Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung und Entschädigung einer Hauterkrankung.
Die 1943 geborene Klägerin erlernte, nachdem sie zunächst von September 1959 bis März 1961 als Hausgehilfin bzw. Haushaltspraktikantin
und von April 1961 - April 1962 als Krankenpflegeschülerin tätig war, vom 2. April 1962 bis 21. April 1964 den Beruf der Krankenschwester.
In der Folgezeit arbeitete sie ihren Angaben zufolge für den Ev. Diakonieverein bzw. andere Träger mit einer Unterbrechung
von drei Monaten (1. April 1966 bis 16. Juli 1966), in der sie Hebammenschülerin war, als Krankenschwester in verschiedenen
Krankenhäusern. Ab August 1967 war sie als Operationsschwester tätig. Im November/Dezember 1967 bzw. Januar 1968 kam es zu
entzündlichen Hautveränderungen an den Händen und Unterarmen, die sich unter Behandlung besserten, aber zu keiner Abheilung
führten. Zu einer Krankschreibung kam es nicht. Im Januar 1969 gab die Klägerin ihre Tätigkeit als Op-Schwester auf, reduzierte
ihre Arbeitszeit und arbeitete als Sprechstundenhilfe bzw. Aushilfskraft in der gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses.
Gleichzeitig besuchte sie vom 1. März bis 30. September 1969 eine private Lehranstalt und erlangte am 18. September 1969 die
Mittlere Reife.
Am 7. Februar 1969 ging bei der Beklagten die Anzeige des Ev. Diakonievereins und am 21. März 1969 die Anzeige der Ärztin
Dr. F über eine bei der Klägerin vorliegende Berufskrankheit nach der Nr. 46 der
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) ein. Nach dem ersten Untersuchungsbefund, den der Arzt B am 10. März 1969 erhob, bestand ein Kontaktekzem, das jedoch wegen
einer verhältnismäßig geringen Exposition lokal begrenzt geblieben sei und nicht zur Krankschreibung geführt habe. Die Beklagte
veranlasste dann eine Begutachtung der Klägerin, die im Klinikum S durch die Hautärzte Prof. Dr. S/PD Dr. K am 30. Juni 1969
vorgenommen wurde. Auch sie nannten als Diagnose ein allergisches Kontaktekzem. Als Auslöser hierfür sahen sie in erster Linie
Formaldehyd bzw. formaldehydhaltige Desinfektionsmittel oder andere Berufsnoxen an und führten die Erkrankung auf die Tätigkeit
der Klägerin als Krankenschwester, insbesondere als Op-Schwester zurück. Sie schlugen einen Ausgleich für den durch die Berufskrankheit
erlittenen Verdienstausfall vor. Der Landesgewerbearzt Dr. P ging in seinen Stellungnahmen vom 15. August 1969 und 9. Oktober
1969 ebenfalls davon aus, dass eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit im Sinne der Ziffer 46 der 7.
BKV vorliege. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezifferte er auf 30 v. H. bis zu einer für Mai 1970 vorgesehenen Nachuntersuchung.
Mit Schreiben vom 15. April 1970 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass gegen einen Wechsel von der Schwesterntätigkeit
zur Schul- oder Lehrschwester ärztlicherseits keine Bedenken bestünden. Da die Klägerin nach ihrer Schulung im Schwesternberuf
verbleibe, käme eine Entschädigung des Hautleidens nicht in Betracht. Sollte die Klägerin mit dieser Mitteilung nicht einverstanden
sein, so werde ihr ein klagefähiger Bescheid erteilt. Mit gleichem Schreiben gewährte ihr die Beklagte aufgrund des durch
das Hautleiden bedingten Wechsels der Schwesterntätigkeit Berufshilfe für die Fortbildung zur Lehrschwester vom 1. April 1970
bis 31. März 1971 und erkannte auch die schulische Ausbildung vom 1. März 1969 bis 30. September 1969 als berufsfördernde
Maßnahme an. Insoweit enthielt das Schreiben eine Rechtsmittelbelehrung. Einwände hiergegen erhob die Klägerin nicht.
In der Zeit vom 1. November 1969 bis 15. April 1970 war die Klägerin als Unterrichtsschwester/Unterrichtspraktikantin tätig.
