Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin auf eine im Rahmen der Riester-Förderung angesparte Rente Beiträge zur Krankenversicherung
der Rentner zu entrichten hat.
Die 1946 geborene Klägerin war seit dem 1. März 2012 bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert.
Die Klägerin bezog als vorher beim Land Sachsen-Anhalt angestellte Lehrerin eine Betriebsrente von der Versorgungsanstalt
des Bundes und der Länder. Zusätzlich hatte sie 2002 eine freiwillige Versicherung "VBL extra" unter Inanspruchnahme staatlicher
Förderung ("Riester-Rente") abgeschlossen. Die Beiträge dazu entrichtete sie aus ihrem Nettoeinkommen. Sie verpflichtete sich
zur persönlichen Beitragszahlung für Zeiten während des Wegfalls von Arbeitsentgelt. Im Übrigen übernahm der Arbeitgeber die
Verpflichtung zur Abführung der Beiträge an die VBL.
Die Klägerin meldete ihre Rentenbezüge von der VBL mit Schreiben vom 6. Januar 2012 an die Beklagte. Die VBL führte von den
Rentenleistungen Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner ab, ohne dass darüber Verwaltungsakte ergingen.
Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 18. Februar 2013 an die Beklagte und bat um einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid
zu dem Beitragsabzug für ihre "Riester-Rente".
Mit Schreiben vom 22. März 2013 zur "Anhörung" in Bezug auf ihren "Widerspruch" teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie
könne dem "Widerspruch" gegen die Beitragserhebung nicht abhelfen. Bei der Betriebsrente handele es sich um einen Versorgungsbezug
i. S. v. §
229 Abs.
1 Satz 1
SGB V, weil sie einen Bezug zu einer betrieblichen Altersversorgung habe. Dies gelte auch dann, wenn der Versorgungsbezug teilweise
oder ganz vom Arbeitnehmer finanziert worden oder eine Riester-Rente dort integriert worden sei. Sei der Rentenvertrag nur
- wie bei der VBL - aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses möglich, entstehe Beitragspflicht für die volle Versorgungshöhe
nach dem allgemeinen Beitragssatz zur Krankenversicherung.
Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 3. April 2013 Widerspruch und verwies darauf, auf die Rente aus dem Vertrag "VBL
extra" habe sie bereits Beiträge entrichtet, weil es sich lediglich um eine freiwillige private Zahlung aus ihrem Nettogehalt
gehandelt habe. Einen solchen Vertrag hätte sie bei vielen Anbietern abschließen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und führte aus,
bei Rentnern seien der Rente vergleichbare Einnahmen beitragspflichtig. Solche seien auch Renten der betrieblichen Altersversorgung
nach §
229 Abs.
1 Nr.
5 SGB V. Dies betreffe ungeachtet einer Herkunft der Beiträge vom Arbeitnehmer auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den
Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung gezahlt würden. Dies gelte ab Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung auch
für Ansprüche aus älteren Verträgen. Auch eine Riester-Rente falle (ausnahmsweise) darunter, wenn sie in einem ursächlichen
Zusammenhang mit dem früheren Berufsleben stehe. Die Einzahlung in die Versicherung "VBL extra" sei nur möglich, wenn auch
der Hauptvertrag der betrieblichen Altersversorgung vorhanden sei. Darin liege der ursächliche Zusammenhang mit dem früheren
Berufsleben.
Mit der noch im gleichen Monat beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt.
Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, sie habe keinen Verwaltungsakt erlassen. Dafür fehle eine Rechtsgrundlage,
weil die VBL über die Beitragsabführung entscheide und sie durchführe. Insofern verweise sie auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(Urt. v. 10.5.2006 - B 12 KR 3/05 R). Im Übrigen erfolge die Beitragsabführung aber zu Recht.
Die Klägerin hat ergänzend ausgeführt, sie habe ihre private Altersvorsorge durch eine Riesterrente bei verschiedenen Anbietern
wählen können. Die Abrechnungen über ihre Betriebsrente, für die schon seit 1997 eine Anwartschaft bestanden habe und über
ihren privaten Riestervertrag habe sie von der VBL zeitlich getrennt erhalten. Erst jetzt würden beide als eine Rente behandelt.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beziehe sich auch nur auf Renten, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossen
habe. Für ihre "VBL extra"-Rente gelte dies nicht. Auch der Vertrag von 2002 enthalte keinerlei Hinweise auf eine Betriebsrente.
