Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung von Pflegeunterstützungsgeld aufgrund der von dem Kläger an seine Mutter erbrachten Pflegeleistungen.
Die 1930 geborene Mutter des Klägers ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie ist pflegebedürftig und bezog von der Beklagten
seit Februar 2014 Pflegegeld nach der Pflegestufe I. In dem zu Grunde liegenden Gutachten des medizinischen Diensts der Krankenversicherung
Hessen (MDK) vom 28. Februar 2014 wurde ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von durchschnittlich täglich 47 Minuten
aufgrund der pflegebegründenden Diagnosen "Störung des Ganges und der Mobilität, Senilität" festgestellt. Die Mutter des Klägers
war am 15. Januar 2015 und am 22. Januar 2015 mit der Schwiegertochter bei ihrer Hausärztin, Frau Dr. med. C., vorstellig.
Am 15. Januar 2015 berichtete die Patientin der Ärztin über Schlafstörungen trotz Schlafmittelgebrauch. Daraufhin veranlasste
Frau Dr. med. C. eine Blutuntersuchung. Am 22. Januar 2015 fanden eine Befundbesprechung und ein grundsätzliches Gespräch
über das Vorliegen einer Depression, Angststörung oder Somatisierungsstörung statt. Der Folgetermin am 26. Januar 2015 wurde
von der Mutter des Klägers nicht wahrgenommen.
Der Kläger beantragte am 5. Februar 2015 Pflegeunterstützungsgeld zur Pflege seiner Mutter für den Zeitraum vom 19. Januar
2015 bis 30. Januar 2015 unter Vorlage einer Bescheinigung der Hausärztin der Mutter des Klägers vom 9. Februar 2015, wonach
die akut aufgetretene Pflegesituation die Organisation oder Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung in dem Zeitraum
vom 19. Januar 2015 bis 30. Januar 2015 notwendig gemacht habe. Weiterhin legte er eine Entgeltbescheinigung zur Berechnung
von Pflegeunterstützungsgeld seines Arbeitsgebers vor. Danach war der Kläger von diesem für den Zeitraum vom 19. Januar 2015
bis 30. Januar 2015 unbezahlt freigestellt, woraus ein Verdienstausfall in Höhe von 1.741,94 EUR brutto resultierte. Mit Bescheid
vom 10. März 2015 und Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da eine wesentliche Veränderung
der Pflegesituation nicht stattgefunden habe. Die bedarfsgerechte Pflege der Mutter des Klägers sei bereits seit Februar 2014
organisiert gewesen.
Der Kläger hat daraufhin am 19. Februar 2016 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt erhoben. Von dort ist der Rechtsstreit
an das örtlich zuständige Sozialgericht Wiesbaden verwiesen worden. Der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren vortragen,
bei seiner Mutter sei eine akute Depression aufgetreten, die von der behandelnden Ärztin auch bestätigt werde. Die depressive
Phase sei so stark gewesen, dass aus Sicht der Familie das Risiko eines Suizids bestanden habe. Seine Mutter habe akut starke
Schmerzen gehabt, obwohl sie ständig Schmerzmittel eingenommen habe. Aufgrund der Schmerzen habe sich eine Depression entwickelt
und eine hohe Suizidgefahr bestanden. Hierüber sei die behandelnde Ärztin Dr. C. informiert gewesen, weshalb sie die entsprechende
Bestätigung abgegeben habe. Dr. C. habe auch gewusst, wie labil und schmerzempfindlich seine Mutter in dieser Zeit gewesen
sei. Er sei ihr einziger verbleibender Familienangehöriger und habe durch seinen pflegerischen Einsatz seine Mutter von einem
Suizid abhalten können.