Die Ausbildung als Lehrkraft für Krankenpflege begann sie am 6. April 1970. Nach einer Unterbrechung wegen Kindererziehung
beendete sie ihre Ausbildung mit dem Abschluss am 24. März 1972. Nach einer erneuten Unterbrechung wegen Kindererziehung kehrte
die Klägerin von Mai bis Dezember 1979 und Februar 1980 bis Dezember 1980 in ihren Beruf als Krankenschwester zurück, arbeitete
jedoch nur aushilfsweise als Nachtwache. Es schloss sich dann erneut eine Zeit der Kindererziehung an, bis sie ab 1. Januar
1986 die Tätigkeit als Lehrkraft für Krankenpflege (Unterrichtsschwester) aufnahm und bis 31. März 1988 ausübte. Es folgten
Zeiten als Hausfrau sowie der Arbeitslosigkeit vom 29. April 1988 bis 31. März 1990. Ab 1. April 1990 arbeitete sie wieder
als Vollzeitkraft und zwar zunächst bis 31. August 1990 als stellvertretende Stationsleitung in einem dem Arbeiter-Samariter-Bund
(ASB) gehörenden Krankenhaus für chronisch und psychisch Kranke. Von September 1990 bis Juni 1991 war sie zur Hälfte als stellvertretende
Stationsleitung und zur anderen Hälfte als Lehrkraft für Krankenpflege tätig. In der Folgezeit vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni
2000 war sie mit einer halben Stelle als Lehrkraft für Krankenpflege und mit einer halben Stelle als Hygienefachschwester
beschäftigt. Seit Dezember 2000 war sie bis zu ihrer Kündigung zum 31. Dezember 2004 ausschließlich als Hygienefachschwester
beschäftigt. Ab 1. Januar 2005 trat wegen betriebsbedingter Kündigung Arbeitslosigkeit ein. Mittlerweile ist die Klägerin
Rentnerin.
Mit dem am 23. Januar 2001 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben machte die Klägerin das Vorliegen einer Berufserkrankung
wegen Kniebeschwerden geltend. Gleichzeitig wies sie auf ihre "Berufskrankheit, Allergie (Haut)" hin, die weiterhin bestehe.
Die Beklagte zog zunächst einen Bericht der die Klägerin behandelnden Hautärztin Dr. L vom 2. Juli 2002 bei. In der beratenden
Stellungnahme des Hautarztes Dr. A vom 27. Februar 2002 führte dieser nach Untersuchung der Klägerin aus, es bestehe der Verdacht
auf ein beruflich erworbenes Kontaktekzem bei Sensibilisierung auf Formaldehyd, auf eine Kontakturticaria Grad III bei Sensibilisierung
auf Naturlatex, atopisches Ekzem und auf ein orales Allergiesyndrom, Kniegelenksarthrose. Die Klägerin sei als Hygienefachkraft
für den ASB in verschiedenen Einrichtungen tätig. Diese Tätigkeit werde bis auf den möglichen Allergenkontakt als nicht hautbelastend
eingeschätzt und könne mit den brachenüblichen Schutzmaßnahmen bei Verwendung latexfreier Materialen weiter durchgeführt werden.
Die Beklagte ließ sich von der Barmer Ersatzkasse eine Aufstellung über Erkrankungen der Klägerin vorlegen. Es ergab sich
danach eine Behandlung/Arbeitsunfähigkeitszeit wegen Neurodermitis in der Zeit vom 19. bis 24. Januar 1998. Ferner holte sie
erneut einen Befundbericht der Hautärztin Dr. L vom 30. März 2003 ein, die u. a. mitteilte, keine Arbeitsunfähigkeitszeiten
festgestellt zu haben. Auf Anfrage bei der Betriebsärztin der Klägerin, Frau Dr. B, teilte diese am 20. Juni 2003 unter Übersendung
weiterer medizinischer Befunde mit, sie habe die Klägerin lediglich als Schulschwester und Hygienefachkraft im ASB angetroffen.