Die Klägerin hat verschiedene Unterlagen zu dem Vertrag und der Rente vorgelegt, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 15
- 31 d. A. verwiesen wird.
Mit Urteil vom 24. Februar 2016 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni
2013 verurteilt, auf die Einkünfte der Klägerin aus der Riester-Rente (VBL extra), die die Klägerin erhält, keine Krankenversicherungsbeiträge
zu erheben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einnahmen aus dem genannten Vertrag seien nach §§
237,
229 Abs.
1 Nr.
5 SGB V beitragsfrei. Der Riester-Rentenvertrag und die Betriebsrente bei der VBL bildeten keine Einheit, da die Klägerin den "Riester-Vertrag"
auch bei jeder anderen Versicherungsgesellschaft hätte abschließen können. Zwar sei der Vertrag nicht unabhängig von dem Bestehen
des betrieblich veranlassten Versorgungsvertrages und ihrer Zugehörigkeit zum Öffentlichen Dienst. Auch wenn der Vertrag nur
unter dieser Voraussetzung hätte abgeschlossen werden können, sei er für sich demjenigen bei jeder anderen Versicherungsgesellschaft
mit dem Angebot von Riester-Renten vergleichbar. Der Durchführungsweg sei für die beitragsrechtliche Beurteilung nicht entscheidend.
Ein ausreichender Zusammenhang mit dem Berufsleben des Versicherten bestehe nicht, wenn der Arbeitgeber weder Zuschüsse noch
Aufwendungen leiste und auch sonst nicht in die Verschaffung der Altersversorgung eingebunden sei. Auch die "Grundsätzlichen
Hinweise" des GKV-Spitzenverbandes vom 19. November 2013 gingen von Leistungen einer rein privaten Altersvorsorge aus, wenn
die Riester-Rente ohne jegliche Beteiligung des Arbeitgebers allein vom Zulageberechtigten einschließlich der staatlichen
Zulagen finanziert worden sei. Allein die Wahl des Anbieters rechtfertige keine andere Betrachtung.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach allein der Durchführungsweg über eine Pensionskasse maßgeblich sei, werde
Fällen, wie demjenigen der Klägerin, nicht ausreichend gerecht (Hinweis auf B 12 KR 26/12 R). Allein aufgrund des Durchführungsweges sei die Einbeziehung der Leistungen in die Beitragsbemessung vor dem Hintergrund
der Zielsetzung der Riester-Rente nicht gerechtfertigt. Denn diese solle durch großzügige staatliche Förderung die private
Eigenvorsorge unterstützen. Die VBL habe bei Einführung der Riester-Rente neue Verträge schaffen müssen, um dieses Produkt
überhaupt anbieten und damit ein weiteres Geschäftsfeld wie jeder andere private Anbieter eröffnen zu können. Auch sei die
entstehende Beitragspflicht bei Abschluss des Vertrages für die Klägerin nicht erkennbar gewesen. Da auch die eigentliche
Betriebsrente erst durch die zusätzliche Riester-Rente die Freibeträge der Beitragspflicht überschreite, komme es zu einer
deutlichen Minderung des Vorteils der zusätzlichen privaten Absicherung. Dies sei auch allein durch die Praktikabilität der
Massenverwaltung nicht mehr zu rechtfertigen. Denn es führe zu einer Benachteiligung gerade der Bezieherinnen kleinerer Renten,
womit das Gegenteil der gesetzgeberischen Absicht eintrete. Dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung komme auch keine
schwerwiegende Bedeutung zu, da die betrieblich und privat finanzierten Rentenanteile klar getrennt werden könnten.
Gegen das ihr am 10. Mai 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung,
beide von der Klägerin abgeschlossenen Verträge lösten zusammenfassend die Beitragspflicht aus. Damit weiche das Sozialgericht
von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie auch einem Schiedsspruch des Oberschiedsgerichts der Versorgungsanstalt
des Bundes und der Länder vom 4. November 2014 ab. Sie halte auch Ermittlungen zur Finanzierung der streitgegenständlichen
Riester-Rente für erforderlich. Nach ihrer Auffassung hat die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG,
Beschl. v. 27.6. 2018 - 1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15 - Juris) die Rechtslage bezüglich der Ansprüche gegen die VBL nicht geklärt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. Februar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid der Beklagten vom 22. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 3. Juni 2013 aufgehoben wird.
