Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung; Eigenwirtschaftlichkeit der Tätigkeit
beim Abholen und Abstellen eines reparierten Motorrades
Gründe:
I
Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der 1976 geborene Kläger war als Verwaltungsangestellter im Außendienst bei der Stadt L. beschäftigt, um den ruhenden Verkehr
zu überwachen, und wohnte in der sog H.-Siedlung in L.-A..
Am Nachmittag des 31.3.2006 erhielt der Kläger, der seinen Dienst um 12.00 Uhr angetreten hatte, an seinem Einsatzort in L.-Süd
die telefonische Nachricht, dass er auf dienstliche Anweisung zusammen mit seinem Kollegen L. zunächst den Theaterparkplatz
in L.-Mitte überwachen und anschließend in der H.-Siedlung in L.-A. parkende Lastkraftwagen kontrollieren sollte. Der Kläger
fuhr mit seinem privaten Pkw zum T.-Parkplatz in L.-Mitte, stellte sein Fahrzeug ab und nahm die Überwachungstätigkeit auf.
Er vereinbarte mit seinem Kollegen, dass er seine Pause, die 30 Minuten betrug, dafür nutzen wolle, zu der in der Innenstadt
gelegenen Werkstatt zu fahren, in der sich sein Motorrad zur Wartung befand. Der Kläger wollte dort nachfragen, ob die Wartung
abgeschlossen sei.
Nachdem er und sein Kollege die Überwachungstätigkeit auf dem T.-Parkplatz gegen 16.30 Uhr beendet hatten, fuhren sie im Pkw
des Kollegen zur Werkstatt. Die Wartung des Motorrads war abgeschlossen. Der Kläger vereinbarte mit seinem Kollegen, dass
er mit dem Motorrad zu der in der H.-Siedlung gelegenen Wohnung des Klägers fahren sollte, damit der Kläger sein Motorrad
dort abstellen konnte und um von dort aus die Ermittlungen aufzunehmen. Der Kollege sollte mit seinem Pkw dorthin kommen.
Gegen 16.40 Uhr trat der Kläger mit dem Motorrad die Fahrt von der Werkstatt in Richtung L.-A. an. Er befuhr die A. Straße
in Richtung L.-A., als er gegen 16.48 Uhr mit einem in diese Straße einbiegenden Fahrzeug kollidierte. Dabei zog er sich eine
Beckenring- und Oberschenkelfraktur zu.
Die Stadt L. meldete den Unfall dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem Gemeindeunfallversicherungsverband Westfalen-Lippe.
Mit Bescheid vom 26.6.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2007 wurde die Anerkennung des Unfalls als
Arbeitsunfall mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe sein Motorrad in der Arbeitspause von der Werkstatt zu seiner
Wohnung bringen wollen. Diese private Tätigkeit sei unversichert. Dass der sich anschließende Weg zum nächsten Einsatzort
nicht mehr so weit gewesen sei, begründe keinen Versicherungsschutz.
Das SG hat die Klage, die auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtet war, mit Urteil vom
2.12.2008 abgewiesen.
