Gesetzliche Versicherungspflicht
Grundsatzrüge
Mangelnde Entscheidungserheblichkeit einer Rechtsfrage
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in seiner
Tätigkeit als Vorstand der Klägerin - einer gemeinnützigen rechtsfähigen Stiftung - aufgrund (abhängiger) Beschäftigung der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.10.2013 ist in
entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Kläger haben in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Die Kläger berufen sich in ihrer Beschwerdebegründung vom 7.2.2014 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Die Kläger halten folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam (S 8 f der Beschwerdebegründung):
"i) Liegt bei einem Vorstandsmitglied einer rechtsfähigen Stiftung, die zudem gemeinnützig ist, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
i.S.v. §
7 Abs.
1 SGB IV vor oder spricht nicht bereits die Struktur einer rechtsfähigen Stiftung für eine Einordnung der Vorstandsmitglieder als
selbständig Tätige?
ii) Ist insbesondere die satzungsmäßig verankerte Weisung der Stiftung an das Kuratorium als Bestellungsorgan, ein vom Stifter
berufenes Vorstandsmitglied auch fortlaufend immer wieder zum Vorstand zu bestellen, ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit,
weil dadurch die Auswahlfreiheit des Bestellungsorgans erheblich reduziert wird bzw. - zugunsten des vom Stifter Berufenen
- gegen Null geht?
iii) Ist die satzungsmäßig verarbeitete Weisung des Stifters und der durch die satzungsmäßige Anordnung manifestierte Wille
des Stifters, eine bestimmte Person immer wieder aufs Neue als Vorstandsmitglied zu bestellen, in dem Sinne zu würdigen, dass
das Kuratorium bei der Ausübung seiner ihm formal zustehenden Zustimmungs- und Kontrollrechte eine besondere Zurückhaltung
obwalten lassen muss mit dem Ergebnis, dass es an einer Weisungsgebundenheit als Indiz für ein Beschäftigungsverhältnis i.S.d.
§
7 SGB IV fehlt?
iv) Ist bei einer gemeinnützigen rechtsfähigen Stiftung bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung das Merkmal Unternehmensrisiko
als Indiz für eine abhängige Beschäftigung zu werten, obgleich es bei einer gemeinnützigen rechtsfähigen Stiftung kein Unternehmensrisiko
geben kann?"
Es kann unerörtert bleiben, ob die Kläger damit hinreichend konkrete Rechtsfragen iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG aufgeworfen und den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt haben. Auch kann dahinstehen,
ob sie die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen - deren Qualität als Rechtsfragen unterstellt - hinreichend aufgezeigt haben.
Jedenfalls fehlt es in der Begründung an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit dieser Fragen. Hierzu wäre insbesondere
darzustellen gewesen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfenen Fragen entscheiden müsste, dass die Fragen - jede für
sich - also für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidungserheblich sind. An der Entscheidungserheblichkeit fehlt es, wenn
eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet werden muss, weil die Entscheidung
der Vorinstanz mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160 RdNr 9g mwN). Ob Letzteres anzunehmen ist, ist - wie das Vorliegen grundsätzlicher Bedeutung insgesamt (vgl hierzu Leitherer,
aaO, RdNr 9f mwN) - auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, weshalb sich auch die Darlegungen zu dieser Zulässigkeitsvoraussetzung
auf die im angegriffenen Urteil mit Bindungswirkung für das BSG (§
163 SGG) festgestellten Tatsachen beziehen müssen. Dies ist vorliegend nicht in gebotenem Maße in den Blick genommen worden.
Zwar erkennen die Kläger, dass die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit
nach deren Gesamtbild vorzunehmen ist und voraussetzt, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden
Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt
und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (stRspr, vgl
nur BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25 mwN). Jedoch ziehen sie hierfür nicht die für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der von ihnen formulierten
Fragen notwendigen Konsequenzen: Weil das LSG - wie in der Beschwerdebegründung im Wesentlichen zutreffend beschrieben - sein
Ergebnis auf eine Gesamtabwägung verschiedener Indizien gründet, hätten die Kläger auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung
des Senats alle vom LSG in die Abwägung eingestellten Gesichtspunkte sowie deren jeweilige vom LSG vorgenommene Gewichtung
im Einzelnen benennen und hiervon ausgehend aufzeigen müssen, dass sich durch die von ihnen favorisierte Beantwortung der
formulierten Fragen das Gewicht der vom LSG in die vorgenommene Gesamtabwägung eingestellten Indizien so zu ihren Gunsten
verschieben würde, dass entgegen dem Abwägungsergebnis des LSG eine Beschäftigung nicht mehr angenommen werden könnte. Nur
dann kann vom BSG als Beschwerdegericht ausgehend von dem vom Berufungsgericht mit Bindungswirkung festgestellten Tatsachen nämlich beurteilt
werden, ob die von den Klägern gestellten Fragen im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt klärungsfähig sind.
Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Vielmehr räumen die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung
(S 14) selbst ein, dass es im vorliegenden Fall "einige Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis" gebe ("Dienstvertrag,
Vergütungsvereinbarung, Vereinbarung einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle"). Sofern die Kläger in diesem Zusammenhang
meinen und mit ihren Fragestellungen problematisieren, das LSG habe die Struktur und die satzungsmäßig verankerte Weisungslage
bei der Klägerin im Rahmen der Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zum Typus der Beschäftigung einerseits oder zum Typus der
selbstständigen Erwerbstätigkeit andererseits verkannt sowie das "Merkmal der Übernahme des Unternehmensrisikos" falsch bewertet
bzw zu Unrecht als Indiz für die Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses herangezogen, hätten die Kläger
die vom LSG zur Bestimmung der Struktur und Weisungslage bei der Klägerin sowie des Merkmals der Übernahme eines Unternehmerrisikos
konkret festgestellten Tatsachen insgesamt darstellen, im Hinblick auf die Bedeutung für die konkrete Tätigkeit des Klägers
bewerten und ihrem hieraus folgenden Gewicht entsprechend zusammen mit allen anderen vom LSG festgestellten Indizien in die
Abwägung einstellen müssen. Diesbezügliche Ausführungen - insbesondere zum letztgenannten Aspekt - enthält die Beschwerdebegründung
aber nicht in gebotenem Maße. Der Senat kann daher nicht beurteilen, ob die aufgeworfenen Fragestellungen - jeweils für sich
genommen - auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts auch entscheidungserheblich sein können.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 8.12.2010 - 1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.