Tatbestand
Mit Schreiben vom 20.04.2020 kündigte die Beklagte eine Zwangsvollstreckung gegen den Kläger an. Grundlage war der Beitragsbescheid
vom 22.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2020. Gegen diese Bescheide führt der Kläger ein eigenständiges
Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (<SG>; Az. S 6 R 856/20).
Der Kläger hat am 08.05.2020 beim SG eine "Vollstreckungsabwehrklage" erhoben und beantragt, die Beklagte dazu zu verpflichten, Vollstreckungsmaßnahmen gemäß
Schreiben vom 20.04.2020 zu unterlassen, hilfsweise festzustellen, dass diese Vollstreckung rechtswidrig sei, sowie die aufschiebende
Wirkung dieser Klage anzuordnen. Zur Begründung hat er auf die von ihm mit Erfolg geführte Vollstreckungsabwehrklage vor dem
SG (Az. S 16 R 3177/18) verwiesen, in welcher die Beklagte mangels Bescheid ein Anerkenntnis abgegeben hatte.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage sei unzulässig. Die Ankündigung der Zwangsvollstreckung mit Schreiben
vom 20.04.2020 stelle keinen Verwaltungsakt dar.
Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage vom 08.05.2020 hat das SG mit Beschluss vom 08.06.2020 (Az. S 6 R 1628/20 ER) abgelehnt. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat die dagegen eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 11.08.2020
zurückgewiesen (Az. L 13 R 2200/20 ER-B).
Mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2020 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vollstreckungsabwehrklage sei nur bei der Vollstreckung
aus den in §
199 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) aufgeführten Vollstreckungstiteln statthaft, nicht bei der Vollstreckung von Forderungen aus Verwaltungsakten und nur aus
Gründen, die nach Bescheiderlass lägen. Zudem sei die Ankündigung der Zwangsvollstreckung im Schreiben vom 20.04.2020 kein
Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und somit nicht gesondert angreifbar. Die Klage sei auch im Hilfsantrag unzulässig. Der hilfsweise erhobenen Feststellungsklage
auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckung stehe der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Er gelte nach allgemeiner
Meinung auch im sozialgerichtlichen Verfahren und diene der Prozessökonomie, nämlich der Vermeidung überflüssiger Klagen.
Danach könne eine Feststellung nicht verlangt werden, wenn der Kläger sein Recht durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage
verfolgen könne oder hätte verfolgen können. Hier wende sich der Kläger gegen das Bestehen der im Bescheid vom 21.10.2019
und Widerspruchsbescheid vom 06.02.2020 titulierten Beitragsforderung und die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide im Übrigen.
Dies sei Gegenstand der Anfechtungsklage mit Az. S 6 R 856/20. Im Rahmen von Gestaltungsklagen sehe die Prozessordnung statthafte Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz zur Vermeidung der
sofortigen Vollziehung vor. Im Unterschied zu dem vom Kläger zitierten Klageverfahren mit Az. S 16 R 3177/18 habe dort kein vollziehbarer Verwaltungsakt existiert, während hier die Vollstreckung aus dem im Klageverfahren mit Az. S
6 R 856/20 angegriffenen Bescheid erfolge.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 24.12.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 21.01.2021 Berufung zum LSG
ohne Antragstellung und ohne Begründung eingelegt. Trotz dreimaliger Erinnerung, zuletzt mit Fristsetzung durch den Berichterstatter,
und Hinweis auf die mögliche Unzulässigkeit der Berufung mangels Berufungsantrag sowie einer in Betracht kommenden Entscheidung
nach §
158 SGG hat der Klägerbevollmächtigte auch nach nochmaliger Fristverlängerung weder einen Antrag gestellt noch sich inhaltlich zur
Berufung geäußert, sondern nur sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster
und zweiter Instanz, sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheidet, ist unzulässig.
Die Unzulässigkeit ergibt sich schon aus dem fehlenden Berufungsantrag. Nach §
151 Abs.
3 SGG soll die Berufungsschrift das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden
Tatsachen und Beweismittel angeben. Nach der herrschenden Meinung in der Literatur, welcher sich der Senat anschließt, ist
die Berufung unzulässig, wenn auch bis zum Ende der mündlichen Verhandlung den Voraussetzungen des §
151 Abs.
3 SGG nicht genüge getan wird (vgl. Fock in: Fichte/Jüttner,
SGG, 3. Aufl. 2020, §
151 SGG Rn. 27; Binder in: Hk, §
151, Rn. 26; Adolf in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl., §
151 SGG (Stand: 15.07.2017) Rn. 51; Keller in: Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, 13. Aufl. 2020, §
151 SGG Rn. 11; Berchtold,
Sozialgerichtsgesetz,
SGG §
151 Rn. 27, beck-online). Dies gilt jedenfalls bei fehlendem Berufungsantrag, weil sich ohne diesen letztlich nicht feststellen
lässt, was der Kläger begehrt und worüber der Senat zu entscheiden hat. Auch bei einer Entscheidung außerhalb oder ohne eine
mündliche Verhandlung, muss den Voraussetzungen des §
151 Abs.
3 SGG im Zeitpunkt der Entscheidung genüge getan sein. Dabei hat das Gericht grundsätzlich vor der Entscheidung auf die Erfüllung
der Anforderungen des §
151 Abs.
3 SGG und insbesondere eine ordnungsgemäße Antragstellung hinzuwirken. Dies ist hier geschehen.
Der Berufungsschriftsatz vom 21.01.2021 enthält weder Antrag noch Berufungsbegründung. Vielmehr teilte der Klägerbevollmächtigte
darin mit, dass diese nachgereicht würden. Das Gericht hat die Berufungsbegründung angefordert, mehrmals gemahnt und schließlich
mit Schreiben vom 20.05.2021 den Klägerbevollmächtigten unter Hinweis auf die möglicherweise vorliegende Unzulässigkeit der
Berufung unter Fristsetzung bis 11.06.2021 aufgefordert, einen Berufungsantrag zu stellen. Ein solcher ist trotz gewährtem
Fristverlängerungsantrag nicht und auch nicht mit der Einverständniserklärung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
eingegangen. Die Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen (§
158 Satz 1
SGG).
Im Übrigen weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Entscheidung des SG auch inhaltlich nicht zu beanstanden ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des Gerichtsbescheids verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG).