Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahren gemäß §
7a Abs.
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) die Versicherungspflicht des Klägers zu 1) ab dem 01.12.2013 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der
Klägerin zu 2) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Der 1958 geborene Kläger zu 1) und Herr S gründeten mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag (GesV) vom 23.10.2013
und Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichtes T (HRB 000) am 06.12.2013 die Klägerin zu 2), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), mit dem Unternehmensgegenstand
Maschinenbau, insbesondere der Fertigung und Veräußerung von Windsichtern und Dosierbunkern, sowie der Vornahme aller Geschäfte,
die dem Gesellschaftszweck dienen oder ihn zu fördern geeignet sind, § 2 GesV. Zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2) wurde
der Kläger zu 1) bestellt.
Nach § 3 GesV sind im Streitzeitraum am Stammkapital in Höhe von 25.000 EUR der Kläger zu 1) mit einem Anteil von 22.500 EUR
(lfd. Nrn. 26-250; 90%) und Herr S mit einem Anteil in Höhe von 2.500 EUR (lfd. Nrn. 1-25; 10%) beteiligt. Die Beschlussfassung
innerhalb der Gesellschaft erfolgt mit einfacher Mehrheit aller Stimmen, wobei das Stimmrecht einheitlich nach den Nennbeträgen
der Geschäftsanteile ausgeübt wird, § 9 Abs. 2 HS. 1, 4 GesV. Nach § 9 Abs. 3 GesV beschließt die Gesellschafterversammlung
auch über die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern mit einfacher Mehrheit. Die Änderung des Gesellschaftsvertrages
bedarf einer Mehrheit von 75%, § 9 Abs. 2 HS. 1 GesV. Auf den Inhalt des GesV im Übrigen wird Bezug genommen. Eine Geschäftsordnung
wurde nicht verabschiedet.
Ebenfalls am 23.10.2013 schlossen die beiden Gesellschafter der Klägerin zu 2) - der Kläger zu 1) als Treuhänder - sowie des
Weiteren Herr L L und Herr C X, beide jeweils als Treugeber, einen gleichfalls notariell beurkundeten Treuhandvertrag, welcher
nachfolgend in Auszügen seinem tatsächlichem Wortlaut gemäß wiedergegeben wird:
"I. Vorbemerkungen
[ ...]. 2. Herr L L (nachfolgend "der Treugeber") ist bereit, von dem Treuhänder die Geschäftsanteile mit den lfd. Nrn. 26-175
im Nennbetrag von 15.000 EUR an der Gesellschaft (nachfolgend der "Geschäftsanteil") zu erwerben.
Herr C X (nachfolgend "der Treugeber") ist bereit, von dem Treuhänder die Geschäftsanteile mit den lfd. Nrn. 176-225 im Nennbetrag
von 5.000 EUR an der Gesellschaft (nachfolgend der "Geschäftsanteil") zu erwerben.
Der Treugeber soll jedoch zunächst lediglich wirtschaftlicher Eigentümer des jeweiligen Geschäftsanteils werden, rechtlicher
Eigentümer des jeweiligen Geschäftsanteils soll weiterhin jeder Treuhänder bleiben, der diese treuhänderisch für den Treugeber
verwalten soll. [ ...].
II. Angebot und Abtretung; Übernahme der Treuhandschaft
1. Der Treuhänder bietet hiermit die Geschäftsanteile mit den lfd. Nrn. 26 - 175 im Nennbetrag von 15.000 EUR und die Geschäftsanteile
mit den lfd. Nrn. 176-225 im Nennbetrag von 5.000 EUR mit allen Gewinnbezugsrechten für noch nicht zur Ausschüttung beschlossene
Gewinne und allen sonstigen Nebenrechten an den dies annehmenden Treugeber zu den nachfolgenden Bedingungen an und tritt diese
aufschiebend bedingt auf die vollständige Zahlung des Kaufpreises (ohne Verzugszinsen) und die Beendigung des Treuhandvertrages
an den dies annehmenden Treugeber ab.
2. Als Gegenleistung erstatten Herr L L und Herr C X Herrn G L die von diesem geleisteten Einlagen. [ ...].
5. Der Treuhänder hält die Geschäftsanteile ab heutigem Tage treuhänderisch für den Treugeber auf dessen Rechnung und Gefahr.
