Tatbestand:
Die Klägerin, ein privates Arbeitsvermittlungsunternehmen, begehrt vom Beklagten die Zahlung einer Vermittlungsvergütung in
Höhe von 1.000,00 EUR.
Die Agentur für Arbeit Y ..., eine Außenstelle der Agentur für Arbeit X ..., stellte dem zu diesem Zeitpunkt in Y ... wohnenden,
1991 geborenen und vom Sozialgericht mit Beschluss vom 6. Juni 2014 Beigeladenen am 2. Oktober 2013 einen bis zum 1. Januar
2014 gültigen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zur Auswahl eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung)
für die Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Der Gutschein enthielt unter der Überschrift
"Nebenbestimmungen" unter anderem folgende Passage: "Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet bei folgenden Ereignissen: 1.
[ ] [ ] 6. Wohnortwechsel in den Bezirk einer anderen Agentur für Arbeit. Ist die Vermittlung vor dem Wohnortwechsel erfolgt
und wird diese Beschäftigung innerhalb der zeitlichen Befristung aufgenommen, kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen
die Vermittlungsvergütung gezahlt werden. In den vorgenannten Fällen besteht keine Bindung mehr an die Zusicherung der Förderung."
Die Klägerin, eine zugelassene Trägerin im Sinne der Verordnung über die Voraussetzungen und das Verfahren zur Akkreditierung
von fachkundigen Stellen und zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der Arbeitsförderung nach dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung - AZAV) vom 2. April 2012 (BGBl. I. S. 504), und der Beigeladene schlossen am 5. November 2013 eine schriftliche Vermittlungsvereinbarung.
Der Beigeladene zog ausweislich einer Melderegisterauskunft zum 1. November 2013 von Y ... nach C ... um.
Die V ... Gesellschaft für Personaldienstleistungen mbH (C.) gab in der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung vom 14.
Januar 2014 an, dass sie mit dem Beigeladenen am 27. November 2013 einen Arbeitsvertrag auf Dauer und einer wöchentlichen
Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden geschlossen habe. Das Beschäftigungsverhältnis bestehe ununterbrochen seit dem 28. November
2013. Der Beigeladene sei durch die Klägerin vermittelt worden.
Mit dem am 14. Januar 2014 unterschriebenen Formular beantragte die Klägerin die Auszahlung einer Vermittlungsvergütung in
Höhe einer ersten Rate von 1.000,00 EUR.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Januar 2014 ab. Seit dem Umzug des Beigeladenen nach C ... sei die Agentur
für Arbeit X ... ab dem 18. November 2013 nicht mehr für ihn zuständig gewesen. Die Vermittlung der Arbeitsstelle sei erst
danach erfolgt. Damit sei der Anspruch auf Vermittlungsvergütung entfallen.
Im Widerspruchsschreiben vom 19. Februar 2014 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Regelung zum Wegfall der Gültigkeit
des Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, die bekannt sei, "jeder Logik, gesetzlichen Grundlage und Sinn" entbehre.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2014 als unbegründet zurück. Die Nebenbestimmung genüge
dem Gesetzesvorbehalt des § 32 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Sie mache Sinn, weil sich die Arbeitsmarktstruktur, die Arbeitslosenquote und die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit
in den einzelnen Agenturbezirken nicht unwesentlich unterschieden. Auch sei die örtliche Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen
in den Bezirken unterschiedlich. Wenn der Arbeitslose in einen anderen Bezirk verziehe, würden sich die arbeitsmarktlichen
Gegebenheiten ändern. Über eine Förderung zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sei unter Berücksichtigung der örtlichen
Gegebenheiten und der anderen situativen Bedingungen, denen der Arbeitslose am neuen Wohnort unterliege, neu zu entscheiden.
Die Notwendigkeit eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins stelle sich womöglich erst gar nicht.
Die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin hat am 31. März 2014 Klage erhoben. Unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichtes
vom 6. Mai 2008 (Az. B 7/7a AL 8/02 R) hat sie die Auffassung vertreten, dass die Nebenbestimmung im Abrechnungsverfahren
geprüft werden könne. Die Nebenbestimmung sei nichtig, weil es keine Gesetzesgrundlage für den Erlass einer auflösend-bedingten
Nebenbestimmung gebe. Im Übrigen sei §
45 [Abs.