An dem Unterlassungsantrag hält sie nicht fest. Sie trägt vor, sie habe die Mittel für den Vertrag "VBL extra" getragen, ohne
dass dafür ein Arbeitgeberanteil weggefallen wäre. Sie schließe sich dem Urteil des Sozialgerichts an. Durch die jüngere Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts sieht sie sich bestätigt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten zu KV-Nr. Y965489993 haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Anfechtungsklage der Klägerin ist gem. §
54 Abs.
1 S. 1
SGG statthaft, weil es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 22. März 2013 um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) handelt. Denn mit diesem Schreiben teilt die Beklagte der Klägerin in einer allein den Organen der Träger öffentlicher Verwaltung
vorbehaltenen Weise mit, was für sie - die Klägerin - rechtens sein soll. Die Bezugnahme der Beklagten auf ihre Befugnisse
als Träger mittelbarer staatlicher Verwaltung folgt daraus, dass sie in mehrerlei Hinsicht Verfahrensschritte behandelt, an
denen sie nur hoheitlich beteiligt sein kann. So sieht sie sich als Widerspruchsgegner in einem Widerspruchsverfahren befindlich.
Dies kann nach einem zulässigen Widerspruch - woran die Beklagte in dem Schreiben keine Zweifel äußert - gem. §
84 Abs.
1 S. 1
SGG nur eine zum Erlass von Verwaltungsakten grundsätzlich ermächtigte Stelle betreffen. Zudem soll das Schreiben seiner Überschrift
nach der Anhörung im Sinne von § 24 SGB X dienen, die ebenfalls nur im Zusammenhang mit dem Erlass eines Verwaltungsaktes in Betracht kommt.
Inhaltlich verdeutlicht die Beklagte mit den wiederholten Formulierungen, sie könne dem "Widerspruch" nicht abhelfen, dass
sie sich in ihrer Rechtsanwendung gegenüber der Klägerin abschlägig festlegt. Der einzige Vorbehalt besteht dabei in dem Ergebnis
einer nachgeholten Anhörung, wie sie in einem Widerspruchsverfahren nur vorgenommen werden kann. Der Irrtum über das Verfahrensstadium
angesichts eines bis dahin nicht bestehenden Beitragsbescheides schadet insoweit nicht. Vielmehr wird durch den beiden Beteiligten
bekannten Umstand, dass der angesprochene Beitragsbescheid bis dahin nie erstellt worden ist, deutlich, dass hier die Entscheidung
erstmals verbindlich getroffen wird.
Ebenso wenig ist von Belang, dass die Beklagte im Gerichtsverfahren fortlaufend und falsch erklärt hat, sie sei zur Entscheidung
überhaupt nicht berufen (vgl. BSG, Urt. v. 11.3. 2009 - B 12 R 6/07 R - Juris, Rn. 15 f.). Insoweit muss sie sich an ihren vorangehenden schriftlichen Äußerungen festhalten lassen und kann
sich davon nicht durch widersprüchlichen Vortrag im Gerichtsverfahren lösen. Sachlich kann sich die Beklagte auch nicht auf
das von ihr zitierte Urteil (BSG v. 10.5.2006 - B 12 KR 3/05 R) beziehen. Die dort getroffene Entscheidung, wonach der Träger der Krankenversicherung sich die Beitragsabführung durch eine
Zahlstelle nicht als eigenen Bescheid zurechnen lassen muss, besagt nichts über die eigene Befugnis - und ggf. die Verpflichtung
- zum Erlass von Bescheiden zur Feststellung der Beitragspflicht. Diese ist im Übrigen auch nicht davon abhängig, dass die
Beklagte ggf. von der Klägerin nicht unmittelbar Zahlung verlangen kann (a.a.O., zitiert nach Juris, Rn. 11).
Die Entscheidung über die zulässige Anfechtungsklage kann das Gericht ohne vorherige Beiladung der Pflegekasse bei der Beklagten
treffen, weil die Entscheidung ihr gegenüber nicht nur einheitlich im Sinne von §
75 Abs.
2 SGG ergehen kann. Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Beitragspflicht zur Beklagten und derjenigen zur Pflegekasse besteht
hinsichtlich der zu treffenden Entscheidung nicht. Denn auch angesichts der in §
57 Abs.
1 S. 1 des
Elften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB XI - i. d. F. d. G. v. 26.3.2007, BGBl. I S. 378) geregelten Verweisung auf § 237 S. 1 Nr.
