Berücksichtigung von Wohnsitzausländern bei der Berechnung morbiditätsbedingter Gesamtvergütung (MGV)
Fremdkassenzahlungsausgleich
Differenzierungsverbot
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, inwieweit Wohnsitzausländer bei der Berechnung der morbiditäts-bedingten Gesamtvergütung (MGV) für die Klägerin, die Kassenärztliche Vereinigung (KV) H., zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin verlangte für die Quartale I/2009 bis einschließlich IV 2012 von der Beklagten - einer Krankenkasse, die zunächst
dem BKK-Landesverband N. angehörte und seit dem 1. Juli 2010 dem BKK-Landesverband N1 angehört - MGV unter Ansetzung auch der Anzahl derjenigen Versicherten der Beklagten, die ihren Wohnsitz seinerzeit im Ausland hatten (Wohnsitzausländer).
Die Beklagte verweigerte unter Hinweis auf eine ihrer Auffassung nach fehlende Rechtsgrundlage die Zahlung von insgesamt 71.062,03
Euro. In § 2 Abs. 3 der Anlage 14 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) heißt es dazu:
"Sofern ein Mitglied einer Krankenkasse, die Verträge nach §
83 Abs.
1 S. 1
SGB V geschlossen hat, seinen Wohnsitz im Ausland hat, verständigen sich die Partner der Gesamtverträge im Bereich der Kassenärztlichen
Vereinigung, in deren Bezirk die Krankenkasse ihren Sitz hat, über Art und Höhe der Gesamtvergütung."
Die Klägerin hat am 28. April 2011 bei dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben und Zahlung von zunächst 36.027,45 Euro nebst
Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Fälligkeit beantragt. Sie hat die Klage anschließend laufend um
die ihrer Meinung nach ausstehenden Beträge in den Folgequartalen erweitert und vor dem Sozialgericht zuletzt einen Betrag
in Höhe von 71.062,03 Euro nebst Zinsen gemäß gesonderter Zinsstaffel geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, mit dem für die
Beklagte zuständigen Landesverband sei eine Verständigung in dem genannten Sinne erzielt worden, denn ihren Honorarvereinbarungen
2009 und 2010 seien bestimmte Datensatzarten zugrunde gelegt worden, die die Versichertenzahl einschließlich der sogenannten
Wohnsitzausländer berechneten (Datensätze ARZTRG87c4BB und ARZTRG87c4 bzw. ARZT87aBRUTTOLB und ARZTG87aMGVBB; s. Anlage 3
Ziff. 6 zur Honorarvereinbarung 2009 und Anl. 2a Ziff. 6 zur Honorarvereinbarung 2010). Diese Satzarten seien eine unveränderte
Umsetzung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses, wonach die Leistungssegmente A1 bis A5 sowie L, N und RA in die Berechnung
des mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarfs einflössen. Zwar sei während
der Honorarverhandlungen keine ausdrückliche bzw. schriftlich festgehaltene Verständigung mit dem BKK Landesverband N., der
die Beklagte vertreten habe, erzielt worden. Die Verständigung über die entsprechenden Satzarten, bei denen die Wohnsitzausländer
Berücksichtigung fänden, sei aber gelebte Praxis, so dass die Beklagte nicht berechtigt sei, die Honorarforderungen und die
Abschlagszahlungen zu kürzen. Der Zinsanspruch folge aus § 13 Abs. 4 des Gesamtvertrags sowie § 69 Satz 1 und 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit §§
291,
281 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB). Die Beklagte befinde sich in Zahlungsverzug.
Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, eine Verständigung über die Berücksichtigung von Wohnsitzausländern sei zwischen
den Partnern der Gesamtverträge zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Die Klägerin sei hierzu nicht bereit gewesen. Die erwähnten Honorarvereinbarungen
enthielten keine Verständigung. Der vergütungsmäßige Umgang mit dem Personenkreis sei nach wie vor nicht einvernehmlich zwischen
den Gesamtvertragspartnern geregelt. Weder das Gesetz noch der Gesamtvertrag enthielten damit eine Grundlage für das streitgegenständliche
Begehren der Klägerin. Die Satzart ANZVER87c4 unterscheide zwischen Versicherten in In- und Ausland. Stehe von vornherein
fest, dass zur Ermittlung des Behandlungsbedarfs allein die letzte Spalte dieser Satzart - also unter Hinzurechnung der Wohnsitzausländer
- relevant sein solle, hätte es einer bundesmantelvertraglichen Regelung, wonach sich die Vertragspartner noch verständigen
sollten, nicht bedurft. Gerade wegen dieser unterschiedlichen Behandlung in den KV-Bezirken weise die Satzart ANZVER87c4 die
verschiedenen Varianten einer Berücksichtigung von Wohnortausländern aus.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 17. Juli 2013 stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung der restlichen Gesamtvergütung
für die Abrechnungsquartale ab I/2009 nebst Zinsen verurteilt. Mit der Benennung der Satzart ARZT87c4 bzw. ANZVER87c4 durch
die Beteiligten in der Honorarvereinbarung sei auf eine Definition zurückgegriffen worden, die nicht von den Vertragspartnern
stamme, sondern die auf den in der 154. Sitzung des Bewertungsausschusses nach §
87 Abs.
1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) gefassten Beschluss zur Datenlieferung zur erstmaligen Bestimmungen des mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten
verbundenen Behandlungsbedarfs für jede Krankenkassen zurückgehe. Nach dieser Satzart werde zur Bestimmung der Versichertenzahl
pro Kasse nach Wohnsitz auch die Anzahl der Versicherten mit Wohnsitz im Ausland (Zuordnung zum KV-Bereich am Kassensitz,
vgl. Seite 44 des Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 154. Sitzung erfasst. Ob nach diesem Rückgriff auf die Definition
des Bewertungsausschusses überhaupt noch Raum für die in der Anlage 14 des BMV-Ä geforderten Verständigung gewesen sei, könne dahin stehen, denn in der vereinbarten Verwendung der genannten Satzart liege
schon eine ausreichende Verständigung über die Art und Höhe der Gesamtvergütung für Wohnsitzausländer. Es könne auch offen
bleiben, ob die vorgenommenen Einbehalte schon eine nach §
85 Abs.
2 Satz 3 (
SGB V) unzulässige unterschiedliche Vergütung von Versicherten darstelle.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 26. Juli 2013 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 23. August 2013 Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt sie vor, durch die Benennung der Satzarten ARZT87c4 bzw. ANZVER87c4 sei keine "Verständigung" erfolgt.
Die Satzart ARZT87c4 enthalte gar keine Bestimmung über Daten für Wohnsitzausländer, während in der Satzart ANZVER87c4 in
den beiden letzten Spalten zwischen Versicherten im In- und Ausland unterschieden werde. Eine hinreichend bestimmte Definition,
dass es zur Ermittlung des Behandlungsbedarfs allein auf die Spalte mit der Berücksichtigung von Versicherten im In- und Ausland
ankomme, sei dem Beschluss des Bewertungsausschusses nicht zu entnehmen. In anderen KV- Bezirken sei dagegen eine Verständigung
gem. § 2 Abs. 3 der Anlage 14 des BMV-Ä ausdrücklich erfolgt. Dass hier keine Verständigung erfolgt sei, könnten auch die an den Vertragsverhandlung Beteiligten
bestätigen. Von einer gelebten Praxis könne nicht gesprochen werden, vor 2009 sei eine Meldung von Wohnsitzausländern über
das Formblatt 3 nicht erfolgt. Zinsen stünden der Klägerin nicht zu, deren Berechnung sei im Übrigen an vielen Stellen fehlerhaft.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie wendet ein, die Partner der Gesamtverträge hätten durch die zu Grunde gelegte Satzart eine Regelung im Sinne von § 2 Abs. 3 der Anlage 14 BMV-Ä getroffen. Sie habe deshalb nichts anderes als vereinbart umgesetzt. Der Hinweis auf die Praxis anderer KV- Verbände ändere
daran nichts. Die Beklagte habe auch nach Abschluss der ersten Instanz weiterhin Abschlagszahlungen und Honorarforderungen
ungerechtfertigt gekürzt.
