Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache;
Kostenerstattungsanspruch zwischen Sozialhilfeträgern
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
- ggf. sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, dass
eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Einheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine
Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie
die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (hier verneint
für die Frage, inwiefern sich ein Erstattungsanspruch überhaupt neben den gesetzlichen Regelungen aus Vertrag ergeben kann
und inwieweit die Auslegung der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit zur Förderung
von Wohngemeinschaften behinderter Menschen vom 3.1.1994 bzw des Vertrages aus dem Jahr 1994 und der Vereinbarung über die
Kostenerstattung bei der Finanzierung des betreuten Wohnens behinderter Menschen vom 8.11.1997 in Rheinland-Pfalz Gegenstand
einer Revision sein kann). [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Gründe:
I
Im Streit ist (noch) die Erstattung von Sozialhilfeleistungen für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2007.
Der Kläger macht als örtlicher Träger der Sozialhilfe gegenüber dem Beklagten einen Erstattungsanspruch für erbrachte Sozialhilfeleistungen
geltend, den er auf eine Vereinbarung zwischen dem Landkreistag Rheinland-Pfalz und dem Städtetag Rheinland-Pfalz aus dem
Jahr 1997 stützt. Das Sozialgericht (SG) Trier hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger die im Zeitraum bis 31.12.2004 erbrachten Leistungen zu erstatten und
im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.10.2008). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat das Urteil des SG abgeändert und den Beklagten verurteilt, an den Kläger weitere 181 613,81 Euro zu zahlen (Urteil vom 28.5.2010). Den Anspruch
des Klägers hat das LSG aus der Vereinbarung des Jahres 1997, die nach Ziff 3.9. eines Vertrages zwischen dem Ministerium
für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit und dem Landkreistag Rheinland-Pfalz sowie dem Städtetag Rheinland-Pfalz des
Jahres 2004 fortgelte, iVm § 103 Bundessozialhilfegesetz hergeleitet.
Mit der Beschwerde macht der Beklagte eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Das LSG lasse in seinem Urteil
bewusst offen, "ob die Rund-um-die-Uhr-Betreuung eines Hilfeempfängers in den Bereich der Verwaltungsvorschrift (VV) von 1994
fällt, da keine vergleichbare Fallgestaltung in Bezug auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 13.9.2002 (12 A10795/02;
juris) vorliege". Die Klärung dieser Rechtsfrage sei jedoch aus Gründen der Rechtseinheit und der Fortbildung des Rechts erforderlich.
II
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der von dem Beklagten geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dargelegt ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach
§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
- ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, dass
eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Einheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine
Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie
die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen BSG
SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Es ist schon zweifelhaft, ob der Beklagte überhaupt eine Rechtsfrage formuliert. Jedenfalls fehlt es an einer schlüssigen
und insbesondere verständlichen Darlegung der Klärungsfähigkeit. Soweit der Beschwerdeschrift die Rechtsfrage entnommen werden
kann, "ob die Rund-um-die-Uhr-Betreuung eines Hilfeempfängers in den Bereich der VV von 1994 fällt", hat sich diese Rechtsfrage
dem LSG - wie der Beklagte selbst einräumt - angesichts der konkreten Fallgestaltung gar nicht gestellt. Er hätte deshalb
darlegen müssen, von welchen Feststellungen das LSG in diesem Zusammenhang ausgegangen ist und weshalb sich trotz der Bindung
des Senats an diese Feststellungen (§
163 SGG) die aufgeworfene Rechtsfrage stellt. Ob die betroffene Hilfeempfängerin einer 24-stündigen Betreuung bedarf, ist dabei eine
reine Tatfrage. Der Beklagte hätte sich zudem zum einen damit auseinandersetzen müssen, inwiefern sich ein Erstattungsanspruch
überhaupt neben den gesetzlichen Regelungen aus Vertrag ergeben kann, und zum anderen, inwieweit die Auslegung der Verwaltungsvorschrift
bzw des Vertrags aus dem Jahr 1994 und der Vereinbarung aus dem Jahr 1997 Gegenstand einer Revision sein kann. Nach §
162 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts
oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk
des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Revisibilität wird auch angenommen, wenn inhaltlich gleiche Vorschriften in Bezirken
verschiedener LSG gelten; die Übereinstimmung darf dann aber nicht nur zufällig, sondern muss im Interesse der Rechtsvereinheitlichung
bewusst und gewollt sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
162 RdNr 5a mwN). Entsprechendes kommt zB auch für normative Vorschriften in Landesverträgen oder in Tarifverträgen in Betracht
(Leitherer aaO). Ob diese Voraussetzungen für die in Rheinland-Pfalz geltende Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Arbeit,
Soziales, Familie und Gesundheit zur Förderung von Wohngemeinschaften behinderter Menschen vom 3.1.1994 sowie der Vereinbarung
über die Kostenerstattung bei der Finanzierung des betreuten Wohnens behinderter Menschen vom 8.11.1997 der Fall ist, ist
der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu entnehmen. Die Richtigkeit der Entscheidung des LSG kann nicht Gegenstand
der Nichtzulassungsbeschwerde sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 SGG iVm §
154 Abs
1 Verwaltungsgerichtsordnung, die Festsetzung des Streitwerts aus § 47 Abs 3, § 52 Abs 3, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.