Beklagten
wurden diese Unterlagen zugeleitet. Das Darlehen der D Bank war ausdrücklich als Geschäftsdarlehen bezeichnet, mithin zur
Gründung des selbständigen Gewerbes nach dem Geschäftskonzept und dem Investitionsplan bestimmt.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2007 hob die Beklagte den letzten Bewilligungsbescheid vom 25. April 2007 mit Wirkung zum 1. Juli
2007 auf, da mit Erhalt der Darlehen die Hilfebedürftigkeit des Klägers entfallen sei. Den Widerspruch des Klägers hiergegen
wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2007 zurück.
Hiergegen hat sich die am 5. September 2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage gerichtet, mit der vorgetragen worden
ist, Darlehen, die zur Aufnahme eines selbständigen Gewerbes dienten, seien kein Einkommen im Sinne des § 11 SGB II.
Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid entgegengetreten.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2008 den Bescheid vom 20. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13. August 2007 aufgehoben.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keine Einnahmen erzielt, weil er durch den Empfang der Darlehen
unmittelbar mit einer Rückforderung - aufgrund der zu zahlenden Zinsen - sogar in einen höheren Umfang belastet worden sei.
Andere Einnahmen habe er ausweislich der Einnahmeüberschussrechnung seines Gewerbes nicht erzielt.
Gegen den der Beklagten am 20. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 19. Februar 2009 Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, es hätten Einnahmen vorgelegen, die auch nicht zweckgebunden gewesen seien.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung
über die Berufung erklärt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Leistungsakte der Beklagten, den Kläger
betreffend, verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Über die zulässige Berufung konnte der Berichterstatter des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten
übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben (§§
124 Abs.
2,
155 Abs.
3 und
5 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet; der angefochtene Gerichtsbescheid ist zumindest im Ergebnis zutreffend.
Der 14. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 27. Juni 2008 (L 14 B 648/08 AS ER), betreffend ein Darlehen zur Anschaffung eines Kraftfahrzeuges, ausgeführt, es erscheine schon fraglich, ob die Zahlungen
als Einnahmen anzusehen seien, da der Antragsteller behauptet, diese lediglich als Darlehen erhalten zu haben und darlehensweise
gewährte Leistungen möglicherweise als einkommensneutral angesehen werden müssen, weil sie von vornherein mit der Pflicht
zur Rückgewähr belastet seien (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juni 1985 - 7 Rar 27/84 -). Aber auch wenn die Zahlungen als Einnahmen
anzusehen wären, könnte ihrer Anrechnung noch entgegenstehen, dass sie als zweckbestimmte Zahlungen zu werten seien. Der erkennende
Senat teilt diese Zweifel, kann jedoch offen lassen, ob diese tatsächlich, wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid
annimmt, ausreichen, um die Berufung zurückzuweisen, da es im Weiteren der Auffassung des 14. Senates des erkennenden Gerichts
folgt. Dieser hat (aaO., Nr. 5 nach juris) ausgeführt, nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II seien zweckbestimmte Einnahmen, die
einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienten und die die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussten,
dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dazu würden im
Schrifttum auch Zuwendungen privater Dritter gezählt (Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 54; Mecke in Eicher/Spellbrink,
SGB II, 2. Aufl. § 11 Rdnr. 38), so dass ebenfalls vorerst im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten
des Antragstellers von diesem Verständnis auszugehen ist. Der Antragsteller habe vorgetragen, dass er die Überweisung von
seinem in den Vereinigten Staaten lebenden Bruder mit der Zweckbestimmung erhalten habe, sich ein gebrauchtes Auto zu kaufen.
Er habe eine entsprechende schriftliche Darlehensabrede von dem Darlehensgeber vorgelegt und das Darlehen sei bestimmungsgemäß
verwendet worden. Die Anschaffung eines Autos aber sei ein Zweck, der außerhalb der Zweckbestimmung der Regelleistungen nach
dem SGB II stehe. Die Leistungen nach dem SGB II seien nämlich nicht so bemessen, dass sie den Erwerb eines Autos ermöglichten.