III. Zurechnung der Beteiligung; Abtretung vermögensrechtliche Ansprüche 1. Im Außenverhältnis ist lediglich der Treuhänder
zivilrechtlicher Inhaber des Geschäftsanteils; im Innenverhältnis und wirtschaftlich ist der Geschäftsanteil dem Treugeber
zuzurechnen. Steuerrechtlich wird der Geschäftsanteil den Treugeber als wirtschaftlichem Eigentümer zugerechnet.
2. Der Treuhänder tritt alle seine vermögensrechtlichen, auch zukünftigen, Ansprüche gegen die Gesellschaft, insbesondere
auf Gewinnausschüttung, Auseinandersetzungsguthaben und Liquidationserlös bereits jetzt an den Treugeber ab, der diese Abtretung
annimmt.
3. Der Treuhänder darf über den Geschäftsanteil des Treugebers nur nach vorheriger Zustimmung des Treugebers verfügen.
IV. Pflichten des Treuhänders
1. Der Treuhänder ist verpflichtet, alles, was er aufgrund dieses Treuhandverhältnis erlangt hat, an den Treugeber herauszugeben,
sofern er es nicht einvernehmlich für den Treugeber verwaltet oder ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist.
2. Der Treuhänder ist verpflichtet, die Rechte und Pflichten des Treugebers in Bezug auf den Geschäftsanteil nach dessen Anweisung
auszuüben bzw. zu erfüllen, soweit ihr dies nach Gesetz, Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft oder nach den sonstigen Vereinbarungen,
die der Treuhänder mit Zustimmung des Treugebers abgeschlossen hat, möglich ist. Vor der Ausübung von Rechten aus dem Geschäftsanteil
holt der Treuhänder die vorherige schriftliche Weisung des Treugebers ein. Ist die Einholung einer vorherigen Weisung nicht
möglich oder eine Weisung nicht erfolgt, so holt der Treuhänder die nachträgliche schriftliche Genehmigung des Treugebers
ein. Falls dem Treuhänder keine Weisungen erteilt werden sollten, hat der Treuhänder im Interesse des Treugebers unter Beachtung
seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft zu handeln.
[ ...].
V. Pflichten des Treugebers [ ...].
VI. Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung, Änderung der Rechtsform [ ...].
VII. Annahme, Kündigung, Beendigung des Treuhandverhältnis
1. Der Treugeber kann das unter II Ziff. 1 erklärte Angebot jederzeit annehmen.
2. Das Treuhandverhältnis kann ferner vom Treugeber durch schriftliche Erklärung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist mit
sofortiger Wirkung gekündigt werden, wenn
a) bis d) [ ...]
e) ein sonstiger wichtiger Grund vorliegt, der dem Treugeber die Fortsetzung des Treuhandverhältnis unzumutbar macht. Das
Treuhandverhältnis endet ohne weiteres sofort, wenn der Treuhänderin ohne schriftliche Zustimmung des Treugebers zu notarieller
Niederschrift die Absetzung des Geschäftsanteils erklärt oder sonst wie über den Geschäftsanteil verfügt.
VIII. Übertragungsbeschränkung [ ...]
IX. Salvatorische Klausel [ ...]
X. Kosten [ ...]
III. Notarielle Hinweise [ ...]"
Im Folgenden schlossen der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) am 01.12.2013 zwei Darlehensverträge. In diesen gewährte der
Kläger zu 1) als Darlehensgeber der Klägerin zu 2) als Darlehensnehmerin zunächst ein Darlehen in Höhe von 23.000,00 EUR für
die Finanzierung des Kaufpreises des Unternehmens J S GmbH. Zum anderen gewährte der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2) ein Darlehen
in Höhe von 20.000,00 EUR, welches der Finanzierung der Betriebsmittel der Klägerin zu 2) dienen sollte. Beide Darlehen sind
ausweislich der jeweils in § 4 der Darlehensverträge enthaltenen Regelung ab dem 01.01.2014 mit einem festen Zinssatz von
jährlich 3,75% (bzgl. des Darlehens i.H.v. 20.000,00 EUR befristet auf die ersten fünf Jahre) zu verzinsen. Im Übrigen wird
auf den Inhalt der Darlehnsverträge Bezug genommen.
Am 06.12.2013 mit Wirkung zum 01.12.2013 schlossen die Klägerin zu 2) und der Kläger zu 1) mit genehmigendem Beschluss der
Gesellschafterversammlung einen Dienstvertrag, in welchem es u.a. wörtlich heißt:
"§ 1 Aufgaben und Vertretungsverhältnisse
1. Herr G L soll zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt werden. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich
und außergerichtlich.
2. Er ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft allein zu vertreten.
3. Er ist stets einzeln zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt und von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit.
4. Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit weitere Geschäftsführer bestellen. Es steht der Gesellschafterversammlung
frei, die Geschäftsführungs- und Vertretungsverhältnisse im Rahmen der Gesetze nach ihrem Ermessen jederzeit neu zu ordnen.
5. Der Geschäftsführer führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung, dieses Vertrages, den Gesellschafterbeschlüssen
und den von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen sowie der von ihr verabschiedeten Geschäftsordnung.
6. Der Geschäftsführer bedarf für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft
hinausgehen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Hierzu zählen insbesondere:
[Aufzählung 13 zustimmungspflichtiger Geschäfte - Hinzufügung diesseits].
7. Der Geschäftsführer hat jährlich eine Planung für das kommende Geschäftsjahr sowie jeweils fortschreitend für die nächsten
3 Jahre aufzustellen und der Gesellschafterversammlung spätestens einen Monat vor Beginn des neuen Geschäftsjahres zur Zustimmung
vorzulegen. [ ...]
§ 2 Umfang der Geschäftsführungsbefugnis 1. Der Geschäftsführer wird sein Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns
führen und die ihm durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag und diesem Vertrag obliegenden Pflichten genau und gewissenhaft erfüllen.
2. Er hat insbesondere die sich aus der Satzung ergebenden Beschränkungen seiner Geschäftsführungsbefugnis zu beachten und
die nach dem jeweils gültigen Katalog der einwilligungsbedürftigen Geschäfte erforderliche vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung
einzuholen. Die Gesellschaft verpflichtet sich dem Geschäftsführer die jeweils gültige Satzung zur Verfügung zu stellen. [
...].
§ 3 Grundgehalt
1. Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält der Geschäftsführer ein jährliches Gehalt in Höhe von Euro 72.000 [ ...] brutto,
zahlbar in 12 Monatsgehältern jeweils am Ende eines Kalendermonats.
2. Die Gesellschaft behält von den dem Geschäftsführer zustehenden finanziellen Leistungen entsprechend den steuerlichen oder
sozialversicherungsrechtlichen Gesetzen Lohnsteuer und Sozialabgaben ein und führt diese an die zuständigen Stellen ab.
§ 4 Verschwiegenheitsverpflichtung [ ...]
§ 5 Gehaltsfortzahlung bei Krankheit [ ...]
§ 6 Firmenwagen, Reisekostenvergütung [ ...]
§ 7 Jahresurlaub [ ...]
§ 8 Nebentätigkeit [ ...]
§ 9 Geheimhaltung [ ...]
§ 10 Vertragsdauer, Kündigung [ ...]
§ 11 Residenzpflicht
1. Der Geschäftsführer hat seine Leistung am Sitz der Gesellschaft zu erbringen.
2 Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft und alle Fähigkeiten und Kenntnisse in den Dienst der Gesellschaft zu stellen.
3. An eine bestimmte Arbeitszeit ist der Geschäftsführer nicht gebunden. Der Geschäftsführer hat jedoch seine Dienstleistung
im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse jederzeit zur Verfügung zu stellen und in der Regel eine Kernzeit von 7:00 Uhr bis
17:00 Uhr einzuhalten.
§ 12 Dienst- und freie Erfindungen [ ...]
§ 13 Wettbewerbsverbot [ ...]
§ 14 Haftung des Geschäftsführers [ ...]
§ 15 Versicherungen [ ...]
§ 16 Schlussbestimmungen [ ...]."
Die für den Prüfzeitraum vom 01.12.2013 bis 31.12.2016 durch die Beklagte als prüfenden Rentenversicherungsträger durchgeführte
stichprobenartige Betriebsprüfung führte zu keinen Feststellungen (Prüfmitteilung v. 07.08.2017).
Am 03.03.2014 stellten die Kläger einen Antrag auf Durchführung eines Statusfeststellungsverfahren nach §
7a Abs.
1 SGB IV bei der Beklagten. Die Beklagte hörte sie im Zuge dessen zu dem beabsichtigten Erlass eines Bescheides über das Vorliegen
einer versicherungsfreien Tätigkeit des Klägers zu 1) bei der Klägerin zu 2) an (Schreiben v. 18.03.2014). Darauf verwiesen
die Kläger darauf, dass der Kläger zu 1) 80% seiner Geschäftsanteile an dem Gesellschaftsvermögen der Klägerin zu 2) nur treuhänderisch
halte. Insoweit sei er an den Treuhandvertrag gebunden und unterliege den umfangreichen Weisungsbefugnissen der Treugeber
(Schreiben v. 16.04.2014). Letztlich sei er nicht selbständig tätig. Stattdessen bestehe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
zu der Klägerin zu 2).