2 und §
229 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 des
Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB V - insoweit in der Ausgangsfassung vom 20.12.1988, BGBl. I S. 2477) besteht für die Entscheidungen beider Träger nur die Vorgabe gleichen anzuwendenden Rechts. Eine Vorgabe gleicher Rechtsanwendung
besteht rechtlich nicht.
Die Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 22. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2013 beschwert die Klägerin
im Sinne von §
157 S. 1, §
54 Abs.
2 S. 1
SGG, weil die Beklagte die Beitragspflicht der Rente aus dem Vertrag "VBL extra" zu Unrecht festgestellt hat. Denn bei dieser
Rente handelt es sich nicht um einen Versorgungsbezug.
Zu den beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtigen Rentner gehört gem. §
237 S. 1 Nr. 2
SGB V der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen. Dazu gehören als Versorgungsbezüge nach §
229 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 SGB V Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im Öffentlichen Dienst. Die zusätzliche Rente
der Klägerin aus dem Vertrag "VBL extra" ist keine solche Rente.
Leistungen, die - wie hier von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder - VBL - aus Einrichtungen der betrieblichen
Altersversorgung erbracht werden, unterliegen grundsätzlich einer institutionellen Abgrenzung, nach der sie in typisierender
Betrachtung den Begriff der betrieblichen Altersversorgung erfüllen (zusammenfassend BSG, Urt. v. 23.7.2014 - B 12 KR 28/12 R). Mit dieser institutionellen Abgrenzung wird dem Bedürfnis Rechnung getragen, ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen,
insbesondere darauf, ob die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers umfasst waren,
eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung vorzunehmen (BVerfG, Beschl. v. 27.6.2018 - 1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15 - Juris, Rn. 17). Grundsätzlich gilt für die Leistungen der VBL nicht anderes.
Leistungen aus Verträgen nach dem Vertragsmodell "VBL extra" fallen gleichwohl nicht unter diese Einordnung. Der institutionelle
Rahmen des Betriebsrentenrechts kann auch bei Verträgen mit einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung verlassen
werden (BVerfG, a.a.O., Rn. 20). Insofern entbindet der mit der institutionellen Abgrenzung verfolgte Zweck der Verwaltungsvereinfachung
nicht von einer Einordnung der grundlegenden vertraglichen Regeln hinsichtlich eines Zusammenhangs zwischen der Versorgungszusage
und dem Arbeitsverhältnis (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 21).
Für die Einordnung der Rente nach dem Vertragsmodell "VBL extra" als Leistung der betrieblichen Altersversorgung besteht keine
verbindliche Vorgabe durch die in diesem Zusammenhang von der VBL selbst oder den Tarifpartnern verwandte Terminologie. Insoweit
ist allein die beitragsrechtliche Betrachtung maßgeblich, die sich aus einer Auslegung aller gesetzlichen und vertraglichen
Regelungen ergibt (dazu in Abgrenzung vom
Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung -
BetrAVG - BSG, a.a.O., Rn. 11). Insoweit misst der Senat dem Umstand keine Bedeutung bei, dass die Tarifvertragsparteien bestimmte freiwillige
Versicherungen auch der von der Klägerin abgeschlossenen Art in § 26 Abs. 1 S. 1 des Tarifvertrages über die betriebliche
Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV - vom 1. März 2002, zitiert nach https://www.gesetzebayern.de/Content/Document/ATV/true)
"im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung" gesehen und in Satz 4 der Präambel zum ATV die "Leistung" als solche "der betrieblichen
Altersversorgung" beschrieben haben. Ebenso wenig kommt dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass die Leistung nach den
Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die freiwillige Versicherung in Anlehnung an das Punktemodell durchgehend als
Betriebsrente (vgl. insbesondere § 3 Abs. 1 S. 1 AVB) bezeichnet wird.