Das LSG Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des SG geändert und entsprechend dem im Berufungsverfahren geänderten Antrag des Klägers unter Aufhebung der angefochtenen Ablehnungsentscheidung
festgestellt, dass der Unfall vom 31.3.2006 ein Arbeitsunfall ist. Die zum Unfall führende Fahrt habe nicht trennbar sowohl
unversicherten privaten als auch versicherten Zwecken gedient. Als sog gemischte Tätigkeit habe die Fahrt unter Versicherungsschutz
gestanden, weil sie auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck - das Nach-Hause-Bringen des Motorrads - entfallen
wäre. Wäre das Motorrad nicht in der Werkstatt gewesen, wäre der Kläger nach der Pause mit dem Kollegen in dessen Privat-Pkw
zum nächsten Einsatzort gefahren. Der Kläger sei arbeitsrechtlich nicht gehalten gewesen, seine Dienstfahrten in einer bestimmten
Weise - zB zusammen mit dem Kollegen oder mit einem Pkw - zurückzulegen. Er hätte vom Einsatzort in L.-Stadtmitte bei Wahl
der kürzesten Wegstrecke über die A. Straße zu seinem neuen Einsatzort gelangen müssen.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und die Verletzung von §
8 SGB VII gerügt. Die unfallbringende Fahrt habe nicht im erforderlichen sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Überwachungstätigkeit
gestanden. Der Kläger habe die versicherte Tätigkeit vorerst beendet gehabt und sich durch das rein privatwirtschaftliche
Aufsuchen der Werkstatt in seiner Pause von der betrieblichen Tätigkeit gelöst. Der Weg ab der Werkstatt sei maßgeblich von
den eigenwirtschaftlichen Interessen des Klägers - Verbringung des Motorrads zur Wohnung - geprägt, denn für die Wahl des
Zeitpunkts und des Verkehrsmittels seien andere Gründe maßgebend gewesen als die Absicht, den nächsten Ort der Tätigkeit zu
erreichen. Aus Sicht eines unbeteiligten Dritten sei das Aufsuchen der Werkstatt, die Auslösung des Motorrads und dessen Verbringung
an den Wohnort eine einheitliche, eigenwirtschaftliche Handlung. Die reine Streckenidentität mit dem Weg zwischen den Einsatzgebieten
genüge nicht zur Begründung von Versicherungsschutz, der auch nicht nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII oder §
8 Abs
2 Nr
5 SGB VII in Betracht komme.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.4.2010 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG Dortmund vom 2.12.2008
zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Er sei nur mit dem Motorrad nach L.-A. gefahren, weil es sich wegen des in der
Nähe seiner Wohnung gelegenen Einsatzortes angeboten habe und nicht, weil er das Motorrad "zu sich nach Hause bringen wollte".
Mit Antritt der Fahrt ab der Werkstatt habe er nach außen erkennbar seinen Dienst wieder angetreten.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückweisung der Berufung des Klägers
gegen das Urteil des SG begründet, denn das LSG hat zu Unrecht das klageabweisende Urteil des SG geändert und unter Aufhebung des Bescheides vom 26.6.2007 idF des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2007 einen Arbeitsunfall
festgestellt.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG den Antrag einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage
nach §
54 Abs
1 Satz 1, §
55 Abs
1 Nr
1 SGG gestellt. Das LSG hat sachlich über diesen Klageantrag entschieden und so den Übergang des Klägers von einer Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage auf eine Anfechtungs- und Feststellungsklage im Berufungsverfahren bindend zugelassen (§
153 Abs
1 SGG iVm §
99 Abs
4 SGG; vgl BSGE 48, 159, 162; BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 89/98 B; Leitherer in Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl 2008 §
99 RdNr 15). Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erweist sich als zulässig. Denn die grundsätzliche prozessrechtliche
Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage nach
ständiger Rechtsprechung des Senats in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen (vgl BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9; BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4 f; Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8). Begehrt der Versicherte allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung
des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage ggf
unmittelbar eine gerichtliche, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen.
Entgegen der Entscheidung des LSG war der Unfall des Klägers vom 31.3.2006 kein Arbeitsunfall nach §
8 SGB VII.
Nach §
8 Abs
1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende
Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall
erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer
bzw sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis
(dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten
verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl ua BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 10 mwN; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).
Der Kläger war zwar zur Zeit des Unfallereignisses Beschäftigter iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII und hat am 31.3.2006 einen Unfall mit der Folge eines Gesundheitsschadens erlitten.
Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, da die vom Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses ausgeübte Verrichtung -
die Motorradfahrt von der Werkstatt zur eigenen Wohnung in der H.-Siedlung - nicht im inneren bzw sachlichen Zusammenhang
mit der versicherten Tätigkeit gestanden hat. Es handelt sich weder um eine versicherte Tätigkeit nach §
8 Abs
1 Satz 1
SGB VII (dazu sogleich unter 1.) noch um das Zurücklegen eines mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs
nach oder von dem Ort der Tätigkeit nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII (dazu unter 2.) noch um ein mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängendes Verwahren, Befördern, Instandhalten oder Erneuern
eines Arbeitsgeräts nach §
8 Abs
2 Nr
5 SGB VII (dazu unter 3.).
1. Mit der Motorradfahrt zum Unfallzeitpunkt erfüllte der Kläger keine arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflicht, die ihm
als Verwaltungsangestellten zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs oblag, insbesondere legte er keinen Betriebsweg zurück, der
Teil der versicherten Tätigkeit iS von §
8 Abs
1 Satz 1
SGB VII wäre.