4 Satz 2] des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III) zu unbestimmt, weil nicht erkennbar sei, worauf sich die danach mögliche regionale Beschränkung beziehe.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 28. November 2016 abgewiesen. Es
fehle an einer Vermittlung innerhalb der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheins. Der dem Beigeladenen erteilte Vermittlungsgutschein
habe die Nebenbestimmung enthalten, dass die Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheins bei einem Wohnortwechsel in den Bezirk
einer anderen Agentur für Arbeit ende. Die Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheins habe zum Zeitpunkt des Umzuges des
Beigeladenen am 1. November 2013 geendet. Die Vermittlung des Beigeladenen durch die Klägerin sei unstreitig erst danach erfolgt.
Eine Rechtswidrigkeit der streitigen Nebenbestimmung erscheine zwar nicht ausgeschlossen. Eine Nichtigkeit im Sinne des §
40 SGB X sei allerdings nicht ersichtlich. Der dem Beigeladenen erteilte Vermittlungsgutschein mit der streitigen Nebenbestimmung
sei unstreitig bestandskräftig geworden und entfalte damit auch Rechtswirkungen gegenüber der Klägerin.
Die Klägerin hat gegen den Gerichtsbescheid am 16. Dezember 2016 Berufung eingelegt. Ergänzend führt sie aus, dass sich aus
dem Gesetz nicht ergebe, dass ein Wohnortwechsel zum Erlöschen des Anspruches auf Leistungen führe. Aus §
310 SGB III ergebe sich kein Sanktionscharakter, sondern nur eine Meldepflicht. Wenn gleichwohl aus Sicht der Beklagten ein Leistungsanspruch
aus §
45 SGB III bei einem Wohnortwechsel erlösche, müsse sie die Klägerin darauf hinweisen, dass der Beigeladene einen neuen Antrag stellen
müsse. Wenn ein solcher Hinweis erteilt worden wäre, hätte der Beigeladene bei den nunmehr zuständigen Agentur für Arbeit
einen Antrag auf Erteilung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines stellten können. Dieser hätte ihm auch ausgestellt
werden müssen, weil er weiterhin einen Anspruch auf Erteilung eines solchen Gutscheines gehabt habe. In diesem Fall müsse
sich die Beklagte so behandeln lassen, als ob sie auf einen neuen Antrag hin einen neuen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein
ausgestellt hätte.
Die Klägerin beantragt:
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 28. November 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung
des Bescheides vom 30. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2014 verurteilt, an die Klägerin
die Vergütung für die Vermittlung der Beigeladenen in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Beigeladene hat keine Stellungnahme abgegeben und keinen Antrag gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Beigeladenen verhandeln und entscheiden, weil er hierauf in der Ladung hingewiesen
worden ist (vgl. §
153 Abs.
1 i. V. m. §
110 Abs.
1 Satz 2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil das Sozialgericht zu Recht die Klage abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten
vom 30. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2014 ist rechtmäßig, weil die Klägerin keinen Anspruch
auf die begehrte Vermittlungsvergütung hat.
1. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. §
54 Abs.
1, 4
SGG). Denn die Ablehnung des von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren (vgl.
BSG, Urteil vom 9. Juni 2017 - B 11 AL 6/16 R - BSGE 123, 216 ff. = SozR 4-4300 § 326 Nr. 1 = juris, jeweils Rdnr. 15 ff.; BSG, Urteil vom 3. Mai 2018 - B 11 AL 11/17 R - juris Rdnr. 11).
