Kostenübernahme für selbstbeschaffte medizinische Rehabilitationsmaßnahme
Vorherige Antragstellung
Fristsetzung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung bzw. Übernahme von Kosten für eine selbstbeschaffte medizinische Rehabilitationsmaßnahme
streitig.
Die 1958 geborene Klägerin wurde in der Zeit vom 11. April 2013 bis 26. April 2013 in der Praxisklinik F. stationär behandelt
und dort am 12. April 2013 am Knie operiert (Einsatz einer Knie-TEP). Am Tag der Entlassung am 26. April 2013 begab sich die
Klägerin in die Helios Rehaklinik C-Stadt zur Durchführung einer Anschlussrehabilitation (AHB), die bis zum 17. Mai 2013 währte.
Bei der Beklagten ging am 10. Mai 2013 ein Antrag der Klägerin auf Bewilligung einer Anschlussrehabilitation ein. Dem Antrag
waren ein Befundbericht der Praxisklinik F. (Dr. D.) sowie der OP-Bericht vom 12. April 2013 beigefügt. In dem Antrag sowie
dem Befundbericht wurde als AHB-Einrichtung die Helios Klinik in C-Stadt benannt.
Die Beklagte bewilligte daraufhin durch Bescheid vom 15. Mai 2013 eine stationäre Anschlussrehabilitation als Leistung zur
medizinischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen in der Klinik E. in A-Stadt, deren Träger die Beklagte ist.
Aus einem Schreiben der Postbeamtenkrankenkasse vom 7. Juni 2013 geht hervor, dass diese das Begehren der Klägerin auf Erstattung
der Kosten für die stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit der Begründung abgelehnt hat, die hierfür erforderliche vorherige
Genehmigung sei nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2013, eingegangen bei der Beklagten am 17. Juni 2013, teilte die Klägerin mit, die Anschlussrehabilitation
habe in der Helios Rehaklinik C-Stadt direkt nach der Entlassung aus der Praxisklinik F. stattgefunden. Die Rehabilitationsmaßnahme
sei durch die Praxisklinik F., Dr. D., beantragt und die Unterbringung in der Rehaklinik in C-Stadt vermittelt worden. Ergänzend
legte die Klägerin die Rechnung der Helios Rehaklinik C Stadt vom 17. Mai 2013 vor und beantragte die Übernahme der Kosten
in Höhe von 2.575,44 EUR.
Durch Bescheid vom 19. Juni 2013 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab und führte zur Begründung aus, eine nachträgliche
Kostenübernahme für eine Rehabilitation, die die Klägerin ohne vorherige Kostenzusage durchgeführt habe, könne nicht erfolgen.
Vielmehr sei aufgrund des am 10. Mai 2013 eingegangenen Antrages eine Anschlussrehabilitation in der Klinik E. in A-Stadt
bewilligt worden. Da die Klägerin die Behandlung in A-Stadt nicht angetreten habe, werde die Kostenzusage für die Klinik E.
wieder zurückgenommen.
Nachdem die Klägerin telefonisch mitgeteilt hatte, sie habe sich um eine Kostenzusage nicht gekümmert, da ihr in der Klinik
mitgeteilt worden sei, es sei alles geregelt, befragte die Beklagte die Helios Rehaklinik C-Stadt zu den Gründen für die Aufnahme,
obwohl keine entsprechende Kostenübernahme durch sie erteilt worden sei. Die Helios Rehaklinik C-Stadt teilte daraufhin mit
Schreiben vom 3. Juli 2013 mit, die Klägerin sei von der Belegarztpraxis F. zur AHB angemeldet und als Kostenträger die Postbeamtenkrankenkasse
angegeben worden. Mit dieser sei jedoch eine Abrechnung nicht möglich gewesen. Die Klägerin sei aufgrund eines von ihr unterschriebenen
Vertrages als Privatpatientin mit Basistarif geführt worden. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom
10. Juli 2013 erneut mit, dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne.
Mit Schreiben vom 2. September 2013, eingegangen am selben Tag, meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zum
Verfahren und vertraten die Auffassung, die telefonische Stellungnahme der Klägerin sei als Widerspruch zu werten. Sie baten,
bei der Bescheidung das Wunsch- und Wahlrecht im Hinblick auf die Rehabilitationsmaßnahme zu berücksichtigen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur
Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des §
15 Abs.
1 S. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) seien nicht erfüllt. Insoweit bedürfe es auch im Falle einer unaufschiebbar notwendigen Leistung der Kenntnis des Rehabilitationsträgers
von dem bestehenden Leistungsbedarf und es müsse vor Inanspruchnahme einer selbstbeschafften Leistung wenigstens ein Antrag
gestellt worden sein. Hier habe die Klägerin das Antragsformular zwar am 25. April 2013 unterschrieben, dieses sei jedoch
per Telefax erst am 10. Mai 2013 und somit nach Antritt der selbst beschafften Rehabilitationsleistung bei ihr eingegangen.
