Gründe:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für ein Gutachten zur Abrechnung von Krankenhausleistungen und deren Kodierung
nach DRG-Fallpauschalen.
Das Sozialgericht hat die Vergütung nach Honorargruppe M 2 mit einem Stundensatz von 75 Euro festgesetzt, der Antragsteller
begehrt die Vergütung nach Honorargruppe M 3 zu einem Stundensatz von 100 Euro.
Die Beschwerde ist zulässig, da der Beschwerdewert 200 Euro übersteigt (§ 4 Abs. 3 JVEG). Denn mit dem angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. April 2017 wurden 1.209,86 Euro festgesetzt, der
Antragsteller begehrt 1.433,29 Euro.
Das Landessozialgericht hat nach § 4 Abs. 7 Satz 2 in Senatsbesetzung entschieden, da die Frage, wie ein Gutachten über die
Abrechnung von Krankenhausleistungen und deren Kodierung nach DRG-Fallpauschalen im Zuständigkeitsbereich des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg zu vergüten ist, grundsätzliche Bedeutung hat.
Anspruchsgrundlage der Vergütung ist § 9 Abs. 1 JVEG i. V. m. der Anlage 1. Danach bestimmt sich die Zuordnung der Leistungen zu einer Honorargruppe nach Anlage 1. Ist die Leistung
auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft das medizinische oder psychologische Gutachten mehrere Gegenstände und
sind die Sachgebiete oder Gegenstände verschiedenen Honorargruppen zugeordnet, bemisst sich das Honorar einheitlich für die
gesamte erforderliche Zeit nach der höchsten Honorargruppe (§ 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG).
Der Senat hält das Gutachten über die zutreffende Abrechnung von Krankenhausleistungen nach DRG-Fallpauschalen letztlich für
ein medizinisches Gutachten, so dass im Grundsatz die Honorargruppen M 1 bis M 3 einschlägig sind. Dabei verkennt er nicht,
dass die Subsumtion eines bestimmten medizinischen Sachverhaltes unter Abrechnungstatbestandsvoraussetzungen zumindest auch
ein verwaltungsrechtlicher Vorgang ist.
Auszugehen ist zunächst davon, dass den jeweils beispielhaft aufgeführten Fallgruppen in Anlage 1 zu den Honorargruppen M
1 bis M3 Gutachtenerstattungen zur Kodierung von Krankenhausleistungen und deren Abrechnung nicht zu entnehmen sind. Auch
in den Nummern 1 bis 40 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG findet sich eine Sachgebietsbezeichnung "Abrechnung von Krankenhausleistungen" oder vergleichbares nicht.
Dennoch ist der Senat der Auffassung, dass die Abrechnung und Kodierung von Krankenhausleistungen nach DRG-Fallpauschalen
im Kern ein medizinisches Sachverständigengutachten darstellt, dessen Vergütung sich nach den Honorargruppen M1 - M3 zu richten
hat. Denn nach dem Abrechnungssystem nach Fallpauschalen bestimmen die Haupt- und Nebendiagnosen die Abrechenbarkeit der Leistung.
Welche abrechenbare Leistung vorliegt, entscheidet sich auf medizinischem Gebiet, nämlich danach, welche Haupt- und Nebendiagnosen
nach zutreffender ärztlicher Feststellung vorliegen. Auch wenn die Abrechnung selbst und die Subsumtion unter bestimmte Fallgruppen
eher ein Verwaltungshandeln oder eine juristische Subsumtion darstellen, ist deren Ergebnis zwingend durch den medizinischen
Sachverhalt vorgegeben. Damit ist im Kern über die Abrechnung eines medizinischen Gutachtens zu entscheiden, so dass die Voraussetzungen
der Honorargruppen M 1 bis M 3 zu prüfen sind.
