Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Leistungen für Unterkunft und Heizung
Keine Übernahme doppelter Mietaufwendungen bei Vermeidbarkeit einer zeitlichen Überschneidung durch einen moderaten Umfang
zu leistender Renovierungsarbeiten und die Unterstützung durch erwachsene Söhne
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Übernahme umzugsbedingter weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung (doppelte Mietzahlungen)
für den Umzugsmonat.
Der am 00.00.1967 geborene Kläger bewohnte zusammen mit seinen Söhnen S (geb. 00.00.1992) und T (geb. 00.00.1996) die Wohnung
R-Straße 00 in H. Der zwischen dem Kläger und dem Vermieter am 17.10.2006 geschlossene Mietvertrag sah in § 2 Absatz 1 Satz
3 folgende Regelung vor: "Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und kann mit gesetzlicher Frist gekündigt werden." §
2 Absatz 2 Satz 1 des Mietvertrages lautete wie folgt: "Die Kündigung muss schriftlich bis zum 3. Werktage des ersten Monats
der Kündigungsfrist erfolgen." Die monatlichen Kosten für die Wohnung R-Straße 00 beliefen sich zuletzt auf 769,25 EUR (Grundmiete
510 EUR, Nebenkosten 147,25 EUR und Heizkosten 112 EUR). Mit Bescheid vom 19.08.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger und
seinem Sohn S als Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.09.2015 bis 29.02.2016 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Höhe von monatlich 1.084,03 EUR. Der Sohn T wurde nicht als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt, weil er
ab dem 01.09.2015 ein nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähiges Studium aufnehmen sollte. Im Rahmen der Leistungsbewilligung erkannte der Beklagte für
den Kläger und seinen Sohn S monatlich jeweils 256,41 EUR, d.h. jeweils ein Drittel der tatsächlichen Kosten in Höhe von 769,25
EUR, als Bedarf für Unterkunft und Heizung an (jeweils Grundmiete 170 EUR, Nebenkosten 49,08 EUR und Heizkosten 37,33 EUR).
Mit Schreiben vom 19.08.2015 forderte der Beklagte den Kläger zur Senkung der Unterkunftskosten auf. Nach § 22 Abs. 1 SGB II und unter Berücksichtigung der Werte des § 12 des Wohngeldgesetzes (WoGG) belaufe sich die absolute Obergrenze für die Bruttokaltmiete auf 496,10 EUR für einen Drei-Personen-Haushalt und auf 418
EUR für einen Zwei-Personen-Haushalt. Die Prüfung der Kosten der Unterkunft habe ergeben, dass die Aufwendungen für die derzeit
bewohnte Wohnung insoweit unangemessen seien. Der Beklagte bat den Kläger, sich innerhalb von sechs Monaten um die Anmietung
einer angemessenen Wohnung zu bemühen oder die Kosten der Unterkunft auf andere Weise zu senken und seine entsprechenden Bemühungen
monatlich, erstmals zum 10.11.2015, nachzuweisen. Ab dem 01.03.2016 könne voraussichtlich nur noch der als angemessen geltende
Betrag als Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Zum 01.09.2015 zog der Sohn T aus dem gemeinsamen Haushalt aus. Daraufhin
erließ der Beklagte den Änderungsbescheid vom 09.10.2015, mit dem er für die aus dem Kläger und seinem Sohn S bestehende Bedarfsgemeinschaft
für die Zeit vom 01.09.2015 bis 29.02.2016 monatliche SGB II-Leistungen in Höhe von 1.340,47 EUR bewilligte. Als monatlichen Bedarf für Unterkunft und Heizung erkannte er für den Kläger
und Kosten Sohn S nun jeweils 384,63 EUR, d.h. jeweils die Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 769,25 EUR,
an (jeweils Grundmiete 255 EUR, Nebenkosten 73,63 EUR und Heizkosten 56 EUR). Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 21.10.2015
trat der Kläger der Kostensenkungsaufforderung vom 19.08.2015 unter Hinweis auf die ab dem 01.01.2016 geänderten Tabellenwerte
zu § 12 WoGG entgegen. Am 02.11.2015 legte der Kläger dem Beklagten ein Mietangebot vom 29.10.2015 für die Wohnung L-Straße 00 in H mit
einem möglichen Einzugstermin am 01.03.2016 und monatlichen Kosten von 324,48 EUR (Grundmiete 231 EUR und Nebenkosten 93,48
EUR) vor. Der Beklagte erteilte seine Zustimmung zum Umzug und übernahm die Mietkaution in Höhe von 693 EUR als Darlehen.
Am 05.11.2015 unterzeichnete der Kläger den Mietvertrag zu den vorgenannten Konditionen. Vormieterin der Wohnung war die ehemalige
Ehefrau des Klägers.