Das Sozialgericht hat bei der Hausärztin der Mutter des Klägers Dr. C. einen Befundbericht vom 16. März 2018 sowie eine ergänzende
Stellungnahme vom 23. Juli 2018 eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 70 ff. und Bl. 102 ff. der Gerichtsakte Bezug
genommen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. November 2018 abgewiesen. Zur Begründung
hat es ausgeführt, es sei aufgrund der ausführlichen, schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen in den Befundberichten
der behandelnden Ärztin davon überzeugt, dass im streitgegenständlichen Zeitraum keine anspruchsbegründende akute Pflegesituation
vorgelegen habe. Ausweislich des eingeholten Befundberichtes der Hausärztin habe die Mutter des Klägers bereits vor dem streitgegenständlichen
Zeitraum unter einer Vielzahl von Erkrankungen gelitten und sei multimorbide gewesen. Bereits vor dem 19. Januar 2015 habe
auch eine schwere chronische Schmerzproblematik bestanden. Eine Zunahme der Schmerzen und ein zunehmender Betreuungsbedarf
Anfang des Jahres 2015 werde seitens des Gerichtes nicht angezweifelt. Allerdings handele es sich hierbei nicht um ein akut
aufgetretenes Krankheitsbild, das zu einem plötzlich und unerwarteten Pflegeaufwand geführt habe. Für die von dem Kläger vorgetragene
hohe Suizidgefahr lägen demgegenüber keine Nachweise vor. Die Mutter des Klägers habe sich in dem streitgegenständlichen Zeitraum
bei der Hausärztin am 22. Januar 2015 vorgestellt. Für das Gericht wäre es naheliegend und in einer solchen Akutsituation
einzig schlüssig gewesen, wenn die in den Augen der Angehörigen hoch suizidgefährdete Mutter des Klägers bzw. die begleitende
Schwiegertochter im Rahmen dieses Arzttermins die behandelnde Ärztin um medizinische Unterstützung zur Behandlung der angenommenen
hohen Suizidgefahr sowie der ursächlichen akut starken Schmerzen, welche von der Hausärztin jedenfalls ärztlich mitbetreut
wurden, gebeten hätte. Gegenstand der Besprechung sei in dieser, als dramatisch geschilderten Phase, dann allerdings laut
Befundbericht ausschließlich die Besprechung der Blutuntersuchung sowie ein grundsätzliches Gespräch über das Vorliegen einer
Depression, Angststörung oder Somatisierungsstörung gewesen. Die Ärztin habe mitgeteilt, dass eine mögliche Suizidgefahr nicht
Gegenstand der Besprechung gewesen sei, da sie ansonsten diesbezüglich einen Vermerk verfasst und zudem eine unmittelbare
psychiatrische Vorstellung zur Krisenintervention bzw. eine stationäre Einweisung veranlasst hätte. Ein Folgetermin, ebenfalls
in dem streitgegenständlichen Zeitraum, sei von der Mutter des Klägers nicht mehr wahrgenommen worden. Der Kläger habe dann
erst am 9. Februar 2015 die Ärztin telefonisch über seine kurzzeitige Arbeitsverhinderung zur Pflege seiner Mutter in Kenntnis
gesetzt. Weshalb dies nicht im Rahmen des Behandlungstermins am 22. Januar 2015 angesprochen und um Ausstellung der Bescheinigung
gebeten worden sei, in welchem die Ärztin sich persönlich von der Akutsituation der Mutter des Klägerin hätte überzeugen können,
sei für das Gericht ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Der Gerichtsbescheid ist am 27. November 2018 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt worden. Die Berufung des
Klägers ist am 21. Dezember 2018 eingegangen.