2. Die Klägerin macht einen öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte geltend (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Juni 2017, a. a. O, Rdnr. 19, m. w. N.; BSG, Urteil vom 3. Mai 2018, a. a. O., Leitsatz und Rdnr. 13, m. w. N.). Anspruchsgrundlage hierfür ist §
45 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III) in der vom 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011
[BGBl. I S. 2854]).
a) Nach §
45 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 SGB III können Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert
werden, die ihre berufliche Eingliederung durch Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterstützen. Nach
§
45 Abs.
4 Satz 1
SGB III kann die Agentur für Arbeit der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach §
45 Abs.
1 SGB III bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein
kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden (vgl. §
45 Abs.
4 Satz 2
SGB III). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt nach §
45 Abs.
4 Satz 3 Nr.
2 SGB III zur Auswahl eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige
Beschäftigung anbietet.
Der ausgewählte Träger nach §
45 Abs.
4 Satz 3 Nr.
2 SGB III hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen
vorzulegen (vgl. §
45 Abs.
4 Satz 4
SGB III). Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach §
45 Abs.
4 Satz 3 Nr.
2 SGB III beträgt die Vergütung 2.000,00 EUR (vgl. §
45 Abs.
6 Satz 3
SGB III). Die Vergütung wird in Höhe von 1.000,00 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer
des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt (vgl. §
45 Abs.
6 Satz 5
SGB III). Nach §
45 Abs.
6 Satz 6
SGB III ist eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeschlossen, wenn
das Beschäftigungsverhältnis 1. von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder 2. bei einem
früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme
der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete
Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.
In Fortführung seiner zu der bis zum 31. März 2012 geltenden Vorgängerregelung in § 421g
SGB III ergangenen Rechtsprechung fordert das Bundessozialgericht in inzwischen gefestigter Rechtsprechung zu §
45 SGB III, dass für den Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers gegen die Beklagte folgende Voraussetzungen vorliegen müssen
(vgl. BSG, Urteil vom 9. Juni 2017, a. a. O., Rdnr. 25, m. w. N.; BSG, Urteil vom 3. Mai 2018, a. a. O., Rdnr. 17, m. w. N.): 1. die Ausstellung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins,
2. ein wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem
Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer, 3. innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins
die erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden, 4. für die
Auszahlung der ersten Rate eine sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses.
Neu ist seit dem 1. April 2012 (vgl. Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) zusätzlich, dass
private Arbeitsvermittler gemäß §
176 Abs.
1 Satz 1 Satz 1
SGB III der Zulassung durch eine fachkundige Stelle bedürfen, um Maßnahmen der Arbeitsförderung selbst durchzuführen oder durchführen
zu lassen. Über eine solche Zulassung verfügte die Klägerin im maßgebenden Zeitraum.
b) Dem geltend gemachten Vergütungsanspruch steht entgegen, dass die Vermittlung der Beigeladenen durch die Klägerin an die
V ... Gesellschaft für Personaldienstleistungen mbH nicht während der Gültigkeit des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines
erfolgte.
(1) Die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins durch die Bundesagentur für Arbeit erfolgt im Verhältnis zum Arbeitslosen/Arbeitsuchenden
in Form eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 31 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) (vgl. BSG, Urteil vom 9. Juni 2017, a. a. O., Rdnr. 20, m. w. N.; zu § 421g
SGB III a. F.: BSG, Urteil vom 11. März 2014 - B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 5 = juris, jeweils Leitsatz; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016 - L 3 AL 111/14 - juris Rdnr. 40, m. w. N.).
Verwaltungsakte können nach Maßgabe von § 32 SGB X mit Nebenbestimmungen versehen werden. Eine Nebenbestimmung ist unter anderem die Bedingung (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X), das heißt eine Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen
Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt.
Der streitbefangene Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 2. Oktober 2013 ist mit auflösenden Bedingungen versehen.
Denn unter der Überschrift "Nebenbestimmungen:" ist unter anderem geregelt, dass die Befristung (Gültigkeitsdauer) unter anderem
bei einem Wohnortwechsel in den Bezirk einer anderen Agentur für Arbeit endet.
Dies war hier am 1. November 2013 der Fall. Denn an diesem Tag zog der Beigeladene vom Bezirk der Agentur für Arbeit X ...
(Dienststellennummer.) in den Bezirk der Agentur für Arbeit C ... (Dienststellennummer.).