Die Voraussetzungen für die Erstattung der selbst beschafften Leistungen seien daher nicht erfüllt.
Mit der am 2. Januar 2014 erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trug vor, die Beklagte habe grundsätzlich
die Erforderlichkeit der Anschlussrehabilitation dadurch bestätigt, dass sie eine entsprechende Maßnahme in der Klinik E.
in A-Stadt bewilligt habe. Da eine Direktabrechnung mit dem Krankenversicherer nicht möglich gewesen sei, habe sie erst nach
Klärung dieser Frage den Antrag bei der Beklagten zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem die AHB bereits begonnen habe. Bei ihrer
Entscheidung hätte die Beklagte ihren berechtigten Wunsch nach Durchführung der Maßnahme in der Rehaklinik C-Stadt berücksichtigen
müssen. Sie sei zwar grundsätzlich transportfähig gewesen, jedoch nicht für längere Transporte beispielsweise nach A-Stadt.
Vor diesem Untergrund könne von einer zu Unrecht abgelehnten Leistung i.S.d. §
15 SGB IX ausgegangen werden. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht entschieden (Hinweis auf das Urteil vom 17. Juli 1985, 1 RA 11/84), dass im Falle des Beginns einer Rehabilitation vor Antragstellung die Leistung nicht schlicht verweigert werden dürfe,
sondern der Rehabilitationsträger darüber aufzuklären habe, wie er "gefahrlos und mit im Ergebnis voraussichtlich gleichem
Erfolg in das vom Versicherungsträger vorgesehene System überwechseln" könne. Lehne der Rehabilitationsträger mit der Begründung
ab, die Maßnahme habe bereits begonnen, ohne einen solchen Weg aufzuzeigen, könne er zur Kostenerstattung verpflichtet werden.
Durch Gerichtsbescheid vom 2. Dezember 2014 hat das Sozialgericht Marburg die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt, ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Kosten für selbst beschaffte Rehabilitationsleistungen gemäß §
9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (
SGB VI) i.V.m. §
15 SGB IX sei vorliegend nicht gegeben. Die Anwendung des §
15 Abs.
1 Sätze 1 bis 3
SGB IX, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Erstattungsverpflichtung des zuständigen Rehabilitationsträgers in Betracht
komme, scheitere jedenfalls daran, dass die Klägerin der Beklagten keine angemessene Frist zur Bewilligung gesetzt habe verbunden
mit der Erklärung, sich nach Ablauf der Frist die Leistung selbst zu beschaffen. Die Klägerin habe den Leistungsantrag erst
gestellt, nachdem sie sich bereits 14 Tage in Behandlung befunden habe. Darüber hinaus könne auch nicht von einer unaufschiebbaren
Leistung bzw. einer von der Beklagten zu Unrecht abgelehnten Leistung im Sinne des §
15 Abs.
1 S. 4
SGB IX ausgegangen werden. Zu einer Unaufschiebbarkeit habe die Klägerin weder vorgetragen noch seien Anhaltspunkte hierfür erkennbar.
Vielmehr sei der Rehabilitationsbedarf im Zusammenhang mit der geplanten Operation vorhersehbar gewesen. Demgegenüber komme
nur dann ein Kostenerstattungsanspruch in Betracht, wenn es dem Versicherten aus medizinischen oder anderen Gründen nicht
möglich oder nicht zuzumuten gewesen sei, vor der Beschaffung den Leistungsträger einzuschalten. Dies sei vorliegend jedoch
nicht der Fall, denn die Klägerin habe eine rechtzeitige Antragstellung lediglich unterlassen, weil sie davon ausgegangen
sei, die Kostenfrage sei geregelt. Das Merkmal der Unaufschiebbarkeit sei ein rein objektives Kriterium, das keinen Raum für
subjektive Nachlässigkeit lasse. Weiter fehle es auch an der zweiten Alternative der Anspruchsnorm des §