Zur Begründung der Berufung ist für den Kläger vorgetragen worden, dass sich im Januar die Pflegesituation seiner Mutter akut
verändert habe, weil sich die Schmerzen und die Depression derart intensiviert hätten, dass es zu einer akuten Suizidalität
gekommen sei. Der Kläger und seine Ehefrau hätten diese Veränderung im Januar 2015 als eine außerordentliche und ernstliche
wahrgenommen, die sofortigen Handlungs- und Pflegebedarf erfordert habe. Die Ehefrau des Klägers habe als Leiterin der Sozialabteilung
in einem Altenzentrum langjährige professionelle Erfahrung im Umgang mit alten Menschen. Sie habe die akut veränderte Situation
der Mutter bei ihren täglichen Besuchen unmittelbar wahrnehmen können. Da sie vollzeitig berufstätig sei, habe sie nicht ausreichend
auf den akut gestiegenen Pflegebedarf ihre Schwiegermutter reagieren können. Der Kläger habe sich daher, als einzig noch lebender
Familienangehöriger, vom 19. Januar 2015 bis zum 30. Januar 2015 unbezahlten Urlaub genommen, um sich ganztägig um seine suizidale
Mutter kümmern und auf diese Weise die Suizidgefahr abwehren zu können. Das Sozialgericht habe die akute Suizidalität zu Unrecht
abgelehnt, indem es im Wesentlichen auf den fehlenden Aktenvermerk der Hausärztin und die fehlende psychiatrische Vorstellung
der Mutter abgestellt habe. Dies basiere auf einer unzureichenden Beweiserhebung. Die Annahme einer akuten Suizidalität müsse
nicht durch einen ärztlichen Befund oder eine psychiatrische Begutachtung festgestellt werden. Vielmehr könnten auch Familienangehörige
diese begründet annehmen, wenn aus ihrer Sicht, die zu pflegende Angehörige ernsthaft lebensmüde und daher bereit sei, sich
das Leben zu nehmen. Objektivierbare Anhaltspunkte für die Lebensmüdigkeit der Mutter hätten hier in den erlebten chronischen
Schmerzen bestanden. Nach dem Befundbericht der Hausärztin habe die Mutter ab dem 15. Januar 2015 über zunehmende Schmerzen
geklagt. Starke chronische Schmerzen seien lebensnah betrachtet "gute Gründe" für alte Menschen, sich das Leben nehmen zu
wollen, um das Leiden zu beenden. Dass die Hausärztin anlässlich des Besprechungstermins am 22. Januar 2015 keinen Aktenvermerk
zur Suizidalität erstellt habe, stehe der Feststellung einer akuten Suizidgefahr nicht entgegen. Es habe sich hierbei nicht
um einen Termin zur aktuellen psychischen Situation der Mutter, sondern um einen Besprechungstermin zu Laborergebnissen gehandelt.
Daher sei es nicht verwunderlich, dass weder die begleitende Schwiegertochter noch die Mutter die bestehenden Suizidgedanken
angesprochen hätten. Sinn und Zweck der vom Gesetzgeber eingeführten Vorschriften über den "Pflegeurlaub" sei die schnelle
und effektive Hilfeleistung gegenüber schwerkranken Menschen. Vom Gesetz sei es nicht gewollt, das Risiko des Verdienstausfalls
beim Arbeitnehmer zu belassen, wenn dieser kurzfristig seine Erwerbstätigkeit unterbrechen müsse, um einem "Pflegenotstand"
entgegenzuwirken. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, bereits im Antragsverfahren den Kläger darauf hinzuweisen, dass die
den Pflegenotstand auslösende Pflegesituation ex post nochmals und wesentlich akribischer überprüft werde und eine dann auftretende
Beweisnot zu Lasten des Arbeitnehmers gehe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 21. November 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. März 2015
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum
vom 19. Januar 2015 bis zum 30. Januar 2015 Pflegeunterstützungsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, es erscheine lebensfremd, dass der Kläger und seine Ehefrau aufgrund der angeblichen Suizidalität der
Versicherten die Situation einerseits als so außerordentlich ernstlich wahrnahmen, dass sie sofortige Handlungs- und Pflegebedarf
erforderte, andererseits jedoch keine Notwendigkeit für eine ärztliche Behandlung oder zumindest Rücksprache mit der behandelnden