Mit Schreiben vom 12.11.2015 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme einer Doppelmiete für den Monat März 2016.
Doppelte Mietzahlungen von zumindest einem Monat seien bei einem Wohnungswechsel im Regelfall unvermeidbar. Er könne nicht
am 29.02.2016 aus der alten Wohnung ausziehen und nahtlos zum 01.03.2016 in die neue Wohnung einziehen. Daher sei es nur möglich,
die jetzige Wohnung zum 01.04.2016 kündigen. Eine Doppelmiete für März 2016 sei unvermeidlich. Mit Bescheid vom 23.11.2015
lehnte der Beklagte den Antrag ab. Grundsätzlich bestehe nur ein Anspruch auf Übernahme einer Mietzahlung. Zwar sei die Übernahme
von zwei Monatsmieten (alt und neu) für einen Monat in begründeten Einzelfällen möglich. Voraussetzung hierfür sei jedoch,
dass sich die neue Miete innerhalb der Mietobergrenze befinde, der Leistungsempfänger zum Umzug aufgefordert worden sei und
das Entstehen der doppelten Mietzahlung nachweislich unvermeidbar sei. Im Fall des Klägers sei die doppelte Mietzahlung nicht
unvermeidbar. Der neue Mietvertrag sei bereits am 05.11.2015 zum 01.03.2016 geschlossen worden. Der Kläger habe ausreichend
Zeit gehabt, die Kündigungsfristen einzuhalten und bei der Anmietung einer neuen Wohnung auf einen nahtlosen Übergang zu achten.
Auch nach Zugang dieses Schreibens verbleibe noch Zeit, die gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten.
Hiergegen erhob der Kläger am 10.12.2015 Widerspruch, den er nicht begründete. Ebenfalls mit Schreiben vom 10.12.2015 bestätigte
die Vermieterin der neuen Wohnung, dass die Wohnung L-Straße 00 unrenoviert, ohne Tapeten, Malerarbeiten und Oberböden, übernommen
werde. Mit Bescheid vom 12.02.2016 bewilligte der Beklagte der klägerischen Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.03.2016
bis 28.02.2017 SGB II-Leistungen in Höhe von monatlich 896,72 EUR. Als monatlichen Bedarf für Unterkunft erkannte er die tatsächlichen Kosten in
Höhe von 324,48 EUR an (jeweils Grundmiete 115,50 EUR und Nebenkosten 46,74 EUR für den Kläger und seinen Sohn S). Heizkosten
wurden zunächst nicht berücksichtigt, da noch kein Energielieferungsvertrag vorgelegt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2016 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Doppelte Mietaufwendungen
würden zum sozialhilferechtlichen Unterkunftsbedarf gehören, wenn der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig gewesen
sei und deswegen die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfrist nicht nahtlos hätten aufeinander abgestimmt werden können. Die
Kosten für die alte Wohnung seien neben den Kosten für die neue Wohnung zu übernehmen, wenn die Anmietung und der Bezug der
neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt notwendig gewesen seien. Voraussetzung sei aber, dass der Hilfeempfänger alles Zumutbare
und Mögliche getan habe, die Aufwendungen für die frühere Wohnung so gering wie möglich zu halten, wozu etwa die Suche nach
einem Nachmieter gehöre. Insofern sei auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid zu verweisen. Nach nochmaliger Prüfung
der Angelegenheit und der Unterlagen entspreche die angefochtene Entscheidung der Sach- und Rechtslage.
Am 01.03.2016 besichtigte der Außendienst des Beklagten die Wohnung L-Straße 00. Er befürwortete eine Beihilfe zur Renovierung.
Die hierfür vorgesehenen Pauschalen seien ausreichend. Auf den Inhalt des entsprechenden Berichts des Außendienstmitarbeiters
I vom 01.03.2016 wird Bezug genommen. Mit Bescheid vom 02.03.2016 bewilligte der Beklagte eine Renovierungsbeihilfe in Höhe
von 189,70 EUR. In diesem Gesamtbetrag waren Renovierungspauschalen für Wohnzimmer/Küche/Schlafzimmer/Diele und Pauschalen
für den Heizkörper- und Türanstich und einen Eimer Farbe enthalten. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte der Kläger mit,
er gehe davon aus, dass die Renovierungspauschale nur die Kosten für Farbe und Tapeten enthalte. Er benötige zusätzliche Leistungen.