Mit Bescheiden vom 07.05.2014 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger zu 1) in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer
bei der Klägerin zu 2) seit dem 01.12.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und
in dieser Tätigkeit keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestehe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger zu 1) zu 90% am Stammkapital der Klägerin zu 2) beteiligt
sei. Das Stimmrecht der einzelnen Gesellschafter richtet sich nach der Höhe ihrer Gesellschaftsanteile. Zudem sei der Kläger
zu 1) einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot des §
181 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) befreit. Dem Umstand, dass ein Treuhänder im Innenverhältnis durch den Treuhandvertrag gebunden sei, komme in sozialversicherungsrechtlicher
Hinsicht keine rechtliche Bedeutung zu. Die Abhängigkeit sei rein schuldrechtlicher Natur und betreffe ausschließlich das
Verhältnis zum Treugeber, nicht jedoch zur Gesellschaft.
Dagegen legten die Kläger am 21.05.2014 Widerspruch ein. Unter Verweis auf ihr Vorbringen im Anhörungsverfahren erläuterten
sie ergänzend, dass die Ausführungen der Beklagten zur Unerheblichkeit schuldrechtlicher Vereinbarungen in Gestalt eines Treuhandvertrages
nicht nachvollziehbar seien. Die dadurch begründete Abhängigkeit des Treuhänders gelte letztlich nicht nur gegenüber den Treugebern,
sondern habe unmittelbare Bedeutung auch und gerade im Verhältnis des Treuhänders zur Gesellschaft, da er insoweit wirksam
nur im Sinne des Treugebers handeln könne.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 19.11.2014 als unbegründet zurück. Auf die Begründung wird
Bezug genommen.
Dagegen haben die Kläger sich am 18.12.2014 mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Münster gewandt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen. Zur Begründung haben sie die Stellung des Klägers zu 1) als Geschäftsführer
und Gesellschafter der Klägerin zu 2) hervorgehoben und auf den zwischen ihnen geschlossenen Dienstvertrag sowie den Treuhandvertrag
verwiesen. Aus Letzterem folge, dass der Kläger zu 1) am Gesellschaftsvermögen der Klägerin zu 2) lediglich mit 10% beteiligt
sei und er als Treuhänder die Rechte und Pflichten der jeweiligen Treugeber in Bezug auf die treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile
ausdrücklich nur nach Weisung ausüben dürfe. Insoweit sei die rechtliche Auffassung der Beklagten nicht nachvollziehbar, dass
der Kläger zu 1) - gerade als Treuhänder - umfassend und unabhängig über die Geschäftsanteile verfügen könne. Im Übrigen sei
der Kläger zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) bereits durch den Dienstvertrag beschränkt, da er lediglich zu Handlungen
berechtigt sei, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringe.
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 07.05.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.11.2014 zu verurteilen,
festzustellen, dass der Kläger zu 1) seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2) seit dem 01.12.2013
im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Bescheide verwiesen. Das klägerische Vorbringen sei bekannt und bei den Entscheidungen berücksichtigt worden.
Im Übrigen ergebe sich aus dem im Klageverfahren vorgelegten Dienstvertrag keine abweichende Beurteilung, da nach wie vor
die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit überwögen. Ausdrücklich sei auf das Verbandsrundschreiben vom 08.12.2000 zu
verweisen, nach welchem ein Treuhandvertrag grundsätzlich nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung führe, da keine
Abhängigkeit des Treuhänders zur Gesellschaft, sondern lediglich zum Treugeber bestehe.
Die durch das SG mit Beschlüssen vom 19.02.2016 und 01.04.2016 am Verfahren beteiligten Beigeladenen zu 1) bis 3) haben keinen Antrag gestellt.