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Satz 2 der auflösenden Bedingung Nummer 6. Danach kann, wenn die Vermittlung
vor dem Wohnortwechsel erfolgt ist und diese Beschäftigung innerhalb der zeitlichen Befristung aufgenommen wird, bei Vorliegen
der weiteren Voraussetzungen die Vermittlungsvergütung gezahlt werden.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Umzug des Beigeladenen erfolgte zum 1. November 2013. Der Arbeitsvertrag wurde
am 27. November 2013 geschlossen, die Beschäftigungsaufnahme erfolgte am 28. November 2013. Unabhängig davon, ob die Vermittlung
durch die Klägerin mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages oder mit der Beschäftigungsaufnahme beendet wurde (vgl. hierzu Sächs.
LSG, Urteil vom 19. Oktober 2017 - L 3 AL 35/16 - juris, Rdnr. 50 ff.), lag der Umzug des Beigeladenen zeitlich davor.
(3) Die Nebenbestimmung im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 2. Oktober 2013 ist allerdings nur beachtlich, wenn
sie wirksam ist. Erforderlich hierfür ist, dass sie wenn nicht rechtmäßig so zumindest nicht nichtig ist. Der Klägerbevollmächtigte
hält sie für nichtig. Diesbezüglich stellt sich neben der Frage, ob diese Nebenbestimmung in Einklang mit § 32 SGB X steht, die weitergehende Frage, ob ein Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein über eine Befristung und eine regionale Beschränkung
hinaus mit Nebenbestimmungen nach Maßgabe von § 32 SGB X versehen werden kann oder ob die Regelung in §
45 Abs.
4 Satz 2
SGB III eine abschließende Sonderregelung ("lex spezialis") zu § 32 SGB X ist mit der Folge, dass sie eine Sperrwirkung gegenüber § 32 SGB X entfaltet (vgl. bereits Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016, a. a. O., Rdnr. 46, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 19.
Oktober 2017 - L 3 AL 24/16 - info also 2018, 66 ff. = juris Rdnr. 49).
(4) Der erkennende Senat hat diese Fragen in den Urteilen vom 3. November 2016 und 19. Oktober 2017, in denen andere auflösende
Bedingungen streitig waren, dahinstehen lassen (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016, a. a. O., Rdnr. 47; Sächs. LSG,
Urteil vom 19. Oktober 2017 - L 3 AL 24/16 -, a. a. O. Rdnr. 50), weil die Rechtmäßigkeit eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichtes nicht im Abrechnungsverfahren zwischen dem privaten Arbeitsvermittler und der Bundesagentur für Arbeit
geprüft werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 8/07 R - BSGE 100, 238 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 3 = juris Rdnr. 17; vgl. hierzu auch Sächs. LSG, Urteil vom 10. März 2016 - L 3 AL 58/14 - juris Rdnr. 53 ff.). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die auflösenden Bedingungen im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein
vom 2. Oktober 2013 nichtig wären. Denn gemäß § 39 Abs. 3 SGB X sei ein nichtiger Verwaltungsakt unwirksam. Ein solcher Sonderfall liege jedoch nicht vor (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 3.
November 2016, a. a. O., Rdnr. 50 ff.; Sächs. LSG, Urteil vom 19. Oktober 2017 - L 3 AL 24/16 -, a. a. O., Rdnr. 53 ff.). Der Senat hat in den damaligen Entscheidungen die Nichtigkeit von auflösenden Bedingungen (dort
1. die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und 2. das Ende des Anspruchs auf Arbeitslosengeld), verneint
(vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016, a. a. O., Rdnr. 51 f.; Sächs. LSG, Urteil vom 19. Oktober 2017 - L 3 AL 24/16 -, a. a. O., Rdnr. 55 ff.).
Der Senat hält nach nochmaliger Prüfung an seiner Rechtsauffassung fest. Gesichtspunkte, die eine andere rechtliche Bewertung
rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass vorliegend eine andere auflösende
Bedingung maßgebend ist als in den beiden genannten Urteilen, bedingt keine anderweitige rechtliche Beurteilung.