Im Wohnzimmer und Schlafzimmer würden Sockelleisten fehlen. In allen Räumen würden an den Decken die Randleisten fehlen. Die
Arbeitsplatte in der Küche müsse ersetzt werden. Vorhänge und Gardinen würden ebenfalls benötigt. Daraufhin bewilligte der
Beklagte mit Bescheid vom 07.03.2016 eine weitere Beihilfe von 171,45 EUR. Dieser Betrag setzte sich aus Pauschalen für Gardinen
im Schlafzimmer/Wohnzimmer/Bad/Küche/Diele sowie aus einer Pauschale für eine Arbeitsplatte zusammen. Mit Änderungsbescheid
vom 07.03.2016 erkannte der Beklagte für die Zeit vom 01.03.2016 bis 28.02.2017 über die bereits mit Bescheid vom 12.02.2016
bewilligten Leistungen hinaus monatliche Heizkosten in Höhe von 60 EUR als Bedarf an. Am 12.03.2016 zogen der Kläger und sein
Sohn S von der Wohnung R-Straße 00 in die Wohnung L-Straße 00 um.
Am 15.03.2016 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Vor dem Einzug in die neue Wohnung habe diese umfassend
renoviert werden müssen. Er habe die alte Wohnung daher erst zum 01.04.2016 kündigen können. Wäre die neue Wohnung erst zum
01.04.2016 angemietet worden, wären die erforderlichen Renovierungs- und Herrichtungsarbeiten in der Wohnung nicht möglich
gewesen. Der Anfall einer Doppelmiete sei nicht vermeidbar gewesen. Es möge zwar sein, dass einige Vermieter ein Nutzungsrecht
an der Wohnung bereits vor Mietbeginn kostenfrei einräumen würden. Einen Anspruch hierauf habe der Mieter aber nicht.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 zu verurteilen,
ihm für den Monat März 2016 als Wohnungsbeschaffungskosten 769,25 EUR für die Wohnung R-Straße 00 in H zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Rechtsgrundlage für die Übernahme von Doppelmieten werde nicht einheitlich beurteilt. Richtigerweise sei auf § 22 Abs. 1 SGB II abzustellen. Jedenfalls müsse der Leistungsberechtigte alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen haben, die Aufwendungen
für die frühere und neue Wohnung so gering wie möglich zu halten. Die neue Wohnung sei zum 01.03.2016 angemietet worden. Die
Unterzeichnung des Mietvertrages sei fast vier Monate früher am 05.11.2016 erfolgt. Doppelmieten hätte der Kläger vermeiden
können, wenn er die Kündigungsfrist des alten Mietvertrages einfach eingehalten hätte. Die alte Wohnung hätte bis zum 03.12.2015
gekündigt werden können. Diese Frist habe der Kläger vorsätzlich verstreichen lassen. Ganz offensichtlich habe er die alte
Wohnung absichtlich erst zum 01.04.2016 gekündigt, um die Renovierungsarbeiten in der neuen Wohnung bequemer durchführen zu
können. Zwar sei die Renovierung einer leeren Wohnung ggf. leichter zu bewerkstelligen. Dies bedeute aber nicht, dass die
parallele Anmietung zweier Wohnungen zwingend erforderlich gewesen sei. Die Renovierung hätte auch Raum für Raum erfolgen
können.
Mit Schreiben vom 16.03.2016 hat der Kläger dem Beklagten mitgeteilt, dass bisher insgesamt Renovierungskosten in Höhe von
461,92 EUR entstanden seien. Zugleich hat er um Überweisung des Differenzbetrages gebeten. Hierzu hat der Beklagte mit Schreiben
vom 23.03.2016 auf die Bescheide vom 02.03.2016 und 07.03.2016 verwiesen.
Am 11.09.2017 hat ein Erörterungstermin vor dem Sozialgericht stattgefunden. Hier hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts
erklärt, er habe die neu angemietete Wohnung schon vorher gekannt und daher gewusst, dass er renovieren müsse. Unter anderem
habe er tapezieren und die Heizkörper streichen müssen. Den vorhandenen Laminatboden habe er übernehmen können. Den Schlüssel
für die neue Wohnung habe er am 26.02.2016 bekommen. Ursprünglich sei die Schlüsselübergabe für den 29.02.2016 geplant gewesen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Mit Urteil vom 03.07.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Übernahme der Doppelmiete bestehe nicht.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Doppelmiete sei § 22 Abs. 6 SGB II. Kosten für doppelte Mietzahlungen anlässlich eines Wohnungswechsels (sog. Überschneidungskosten) seien Wohnungsbeschaffungskosten.
Doppelt angefallene Mietkosten anlässlich eines Umzuges seien jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen als Wohnbeschaffungskosten
zu übernehmen. Für die Übernahme einer Doppelmiete reiche es nicht aus, dass der Umzug durch den Beklagten veranlasst worden
sei, denn dies führe nicht automatisch zu einer Doppelmiete. Eine Doppelmiete müsse vielmehr unvermeidbar sein. Dies könne
der Fall sein, wenn es dem Leistungsbezieher nicht möglich gewesen sei, die Kündigungsfrist für die alte Wohnung einzuhalten.