Die Möglichkeit zur Anschaffung eines Autos verändere die Lebenssituation des Antragstellers auch nicht so erheblich, dass
nunmehr die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht mehr angemessen erschiene. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II sei ein
angemessenes Kraftfahrzeug nicht als Vermögen zu berücksichtigen.
Hier dient das Darlehen nicht zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges, sondern zum Aufbau eines selbständigen Gewerbes. Von der Darlehenssumme
von 50.000,00 EUR mussten 30.000,00 EUR dazu verwandt werde, einen bereits vor Darlehensgewährung geschlossenen Kaufvertrag
zu erfüllen. Es verblieb mithin ohnehin nur noch ein "verfügbarer" Teil des Darlehens von 20.000,00 EUR. Diese 20.000,00 EUR
jedoch waren zweckbestimmt gemäß § 11 Abs. 3 Ziffer 1 a SGB II. Der Kläger selbst hat diese Mittel ausweislich des vorgelegten
Geschäfts- und Investitionsplans, der der Beklagten bekannt war, ausgegeben wie durch die im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten
Rechnungen belegt wurde. Er hat zumindest das Darlehen der Dresdner Bank als Geschäftsdarlehen zum Aufbau dieses Gewerbes
erhalten. Die Auffassung der Beklagten, dies sei lediglich eine unverbindliche Zweckbestimmung gewesen, vermag der Senat nicht
zu teilen. Vielmehr hätte der Kläger sich, wenn er bei der D Bank ein Darlehen zur Gründung eines selbständigen Gewerbes und
zum Erwerb von eines Ladengeschäfts aufgenommen hätte, dieses Geld jedoch unmittelbar danach tatsächlich zur Sicherung des
Lebensunterhalts verbraucht hätte, der Gefahr einer Strafverfolgung gemäß § 263 des Strafgesetzbuches (Betrug) ausgesetzt.
Er hätte nämlich bei den Darlehensgebern, insbesondere bei der D Bank, einen Irrtum dahingehend erregt, das Darlehen sei zum
einen dazu bestimmt, dass der Kläger durch ein damit zu gründendes Geschäft Einnahmen erziele, mit denen er in der Lage sei,
das Darlehen zurückzuzahlen, und zum anderen Gegenstandswerte von 30.000,00 EUR erworben werden, die grundsätzlich der Pfändung
zugänglich gewesen wären. Diese Zweckbestimmung hat die Darlehensgeber zur Darlehensgewährung bestimmt. Hätte der Kläger jedoch,
wie die Beklagte dies von ihm verlangt, tatsächlich die beiden Darlehen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verbraucht,
so wäre es ihm nicht möglich gewesen, die Darlehen zurückzuzahlen, da er nach Verbrauch der Darlehen wiederum Leistungen zur
Grundsicherung erhalten hätte, die aber nicht geeignet gewesen wären, seine Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen zu
erfüllen.
Darüber hinaus würde es in Bezug auf die 30.000,00 EUR, die zunächst zur Erfüllung der Forderung aus dem Kaufvertrag verbraucht
werden mussten, eine unbillige Härte gemäß § 12 Abs. 3 Ziffer 6 darstellen, wenn dies als Vermögen berücksichtigt würden.
Es ist offensichtlich unwirtschaftlich, ein Geschäft zu erwerben und sofort danach wieder zu verkaufen, um davon seinen Lebensunterhalt
zu bestreiten.
Auch ist unklar, ob die Weiterveräußerung tatsächlich möglich gewesen wäre, also insoweit tatsächlich Vermögen und wenn, in
welcher Höhe, erlangt worden wäre.
Das von der Beklagten zur Begründung ihrer Berufung angeführte Urteil des Landessozialgerichts Bremen-Niedersachsen vom 14.
Juli 2008 (L 13 AS 97/08) hingegen ist hier nicht einschlägig, so dass der Senat auch nicht von ihm abweicht. Denn dort war das Darlehen der Eltern
zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestimmt, ihm lag also keine andere Zweckbestimmung gemäß § 11 Abs. 3 SGB II zugrunde.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus §
193 SGG zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in §
160 Abs.
2 SGG dargelegten Gründe vor, hier ist die Einzelfrage einer Zweckbestimmung entschieden worden, so dass grundsätzliche Bedeutung
nicht erkennbar ist.