Eine der Senatsrechtsprechung entsprechende rechtliche Bewertung in Bezug auf die Nichtigkeit von Nebenbestimmungen zu Aktivierungs-
und Vermittlungsgutschein lässt sich auch dem Beschluss des Bundessozialgerichtes vom 6. März 2018 entnehmen. Dieser Beschluss
ist zu einer Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Senates vom 19. Oktober 2017 (Az. L 3 AL 24/16) ergangen. Das Bundessozialgericht hat dort ausgeführt (vgl. BSG, Beschluss vom 6. März 2018 - B 11 AL 86/17 B - juris Rdnr. 3 und 4):
"Die Beschwerdebegründung der Klägerin wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Für grundsätzlich bedeutsam hält
sie folgende Rechtsfragen: Ist der §
45 SGB III gegenüber dem § 32 Abs. 2 und 3 SGB X die speziellere Norm, sodass die Voraussetzungen, unter denen der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein mit einer Nebenbestimmung
versehen werden darf, in §
45 SGB III abschließend geregelt sind? Ist es der Beklagten untersagt, sich im Abrechnungsverfahren auf die rechtswidrige Nebenbestimmung
nach den Grundsätzen von Treu und Glauben in Verbindung mit ihrer Fürsorgepflicht zu berufen, wenn sie verpflichtet gewesen
wäre, die isolierte Nebenbestimmung zurückzunehmen bzw aufzuheben?
Die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen zeigt sie indes nicht in der gebotenen Weise auf. Es wird nicht deutlich, warum es
unter Berücksichtigung des vom LSG zitierten Urteils des BSG vom 6.5.2008 (B7/7a AL 8/07 R - BSGE 100, 238 = SozR 4-4300 § 421g Nr 3, RdNr 7) und des von der Klägerin angeführten Urteils des Senats vom 11.3.2014 (B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 = SozR 4-4300 § 421g Nr 5, RdNr 16 f) auf die Rechtmäßigkeit einer Nebenbestimmung ankommen soll, soweit diese - wie hier
- jedenfalls wirksam ist, weil sie nicht iS des § 39 Abs. 2 SGB X zurückgenommen, widerrufen oder aufgehoben wurde bzw sich durch Zeitablauf erledigt hat. Ob die von der Klägerin ohne nähere
Begründung sinngemäß vertretene Rechtsauffassung zutrifft, die hier streitige auflösende Bedingung sei rechtswidrig, weil
§
45 SGB III als speziellere Norm abschließend die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen regele, kann vor diesem Hintergrund offenbleiben."
Damit hat das Bundessozialgericht zum Ausdruck gebracht, dass es die einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein beigefügten
Nebenbestimmungen jedenfalls nicht als nichtig erachtet.
Soweit sich der Klägerbevollmächtigte auch im vorliegenden Verfahren für seine Auffassung, die hier streitige Nebenbestimmung
könne im Abrechnungsverfahren geprüft werden, auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 6. Mai 2008 (Az. B 7/7a AL 8/02
R, BSGE 100, 238 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 3) beruft, verweist der Senat auf die einschlägigen Ausführungen in seinem Urteil vom 19. Oktober
2017. Dort ist ausgeführt worden, dass die vom Bundessozialgericht formulierte Einschränkung nicht, wie sich aus der Beschreibung
der Rechtsansicht ersehen lässt, die Nebenbestimmungen in einem Vermittlungsgutschein, dort die Befristung, betrifft (vgl.
Sächs. LSG, Urteil vom 19. Oktober 2017 - L 3 AL 24/16 -, a. a. O., Rdnr. 52). Auch zu diesem Punkt ist klägerseits nichts vorgetragen worden, was zu einer anderen rechtlichen
Beurteilung Anlass geben könnte.