Dies treffe auf den Kläger nicht zu. Der Mietvertrag für die neue Wohnung sei am 05.11.2015 unterschrieben worden. Gemäß §
2 des Mietvertrages für die alte Wohnung habe er diese bis zum dritten Werktag des Monats Dezember 2015 zum 29.02.2016 kündigen
können. Der Kläger habe die Wohnung aber erst zum 31.03.2016 gekündigt und dies auch nach entsprechender Mitteilung in dem
Bescheid vom 23.11.2015 nicht geändert. Die Anmietung beider Wohnungen für einen Monat sei auch nicht aufgrund der angefallenen
Renovierungsarbeiten erforderlich gewesen. Zwar könne auch eine aufwändige Einzugsrenovierung eine Doppelmiete rechtfertigen.
Für die Annahme der Unvermeidbarkeit bedürfe es jedoch besonderer Umstände des Einzelfalles, aufgrund derer die zu beziehende
Wohnung in einem nicht bewohnbaren Zustand sei und die Bewohnbarkeit nicht vor Beginn der Mietvertragszeit hergestellt werden
könne. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger habe die Wohnung, die zuvor von seiner früheren Ehefrau bewohnt
worden sei, bereits vor dem Einzug gekannt. Er habe nur tapezieren und die Heizkörper streichen müssen. Diese Arbeiten hätten
ihn nicht an einem Einzug in die neue Wohnung gehindert. Es habe die Möglichkeit bestanden, die Wohnung zu beziehen und sukzessive
die Räume nacheinander zu tapezieren. So gehe man auch in einer bewohnten Wohnung vor. Im Übrigen habe er den Schlüssel für
die neue Wohnung bereits am 26.02.2016 erhalten.
Gegen das ihm am 16.07.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.08.2018 Berufung eingelegt. Sofern das Sozialgericht meine,
die Renovierung der neuen Wohnung sei auch nach dem Einzug möglich gewesen, könne dem nicht gefolgt werden. Es sei die Komplettrenovierung
der gesamten Wohnung erforderlich gewesen. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen (z.B. Farb- und Leimdämpfe und Nichtbenutzbarkeit
von Türen) hätten ein Bewohnen der Wohnung unzumutbar gemacht. Während der Lacktrocknungszeiten (Heizkörper) und der Tapetentrocknungszeiten
hätte die Wohnung auch nicht beheizt werden können. Er habe von der Vormieterin die Information erhalten, dass diese erst
an den letzten Tagen ihres Mietvertrages ausziehen werde. Zum Zeitpunkt des relevanten Kündigungstermins für die alte Wohnung
sei nicht vorhersehbar gewesen, dass sie dann doch zwei Tage früher ausziehe. Er habe auch nicht davon ausgehen können, seine
alte Wohnung über das Ende des Mietverhältnisses hinaus noch weiter nutzen zu dürfen. Es habe auch keine Verpflichtung bestanden,
eine entsprechende Nachfrage bei dem ehemaligen Vermieter zu stellen. Selbst ein Umzug in eine überhaupt nicht renovierungsbedürftige
Wohnung lasse sich nicht ohne eine Überschneidung der Mietverhältnisse, also quasi in einer "denklogischen Sekunde", durchführen.
In seinem Fall hätte dies bedeutet, dass er am 28.02.2016 seine gesamte Habe aus der alten Wohnung hätte ausräumen müssen,
um sie auf der Straße oder in einem großen Umzugswagen zu lagern. Denn einen Rechtsanspruch zum Betreten der neuen Wohnung
habe erst ab dem 01.03.2016 bestanden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 03.07.2018, zugestellt am 16.07.2018, Az.
S 41 AS 708/16, und Aufhebung des Bescheides vom 23.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 zu verurteilen, ihm Leistungen
nach dem SGB II für den Monat März 2016 in Form von Wohnbeschaffungskosten für die Wohnung im Haus L-Straße 00 in H (Erdgeschoss rechts)
in Höhe von 769,25 EUR (Bruttomiet- und Heizkosten für die Wohnung R-Straße 00) zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Übernahme doppelter Mietaufwendungen sei stets der Ausnahmefall, insbesondere dann, wenn die Kündigungsfrist aus einer
Notsituation nicht eingehalten werden könne. Eine solche Notsituation liege nicht vor. Es sei keine Komplettrenovierung, sondern
nur eine normale Renovierung, die auch bei durchgehend bewohntem Wohnraum regelmäßig anfalle, erforderlich gewesen. Der Kläger
habe am 12.11.2015 die Übernahme der Doppelmiete für März 2016 beantragt. Eine Konkretisierung der Renovierungsarbeiten sei
trotz Bitte des Beklagten nicht erfolgt, obwohl der Kläger im Erörterungstermin am 11.09.2017 selbst angegeben habe, die Wohnung
und den Renovierungsbedarf gekannt zu haben. Eine Bewilligung der Renovierungskosten habe erst am 02.03.2016 nach Inaugenscheinnahme
am 01.03.2016 erfolgen können.