Der Senat hat über die Berufung am 1. April 2015 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten eingereichten Unterlagen (insbesondere
Anlagen 1 - 23 der Klägerin) Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§
151 SGG) eingelegte Berufung ist begründet. Die Klägerin hat aus dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Gesamtvertrag in Verbindung
mit den jeweiligen Honorarvereinbarungen keinen Anspruch aus §
85 Abs.
1 und
2 Satz 1
SGB V auf Zahlung der restlichen Gesamtvergütung für die Abrechnungsquartale ab I/2009.
1. Nach Ziff. 3 der hier maßgeblichen Honorarvereinbarung 2009 vom 26. November 2008 (bzw. der insoweit gleichlautenden Ziff.
3 der Honorarvereinbarung 2010 vom 27. November 2009) richtet sich die MGV der Krankenkassen nach "der jeweils aktuellen Zahl der Versicherten der Krankenkasse je Abrechnungsquartal". Eine Aufstellung
ihrer Versicherten haben die Verbände der Krankenkassen der Klägerin quartalsweise zu übermitteln (Ziff. 3.1). Die Vertragspartner
der Honorarvereinbarung gingen davon aus, dass über die Einbeziehung von Mitgliedern einer Krankenkasse, die ihren Wohnsitz
im Ausland haben, eine Verständigung der Partner der Gesamtverträge erfolgen musste. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 3 der Vereinbarung zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips (Anlage 14 BMV-Ä). Durch dieses Gesetz vom 11. Dezember 2001 (BGBl. I 3526) war §
83 Abs.
1 Satz 1
SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2002 dahingehend geändert worden, dass Gesamtverträge über die vertragsärztliche Versorgung der
Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen
zu schließen waren.
2. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist eine Verständigung im Sinne von § 2 Abs. 3 der Anlage 14 BMV-Ä nicht zustande gekommen. Eine solche Verständigung könnte auch nach Auffassung des Senats allerdings schon darin liegen,
dass sich die Beteiligten auf ein bestimmtes Vorgehen bei der Berechnung der Versichertenzahl einigen. Die Vereinbarung einer
bestimmten Satzart, mit der die Versichertenzahl von der Krankenkasse quartalsweise gemeldet wird, kann danach genügen, wenn
damit Wohnsitzausländer eindeutig miteinbezogen werden. Das ist hier aber nicht der Fall: Die nach Anlage 3 der Honorarvereinbarung
2009 bzw. Anlage 2a der Honorarvereinbarung 2010 für den Leistungsbedarf maßgebliche Satzart "ArztRG87c4" und die für die
Übermittlung der Versichertenzahl vorgesehenen Satzart "ANZVER87c4" sind insoweit gerade nicht eindeutig, worauf die Beklagte
zu Recht hinweist.
a) Die Beschreibung der Datensätze ist in Anlagen 2 und 3 zum Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 154. Sitzung dokumentiert.