Der Vertrag zu dem Vertragsmodell "VBL extra" wird hinsichtlich der altersversorgenden Wirkung allein zwischen den Berechtigten
- hier der Klägerin - und der VBL geschlossen. Die Einbeziehung des öffentlichen Arbeitgebers erfolgt nur über dessen Bereitschaftserklärung
zur unmittelbaren Abführung des zwischen anderen Beteiligten vereinbarten Gehaltsanteils. Die darin liegende Regelung des
Zahlungsweges stellt keine Beteiligung des Arbeitgebers an Inhalt und Gegenstand der Altersversorgung dar. Darüber hinaus
verpflichtet sich die Klägerin auch zur Zahlung von Beiträgen für Zeiten des Gehaltsausfalls. Schließlich kann die Versicherung
nach § 2a der maßgeblichen Versicherungsbedingungen auch über das Ende der Pflichtversicherung hinaus durch Erklärung beider
Vertragspartner unter weiterer Beitragszahlung fortgesetzt werden. Nach § 26 Abs. 1 S. 2, 3 ATV besteht diese Möglichkeit
sogar ohne eigene Entscheidungsbefugnis der VBL. Dies verdeutlicht, dass die Versicherung nur noch in ihrer Entstehung äußerlich
von dem beruflich geprägten Pflichtversicherungstatbestand abhängig ist, nicht aber in ihrem Fortbestand. Ebenso wenig besteht
ein Zusammenhang bei der Ermittlung der Leistungen, wie auch aus der gesonderten Kontenführung nach § 27 ATV folgt. Für die
Einordnung einer Leistung als betriebliche Altersversorgung recht jedenfalls nicht aus, dass der Zugang zu dem Versorgungsmodell
nur im betrieblichen Zusammenhang möglich war (vgl. BVerfG, a.a.O., Juris, Rn. 20).
Die Versorgungszusage des Arbeitgebers ist angesichts der Versicherung nach dem Modell "VBL extra" auch nicht auf eine zusätzliche
Altersversorgung nach dem ATV gerichtet. Denn nach Abs. 2 der Präambel bezieht sich die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien
auf ein Altersversorgungsmodell, das dem Kapital und Ertrag einer Gesamtbeitragsleistung von vier Prozent des zusatzversorgungspflichtigen
Entgelts in einem kapitalgedeckten System entspricht. Demgegenüber beschränkt sich die Garantie für die Zusatzversicherung
nach § 26 Abs. 3 S. 3 ATV auf den Erhalt eingezahlter Beiträge abzüglich eines rechnerischen Verbrauchs in einem biometrischen
Risikoausgleich und bleibt damit hinter allen in §
1 Abs.
2 BetrAVG geregelten Varianten betrieblicher Altersversorgung zurück. Denn auch um den in §
26 Abs. 3 S. 3 ATV in Bezug genommenen Fall des §
1 Abs.
2 Nr.
2 BetrAVG handelt es sich tatsächlich nicht, weil weder Beiträge des Arbeitgebers in Rede stehen noch Zusagen des Arbeitgebers auf
Erträge geregelt sind; die allein geregelte Mindestgarantie für gezahlte Beiträge des Arbeitnehmers füllt diesen Tatbestand
nicht aus. Es liegt von Anfang an kein vom Arbeitgeber abgeschlossener Vertrag vor. Vertragspartner war stets allein die Klägerin.
Fehlt es aber insoweit an jeder relevanten Beteiligung des Arbeitgebers bei Abschluss und Finanzierung eines Vertrages nach
dem Modell VBL extra, fehlt ein hinreichender Anknüpfungspunkt für eine beitragsrechtliche Einordnung als Leistung der betrieblichen
Altersversorgung.
Die bei der Auslegung von §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V durch die Beklagte vorgenommene Typisierung ist schließlich mit Art.
3 Abs.
1 GG unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.6.2018 - 1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15 - Juris).
Das BVerfG hat einen solchen Verstoß festgestellt, soweit diese (grundsätzlich notwendige) Typisierung dazu führt, dass Zahlungen,
die auf einem nach Ende des Arbeitsverhältnisses geänderten oder ab diesem Zeitpunkt neu abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag
zwischen einer Pensionskasse in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit und dem früheren Arbeitnehmer
beruhen, an dem der frühere Arbeitgeber nicht mehr beteiligt ist und in den nur der Versicherte Beiträge einbezahlt hat, als
betriebliche Altersversorgung zu Beiträgen der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner herangezogen werden, obwohl der
Gesetzgeber Erträge aus privaten Lebensversicherungen pflichtversicherter Rentner keiner Beitragspflicht unterwirft.
Hier ist die Klägerin zwar im maßgeblichen Zeitraum noch nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden (vgl. auch §
229 Abs.
1 Nr.
5 SGB V in der Fassung von Art. 1 Nr. 5a des Gesetzes zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung v. 11.12.2018, BGBl. I 2018,
2387). Es liegt jedoch kein vom Arbeitgeber abgeschlossener Vertrag vor. Vertragspartner war stets allein die Klägerin. Die Verbeitragung
kann dann jedoch nicht davon abhängen, ob und mit welchem Arbeitgeber noch ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis besteht.