Nachdem das SG im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.08.2016 zunächst die Kläger angehört hat und die Beteiligten sodann einen Vergleich
auf Widerruf geschlossen haben, der in der Folge durch die Beklagte widerrufen worden ist, hat das SG im Einverständnis der Beteiligten mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 14.09.2017 unter Abänderung der streitigen Bescheide
festgestellt, dass für die Tätigkeit des Klägers zu 1) als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2) in der Zeit
seit dem 01.12.2013 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestehe. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 19.02.2018 zugestellte Urteil hat sich die Beklagte am 01.03.2018 mit der Berufung gewandt. Zur Begründung
verweist sie darauf, dass der geschlossene Treuhandvertrag lediglich schuldrechtliche Bindung erzeuge. Der gegenteiligen Ansicht
des SG, wonach der Treuhandvertrag eine aufschiebend bedingte Übereignung der treuhänderisch verwalteten Geschäftsanteile beinhalte,
die der Kläger zu 1) nicht habe verhindern können, werde nicht gefolgt. Mit dem Übertragungsangebot der Geschäftsanteile sei
noch keine Änderung des Gesellschaftsvertrages eingetreten. Es sei lediglich eine Erwerbsoption geschaffen worden. Insofern
bleibe der Kläger zu 1) bis zur Erfüllung der Bedingung rechtlich Anteilsinhaber. Auch die übrigen Regelungen des Treuhandvertrages
hinderten den Kläger zu 1) nicht daran, selbst in der Gesellschafterversammlung abzustimmen bzw. die ihm Kraft seines Geschäftsanteils
in Höhe von 90% zustehenden Stimmrechte frei auszuüben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14.09.2017 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie halten das Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat Unterlagen aus dem Handelsregister beigezogen und eine unterzeichnete Version des Dienstvertrages angefordert.
Als Nachweis für die Annahme des Angebots gemäß Ziff. II. 1 des Treuhandvertrages haben die Kläger auf die Freistellung des
Klägers zu 1) in Bezug auf die Einlagengewährung für die treuhänderisch gehaltenen Anteile am Stammkapital verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte
der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen
Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die am 01.03.2018 schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 19.02.2018 zugestellte Urteil ohne mündliche
Verhandlung des Sozialgerichtes Münster vom 14.09.2017 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) sowie form- und fristgerecht erhoben worden (§§
151 Abs.
1,
3,
64, 63
SGG).
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Die gegen die Bescheide vom 07.05.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.11.2014 erhobenen Klagen sind als kombinierte
Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§
54 Abs.
1 Alt. 1, 55 Abs.
1 Nr.
1,
56 SGG) für das Rechtsschutzbegehren (§
123 SGG) statthaft sowie fristgerecht (§§
87 Abs.
1 Satz 1,
90, 64, 63
SGG) erhoben und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt der Klägerin zu 2) weder die Klagebefugnis noch das Feststellungsinteresse.
Zwar wird die Klägerin zu 2) letztlich durch die seitens der Beklagten festgestellten mangelnden Versicherungspflicht von
der - in diesem Verfahren nicht streitigen - Beitragsentrichtung für den Kläger zu 1) freigestellt. Jedoch richtet sich das
Interesse der Vertragsparteien beim Verfahren nach §
7a SGB IV in erster Linie auf eine "richtige" Entscheidung. Mit dem Vortrag, die Beklagte habe eine unzutreffende Statusbeurteilung
im Sinne einer versicherungsfreien selbstständigen Tätigkeit vorgenommen, kann daher auch die Klägerin zu 2) sowohl mit ihrem
Anfechtungs- als auch ihrem Feststellungsantrag eine Klagebefugnis als auch ein Rechtsschutzinteresse darlegen.
Die Klagen sind jedoch unbegründet. Die in der Berufungsinstanz noch im Streit stehenden angefochtenen Feststellungen beschweren
die Kläger nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG, weil sie sich nicht als rechtswidrig erweisen. Die Beklagte hat im Rahmen des §
7a Abs.
1 SGB IV formell (hierzu I.) und materiell (hierzu II.) rechtmäßig festgestellt, dass der Kläger zu 1) in der Zeit ab dem 01.12.2013
in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
I. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§
7a Abs.
4 SGB IV i.V.m. §
24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) der Kläger (Schreiben v. 18.03.2014) ergangene Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig.
So war die Beklagte abweichend von §
28h Abs.
2 SGB IV für die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers zu 1) im Rahmen der Statusfeststellung nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV zuständig (§
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im maßgeblichen Zeitpunkt ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht
des Klägers zu 1) in der streitigen Auftragsbeziehung als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) mit der Folge einer nach §
7a Abs.
1 Satz 1 a.E.
SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet. Dabei sperrt insbesondere nicht das Betriebsprüfungsverfahren die Zuständigkeit
der Beklagten. Im Rahmen seiner stichprobeartigen Prüfung hat der prüfende Rentenversicherungsträger keine positiven Feststellungen
zum Vertragsverhältnis zwischen den Klägern getroffen.