Hausärztin gesehen worden sei. Nicht einmal im Rahmen des am 22. Januar 2015 stattgehabten persönlichen Besprechungstermins
bei Dr. C. sei es für notwendig erachtet worden, die Suizidalität anzusprechen. Stattdessen habe man sich auf die Besprechung
von Laborwerten beschränkt. Dabei wäre es naheliegend gewesen, dass die bei dem Arzttermin anwesende Schwiegertochter die
Ärztin zumindest über die bestehenden Befürchtungen hinsichtlich einer Suizidalität der Versicherten informieren und sich
ärztlichen Rat einholen würde. Zudem hätte die Schwiegertochter diesen Arzttermin nutzen können, um die vermeintlich bestehende
akut aufgetretene Pflegesituation mit Frau Dr. C. zu erörtern, zumal der Kläger sich ja bereits seit dem 19. Januar 2015 von
der Arbeit habe freistellen lassen, um sich um seine Mutter zu kümmern. Zudem sollte die Feststellung hinsichtlich des Vorliegens
einer Suizidgefahr einem Arzt obliegen. Dass Dr. C. eine akut aufgetretene Pflegesituation nicht tatsächlich aufgrund medizinischer
Befunde festgestellt habe, werde auch dadurch unterstrichen, dass diese in ihrer Stellungnahme vom 23. Juli 2018 abschließend
ausgeführt habe, dass sich in ihrer Akte mit Datum vom 9. Februar 2015 der Vermerk finde, wonach sich der Kläger in der Zeit
vom 19. Januar 2015 bis 30. Januar 2015 um seine Mutter gekümmert habe, sie diesen Vermerk jedoch nicht mehr sicher einordnen
könne, da die Versicherte am 9. Februar 2015 keinen Vorstellungstermin hatte. Auch sei vorliegend kein Höherstufungsantrag
gestellt worden, um dem erhöhten Pflegebedarf der Versicherten Rechnung zu tragen.
Der Berichterstatter hat in einem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes und zur Beweisaufnahme am 9. Mai 2019 die Ehefrau
des Klägers D. D-A. als Zeugin befragt. Wegen der Einzelheiten ihrer Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 176 ff. Gerichtsakte)
Bezug genommen. Im Rahmen des Termins haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung des Senats konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt
haben (§
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz-
SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom
21. November 2018 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. März 2015 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2016 die Gewährung von Pflegeunterstützungsgeld an den Kläger zu Recht abgelehnt.
Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen für die Gewährung des vom
Kläger geltend gemachten Pflegeunterstützungsgeldes zutreffend dargelegt. Danach hat ein Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Pflegezeit (Pflegezeitgesetz - PflegeZG, vorliegend in der Fassung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vom 23. Dezember 2014) für
kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach § 2 des PflegeZG, für die er in diesem Zeitraum keine Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber und kein Kranken- oder Verletztengeld beanspruchen
kann, gemäß §
44 a Abs.
3 S. 1 Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (
SGB XI - ebenfalls in der Fassung vom 23. Dezember 2014) Anspruch auf einen Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt (Pflegeunterstützungsgeld)
für bis zu insgesamt zehn Arbeitstage. Gemäß S. 3 wird das Pflegeunterstützungsgeld auf Antrag, der unverzüglich zu stellen
ist, unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nach § 2 Abs. 2 S. 2 des PflegeZG von der Pflegekasse des pflegebedürftigen nahen Angehörigen gewährt. Gemäß § 2 Abs. 1 PflegeZG haben Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen
pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren
oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Zum Nachweis hierfür dient gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 PflegeZG eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen und die Erforderlichkeit der in § 2 Abs. 1 PflegeZG genannten Maßnahmen.
