Antrag auf Überprüfung einer Kostensenkungsaufforderung kein anfechtbarer Verwaltungsakt
Grundsatzrüge
Bereits geklärte Rechtsfrage
Bestimmung der abstrakten Angemessenheitsgrenze
Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen
Gründe:
I
Der Kläger wendet sich im Wege eines Überprüfungsverfahrens zum einen gegen die Aufforderung der Beklagten, die Kosten seiner
Unterkunft zu senken, zum anderen gegen die Höhe von Leistungen der Sozialhilfe.
Der Kläger bezieht seit 2008 eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung Westfalen; vor Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze
bezog er von der Beklagten ergänzend Leistungen nach dem 3. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Er lebt seit der Trennung von seiner Ehefrau im April 2011 allein in der bisherigen Ehewohnung. Die Kosten der Unterkunft
überstiegen nach Auffassung der Beklagten seither die maßgeblichen Angemessenheitsgrenzen, worauf sie den Kläger hinwies (Schreiben
vom 28.4.2011). Bei der Bewilligung von Leistungen für November 2011 (Bescheid vom 17.10.2011; Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011)
und für Dezember 2011 (Bescheid vom 23.11.2011; Widerspruchsbescheid vom 29.2.2012; Urteil des Sozialgerichts [SG] Gelsenkirchen
vom 1.10.2012) berücksichtigte die Beklagte als Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich noch den von ihr als angemessen
angesehenen Betrag. Ein Antrag auf Übernahme von zwischenzeitlich angefallenen Mietschulden blieb ebenfalls ohne Erfolg (Bescheid
vom 7.8.2012; Widerspruchsbescheid vom 27.2.2013).
Die vom Kläger beantragte Überprüfung der Bescheide vom 28.4.2011, 17.10.2011, 23.11.2011 und 7.8.2012 lehnte die Beklagte
ab (Bescheid vom 13.5.2013; Widerspruchsbescheid vom 12.6.2013). Die Klage beim SG hat teilweise Erfolg gehabt; das SG hat die Beklagte verpflichtet, die Bescheide vom 17.10.2011 und vom 23.11.2011 zu ändern und dem Kläger für November und
Dezember 2011 weitere 30,80 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.10.2015). Das Landessozialgericht
(LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung des Klägers, mit der dieser erstmals auch die Überprüfung des Bewilligungsbescheids
vom 29.3.2011 für den Monat April 2011 und die Berücksichtigung von Räumungskosten beantragt hat, zurückgewiesen (Urteil vom
31.7.2017).
Der Kläger beantragt beim Bundessozialgericht (BSG) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§
73a Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG] iVm §
114 Zivilprozessordnung [ZPO]); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend
nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich im vorliegenden Einzelfall nicht. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist
ein Antrag auf Überprüfung einer Kostensenkungsaufforderung, die keinen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (vgl zuletzt
BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 90), nicht zulässig. Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen sich dabei nicht. Ob die Beklagte und in der Folge das SG und das LSG im Einzelfall die abstrakte Angemessenheitsgrenze zutreffend bestimmt haben und ob dem Kläger Kostensenkungsmaßnahmen
zumutbar waren, wirft keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheitsgrenze wie
auch der Frage nach der Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen liegt gefestigte Rechtsprechung des BSG vor, die das LSG im Einzelnen in Bezug genommen hat. Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung zu § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bereits angeschlossen, auch wenn § 35 SGB XII im Wortlaut abweicht (vgl nur BSG SozR 4-3500 § 29 Nr 1). Ebenso wenig erscheint die Frage grundsätzlich klärungsbedürftig, ob sich ein ablehnender Bescheid wegen Mietschuldenübernahme
auf andere Weise erledigt, wenn die Schulden zwischenzeitlich ohne anderweitige Schuldenaufnahme beglichen werden konnten.
Auch insoweit liegt Rechtsprechung des BSG dazu vor, in welchen Fällen eine Mietschuldenübernahme noch in Betracht kommt, wenn die Schulden dem Vermieter gegenüber
beglichen sind (vgl BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41). Es ist nichts dafür erkennbar, dass sich die Rechtslage im SGB XII insoweit abweichend darstellen könnte. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig. Die Frage der Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall
kann nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein. Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Insbesondere ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, dass eine
Klageerweiterung im Berufungsverfahren unzulässig war.
Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO nicht in Betracht.