II. Die streitgegenständlichen Bescheide in ihrer jetzigen Fassung sind auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend
festgestellt, dass der Kläger zu 1) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) ab dem 01.12.2013 nicht der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
1. Der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt
sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Der Kläger ist nicht in der Zeit ab dem 01.12.2013 bei der Klägerin zu 2) gegen Entgelt (§
14 SGB IV) beschäftigt gewesen. Fehlen - wie im vorliegenden Fall - in Bindungswirkung erwachsene (§
77 SGG) behördliche Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status in einer konkreten Auftragsbeziehung, beurteilt sich
das Vorliegen einer Beschäftigung nach §
7 Abs.
1 SGB IV.
a) Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil v. 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 35; Urteil v. 16.08.2017, B 12 KR 14/16 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 31; Urteil v. 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v.30.04.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger
Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt,
in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar,
d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 23.05.2017, B 12 KR 9/16 R, SozR 4-2400 § 26 Nr. 4).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den
Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen,
ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.07.2015, a.a.O.).
Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24), und zwar ungeachtet der konkreten Bezeichnung des der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden
Vertrags. Eine abhängige Beschäftigung von Geschäftsführern ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung
einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten. Diese Regelung beschränkt sich auf das ArbGG und hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht. Der Zugehörigkeit zu den Beschäftigten der juristischen Person
steht auch nicht entgegen, dass Geschäftsführer im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen
(BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O.; Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).
Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang
der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches
Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Selbstständig ist nur derjenige Geschäftsführer,
der über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung
die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr
als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit
als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger
anzusehen, wenn er exakt 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem
Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität
eingeräumt ist. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche
Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 27; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.06.2016, B 12 R 5/14 R, juris).
Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die
Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung
verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende Vereinbarungen
über die Ausübung von Stimmrechten, wirtschaftliche Verflechtungen oder tatsächliche Einflüsse kraft familiärer Verbundenheit
oder überlegenen Wissens ("Kopf und Seele") sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag
ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben, weil sie nicht dem Grundsatz
der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände genügen (BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O. mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Kläger zu 1) im Streitzeitraum für die Klägerin zu 2) nicht im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden.
aa) Der Kläger zu 1) besitzt seit dem 01.12.2013 eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzt,
eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm unter Umständen unangenehme Weisungen, jederzeit zu verhindern.
Er unterliegt damit nicht nach §§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Klägerin zu 2). Er hat stattdessen ein maßgebender Einfluss auf sie,
da er einen Anteil von 90% am Stammkapital der Klägerin zu 2) hält. Aufgrund dessen ist er auch noch nicht in eine von fremder
Hand, nämlich derjenigen des Weisungsgebers, vorgegebenen Arbeitsorganisation eingegliedert, sondern er wird in einer Arbeitsorganisation
tätig, deren Ausgestaltung er kraft seiner Stellung als Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer maßgeblich selbst bestimmt.
bb) Hieran ändert der notariell beurkundete und damit nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG formwirksame Treuhandvertrag vom 23.10.2013 nichts.
(1) Ein Treuhandverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögenswerte überträgt bzw. belässt,
ihn aber in Ausübung des sich hieraus ergebenden Außenverhältnisses (des Treuhänders zu Dritten) ergebenden Rechtsmacht im
Innenverhältnis (Treuhänder zu Treugeber) nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (Bundesgerichtshof
[BGH], Urteil v. 11.10.1976, II ZR 119/75, BB 1977, 10 ff; BSG, Urteil v. 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R; Herrler, in Palandt, Kommentar zum
BGB, 78. Aufl. 2019, §
903 Rdnr. 33, und Bundesfinanzhof [BFH], Urteil v. 20.01.1999, I R 69/97, juris). Aufgrund des Treuhandverhältnisses ist jedoch allein der Treuhänder, mithin hier der Kläger zu 1), vollberechtigter
und vollverpflichteter Gesellschafter, dem alle Mitgliedschaftsrechte aus dem Geschäftsanteil zustehen und den alle Pflichten
aus dem Geschäftsanteil treffen (Seibt, in: Scholz [Hrsg.], GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 15 Rdnr. 228 m.w.N.; Görner, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl. 2017, § 15 Rdnr. 70).