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht vermochte sich auch der Senat nicht davon zu überzeugen, dass für den Kläger die
Erforderlichkeit bestand, im streitgegenständlichen Zeitraum vom 19. Januar 2015 bis zum 30. Januar 2015 seiner Arbeit fern
zu bleiben, um für seine bei der Beklagten pflegeversicherte Mutter eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder deren
pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend
dargelegt, dass die von dem Kläger hierfür als Begründung vorgetragene hohe Suizidgefahr seiner Mutter nicht nachgewiesen
werden konnte, da es insoweit an einer erforderlichen ärztlichen Feststellung mangelt. Zwar wurde von der Hausärztin der Mutter
des Klägers, Dr. C., auf dem Formular zur Beantragung des Pflegeunterstützungsgeldes am 9. Januar 2015 bescheinigt, dass im
betreffenden Zeitraum "die akut auftretende Pflegesituation die Organisation oder Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung"
notwendig gewesen sei. Dies erfolgte allerdings lediglich durch Ankreuzen des betreffenden, vorformulierten Feldes auf dem
Antragsformular, ohne nähere medizinische Begründung. Auf konkrete Nachfrage des Sozialgerichts im erstinstanzlichen Verfahren
wurden von Dr. C. dann in den Befundberichten vom 16. März 2018 und 23. Juli 2018 keine medizinischen Anknüpfungstatsachen
dargelegt, die Anhaltspunkte dafür bieten könnten, dass in dem Zeitraum vom 19. Januar 2015 bis zum 30. Januar 2015 eine akute
Änderung der Pflegesituation eingetreten ist, die Maßnahmen der (Neu-) Organisation der Pflegeleistungen oder zur Sicherstellung
der bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten erforderlich gemacht haben könnten. Die Hausärztin vermochte darin insbesondere
nicht die vom Kläger als Grund für seine Arbeitsverhinderung im streitgegenständlichen Zeitraum angeführte Suizidgefahr bei
der Versicherten bestätigen. In der auf Nachfrage des Sozialgerichts abgegebenen ergänzenden Stellungnahme vom 23. Juli 2018
wurde von der Hausärztin ausdrücklich mitgeteilt, dass ihrerseits beim Bestehen von Anzeichen für schwerwiegende psychische
Probleme bzw. einer Suizidgefahr eine psychiatrische Vorstellung zur Krisenintervention bzw. stationäre Einweisung veranlasst
worden wäre. Hinweise auf eine solche gravierende akute psychische Erkrankung der Mutter des Klägers bestanden für die Hausärztin
nach deren Angaben allerdings nicht. Zwar sei bei den unmittelbar vor bzw. während des streitgegenständlichen Zeitraums erfolgten
Behandlungsterminen am 15. Januar 2015 und 22. Januar 2015 eine Zunahme der Schmerzen beklagt und eine Änderung der diesbezüglichen
Medikation besprochen worden. Dies sei allerdings häufiges Thema in der Betreuung der Mutter des Klägers gewesen. Im Hinblick
auf die Schmerzproblematik mit Schlafstörungen sei zwar auch eine psychiatrische Vorstellung der Patientin erörtert worden.
Zu einer solchen Behandlung sei es jedoch nicht gekommen. Insgesamt ergeben sich aus den Berichten der Hausärztin keine Anhaltspunkte,
dass es bei der Mutter des Klägers im betreffenden Zeitraum zu einer signifikanten, pflegerelevanten Veränderung des Gesundheitszustandes
gekommen sein könnte. Dagegen spricht auch die Angabe der Hausärztin im Befundbericht vom 16. März 2018, wonach noch während
des streitgegenständlichen Zeitraums zunächst am 26. Januar 2015 ein für diesen Tag vereinbarter Folgetermin nicht wahrgenommen
wurde und stattdessen am 28. Januar 2015 lediglich ein Folgerezept der Dauermedikation angefordert wurde.
Der insoweit erforderliche Nachweis der akut aufgetretenen Änderung der Pflegesituation der Mutter des Klägers wird auch nicht
durch die Angaben der hierzu im Termin zur Beweisaufnahme am 9. Mai 2019 als Zeugin befragten Ehefrau des Klägers erbracht.
Die Aussage der Zeugin, wonach Ihre Schwiegermutter "depressiv wirkte und über Lebensunmut geklagt habe" vermag allein das
Vorliegen einer konkreten Suizidgefahr im medizinischen Sinne nicht zu belegen. Das gilt auch für die weiteren Ausführungen
der Zeugin, wonach ihre Schwiegermutter gesagt habe, "sie würde Schlaftabletten sammeln, um dann aus dem Leben zu scheiden,
wenn die Situation für Sie nicht erträglicher werden würde". Insbesondere bei hochbetagten Menschen können vergleichbare Äußerungen
durchaus vorkommen, ohne dass dem zwingend eine entsprechende psychische Erkrankung oder konkrete Suizidgedanken zu Grunde
liegen muss. So erscheint es möglich, dass solche Äußerungen gegenüber nahen Angehörigen auch allein aus dem Grund gemacht
werden, um deren Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erlangen. Jedenfalls kann aus solchen Äußerungen allein noch nicht ausgeschlossen
werden, dass tatsächlich eine akute psychische Erkrankung mit einhergehender Suizidgefahr vorliegt. Ob solche Äußerungen tatsächlich
auf einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung beruhen und sich der Betreffende aufgrund dessen in konkreter Lebens- oder
Gesundheitsgefahr befindet, kann zur Überzeugung des Senats allein durch einen fachkundigen Mediziner sicher bewertet werden.