Ein Betriebsweg unterscheidet sich von anderen Wegen dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird
und nicht - wie Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII - der versicherten Tätigkeit lediglich vorausgeht oder sich ihr anschließt (vgl hierzu BSG Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - Juris RdNr 16). Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen
im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten,
ob also der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch
die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl BSG vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 14). Als objektive Umstände, die Rückschlüsse auf die Handlungstendenz zulassen, ist beim Zurücklegen
von Wegen insbesondere von Bedeutung, ob und inwieweit Ausgangspunkt, Ziel, Streckenführung und ggf das gewählte Verkehrsmittel
durch betriebliche Vorgaben geprägt werden.
Die Motorradfahrt als konkrete Verrichtung des Klägers zum Zeitpunkt des Unfallereignisses, die nach den Feststellungen des
LSG zugleich betrieblichen und privaten Zwecken dienen sollte, beruhte angesichts der objektiven Umstände nicht auf der vom
LSG bindend festgestellten betrieblichen Handlungstendenz.
Der Kläger verrichtete keine "gemischte Tätigkeit", da diese zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen
voraussetzt, von denen (wenigstens) eine im sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht, während die Motorradfahrt
des Klägers eine einzige Verrichtung war. Denn eine "Verrichtung" ist nur ein konkretes, also auch räumlich und zeitlich bestimmtes
Verhalten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Die Motorradfahrt ist aus Sicht eines objektiven Betrachters eine
einzige einheitliche Verrichtung, selbst wenn sie unterschiedlichen Zwecken dient. Die Motorradfahrt ist die konkrete Verrichtung,
durch die der Kläger von der Werkstatt aus sein Motorrad zur Wohnung fahren und selbst zum nächsten Einsatzort gelangen wollte.
Deswegen kann die konkrete Verrichtung des Klägers zum Unfallzeitpunkt entgegen der Formulierung im LSG-Urteil nicht abstrakt
als "Fahrt" bezeichnet werden ohne Angabe des Fortbewegungsmittels. Eine "Fahrt" ohne Verkehrsmittel ist nicht möglich, sodass
schon die Definition der zum Unfallzeitpunkt vorgenommenen konkreten Verrichtung des Klägers die Angabe eines Transportmittels
voraussetzt.
Die Motorradfahrt zur klägerischen Wohnung war eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw mit gemischter Motivationslage
(vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 16), denn sie erfolgte sowohl mit privatwirtschaftlicher als auch mit betrieblicher Handlungstendenz.
Eine betriebliche, den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende Handlungstendenz des Beschäftigten liegt
vor, wenn er den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder
die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern.
Nach den Feststellungen des LSG hatte der Kläger zwei Ziele. Er wollte zwecks Wiederaufnahme seiner Beschäftigung weisungsgemäß
seinen nächsten Einsatzort erreichen, also den Weg auch als "Betriebsweg" zurücklegen (betriebliche Handlungstendenz) und
er wollte sein Motorrad an seiner Wohnung abstellen (privatwirtschaftliche Handlungstendenz). Bei der "Handlungstendenz" handelt
es sich um eine sog innere Tatsache. Daher sind diese von der Beklagten nicht gerügten Feststellungen des LSG für den Senat
bindend.
Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten
Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns
entfallen wäre (vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - aaO), wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund
in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb
der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen.
Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen
lässt. Die Ausführungen des LSG darüber, was vermutlich geschehen wäre, wenn der Kläger zur Unfallzeit nicht mit seinem Motorrad
von der Werkstatt zu seiner Wohnung gefahren wäre, enthalten keine maßgeblichen Tatsachenfeststellungen. Denn sie befassen
sich mit hypothetischen Geschehensabläufen außerhalb der konkreten Verrichtung "Motorradfahrt", die als nicht erfolgte Ereignisse
keine (feststellbaren) Tatsachen sind.