(2) Allerdings hat das BSG in einem Fall, in dem sich der Treugeber sich auf der Grundlage einer - vom BSG seinerzeit für zulässig erachteten - unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht die Ausübung des Stimmrechts persönlich vorbehalten
hat, einen maßgebenden Einfluss des Treuhänders auf die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung nicht für gegeben
erachtet und daher eine abhängige Beschäftigung des Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSG, Urteil v. 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18; vgl. auch BSG, Urteil v. 30.01.1997, 10 RAr 6/95, SozR 3-4100 § 141b Nr. 17). Anknüpfend daran ist gegenwärtig unter den Landessozialgerichten umstritten, ob Treuhandvereinbarungen geeignet
sind, die Rechtsmachtverhältnisse in der Gesellschafterversammlung maßgeblich zu verändern (bejahend LSG Rheinland-Pfalz,
Urteil v. 06.02.2019, L 4 R 465/16, GmbHR 2019, 480 ff.; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss v. 13.08.2018, L 5 BA 104/18 B ER, Breith 2019, 319 ff.; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss v. 02.05.2017, L 5 KR 40/17 B ER, Breith 2017, 625 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.03.2018, L 11 R 590/17, DStR 2018, 1677 ff., anhängig unter BSG, B 12 R 5/18 R; im jeweiligen Streitfall verneinend Senat, Beschluss v. 12.02.2019, L 8 BA 169/18 B ER; Beschluss v. 10.12.2018, L 8 BA 146/18 B ER; Urteil v. 11.04.2018, L 8 R 1026/16; jeweils juris; Sächsisches LSG, Urteil v. 08.11.2018, L 9 KR 263/15, Die Beiträge Beilage 2019, 149 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 01.10.2018, L 1 BA 61/18 B ER, juris; BayLSG, Urteil v. 15.12.2016, L 9 AL 185/12, juris; abhängig von der Frage, ob die notarielle Form eingehalten war LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 08.03.2018, L 1 KR 396/15, juris).
Es kann dahingestellt bleiben, ob der - zum Leistungsrecht ergangenen - Rechtsprechung des BSG für den dort entschiedenen Einzelfall zu folgen ist, insbesondere, ob sie nicht auf der unzutreffenden Annahme beruht hat,
eine unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht sei gesellschaftsrechtlich zulässig und statusrechtlich daher zu beachten (dagegen
mit überzeugenden Gründen BSG, Urteil v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 27). Denn jedenfalls sind im vorliegenden Fall über ein schuldrechtliches Weisungsrecht hinausgehende
Umstände ausweislich der Regelung in Ziff. IV. 2. des Treuhandvertrag nicht gegeben. Die Treugeber haben sich vielmehr ein
lediglich schuldrechtliches Weisungsrecht einräumen lassen, dass sich zudem nur auf die Ausübung der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung
bezog. Damit liegt es zum einen allein in der Hand des Klägers zu 1), ob er Weisungen befolgt, sodass auch ein weisungswidriges
Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlungen die Wirksamkeit der dort gefassten Beschlüsse nicht in Frage stellt
(vgl. zu dieser Wirkung des schuldrechtlichen Weisungsrechts des Treugebers BGH, Urteil v. 10.02.2011, IX ZR 49/10, BGHZ 188, 317 ff.). Zum anderen bezieht sich das Weisungsrecht nur auf das Verhalten des Klägers zu 1) in der Gesellschafterversammlung.
Ein Weisungsrecht der Treugeber in Bezug auf Maßnahmen der Geschäftsführung, die nicht Gegenstand von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung
waren, besteht dagegen nicht. Die Treugeber haben auch keine rechtliche Handhabe, solche Beschlussthemen gegen den Willen
des Klägers zu 1) auf die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung zu setzen.
(3) Damit ist der Kläger zu 1) weder einem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht ausgesetzt (sondern lediglich den Weisungen seiner
Treugeber) noch in die Arbeitsorganisation seiner Weisungsgeber eingegliedert. Denn die Treugeber als außerhalb der Gesellschaft
stehende Dritte haben deren Arbeitsorganisation weder geschaffen noch auf ihre Ausgestaltung einen maßgebenden unmittelbaren
Einfluss.
(4) Die in Ziff. II.1, 2 i.V.m. Ziff. VII.1 des Treuhandvertrages geregelte Erwerbsoption ändert an dieser Beurteilung nichts.
Sie führt insbesondere nicht zu einer Rechtsmachtverschiebung zuungunsten des Klägers zu 1).
(a) Zunächst blieb der Kläger zu 1) im Streitzeitraum Mehrheitsgesellschafter der Klägerin. Denn die in Ziff. II.1, 2 i.V.m.