Für den Senat ist nicht ersichtlich und von Seiten des Klägers wurde auch nicht vorgetragen, dass er oder seine Ehefrau insoweit
die notwendige Fachkunde besitzen. Allein der Umstand, dass die Zeugin als leitende Sozialarbeiterin in einer Einrichtung
mit älteren Menschen beruflich tätig ist, lässt auf die notwendige medizinische Fachkunde der Zeugin nicht schließen. Die
nach ihrer Zeugenaussage geführten Gespräche mit den an ihrem Arbeitsplatz tätigen Psychologen oder Psychiatern lassen ebenfalls
keine Rückschlüsse darauf zu, ob bei ihrer Schwiegermutter im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich eine akute psychische
Erkrankung mit einhergehender Suizidgefahr bestand. Eine Untersuchung ihrer Schwiegermutter durch die fachkundigen Arbeitskollegen
der Zeugin, welche für die gesicherte Diagnose der behaupteten psychischen Erkrankung notwendig gewesen wäre, wurde von dieser
nicht dargelegt. Da sich die Mutter des Klägers wegen der behaupteten Suizidgefahr zu keiner Zeit in ärztlicher Behandlung
befunden hat und dies auch nicht Gegenstand der während des streitgegenständlichen Zeitraums durchgeführten Untersuchung und
Behandlung bei Dr. C. gewesen ist, konnte der Nachweis der behaupteten akuten Änderung der Pflegesituation aufgrund der Suizidalität
der Mutter des Klägers damit vorliegend nicht erbracht werden.
Selbst wenn für den streitgegenständlichen Zeitraum eine Veränderung der gesundheitlichen Situation der Mutter des Klägers
Sinne einer akuten psychischen Erkrankung mit damit einhergehende Suizidgefahr bejaht werden könnte, war hiermit eine Änderung
der Pflegesituation im Sinne des § 2 Abs. 1 PflegeZG nicht verbunden. Hinsichtlich der Begriffsbestimmung der bedarfsgerechten Pflege bzw. pflegerischen Versorgung ist gemäß
§ 7 Abs. 4 PflegeZG auf die Definition der Pflegebedürftigkeit in den §§
14 und
15 SGB XI abzustellen. Insoweit ist durch das Gesetz klargestellt, dass es bei der Organisation der bedarfsgerechten Pflege bzw. Sicherstellung
der pflegerischen Versorgung um Pflegemaßnahmen im Sinne der §§
14 und
15 SGB XI gehen muss. Damit vermag die Erforderlichkeit der Organisation oder Sicherstellung krankheitsspezifischer Pflegemaßnahme
der sogenannten Behandlungspflege, die vom Verrichtungskatalog des §
14 Abs.
4 SGB XI nicht erfasst werden (vgl. z.B. BSGE 94, 192 = SozR 4-2500 § 37 Nr 3, RdNr 11 unter Hinweis auf BSGE 82, 27 = SozR 3-3300 §
14 Nr.
2) den Anspruch aus §
44a Abs.
3 SGB XI i.V.m. § 2 Abs. 3 PflegeZG nicht zu begründen. Derartige Pflegeleistungen sind systematisch nicht der Leistungszuständigkeit der Pflegeversicherung,
sondern vielmehr der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen (BSG, Urteil vom 28. September 2017 - B 3 P 3/16 R -, Rn. 21, juris). Die Begrenzung des berücksichtigungsfähigen Pflegebedarfs auf die in §
14 Abs.
4 SGB XI aufgeführten Verrichtungen schließt auch die Einbeziehung eines Hilfebedarfs im Bereich der Kommunikation aus. Die Kommunikation
ist bewusst nicht in den Katalog der für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit maßgebenden Verrichtungen aufgenommen worden.