Eine "G 24" sei wegen fehlender Hautbelastung nicht angezeigt gewesen. Die Klägerin habe über muskuloskeletale Beschwerden
geklagt. Anschließend ließ die Beklagte die Klägerin durch den Direktor der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
der Charité, Prof. Dr. S, begutachten. In dem Gutachten vom 19. Januar 2004, das nach stationärem Aufenthalt der Klägerin
vom 16. Dezember 2003 bis 19. Dezember 2003 unter Mitarbeit der Oberärztin PD Dr. W und der Ärztin im Praktikum J erstattet
wurde, ist als Diagnose vermerkt: Mildgradig ausgeprägtes Handekzem bei atopischer Diathese, wobei eine toxisch-irritative
Komponente bei zumindest beruflicher weitgehender Meidung der bekannten Sensibilisierungen eine Rolle spiele. Als Ursache
der Hautbeschwerden könne die damalige Tätigkeit als Operationsschwester und der daraus resultierende Kontakt mit Reinigungs-
und Desinfektionsmitteln bei bestehender atopischer Diathese angesehen werden. Eine Verschlimmerung könne nicht allein durch
die beruflichen Einwirkungen gezeigt werden, da die Tätigkeit als Lehrschwester eine geringe Hautbelastung berge. Allenfalls
sei von einer beruflichen Teilkomponente bei Verschlimmerung des Hautekzems auszugehenSeit Dezember 2000 arbeite die Klägerin
ausschließlich als Hygienefachschwester. Dabei habe sie sowohl administrative und organisatorische Arbeiten als auch praktische
Tätigkeiten (Begehungen von Stationen und Küchen, Kontrolle der Gebäudereinigung, Kontrolle von Medizingeräten) zu verrichten.
Es komme dabei zum Kontakt mit Wasser, Haut- und Flächendesinfektionsmitteln, Gummistoffen, Textilien und Metallen und Patientenkontakt
bei Hygienefragen. Die Klägerin habe durch eine konsequente Therapie und Hautschutzmaßnahmen mit Zwirnhandschuhen und Hautpflegecreme
einen mäßig stabilen Hautzustand erlangt. Mit der aktuellen Arbeitstätigkeit könne sie bei regelmäßiger und selbständiger
Therapie und Pflege der Haut diesen Zustand weiter beibehalten. Während der Zeit, in der sie nicht als Krankenschwester gearbeitet
habe, sei es zu keiner Besserung des Handekzems gekommen. Die Klägerin habe mit der beruflich erworbenen Krankheit weitergearbeitet.
Auch aktuell drohe keine Gefahr einer berufsbedingten Hautkrankheit unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Tätigkeiten
als Hygienefachschwester und Lehrkrankenschwester einen großen Teil organisatorischer Arbeit beinhalteten. Mit Bescheid vom
19 Februar 2004 lehnte die Beklagte "die Rücknahme des Verwaltungsaktes vom 15. April 1970 ab". Ein Zwang zur Aufgabe der
Tätigkeit als Krankenschwester habe nicht bestanden, da mit einer ausreichend antientzündlichen Lokaltherapie eine Stabilisierung
des Hautzustandes habe erfolgen können.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und bezog sich auf ein Attest von Frau Dr. L vom 1. Juni 2006, die ausführte,
dass es sich um eine durch den Beruf verursachte Hauterkrankung mit wiederholten Rückfällen handele. Die Beklagte beauftragte
sodann den Hautarzt, Allergologen und Umweltmediziner Prof. S mit einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage. Prof.
S führte in seiner Stellungnahme vom 16. Juni 2004 aus, dass eindeutig berufsbedingt Sensibilisierungen vom Typ IV auf Formaldehyd,
Glutaraldehyd, Glyoxal-Trimer und 4-Aminomethylbenzolsulfonamid vorlägen. Auch er verneinte einen aktuellen Zwang zur Aufgabe
der Tätigkeit als Hygienefachschwester, da die Klägerin ihren Hautzustand trotz des persistierenden Ekzems einigermaßen erträglich
halten könne. Längere Unterbrechungen der Berufstätigkeit hätten zu keiner Besserung oder wesentlichen Abheilung geführt.
Dem Bericht des Berufshelfers B vom 2. Dezember 2004 ist zu entnehmen, dass auch dieser die Fortführung der Tätigkeit als
Hygieneschwerster bei Beachtung der empfohlenen Hautschutzmaßnahmen für möglich erachtet.