Ziff. I.2 und VII.1 angelegte Einigung über die Abtretung seiner Geschäftsanteile steht unter der aufschiebenden Bedingung
(§
158 Abs.
1 BGB) der Beendigung des Treuhandvertrages, und diese Bedingung ist bislang nicht eingetreten. Damit ist die Rechtsposition der
Treugeber mit Blick auf ihre Rechtsposition in der Gesellschaft wertungsmäßig nicht anders zu betrachten als bei einer unwiderruflichen
Erwerbsoption, die indessen schon deshalb nicht statusrechtlich relevant ist, weil es insoweit nicht auf eine optionale "Stimmführerschaft",
sondern auf die im Streitzeitraum tatsächlich verteilte Rechtsmacht ankommt (BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O., Rdnr. 23).
(b) Es kommt hinzu, dass allein die Beendigung des Treuhandvertrages durch die Treugeber nicht ausreichen würde, um die Rechtsmacht
des Klägers zu 1) in der Gesellschafterversammlung zu beseitigen. Im Verhältnis zur Klägerin zu 2) gelten die neuen Gesellschafter
- die jetzigen Treugeber - nämlich erst ab dem Tag der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) in das Handelsregister als Gesellschafter und damit als in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt, § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Bis zu diesem Zeitpunkt ist noch der - dann nicht einmal mehr schuldrechtlich durch einen Treuhandvertrag gebundene - Kläger
zu 1) als Gesellschafter anzusehen, dem im Innenverhältnis der Gesellschaft alle Gesellschafterrechte, insbesondere auch das
Stimmrecht (§ 47 Abs. 1 GmbHG), zusteht (zu dieser unstreitigen Wirkung der Eintragung Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 16 Rdnr. 26; Heidinger in: MünchKomm-GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 16 Rdnr. 134; Seibt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. Stand 2018, § 16 Rdnr. 8; Senat, Beschluss v. 25.03.2019, L 8 BA 16/19 B ER, juris).
Der Anwendung dieser Bestimmung kann nicht entgegengehalten werden, dass § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG keinen Schutz zugunsten Dritter entfalte. Zwar regelt § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht die materielle Rechtslage mit der Folge, dass bereits vom Zeitpunkt der Abtretung an z.B. der Erwerber seinen Gesellschaftsanteil
an einen Dritten abtreten oder ein Dritter als Gläubiger des Erwerbers ihn pfänden kann. Die Beklagte ist indessen kein "Dritter"
in diesem Sinne. Sie verfolgt keine Rechte in Bezug auf die treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile, sondern stellt die
Versicherungsfreiheit des Klägers zu 1) fest. Für die Feststellung dieser Verpflichtung ist es nach Rechtsprechung des BSG maßgeblich, wie sich die Rechtsmachtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft gestaltet haben. Um dies beurteilen zu können,
ist auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG heranziehen (Senat, Beschluss v. 25.03.2019, a.a.O.).
Inwieweit eine unverzügliche Aufnahme der Gesellschafterliste in das Handelsregister dabei auch im statusrechtlichen Sinne
Rückwirkung entfalten kann (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil der betreffende Fall hier nicht eingetreten ist. Jedenfalls zeigt
das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 16 Abs. 1 GmbHG aber, dass nicht der Wechsel in der Rechtszuständigkeit für den Gesellschaftsanteil allein ausreicht, um die Änderung der
Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung herbeizuführen.
c) Angesichts des Umstandes, dass sich die in §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV gesetzlich ausdrücklich hervorgehobenen Kriterien für eine abhängige Beschäftigung einer Weisungsgebundenheit und Eingliederung
nicht feststellen lassen, gewinnt es im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung nicht an entscheidender Bedeutung, dass der mit
dem Kläger zu 1) geschlossene Dienstvertrag maßgeblich arbeitsvertragliche Züge trägt, Darlehnsverträge abgeschlossen worden
sind, er im Streitzeitraum weder eine eigene Betriebsstätte unterhielt noch ihn ein nennenswertes unternehmerisches Risiko
traf.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG. Da es sich um einen Rechtsstreit u.a. des Versicherten handelt, ist dieser insoweit gerichtskostenfrei (Senat, Beschluss
v. 24.03.2011, L 8 R 1107/10 B, juris; Senat, Urteil v. 19.08.2015, L 8 R 726/11, juris).
Der Senat hat die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Zu der Frage der rechtlichen Bedeutung einer antizipierten Abtretung
von Gesellschaftsanteilen im Falle eines treuhandvertragswidrigen Verhaltens des Treuhänders bedarf es einer revisionsgerichtlichen
Klärung.