Im Gesetzgebungsverfahren wurde ausdrücklich klargestellt, dass ein Hilfebedarf im Bereich der Kommunikation nicht zum maßgebenden
Pflegebedarf zu rechnen ist (BT-Drucks 12/5262, S 96, zu § 12 Abs. 4 des Gesetzentwurfs). Etwas anderes folgt auch nicht aus
§
28 Abs.
4 Satz 2
SGB XI. Danach sollen, um der Gefahr der Vereinsamung des Pflegebedürftigen entgegenzuwirken, bei der Leistungserbringung auch die
Bedürfnisse des Pflegebedürftigen nach Kommunikation berücksichtigt werden. Diese Aufforderung richtet sich an alle, die Pflegeleistungen
erbringen und deren Dienstleistungen entweder direkt (bei der ambulanten Pflegesachleistung und der stationären Pflege) oder
zumindest indirekt (bei nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen durch die Teilhabe am Pflegegeld) von der Pflegeversicherung
finanziert werden. Auf die Bemessung des Pflegebedarfs, die im zweiten Kapitel des
SGB XI geregelt ist, hat diese Vorschrift, die sich im vierten Kapitel befindet, das die Leistungen der Pflegeversicherung regelt,
keinen Einfluss (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R -, SozR 3-3300 § 14 Nr. 8, Rn. 16). Die genannten Bestimmungen bieten schließlich auch keine Grundlage für die Berücksichtigung
eines Hilfebedarfs in Form der Anwesenheit und Aufsicht einer Pflegeperson zur Vermeidung einer möglichen Selbst- oder Fremdgefährdung
eines geistig Behinderten. Auch insoweit gilt, dass für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den
Pflegestufen allein der Hilfebedarf bei den in §
14 Abs.
4 SGB XI genannten Verrichtungen sowie die in §
14 Abs.
3 SGB XI genannten Arten der Hilfe maßgebend sind und eine Ausdehnung auf dort nicht genannte Pflegebereiche, Verrichtungen und Hilfeleistungen
somit grundsätzlich ausscheidet (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R -, a.a.O., Rn. 18).
Pflegebedürftig im Sinne des
SGB XI sind demgegenüber nach §
14 Abs.
1 SGB XI lediglich Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen
und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens der Hilfe bedürfen. Die insoweit relevanten gewöhnlichen
und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen sind nach der abschließenden Aufzählung in §
14 Abs.
4 SGB XI 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbständige
Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der
Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und
Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Sowohl dem Vorbringen des Klägers als auch der Aussage seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau lässt sich nicht entnehmen, dass
in dem streitgegenständlichen Zeitraum eine relevante Änderung der Pflegesituation der Mutter des Klägers im Sinne der Organisation
der bedarfsgerechten Pflege bzw. der Sicherstellung der pflegerischen Versorgung im Hinblick auf die vorgenannten Verrichtungen
der Grundpflege (§
14 Abs.
4 Nr.
1 bis
3 SGB XI) sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (§
14 Abs.
4 Nr.
4 SGB XI) eingetreten ist. Von dem Kläger wurden im streitgegenständlichen Zeitraum vielmehr lange Spaziergänge und Gespräche mit
seiner Mutter durchgeführt und viel Zeit mit dieser verbracht, um diese von ihren Suizidgedanken abzubringen bzw. sicherzustellen,
dass diese nicht in die Tat umgesetzt würden. Nach den vorgenannten Ausführungen handelt es sich hierbei um Maßnahmen aus
dem Bereich der allgemeinen psychosozialen Betreuung, Präventivmaßnahmen zur Vermeidung der Selbstgefährdung sowie in familiärer
Eigenhilfe erbrachte psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen und damit nicht um einen Pflegebedarf im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 4 PflegeZG i.V.m. §§
14,
15 SGB XI. Seitens der Mutter des Klägers wurde dementsprechend auch keine Veranlassung gesehen, einen höheren bzw. geänderten Pflegebedarf
gegenüber der Beklagten in einem eigenen Antragsverfahren geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt der Entscheidung zur Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.