Die Satzart "ARZTRG 87c4" sieht keine Angaben zur Zahl versicherter Wohnsitzausländer vor. Die Satzart ANZVER87c4 enthält
hingegen zwei Felder zur Versichertenzahl. Im Feld Nr. 04 ist die Anzahl der Versicherten mit Wohnort im jeweiligen KV-Bereich
einzutragen. Feld Nr. 05 nennt die Zahl der Versicherten mit Wohnort im Ausland. In Feld 06 wird zusätzlich die Zahl der im
Auftrag der Sozialhilfeträger gem. §
264 SGB V betreuten Personen genannt. Die Vereinbarung dieser Satzart lässt damit keinen eindeutigen Schluss über die Einbeziehung
der Wohnsitzausländer zu. Es bleibt unklar, auf welche Zahlen es ankommen und ob auch die Zahl der Versicherten in Spalte
05 einzubeziehen sein soll. Gerade der Umstand, dass auf eine Satzart zurückgegriffen wird, deren Definition nicht von den
Vertragspartnern stammt, spricht gegen eine entsprechende Übereinkunft, da die Angabe der Versichertenzahl nicht eindeutig
ist; der Datensatz hat eher den Charakter einer Datensammlung. Hier wäre neben der bloßen Benennung der Satzart eine Klarstellung
erforderlich gewesen, ob Versicherte mit Wohnsitz im Ausland einbezogen werden sollen. In der von der Beklagten vorgelegten
entsprechenden Honorarvereinbarung 2009 für Rheinland-Pfalz, die ebenfalls Bezug auf die Datei ANZVER87c4 nimmt, ist deshalb
auch eine ausdrückliche Klarstellung zu der Einbeziehung der Wohnsitzausländer erfolgt. Zu Recht weist die Beklagte zudem
darauf hin, dass es einer Regelung, wonach sich die Gesamtvertragspartner über die Berücksichtigung von Wohnsitzausländern
noch verständigen müssen, nicht bedurft hätte, wenn man damals schon davon ausgegangen wäre, dass (auch) die zweite Spalte
des zugrunde gelegten Datensatzes (also unter Hinzurechnung der Wohnsitzausländer) maßgeblich sein sollte. Auch dies spricht
dafür, dass ein Einvernehmen durch die bloße Vereinbarung einer bestimmten Satzart noch nicht erzielt wurde.
b) Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen ist damit nicht davon auszugehen, dass eine Verständigung im Sinne
einer vertraglichen Einigung durch übereinstimmende Willenserklärungen erfolgte.
Die Krankenkassen können an sich kein Interesse daran haben, dass auch ihre im Ausland lebenden Versicherten in die Berechnung
der Gesamtvergütung einbezogen werden sollen. Die Kassen waren und sind z.B. nach der Verordnung zur Koordinierung der Systeme
der sozialen Sicherheit, EGV 883/200, in vielen, wenn nicht sogar den meisten Fällen verpflichtet, Leistungen direkt an diesen Personenkreis zu erbringen,
die nur in wenigen Fällen Leistungen in Deutschland in Anspruch nehmen dürften. Gerade deshalb ist eine eindeutige Verständigung
erforderlich.
Dafür spricht zudem, dass als Folge der Einführung des Wohnortprinzips im Rahmen der Vergütungsverträge für jede Krankenkasse,
deren Versicherte im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung wohnen, eine Gesamtvergütung vereinbart werden muss
(vgl. BT-Drs. 14/5960, S. 5, zu §
85 Abs.
4 SGB V). Der Klägerin steht danach "eigentlich" nur eine Vergütung zu, die anhand der in ihrem Bezirk wohnhaften Versicherten der
einzelnen Krankenkassen berechnet wird. Deshalb lag eine der Intentionen des Gesetzgebers bei Erlass des Gesetzes zur Einführung
des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte auch darin, dass der Fremdkassenzahlungsausgleich nach
§
75 Abs.
7 (jetzt Satz 1 Nr.
2, Satz 2)
SGB V "wieder auf seine ursprüngliche Aufgabe zurückgeführt wird, einen Zahlungsausgleich zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen
für besondere Abrechnungsfälle, insbesondere für ärztliche Leistungen an Urlauber und Pendler, zu schaffen" (BT-Drs. 14/5690,