Mit Bescheid vom 25. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, mit Verwaltungsakt
vom 15. April 1970 sei die Anerkennung der Hautkrankheit als Berufskrankheit abgelehnt worden, weil die Erkrankung nicht zur
völligen Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Krankenschwester geführt habe. Als Lehrschwester habe die Klägerin weiterhin
im Krankenpflegedienst arbeiten können, unzweifelhaft habe auch bei diesen Tätigkeiten eine Hautbelastung, wenn auch geringer
als bei der früheren Tätigkeit, bestanden. Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens habe sich gezeigt, dass die Klägerin als Hygienefachkraft
nur einer geringen Hautbelastung ausgesetzt sei und diese Tätigkeit ausgeübt werden könne. Eine Voraussetzung zur Anerkennung
einer Hautkrankheit als Berufskrankheit, nämlich der Zwang zur Unterlassung aller Tätigkeiten, die für die Entstehung, die
Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein könnten, läge nicht vor. Der Widerspruchsausschuss
weise darauf hin, dass der ursächliche Zusammenhang zwischen der Hauterkrankung bei Sensibilisierung auf Formaldehyd und der
Tätigkeit als Op-Schwester sehr wohl anerkannt worden sei. Es fehle jedoch der objektive Zwang zur Aufgabe aller gefährdenden
Tätigkeiten.
Deswegen hat die Klägerin am 5. September 2005 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Sie ist der Ansicht, dass sie ihren
Lehrberuf als Krankenschwester wegen der berufsbedingten Hauterkrankung habe aufgeben müssen. Hieran ändere der Umstand, dass
sie als Lehrschwester gearbeitet habe, nichts. Für diese Tätigkeit habe sie sich neu qualifizieren müssen.
Das Sozialgericht hat auf Antrag der Klägerin nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ein Gutachten von dem Dermatologen und Allergologen Prof. Dr. M eingeholt. Der Sachverständige hat in dem Gutachten von
16. Juli 2006 ausgeführt, dass bei der Klägerin ein subakut-akutes chronisch- rezidivierendes, kumulativ-toxisches Händeekzem
mit Streuherden bei diversen Typ-IV-Sensibilisierungen und bei atopischer Diathese bestehe. Zumindest die Typ-IV-Sensibilisierung
gegen Formaldehyd sei mit großer Wahrscheinlichkeit berufsbedingt anzusehen. Übereinstimmend mit dem Gutachten von Prof. S
werde die Hauterkrankung derzeit als mildgradiges Ekzem eingestuft, bei dem es mit konsequenter Pflege und Therapie intermittierend
zur Abheilung der Hauterscheinungen komme. Es ergebe sich eine MdE von 10 v. H. Es könne eine wesentliche Besserung der Hautkrankung
bei entsprechender Behandlung erfolgen.
Mit Urteil vom 18. April 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Soweit sich die Klage auf Verpflichtung zur Aufhebung
des Bescheides vom 15. April 1970 richtete, wurde sie als unzulässig abgewiesen, nachdem im Rahmen der mündlichen Verhandlung
zuvor der Hinweis ergangen war, dass es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 15. April 1970 im Hinblick auf die Ablehnung
einer Berufskrankheit nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Der Bescheid vom 19. Februar 2004 sei jedoch als ablehnender
Erstbescheid über das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur
BKV anzusehen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung lägen jedoch nicht vor.
Gegen das ihr am 11. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Juni 2008 Berufung eingelegt. Es stehe fest, dass
sie ihren Beruf als Krankenschwester habe aufgeben müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. April 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2004 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. April 1970
zu verurteilen, ihre Hautkrankheit als Berufskrankheit anzuerkennen und ihr Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Nach wie vor sei zu konstatieren, dass ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit
als Krankenschwester im Jahr 1969 mangels Unterlassung nicht aller möglicherweise hautgefährdenden beruflichen Tätigkeiten
bis Ende der Berufstätigkeit im Jahr 2004 nicht angenommen werden könne und sich insoweit auch kein Zwang zur Aufgabe der
zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Hygienefachkraft begründen lasse.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
und die vorgelegten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Entscheidung des Beklagten vom 15. April 1970 sowie des Bescheides vom
19. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005. Die Bescheide sind rechtmäßig. Ein Anspruch
auf Anerkennung ihrer Hautkrankheit als BK ist nicht gegeben, deshalb kann sie auch keine Entschädigungsleistungen aus der
Gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 19. Februar 2004
ist, soweit die Rücknahme des Verwaltungsaktes vom 15. April 1970 streitig ist, § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden
sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Anders als das Sozialgericht geht der Senat davon aus, dass der Entscheidung
vom 15. April 1970 Regelungscharakter im Hinblick auf die Anerkennung der BK zukommt und daher ein Verwaltungsakt vorliegt.