(5) Soweit der Klägerbevollmächtigte zur Begrünung des Vergütungsanspruches schließlich geltend macht, der Beklagten habe
eine Beratungspflicht hinsichtlich der Auswirkungen des Umzugs des Beigeladenen auf den Bestand des erteilten Aktivierungs-
und Vermittlungsgutscheines und eines möglichen Anspruches des Beigeladenen auf Erteilung eines neuen Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines
gehabt, beruft er sich sinngemäß auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger
eine ihm gegenüber dem Anspruchsteller obliegende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis rechtswidrig
nicht oder schlecht erfüllt hat. Dabei gehören zu den Nebenpflichten, deren Verletzung einen Herstellungsanspruch begründen
kann, vor allem die Pflichten zur Beratung (vgl. §
14 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch - Allgemeiner Teil - [SGB I]), Auskunft (vgl. §
15 SGB I), Belehrung und verständnisvollen Förderung des Versicherten. Diese Pflichten sind verletzt, wenn sie, obwohl ein konkreter
Anlass zu den genannten Dienstleistungen bestanden hat, nicht oder nur unzureichend erfüllt worden sind. Der Leistungsträger
ist unter Umständen jedoch auch zu einer Spontanberatung verpflichtet. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung
des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht (sogenannter Schutzzweckzusammenhang).
Erforderlich ist ein objektives Fehlverhalten der Verwaltung, das die Entscheidung des Versicherten über die Wahrnehmung seiner
Rechte fehlgeleitet hat. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine
zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 39, m. w. N.; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 29/10 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 15 = juris, jeweils Rdnr. 12; m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 12. Juli 2018 - L 3 AL 76/16 - info also 2019, 62 ff. = juris Rdnr. 44, m. w. N.; Hassel, in: Brand,
SGB III [8. Aufl., 2018], §
323 Anh Rdnr. 28, ff.).
Für den behaupteten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fehlt es bereits an dem erforderlichen Beratungsfehler oder -unterlassen
gegenüber der Klägerin. Denn zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht nur ein Rechtsverhältnis, soweit dies im Zusammenhang
mit der Stellung der Klägerin als privater Arbeitsvermittlerin steht, insbesondere in Bezug auf Angelegenheiten im Zusammenhang
mit der Vermittlungsvergütung. Daraus folgt, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin keine Beratungspflicht in Bezug auf
einen möglichen Anspruch eines Arbeitslosen, hier des Beigeladenen, auf Erteilung eines neuen Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines
hat. Ein privater Arbeitsvermittler ist weder Vertreter, Bevollmächtigter noch Prozessstandschafter eines Arbeitslosen noch
in sonstiger Weise ermächtigt, ihm zustehende Rechte und Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Ein privater
Arbeitsvermittler ist vielmehr nur ein durch den dem Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein Drittbegünstigter
(vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. Oktober 2017 - L 3 AL 24/16 -, a. a. O., Rdnr. 61). Die Klägerin hat auch keinen Beratungsanspruch gegenüber der Beklagte zum Zwecke, ihrerseits den
Beigeladenen, ihren Auftraggeber, über etwaige ihm gegenüber der Beklagten zustehende Rechte oder Ansprüche beraten zu können.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §§
154,
162 Abs.
3 der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Die Klägerin ist kein Beteiligter im Sinne des §
183 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7 AL 56/05 R - BSGE 96, 119 ff. [Rdnr. 21] = SozR 4/4300 § 421g Nr. 1 Rdnr. 21 = juris Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 9. Juni 2017, a. a. O., Rdnr. 34, m. w. N.; BSG, Urteil vom 3. Mai 2018, a. a. O ..., Rdnr. 22, m. w. N.).
Gemäß §
154 Abs.
1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit nicht das
Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. §
154 Abs.
3 Halbsatz 1
VwGO), entspricht es auch nicht der Billigkeit (vgl. §
162 Abs.
3 VwGO), ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin als unterlegene Beteiligte oder der Staatskasse aufzuerlegen.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht gegeben.
V. Die Festsetzung des Streitwertes (zum Streitwert in einem Abrechnungsverfahren eines privaten Arbeitsvermittlers: BSG, Urteil vom 9. Juni 2017 - B 11 AL 6/16 R - juris Rdnr. 35) für das Berufungsverfahren folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und ist gemäß § 68Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.