S. 5, zu §
83 Abs.
1 SGB V). Somit spricht zunächst nichts dafür, dass die Klägerin überhaupt eine MGV auch unter Einbeziehung der Wohnortausländer verlangen kann. § 2 Abs. 3 der Anlage 14 BMV-Ä eröffnet hier die Möglichkeit zu einer Vereinbarung, die dem Fremdkassenzahlungsausgleich "für ärztliche Leistungen an Urlauber
und Pendler" ähnlich ist. Die dort angesprochene Verständigung soll gerade dem Umstand Rechnung tragen, dass auch Wohnsitzausländer
in gewissen Umfang ärztliche Behandlung im Inland in Anspruch nehmen. Da dieser Umfang je nach Region (z.B. großstädtischer
Bereich im Landesinnern einerseits, ländlicher grenznaher Bereich mit vielen deutschen Pendlern aus dem Nachbarstaat andererseits)
sehr unterschiedlich sein dürfte, liegt es nahe, die genaue Regelung einer Verständigung im jeweiligen Bezirk vorzubehalten
anstatt eine einheitliche Handhabung vorzuschreiben. Nach der Sichtweise der Klägerin wären die Wohnsitzausländer so in die
Berechnung der MGV einzustellen, als wären sie in H. wohnhaft (und würden die Leistungen der dort niedergelassenen Ärzte in Anspruch nehmen).
Eine konkludente Verständigung dieses Inhalts kann aber nicht ohne weiteres unterstellt werden, denn sie stünde außer Verhältnis
zur tatsächlichen Inanspruchnahme der Beklagten als zuständiger Krankenkasse. Dass die Beklagte diejenigen Daten übermittelt,
die sie laut Anlage 3 zum Beschluss des Bewertungsausschuss in seiner 154. Sitzung zu übersenden hat, stellt als solches keine
Willenserklärung dar, zumal sie nach Nr. 3 dieser Anlage verpflichtet ist, als "Versichertenzahl II" die Anzahl aller Versicherten
mit Wohnort im Ausland anzugeben. Schließlich läuft die Sichtweise des Sozialgerichts darauf hinaus, die in § 2 Abs. 3 der Anlage 14 BMV-Ä angesprochene Verständigung (der Begriff setzt konsensuales Handeln voraus) letztlich durch einen Beschluss des Beschwerdeausschusses
zu ersetzen. Auch hierfür fehlen rechtliche Anhaltspunkte.
3. Das Sozialgericht hat aus seiner Sicht zutreffend offen gelassen, ob die von der Beklagten vorgenommenen Einbehalte von
der Gesamtvergütung für Wohnsitzausländer eine nach §
85 Abs.
2 Satz 2
SGB V (in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
- GKV-WSG), a.F., jetzt: §
85 Abs.
2 Satz 3
SGB V) unzulässige unterschiedliche Vergütung für eine Gruppe von Versicherten darstellt. Diese Frage ist zu verneinen. Die Vorschrift
schließt generell aus, die Vergütung ärztlicher Leistungen nach dem Geschlecht der Versicherten, nach ihrem Status als Pflichtversicherte
oder freiwillige Mitglieder einer Krankenkasse, als Stammversicherte oder als versicherte Familienangehörige oder nach ihren
der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Einnahmen zu variieren (BSG, Urteil vom 25. August 1999 - B 6 KA 58/98 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 34). Mit diesem Differenzierungsverbot soll verhindert werden, dass Vergütungsvereinbarungen für bestimmte
Versicherungsgruppen, z.B. Rentner, unterschiedliche Vergütungen der Ärzte vorsehen (vgl. BT-Drs. 12/3608, S. 87). Hier geht
es aber nicht um eine Differenzierung der vereinbarten Gesamtvergütung nach verschiedenen Versichertengruppen, sondern um
die Frage, wie sich die Versichertenzahl vor dem Hintergrund des Wohnortprinzips bei der Berechnung der Gesamtvergütung bemisst.
Der Zweck des § 85 Abs. 2 S. 2 a.F., die Gesamtvergütung so zu gestalten, dass die Leistungen für alle Versicherten gleich
sind, wird dadurch nicht in Frage gestellt.
5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da deren Voraussetzungen nicht vorliegen (§
160 Abs.
2 SGG).