Bei der Auslegung von behördlichen Verwaltungsmaßnahmen ist in Anwendung der für Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze
(§§
133,
157 des Bürgerlichen Gesetzbuches -
BGB -) vom objektiven Sinngehalt der Erklärungen auszugehen, wie sie der Empfänger bei verständiger Würdigung nach den Umständen
des Einzelfalles objektiv verstehen musste (Engelmann in von Wulffen, SGX 5. Aufl. 2005, § 31 RdNr. 26 mwN), wobei der der
Bestandskraft (Bindungswirkung) zugängliche Verfügungssatz zugrunde zu legen ist und zur Klärung seines Umfanges die Begründung
des Bescheides zu berücksichtigen ist (vgl. BSG Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 28/04 R -).
Ausgehend hiervon lässt sich vorliegend feststellen, dass sich das Schreiben vom 15. April 1970 im Wesentlichen mit zwei Komplexen
befasst. Im ersten Teil wird der Klägerin mitgeteilt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Entschädigung des Hautleidens
als Berufskrankheit nicht erfüllt seien. Unabhängig hiervon wurde der Klägerin von der Beklagten im zweiten Teil des Schreibens
Berufshilfe für die Fortbildung zur Lernschwester gewährt. Insoweit heißt es, die Beklagte "gewährt Ihnen (der Klägerin),
daher auf Grund des durch das Hautleiden bedingten Wechsels der Schwesterntätigkeit gemäß §§ 547 und 567
RVO Berufshilfe". Die Hilfe beinhaltete das Schulgeld, die Aufnahmegebühr, die Kosten des Lehrmaterials, Fahrgeld, Beiträge zur
freiwilligen Krankenversicherung während der Ausbildung sowie eine Wirtschaftshilfe. Weiterhin erklärte sich die Beklagte
bereit, auch die Kosten der privaten Lehranstalt, die die Klägerin zur Erlangung der Mittleren Reife besucht hatte, als berufsfördernde
Maßnahmen anzuerkennen. Dieser Teil des Schreibens ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.
Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte auch im Hinblick auf zu gewährende Entschädigungsleistungen, die bei Anerkennung
einer BK möglich waren, bereits im Jahr 1970 eine verbindliche ablehnende Regelung getroffen hat. Aus dem eindeutigen Wortlaut
der Ausführungen im ersten Teil des Schreibens ergibt sich, dass die Beklagte die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entschädigung
des Hautleidens als nicht erfüllt angesehen hat, d. h. das Vorliegen einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit nicht
anerkannt hat. Der Annahme einer Regelung steht insoweit auch nicht entgegen, dass die Beklagte diese Ausführungen nach dem
Wortlaut des Schreibens zunächst lediglich als Mitteilung verstanden wissen und nur bei Nichteinverständnis durch die Klägerin
einen rechtmittelfähigen Bescheid erlassen wollte. Die Beklagte hatte klar zum Ausdruck gebracht, dass auch bei einem "Bescheid
mit Rechtsmittelbelehrung" keine andere Entscheidung in der Sache ergehen werde, damit hatte sie ihre Entscheidung und somit
eine verbindliche Reglung im Sinne eines Verwaltungsakts bereits getroffen. Auch wenn die bereits getroffene Entscheidung
hier in die äußere Form einer Mitteilung gekleidet war, spricht dies nicht gegen einen Verwaltungsakt. Die Beklagte hatte
deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die bereits getroffene Regelung nur dann in der äußeren Form eines Bescheides verlautbaren
wollte, wenn die Klägerin sich im Klagewege gegen diesen hätte wenden wollen. Im Falle eines Einverständnisses der Klägerin
mit der Ablehnungsentscheidung hielt man deren Bekanntgabe in der Form eines Bescheids offenbar für unnötig. Dies findet seinen
Grund aber nicht darin, dass eine verbindliche Regelung nicht gewollt war, sondern darin, dass nach den Vorstellungen zum
Verfahrensrecht vor 40 Jahren eine ausreichende Verbindlichkeit durch das Einverständnis der Klägerin mit der Ablehnungsentscheidung
bereits hergestellt war. Letztlich hat sich diese Annahme dann auch bis zum Jahr 2001 als tragfähig erwiesen, so dass die
Beklagte im Rahmen des Überprüfungsverfahrens aus der Sicht des Senats zu Recht davon ausgegangen ist, am 15. April 1970 einen
ablehnenden Bescheid erlassen zu haben. Bei objektiver Würdigung der Umstände ist daher von einer ablehnenden Entscheidung
der Beklagten, die eine Regelung eines Einzelfalles vornimmt, also einem Verwaltungsakt auszugehen. Auch die Beklagte geht
in dem Bescheid vom 19. Februar 2004 von dem Vorliegen eines Verwaltungsaktes aus.