Soweit das Sozialgericht der Auffassung war bzw. ist, dass regelmäßig die Voraussetzungen der Honorargruppe M 2 erfüllt sind,
vermag der Senat dem so nicht zu folgen. Zwar ist dem Sozialgericht darin zuzustimmen, dass keine medizinische Begutachtung
im Sinne der Notwendigkeit der Erbringung der erbrachten Leistungen stattfindet. Die Rechtsauffassung aber, dass differenzialdiagnostische
Problemstellungen, die die Honorargruppe M 3 rechtfertigen, nicht abzuklären sind, kann der Senat nicht teilen. Wird die Abrechnung
zwischen Krankenhaus und Krankenkasse streitig, die abhängig ist von der Feststellung der Haupt- und Nebendiagnosen, so geht
es immer um die Frage, wie die zugrunde liegende und behandelte Erkrankung differenzialdiagnostisch zu fassen und damit -
zwangsläufig - abzurechnen ist. Deshalb stellen sich in Gutachten der vorliegenden Art praktisch immer differenzialdiagnostische
Probleme im Hinblick auf die behandelte Erkrankung und deren Abrechnung, da es ansonsten nicht zu einem Streit zwischen Krankenkasse
bzw. dem MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) und dem Krankenhaus gekommen wäre. Denn der Streit setzt in aller
Regel voraus, dass die Erkrankung und deren Behandlung differenzialdiagnostisch unterschiedlich bewertet werden. Regelmäßig
liegt damit auch eine komplizierte Fragestellung vor, denn bei einfachen Abrechnungen und Behandlungen wird zwischen Ärzten,
Krankenhäusern und Krankenkassen kaum Streit entstehen können, welches die Haupt- und Nebendiagnose gewesen ist. Eine solche
komplexe Abklärung des Krankheitsbildes und seiner Behandlung und deren Einstufung als Haupt- oder Nebendiagnose rechtfertigt
daher regelhaft die Honorargruppe M 3.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Feststellung der Erkrankungen aus den Verwaltungsvorgängen eher der Fertigung eines
Zustandsgutachtens nach der Honorargruppe M 2 entsprechen dürfte. Die Bewertung aller Erkrankungen i.S. einer Haupt- und Nebendiagnose
ist aber regelhaft differenzialdiagnostisch schwierig, so dass nach § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG die höchste der Honorargruppen insgesamt zur Anwendung zu bringen ist.
Damit erscheint es dem Senat allerdings nicht ausgeschlossen, dass in relativ einfachen Fällen, die aus welchen Gründen auch
immer vor Gericht streitig geworden sind, auch einmal nur die Voraussetzungen der Honorargruppe M 2 erfüllt sind, weil sich
komplizierte differenzialdiagnostische Fragestellungen gerade nicht stellen. Allerdings dürfte dies eher selten der Fall sein,
denn wenn ein einfacher medizinischer Sachverhalt zugrunde liegt, dürfte kaum Streit um die richtige Diagnose und deren Verschlüsselung
entstehen. Sollte der Streit allerdings auf eher juristischem Gebiet bei der Definition von Fallgruppen liegen, würde sich
die Sache ohnehin nicht zur medizinischen Begutachtung eignen, da die zu beurteilende Fragestellung dann nicht mehr medizinischer
Art ist. Sollte in diesen Fällen trotzdem ein Gutachten eingeholt worden sein, liegt es nahe, dieses nur mit Honorargruppe
M 2 zu vergüten.
Vorliegend besteht allerdings kein Zweifel, dass differenzialdiagnostische Probleme bestanden, die die Honorargruppe M 3 rechtfertigen.
Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gutachter auf Seite 15 ausgeführt hat, dass die Angaben und Auffassungen der Beklagtenseite
auf der Basis von zwei MDK-Gutachten von der Gutachterseite nicht bestätigt werden können. Der Gutachter hat sich hier ausführlich
mit den unterschiedlichen Diagnoseschwerpunkten zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus, der OP-Indikation und der Entlassung
auseinandergesetzt und ist hierbei differenzialdiagnostisch gerade von der Auffassung des MDK abgewichen. Dabei verkennt der
Senat nicht, dass die Ermittlung der Erkrankung aus den Akten sicher eher auf ein Zustandsgutachten der Honorargruppe M 2
hinweist. Mit der Herausarbeitung der Erkrankungen aus der Krankenakte ist die Gutachterarbeit aber nicht abgeschlossen. Diese
Leistung ist vielmehr Voraussetzung für die dann doch wesentlich kompliziertere differenzialdiagnostische Fragestellung nach
Haupt- und Nebendiagnose.