Hierauf hat der Kläger erwidert, auch wenn die Vormieterin der neuen Wohnung seine ehemalige Ehefrau gewesen sei, habe er
den Zustand aller Räume nicht im Detail gekannt. Er sei in der Wohnung nicht ständig ein- und ausgegangen. Er habe lediglich
gewusst, dass eine Renovierung in allen Räumen anstehe.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 29.07.2019 hat der Senat den Kläger um Übersendung eines Nachweises gebeten, dem zu entnehmen
ist, dass die im Rahmen des Berufungsverfahrens geltend gemachten Kosten tatsächlich entstanden sind. Hierzu hat der Kläger
mit Schriftsatz vom 09.01.2020 eine zwischen ihm und seinem ehemaligen Vermieter geschlossene Vereinbarung "Anerkenntnis und
Stundungsvereinbarung" vom 30.11.2019 übersandt, wonach er für März 2016 einen Mietzins in Höhe von 769,25 EUR (Nettomiete/Betriebskosten/Heizkosten)
schuldet. Der ehemalige Vermieter erklärt sich in dieser Vereinbarung mit einer Stundung bis zum Abschluss des sozialgerichtlichen
Rechtsstreits einverstanden.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 12.05.2020 und 14.05.2020 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats
durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem die Beteiligten dazu mit Schriftsätzen vom
12.05.2020 und 14.05.2020 ihr Einverständnis erklärt haben (§§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
2. Die Berufung ist zulässig. Sie ist ohne Zulassung statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR übersteigt
(§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG). Der Klageantrag im sozialgerichtlichen Verfahren, der im Berufungsverfahren weiterverfolgt wird, war auf die Zahlung von
769,25 EUR gerichtet. Zwar könnten Zweifel an der Überschreitung der Wertgrenze des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bestehen, sofern als Anspruchsgrundlage für die Übernahme doppelter Mietzahlungen - hier in Form der Übernahme der im Monat
März 2016 entstandenen Kosten für die alte Wohnung R-Straße 00 - auf § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II abgestellt wird (zu den unterschiedlichen Rechtsauffassungen hinsichtlich der Anspruchsgrundlage sogleich unter 3.). Denn
im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II könnte der Kläger, der im März 2016 eine Bedarfsgemeinschaft mit seinem Sohn S gebildet und die Klage alleine erhoben hat,
nur die auf ihn entfallenden kopfteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 384,63 EUR beanspruchen (zum Kopfteilprinzip
vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 55/06 R -, Rn. 18; Urteil vom 02.12.2014 - B 14 AS 50/13 R -, Rn. 16). Die Wertgrenze von 750 EUR würde dann nicht überschritten. Allerdings sollen in die Berechnung des Wertes des
Beschwerdegegenstandes nur solche Begehren nicht mit eingehen, die ohne erkennbaren Grund verfolgt werden und deshalb darauf
schließen lassen, es würden willkürlich überhöhte Anträge gestellt, um die Berufungs- bzw. Beschwerdefähigkeit herzustellen
(Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.05.2009 - L 9 AS 431/09 -, Rn. 9, juris). Gleiches soll der Fall sein, wenn es sich um einen aus der Luft gegriffenen Betrag handelt, der jeder Grundlage
entbehrt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2016 - L 2 SO 2382/16 NZB). Ein willkürliches Vorgehen in diesem Sinn
kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Denn doppelte Mietkosten werden zumindest teilweise als Wohnungsbeschaffungskosten
im Sinne des § 22 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. SGB II angesehen. Im Rahmen des § 22 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. SGB II dürfte das Kopfteilprinzip nicht von Relevanz sein. Der Kläger war gegenüber seinem ehemaligen Vermieter für den Monat März
2016 zur Zahlung von 769,25 EUR verpflichtet. Vor diesem Hintergrund ist die Geltendmachung dieses Betrages jedenfalls nicht
missbräuchlich.