Der Bescheid war aber nicht rechtswidrig im Sinne von § 44 SGB X. Die Ablehnung von Entschädigungsleistungen wegen eines als BK anzuerkennenden Hautleidens im Jahr 1970 erfolgte zu Recht.
Auf das Verfahren waren die Vorschriften der
RVO anzuwenden. § 547
RVO bestimmte, dass der Träger der Unfallversicherung nach dem Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der folgenden Vorschriften
Leistungen, u. a. Verletztengeld oder Übergangsgeld und Verletztenrente gewährte. Als Arbeitsunfall galt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1
RVO auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung
des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer in den §§ 539, 540 und 543 - 545
RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2
RVO). Eine solche Bezeichnung nahm die
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) mit den so genannten Listenerkrankungen vor. Nach Nr. 46 der Anlage 1 zur
BKV vom 20. Juni 1968 (BGBl I 721) in der bis zum 31. Dezember 1976 geltenden Fassung gehörten zu den Berufskrankheiten schwere
und wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen
haben.
Das Merkmal des Unterlassens aller gefährdenden Tätigkeiten setzt in der Regel voraus, dass die Tätigkeit, die zur Erkrankung
geführt hat, aus arbeitsmedizinischen Gründen nicht mehr ausgeübt werden soll und dass der Versicherte die schädigende Tätigkeit
und solche Tätigkeiten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wideraufleben der Krankheit ursächlich sein können,
tatsächlich objektiv aufgegeben hat, wobei das Motiv des Versicherten unerheblich ist. Nach der Rspr. des BSG ist das Merkmal
der Aufgabe der belastenden Tätigkeiten erst dann erfüllt, wenn alle belastenden Tätigkeiten in vollem Umfang aufgegeben wurden
(BSG, Urteil vom 22. August 2000, B 2 U 34/99 R, zitiert nach Juris). Dabei können bei Vorliegen einer MdE von mindestens um 10 v. H. auch Schutzmaßnahmen ausreichen, wenn
bei Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit gewährleistet ist, dass die gefährdenden Noxen sicher gemieden werden (vgl. Urteil
des BSG vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 5/03 R - zitiert nach Juris Rdnr. 22 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 1).
Nach der Rspr. des BSG hat der Unterlassungszwang zwei Funktionen: Zum einen soll damit eine typisierende Festlegung des Schweregrades
der Krankheit erfolgen, um Bagatellerkrankungen, auch wenn sie kausal auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, von
einer Anerkennung und Entschädigung als BK auszuschließen. Vor allem aber soll ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn
gefährdenden Arbeitsplatz verhindert und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungspflicht
verhütet werden (vgl. BSGE 84, 30, 39 = SozR 3-2200 § 551 Nr. 12 S 44; BSG SozR 2200 § 551 Nr. 10, 24). Der zuletzt genannte Zweck wird nicht nur dann erreicht,
wenn der Versicherte seine Berufstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz
durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der
Krankheit durch Fortsetzung der Berufstätigkeit nicht mehr droht. Von daher böte es sich an, die Formulierung in §
9 Abs.
1 Satz 2, 2. HS
SGB VII bzw. in den einschlägigen Vorschriften der
BKV auf die konkreten Arbeitsbedingungen zu beziehen und das Unterlassungserfordernis als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitsplatz
so umgestaltet wurde, dass die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlichen
Faktoren vollständig und dauerhaft ausgeschaltet sind (vgl. BSG Urteil vom 9. Dezember 2003 RdNr. 22).
Damit steht fest: Es muss nicht nur ein objektiver Zwang zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit bestanden haben. Vielmehr
muss die gefährdende Tätigkeit auch tatsächlich aufgegeben worden sein, sei es durch Aufgabe der Tätigkeit an sich oder durch
Vermeidung der Gefahrstoffe am konkreten Arbeitsplatz. Dies dürfte die Klägerin verkennen, wenn sie im Verfahren zur Begründung
des Anspruchs darauf hinweist, dass sie falsch beraten worden sei, am "neuen" Arbeitsplatz ebenfalls den gleichen Gefahrstoffen
ausgesetzt war, wie als Op-Schwester, wenn auch im geringeren Umfang. Von der medizinischen Notwendigkeit (Zwang), die hier
ebenfalls nicht gegeben war, die gefährdenden Noxen zu meiden, einmal abgesehen, steht die bis 31. Dezember 2004 ausgeübte
Tätigkeit, bei der die Klägerin nach übereinstimmender Auffassung aller Gutachter den beruflich relevanten Schadstoffen weiter
ausgesetzt war, der Anerkennung einer BK Nr. 46 bzw. 5101 entgegen. Es steht dem Versicherten nicht frei, bei objektiv bestehendem
Zwang zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit, diese weiter auszuüben und sich entschädigen zu lassen.