Nach den objektiven Umständen lässt die tatsächlich erfolgte Motorradfahrt des Klägers von der Werkstatt zur Wohnung einen
sachlichen Zusammenhang mit der verrichteten Tätigkeit, hier zB sich zum nächsten Einsatzgebiet zu begeben, nicht deutlich
werden. Der betriebliche Zweck, sich (von einem) zum nächsten Einsatzgebiet zu begeben, vermag nach den objektiven Umständen
nicht zu erklären, dass die Fahrt an der Werkstatt beginnt, dass als Ziel im nächsten Einsatzgebiet gerade die Wohnung des
Klägers gewählt worden ist und die Fahrt auf dem Motorrad erfolgt anstatt einer Fahrt mit dem eigenen Pkw oder einer Fahrt
als Beifahrer im Pkw des Kollegen. Vorliegend wurden Ausgangsort, Ziel und das genutzte Verkehrsmittel nicht durch betriebliche
Erfordernisse bestimmt, sondern finden ihren Grund in der privaten Motivation des Klägers, sein Motorrad von der Werkstatt
zur eigenen Wohnung zu fahren.
In rechtlicher Wertung sprach nichts dafür, dass die berufliche Handlungstendenz, die private Motivation weggedacht, zu der
unfallbringenden Motorradfahrt des Klägers geführt hätte. Ohne die private Motivation, das Motorrad von der Werkstatt zur
Wohnung zu fahren, wäre insbesondere nicht das Motorrad als Verkehrsmittel gewählt worden und die konkrete, zum Unfallzeitpunkt
ausgeübte Verrichtung - nämlich die Motorradfahrt auf der A. Straße in Richtung der Wohnung - wäre nicht erfolgt. Das Führen
eines Motorrads ist objektiv eine andere Verrichtung als eine Fahrt mit dem eigenen Pkw oder als Beifahrer im Pkw des Kollegen.
Dass der Kläger aus arbeitsrechtlicher Sicht sein privates Motorrad für dienstliche Fahrten nutzen durfte, vermag keinen inneren
bzw sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit mit solchen Motorradfahrten des Klägers zu begründen, die nach dem
oben dargelegten Maßstab für die Ermittlung der objektivierten Handlungstendenz bei gemischter Motivationslage gerade nicht
auf einer objektivierten betrieblichen Handlungstendenz beruhen.
Eine den inneren bzw sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende objektivierte betriebliche Handlungstendenz
des Klägers kann nicht daraus gefolgert werden, dass sich der Unfall an einer Stelle ereignet hat, die der Kläger mutmaßlich
passiert hätte, wenn er eine Fahrt von einem zum anderen Einsatzgebiet zurückgelegt hätte.
Zutreffend hat die Revisionsklägerin darauf hingewiesen, dass reine Streckenidentität einer mit privater Handlungstendenz
erfolgten Motorradfahrt mit einer möglichen, tatsächlich aber nicht erfolgten betrieblich veranlassten (Pkw-)Fahrt, die mutmaßlich
(oder möglicherweise) an Stelle der Motorradfahrt getreten wäre, keinen inneren bzw sachlichen Zusammenhang der durchgeführten
Motorradfahrt als konkrete Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit begründen kann (vgl auch BSG vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 15).
2. Die Motorradfahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses war auch keine versicherte Tätigkeit iS des
§
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII.
Danach sind versicherte Tätigkeiten das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit nach §§
2,
3 und
6 SGB VII zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Begründet wird dieser Versicherungsschutz damit,
dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte
Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 13; BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29 RdNr 21). Sie erfolgen entweder mit der Handlungstendenz, sich aus dem privaten Bereich in den betrieblichen
Bereich (Weg zu dem Ort der Tätigkeit) oder sich aus dem betrieblichen Bereich zurück in den privaten Bereich zu begeben (Weg
von dem Ort der Tätigkeit). Der Kläger hat mit der Motorradfahrt keinen unmittelbaren Weg von oder zu dem Ort der Tätigkeit
zurückgelegt. Wie bereits dargelegt, fehlte der Verrichtung bei gemischter Motivationslage eine objektivierte betriebliche
Handlungstendenz. Außerdem war Ausgangsort der konkreten Motorradfahrt kein Ort der Tätigkeit als Angestellter der Verkehrsüberwachung,
sondern die aus privaten Gründen aufgesuchte Werkstatt, und deren Endpunkt die private Wohnung.
3. Das Motorrad war ferner kein Arbeitsgerät iS von §
8 Abs
2 Nr
5 SGB VII, denn es war nicht dazu bestimmt, hauptsächlich der Tätigkeit im Unternehmen zu dienen (vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 28 mit Verweis auf BSG vom 23.2.1966 - 2 RU 45/65 - BSGE 24, 243, 246).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.