3. Die Berufung ist allerdings unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 03.07.2018 zu Recht abgewiesen.
Der Kläger ist durch den Bescheid vom 23.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 nicht im Sinne von §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert. Der Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der von ihm für den Monat März 2016
für die Wohnung R-Straße 00 in H zu zahlenden Kosten in Höhe von 769,25 EUR durch den Beklagten. Ein solcher Anspruch ergibt
sich weder aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (dazu unter a.) noch aus § 22 Abs. 6 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. SGB II (dazu unter b.).
a. Auf welche Rechtsgrundlage der Anspruch auf Übernahme doppelter Mietzahlungen anlässlich eines Wohnungswechsels zu stützen
ist, ist in der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt worden. Nach teilweise vertretener Auffassung
sollen doppelte Mietzahlungen Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne des § 22 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. SGB II sein (vgl. etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 31.03.2014 - L 11 AS 1445/10 -, Rn. 18, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.01.2015 - L 19 AS 2274/14 B -, Rn. 12, juris; Sozialgericht (SG) Köln, Urteil vom 24.10.2016 - S 6 AS 4750/14 -, Rn. 22, juris). Nach anderer Ansicht soll allein der Umstand, dass eine Doppelmiete im Zusammenhang mit einem Wohnungswechsel
anfällt, nicht zur Einordnung als Wohnungsbeschaffungskosten führen. Vielmehr sollen die doppelten Mietaufwendungen den Kosten
der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II zuzurechnen sein (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2018 - L 6 AS 2540/16 -, Rn. 32, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.01.2013 - L 34 AS 90/11 -, Rn. 21, juris). Hierzu hat das Bundessozialgericht nunmehr entschieden, dass sich der Leistungsanspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf die Sicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens beziehe und deshalb grundsätzlich nur die Übernahme der Aufwendungen
für die tatsächlich genutzte konkrete Wohnung umfasse, die den aktuellen räumlichen Lebensmittelpunkt bildet und den aktuell
bestehenden Unterkunftsbedarf deckt (BSG, Urteil vom 30.10.2019 - B 14 AS 2/19 R -, Rn. 14). Der aktuell bestehende Unterkunftsbedarf werde grundsätzlich nur durch eine Wohnung gedeckt, so dass die gleichzeitige
Sicherung mehrerer Unterkünfte durch laufende Leistungen existenzsicherungsrechtlich nicht in Betracht komme (BSG, Urteil vom 30.10.2019 - B 14 AS 2/19 R -, Rn. 14). Eine Ausnahmelage könne jedoch für den Monat eines Umzugs von einer alten in eine neue Wohnung bestehen (BSG, Urteil vom 30.10.2019 - B 14 AS 2/19 R -, Rn. 15). Dies gelte unter der Voraussetzung, dass im Umzugsmonat für beide Monate vertragliche Verpflichtungen zu Zahlungen
für Unterkunft und Heizung bestehen, sog. Doppelmiete bzw. Überschneidungskosten (dazu unter aa.), und beide Wohnungen tatsächlich
genutzt werden (dazu unter bb.). Sei dies der Fall, könnten die Aufwendungen für beide Wohnungen als Bedarfe für Unterkunft
und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzuerkennen sein, wenn neben der abstrakten Angemessenheit der jeweiligen Aufwendungen (dazu unter cc.) die zeitliche Überschneidung
sowohl der vertraglichen Verpflichtungen als auch der tatsächlichen Nutzung im Einzelfall nicht vermeidbar sei und die Bedarfe
sich in diesem Einzelfall deshalb auch als konkret angemessen darstellen würden (dazu unter dd.). Der erkennende Senat schließt
sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung nach eigener Prüfung an.
Diese kumulativen Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der von dem Kläger gemachte Anspruch kann daher nicht erfolgreich
auf § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gestützt werden.
aa) Für März 2016 bestanden vertragliche Verpflichtungen des Klägers zu Zahlungen für Unterkunft und Heizung für zwei Wohnungen.
Die alte Wohnung R-Straße 00 hat der Kläger erst zum 31.03.2016 gekündigt. Der im Berufungsverfahren übereichten Anerkenntnis-
und Stundungsvereinbarung vom 30.11.2015 zwischen dem Kläger und seinem ehemaligen Vermieter ist zu entnehmen, dass der Kläger
für März 2016 für die Wohnung R-Straße insgesamt 769,25 EUR schuldete. Zugleich bestand im März 2016 eine mietvertragliche
Verpflichtung in Höhe von 324,48 EUR gegenüber dem Vermieter der neuen Wohnung L-Straße 00. Denn das dortige Mietverhältnis
begann ausweislich des Mietvertrages vom 05.11.2015 am 01.03.2016. Hinzu kamen monatliche Heizkosten in Höhe von 60 EUR.
bb) Im März 2016 wurden sowohl die alte als auch die neue Wohnung tatsächlich genutzt. Der Umzug von der Wohnung R-Straße
00 in die Wohnung L-Straße 00 hat am 12.03.2016 stattgefunden.