Soweit die Klägerin im Verfahren wiederholt vorgetragen hat, dass sie die Tätigkeit als OP-Schwester doch aufgegeben habe
und daher die Tatbestandsvoraussetzung der Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten erfüllt sei, unterliegt sie einem Rechtsirrtum.
Entscheidend ist nicht die Aufgabe eines bestimmten Berufsbildes, sondern die Meidung der Gefahrstoffe. Eine Exposition gegenüber
den schädlichen Stoffen bestand aber sowohl in der Tätigkeit als Op-Schwester als auch in der der Lehrschwester. Deshalb fehlt
es an der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit, ganz abgesehen davon, dass ein Zwang zur Aufgabe wegen der nur mild ausgeprägten
Hauterkrankung nicht bestand.
Von einer entsprechenden Exposition gehen sowohl der Sachverständige Prof. S in seinem Gutachten vom 19. Januar 2004 als auch
der im Verfahren vor dem Sozialgericht nach §
109 SGG bestellte Gutachter Prof. M in dem Gutachten vom 16. Juli 2006 aus. Beide Gutachter führen aus, dass die Klägerin auch bei
ihrer Tätigkeit als Lehr- bzw. Hygieneschwester weiterhin u. a. mit Formalin, Metall, Metallschutzmitteln, Reinigungsmitteln,
Desinfektionsmitteln und Terpentin - wenn auch in geringerem Ausmaß -in Berührung gekommen ist. Dies wird auch von der Klägerin
nicht bestritten. Somit lagen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit mit Entschädigungsleistungen aufgrund
des Hautleidens nicht vor. Soweit das Sozialgericht mit den von ihm genannten Gründen vertretbaren Gründen davon ausgegangen
ist, dass neben einer - seiner Auffassung ins Leere gehenden - Überprüfungsentscheidung nach § 44 SGB X auch eine Erstentscheidung im Hinblick auf die BK Nr. 5101 im angefochtenen Bescheid vom 19. Februar 2004 zu sehen ist, begegnet
die Klageabweisung ebenfalls keinen Bedenken.
Bis zum 31. Dezember 2004 war die Klägerin während ihrer Tätigkeit den Gefahrstoffen ohne ausreichende Schutzvorrichtungen
weiter ausgesetzt (vgl. insoweit den Bericht des Berufshelfers vom 2. Dezember 2004, nach welchem die Klägerin das richtige
Desinfizieren der Hände mit den Mitteln, gegen die sie allergisch ist, regelmäßig vorgeführt hat). Im Übrigen folgt der Senat
den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. S in dem Gutachten vom 19. Januar 2004, nach denen sich derzeit kein Zwang zur
Aufgabe der Tätigkeit als Hygieneschwester begründen lässt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass mit ausreichend antientzündicher
Lokaltherapie der Hautzustand der Klägerin stabil zu halten sei. Zudem sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen,
dass neben berufsrelevanten Typ-IV-Sensibilisierungen auch diverse nicht berufsrelevante Typ-IV-Sensibilisierungen zur Unterhaltung
des Handekzems beigetragen hätten. Neben der konsequenten Pflege mit Urea-haltigen Externa wird eine Therapie mit nichtsteroidalen
antientzündlichen Externa wie Elidel oder Protopic empfohlen, womit eine Abheilung der Hautveränderungen der Hände und des
Körpers erreicht werden könne. Insoweit hat auch Prof. Dr. M ausgeführt, dass die Hauterkrankung der Klägerin selbst heute
intermittierend abheile, obwohl die Erkrankung durch konsequente Therapie wesentlich zu bessern wäre. Dazu kommt es deshalb
nicht, weil die Klägerin diesen Therapieansätzen sehr skeptisch gegenüber steht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in §
193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG genannten Gründe vorliegt.