Hier war im Vertrag bereits geregelt, dass dann die Klägerin zur persönlichen Beitragszahlung verpflichtet war. Auch im Übrigen
war der Vertrag unabhängig von dem Arbeitsverhältnis der Klägerin. Wenn dieses aber für den Vertrag mit der VBL privatrechtlich
bedeutungslos war, kann das Beitragsrecht hieran keine maßgeblichen Rechtsfolgen knüpfen. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt,
dass die Beitragspflicht der Klägerin nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass unabhängig von dem hier umstrittenen
Vertrag in einem anderen Vertrag eine Versorgungszusage erteilt wurde. Schließlich kann es auch kein zulässiges Unterscheidungskriterium
bilden, mit welchem Anbieter die Klägerin private Verträge schließt. Die Einzahlungen der Klägerin auf diesen Vertrag unterscheiden
sich nicht von Einzahlungen auf andere privat abgeschlossene Riesterverträge (vgl. BVerfG, a.a.O. Rn. 18).
Zudem hat der Gesetzgeber die private Eigenvorsorge des Arbeitnehmers in Ergänzung der betrieblichen Altersversorgung vorgesehen.
Durch eine verfassungswidrige alleinige Anknüpfung an die auszahlende Institution bei solchen zur Ergänzung der Altersversorgung
abgeschlossenen und geförderten Verträgen würden durch die folgende Beitragspflicht sogar Fehlanreize gesetzt, diese Verträge
für die private Alterssicherung nicht zu nutzen. Dies widerspricht dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Zweck (BVerfG, a.a.O.
Rn. 20) und der hier auch konkret erfolgten Förderung nach §
10a Einkommensteuergesetz. Dem steht nicht entgegen, dass selbst Renten der betrieblichen Altersversorgung nach § 229 Abs. 1 Nr. 5 in der Fassung von Art. 4 des Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer
Gesetze vom 17. August 2017 (BGBl. I 2017, 3212) erst zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist. Denn hier handelt es sich wie oben dargelegt nicht um eine Rente der betrieblichen
Altersversorgung. Durch die Formulierung "betriebliche" wird deutlich, dass für die Beitragserhebung nur solche Einnahmen
berücksichtigt werden sollen, die unmittelbar auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis oder auf eine frühere Erwerbstätigkeit
zurückzuführen sind (also nicht z.B. für Einnahmen auf Grund betriebsfremder privater Eigenvorsorge, Einnahmen aus ererbtem
Vermögen) oder Entschädigungsleistungen auf Grund von Sonderopfern für die Allgemeinheit darstellen (z.B. für Impfschäden,
Gewalttaten, Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz; vgl. BT-Drs. 9/458, 34). Es fehlt dann an der Vergleichbarkeit mit der gesetzlichen Rente.
Art.
3 Abs.
1 GG verbietet nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem.
Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber allerdings nur verpflichtet, wenn die tatsächliche
Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt
bleiben darf. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende
Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
Allerdings setzt eine zulässige Typisierung voraus, dass diese Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich
eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist.
Bei der Frage, unter welchen Schwierigkeiten diese Härten vermeidbar wären, sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung
von Gewicht.
Hier stellt die Bewertung eines unabhängig von der Versorgungszusage abgeschlossenen Vertrages kein besonderes Problem dar,
da vor allem an die Stellung der Klägerin als alleiniger Vertragspartner angeknüpft wird (vgl. aber BSG, Beschl. v. 6.6.2017 - B 12 KR 13/17 B - Juris). Die Unterscheidung von betrieblicher und privater Altersversorgung bei einem von der Versorgungszusage unabhängigen
Vertrag unter Ausschluss einer Beteiligung des Arbeitgebers ist für die Kranken- und Pflegekassen ohne großen Aufwand nachvollziehbar
und daher die Härte der Beitragspflicht ohne besondere Schwierigkeiten vermeidbar.
Die Kostenentscheidung nach §
193 SGG richtet sich nach dem Unterliegen der Beklagten.
Die Revision war gem. §
160 Abs.
2 Nr.
1,
2 SGG zuzulassen, weil durch die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts klärungsbedürftig erscheint, inwieweit
die institutionelle Abgrenzung der betrieblichen Altersversorgung durch weitere Abgrenzungsmerkmale zu flankieren ist (vgl.
dazu jüngst BSG, Urt. v. 26. Februar 2019 - B 12 KR 13/18 R - Juris, Rn. 13 ff).