cc) Allerdings dürften die Aufwendungen für die alte Wohnung R-Straße 00 für März 2016 in Höhe von 769,25 EUR nicht abstrakt
angemessen gewesen sein. Die Wohnung wurde bis zum Umzug am 12.03.2016 von dem Kläger und seinem Sohn S bewohnt. Legt man
die aktuellen Tabellenwerte der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 WoGG zugrunde, ergibt sich für einen Zwei-Personen-Haushalt in H (Mietstufe 2) eine Bruttokaltmiete von 461 EUR. Zuzüglich eines
Sicherheitszuschlages von 10% ergibt dies eine absolute Obergrenze für die Bruttokaltmiete in Höhe von 507,10 EUR. Für die
Wohnung R-Straße 00 hatte der Kläger im März 2016 tatsächlich eine Bruttokaltmiete von 657,25 EUR zu entrichten. Der Kläger
war mit Kostensenkungsaufforderung vom 19.08.2015 auch darauf hingewiesen worden, dass die tatsächlichen Kosten nur noch bis
einschließlich Februar 2016 übernommen werden können.
dd) Die Angemessenheit der Aufwendungen kann aber dahinstehen. Denn die zeitliche Überschneidung sowohl der vertraglichen
Verpflichtungen als auch der tatsächlichen Nutzung für die Wohnungen R-Straße 00 und L-Straße 00 war nicht unvermeidbar.
In mietrechtlicher Hinsicht hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, die Entstehung einer Doppelmiete für März 2016 zu vermeiden.
Gemäß §
2 des Mietvertrages i.V.m. §
573c Abs.
1 Satz 1
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) hätte er die Wohnung R-Straße 00 bis einschließlich zum 03.12.2015 zum 29.02.2016 kündigen können, mit der Folge, dass eine
doppelte Mietzahlung für März 2016 nicht angefallen wäre.
Der Kläger hätte die Wohnung L-Straße 00 gemeinsam mit seinem Sohn S trotz der zu leistenden Renovierungsarbeiten auch zum
01.03.2016 beziehen können. Es lagen keine konkreten Umstände vor, aufgrund derer es nicht zumutbar möglich war, die tatsächliche
Nutzung beider Wohnungen im Umzugsmonat März 2016 zu unterlassen (vgl. hierzu Bender, NZS 2020, S. 192). Zu diesen Umständen zählen neben den individuellen Mietverhältnissen unter anderem die konkreten Verhältnisse auf dem örtlichen
Wohnungsmarkt, die persönlichen Lebensverhältnisse des Leistungsberechtigten (z.B. Alleinerziehung, Gesundheitszustand, soziale
Schwierigkeiten) und deren Unterstützung durch das Jobcenter beim Wohnungswechsel (BSG, Urteil vom 30.10.2019 - B 14 AS 2/19-, Rn. 19; dazu Bender, NZS 2020, S. 192).
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Renovierungsbedarf in der neuen Wohnung überschaubar war. Der Kläger hat
im Erörterungstermin am 11.09.2017 erklärt, dass er unter anderem tapezieren und die Heizkörper streichen musste. Den vorhandenen
Laminatboden habe er von der Vormieterin - seiner ehemaligen Ehefrau - übernehmen können. Dem Bericht des Außendienstes des
Beklagten vom 01.03.2016 ist ebenfalls kein erheblicher Renovierungsbedarf zu entnehmen. Gestrichen werden mussten demnach
das Bad, drei Heizkörper und die Türen. Für das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, die Küche und die Diele wurden die vorgesehenen
Renovierungspauschalen als ausreichend erachtet. Auch das Verhalten des Klägers spricht insoweit gegen einen erheblichen Renovierungsbedarf.
Mit Bescheiden vom 02.03.2016 und 07.03.2016 hat der Beklagte Renovierungsbeihilfen von 189,70 EUR und 171,45 EUR bewilligt.
Zwar hat der Kläger mit Schreiben vom 16.03.2016 noch einen Differenzbetrag als weitere Renovierungskosten geltend gemacht.
Insoweit fällt jedoch auf, dass sich in der entsprechenden Auflistung des Klägers teilweise Positionen finden, die nicht die
Renovierung im engeren Sinne betreffen (z.B. Fahrtkosten, Schlüsseldienst, Entsorgung). Die Bescheide vom 02.03.2016 und 07.03.2016
hat der Kläger auch nicht mit Widersprüchen angegriffen. Die von dem Beklagten bewilligten Pauschalen in Höhe von insgesamt
361,15 EUR waren somit offensichtlich ausreichend, um die erforderlichen Renovierungsarbeiten durchzuführen. Dies spricht
für einen eher moderaten Umfang der zu leistenden Renovierungsarbeiten. Sofern im Berufungsverfahren sodann die Notwendigkeit
einer Komplettrenovierung der Wohnung behauptet wurde, überzeugt dies den Senat mithin nicht.