Das Ergebnis des Senats, dass Gutachten der vorliegenden Art regelmäßig nach Honorargruppe M 3 mit einem Stundensatz von 100
Euro zu vergüten sind, findet im Rahmen einer vergleichenden Betrachtungsweise auch in der Nummer 17 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG eine Stütze. Auch wenn diese Fallgruppe (Honorarabrechnungen von Architekten und Ingenieuren) hier sicher nicht einschlägig
ist, ergibt aber die dort zugeordnete Honorargruppe 9 einen Stundensatz von 105 Euro. Sind also Honorarabrechnungen in anderen
Berufen, die eine akademische Ausbildung voraussetzen, mit einem Stundensatz von um die 100 Euro zu vergüten, so spricht nichts
dagegen, dass dasselbe für die Vergütung von Medizinern gilt. Insoweit hat auch das Sozialgericht bereits dargestellt, dass
die zu beantwortenden Fragestellungen komplex sind, insbesondere im Hinblick auf das vielschichtige, sich ständig verändernde
Regelungswerk, u. a. Kodierrichtlinien und Abrechnungsvereinbarungen.
Damit folgt der Senat den Beschlüssen des Thüringischen Landessozialgerichtes vom 13. März, 15. März und 3. April 2012 (L 6 SF 197/12 B; L 6 SF 224/12 B; L 6 SF 306/12 B zitiert nach juris) nicht, da dort ohne nähere Begründung davon ausgegangen worden ist, dass es sich bei Gutachten der
vorliegenden Art um Zustandsgutachten nach der Honorargruppe M 2 handelt.
In der Sache selbst war festzustellen, dass die Seiten 1 bis 3 des Gutachtens nicht abrechnungsfähig sind, weil diese lediglich
den Gutachtensauftrag wiederholen und die Qualifikation des Gutachters darstellen. Dasselbe gilt für die Seite 18, die außer
zwei Zeilen allein die Unterschrift des Gutachters enthält. Damit sind 14 Seiten abrechnungsfähig. Anders als bei sonstigen
medizinischen Gutachten sieht der Senat es hier nicht als sachgemäß an, einen so genannten "einfachen Teil" des Gutachtens
nur mit einem Zeitaufwand von einer Stunde für 3 Seiten zu honorieren. Denn Untersuchung und Anamneseerhebung, die sonst den
Kern des einfachen Teils eines Gutachtens darstellen, sind vorliegend nicht erforderlich. Die Feststellung der Erkrankung
und deren Bewertung lässt sich kaum sinnvoll trennen. Damit ergeben sich für die Ausarbeitung des Gutachtens 7 Stunden (14
Seiten geteilt durch 2 Seiten pro Stunde). Hinzukommen weitere 7 Stunden (aufgerundet) für das Aktenstudium und Diktat, Durchsicht
und Korrektur, wie das Sozialgericht in seinem Beschluss zutreffend erkannt hat. Der Senat folgt hier dem Sozialgericht, dass
bei der Durchsicht der allein vom medizinischen Material geprägten Akten nicht von einem Umfang von 100 Seiten pro Stunde
bei der Durchsicht auszugehen ist. Die Ansetzung von etwa 4 Stunden für die Aktendurchsicht von 241 Seiten begegnet daher
keinen Bedenken. Für Diktat, Durchsicht und Korrektur von 14 Seiten kann entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats
von 5 Seiten pro Stunde ausgegangen werden, so dass sich eine Stundenzahl von 2,8 ergibt.
Damit ergeben sich 13,8 Stunden, die gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG auf volle Stunden, mithin 14 Stunden aufzurunden sind. Hinzukommen die geltend gemachten Schreibauslagen (20, 70 Euro) und
Kosten für Porto (6,99 Euro) und Kopien (14 Euro). Damit ergibt sich, dass das Honorar antragsgemäß festzusetzen war. Eine
Festsetzung über den geltend gemachten Betrag hinaus ist rechtlich nicht möglich.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).