Die beiden Söhne des Klägers T und S waren zum Zeitpunkt des Umzugs am 12.03.2016 23 bzw. 19 Jahre alt, wobei S sowohl die
alte als auch die neue Wohnung gemeinsam mit dem Kläger bewohnt hat. Es kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte unterstellt
werden, dass der Kläger bei der Renovierung auf die Unterstützung seiner erwachsenen Söhne zurückgreifen konnte. Renovierungsarbeiten
wie Tapezieren, Streichen von Heizkörpern oder das Anbringen von Sockel- und Randleisten konnten durchgeführt werden, während
die Wohnung bereits bewohnt wurde. Sie standen einem Umzug zum 01.03.2016 nicht entgegen. Entsprechende Renovierungsarbeiten
müssen auch von anderen Mietern unabhängig von einem Umzug regelmäßig durchgeführt werden. Auch diese Mieter verbleiben regelmäßig
in ihren Wohnungen, während die Arbeiten durchgeführt werden. Das Einatmen von Dämpfen kann dadurch verhindert werden, dass
die Arbeiten zeitlich nacheinander, d.h. Raum für Raum erledigt werden und - sollte das Schlafzimmer betroffen sein - der
Schlafplatz kurzzeitig in einen anderen Raum verlegt wird. Gesundheitliche Einschränkungen, die die Durchführung des Umzugs
ggf. hätten erschweren können, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht vorgetragen und sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Im Übrigen hat er im Erörterungstermin am 11.09.2017 angegeben, die Schlüssel für die Wohnung L-Straße 00 letztlich doch bereits
am 26.02.2016 erhalten zu haben. Mit ersten Renovierungsarbeiten bzw. jedenfalls mit Vorbereitungsarbeiten konnte daher schon
vor Beginn des Mietvertrages am 01.03.2016 begonnen werden. Den pauschalen Einwand des Klägers, ein Umzug sie niemals ohne
eine Überschneidung des alten und des neuen Mietverhältnisses möglich, hält der Senat für nicht überzeugend; denn es kommt
immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Es entspricht zudem der allgemeinen Lebenserfahrung, dass im Falle eines
Umzugs der zeitliche Ablauf unter den Beteiligten abgesprochen wird (Mieter und Vormieter der neu zu beziehenden Wohnung,
alter Vermieter, neuer Vermieter). Nach Unterzeichnung des Mietvertrages für die Wohnung L-Straße 00 am 05.11.2015 hatte der
Kläger fast einen Monat Zeit, die Möglichkeiten für einen nahtlosen Umzug von der alten in die neue Wohnung zum 01.03.2016
auszuloten. Denn bis zum 03.12.2015 hätte er das Mietverhältnis für die Wohnung R-Straße 00 noch zum 29.02.2016 kündigen können.
Der Kläger hat jedoch weder das Gespräch mit seinem alten Vermieter noch mit der Vormieterin in der neuen Wohnung - seiner
ehemaligen Ehefrau - gesucht, um ggf. Absprachen hinsichtlich der konkreten Durchführung des Umzugs zu treffen. Vielmehr hat
er bereits am 12.11.2015 die Übernahme der Doppelmiete beantragt. Dies lässt erkennen, dass er von vornherein auf die Übernahme
der doppelten Miete für März 2016 vertraut hat, ohne selbst überhaupt Anstrengungen zu entfalten, deren Entstehung zu verhindern.
b) Der Kläger kann einen Anspruch schließlich nicht auf § 22 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. SGB II stützen. Nach dieser Vorschrift können unter anderem Wohnungsbeschaffungskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis
zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Zwar sollen die Regelungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II und des § 22 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. SGB II hinsichtlich der Unterkunftsbedarfe in Umzugssituationen nicht in einem Entweder-Oder-Verhältnis (BSG, Urteil vom 30.10.2019 - B 14 AS 2/19 R -, Rn. 17; vgl. hierzu auch Bender, NZS 2020, S. 192) stehen. Eine Übernahme der Kosten für die zweite Wohnung soll daher grundsätzlich im Rahmen des § 22 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. 1 SGB II in Betracht kommen können (BSG, Urteil vom 30.10.2019 - B 14 AS 2/19 R -, Rn. 24, juris). Unter den Begriff der Wohnungsbeschaffungskosten fallen allerdings nur solche Aufwendungen, die mit
dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R -, Rn. 13, zu der Vorgängervorschrift des § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F.). Der Senat versteht dies - unabhängig von dem Erfordernis der vorherigen Zusicherung - so, dass die entsprechenden
Aufwendungen jedenfalls erforderlich gewesen sein müssen, um die neue Wohnung anmieten zu können. Dies ist in Bezug auf die
in Rede stehenden Wohnkosten für den Monat März 2016 für die Wohnung R-Straße 00 nicht der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen
zur Vermeidbarkeit dieser Aufwendungen Bezug genommen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
5. Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.