15 Abs.
1 S. 4
SGB IX, einer zu Unrecht erfolgten Leistungsablehnung. Hier habe die Beklagte zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung durch
die Klägerin nicht einmal Kenntnis hiervon gehabt. Im Übrigen liege im Hinblick auf die Durchführung der Maßnahme in der Helios
Rehaklinik auch keine Ermessensreduzierung auf null vor. Insoweit sei nicht dargetan bzw. ersichtlich, dass diese Klinik ein
Alleinstellungsmerkmale aufweise, welches die Einrichtungen der Deutschen Rentenversicherung nicht zu erbringen im Stande
seien. Soweit die Klägerin auf ihr Wahlrecht verwiesen habe, bestehe ein solches von vornherein grundsätzlich nur zwischen
Einrichtungen, mit denen der Rentenversicherungsträger einen Vertrag abgeschlossen habe. Unerheblich für die Prüfung des Anspruchs
sei der Vortrag der Klägerin, ihr sei mitgeteilt worden, es sei alles geregelt. Hieraus erwachse keine Verpflichtung zu Lasten
der Beklagten. Ebenso unerheblich sei der Vortrag der Klägerin, sie habe zunächst die Entscheidung der Krankenkasse abwarten
wollen. Letztlich könne sich die Klägerin nicht auf die Grundsätze des richterrechtlich entwickelten Rechtsinstitut des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruches berufen, denn für einen solchen Anspruch sei neben §
15 Abs.
1 S. 4
SGB IX kein Raum (Hinweis auf u.a. Luik in jurisPK-
SGB IX, §
15 Rdnr. 2, 38).
Gegen den der Klägerin am 4. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 29. Dezember 2014 bei dem Hessischen
Landessozialgericht eingegangene Berufung. Die Klägerin verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, sie
sei nicht uneingeschränkt transportfähig gewesen. Zwar habe der dem Leistungsantrag beigefügte Befundbericht von Dr. D. die
Bemerkung enthalten, als mögliches Beförderungsmittel für die Anreise zur AHB-Einrichtung stehe ein Kraftfahrzeug zur Verfügung.
Diese Bemerkung ziele jedoch offenkundig auf den Transport zur nahegelegenen Reha-Einrichtung in C-Stadt. Ein Transport zur
Klinik E. in A-Stadt wäre dagegen aus medizinischen Gründen nicht möglich gewesen. Im Übrigen habe sie sich auf die Angaben
ihrer Ärzte verlassen, die Kostenübernahme werde über ihre Krankenkasse geklärt bzw. sei bereits geklärt. Dass die Möglichkeit
bestanden habe, ein anderer Kostenträger könne zuständig seien, sei für sie fernliegend gewesen. Soweit es vor diesem Hintergrund
zur Antragstellung erst nach Ablehnung der Kostenübernahme durch die Postbeamtenkrankenkasse gekommen sei, sei der Ausnahmetatbestand
des §
15 Abs.
1 S. 4 Alternative 2
SGB IX durchaus anwendbar. Ihr sei es tatsächlich nicht möglich bzw. nicht zuzumuten gewesen, vor der Beschaffung der Leistung den
Leistungsträger einzuschalten. Im weiteren Verlauf legt die Klägerin einen ärztlichen Bericht der Helios Rehaklinik C-Stadt
vor, mit dem sie ihren Vortrag untermauert sieht, dass ihr die Anreise nach A-Stadt nicht unproblematisch möglich gewesen
sei.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 2. Dezember 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2013 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die
Anschlussrehabilitation in der Helios Rehaklinik C-Stadt in der Zeit vom 26. April 2013 bis 17. Mai 2013 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und trägt ergänzend vor, soweit die Klägerin die Auffassung vertreten
habe, es habe Transportfähigkeit ausschließlich in die "nahe gelegene" Reha-Einrichtung in C-Stadt (Entfernung 123 km) vorgelegen,
nicht jedoch in die rund 420 km entfernte Klinik E. in A-Stadt, könne selbst unter dieser Annahme von einer Ermessensreduzierung
auf null nicht ausgegangen werden. Insoweit hätte auch noch in wesentlich kürzerer Entfernung zum Ort der Operation eine Anschlussrehabilitation
durchgeführt werden können, so z.B. im Klinikum G-Stadt (35 km), im Klinikum am Kurpark in H-Stadt oder in der Waldklinik
I-Stadt (jeweils ca. 60 km) sowie in weiteren Einrichtungen in J-Stadt, K-Stadt oder L-Stadt. Eine Verpflichtung zur Kostenübernahme
könne sich auch nicht daraus ergeben, da sich die Klägerin nach ihren Angaben auf ihre Ärzte verlassen habe. Die Ärzte hätten
weder in ihrem Auftrag gehandelt noch sei überhaupt nachgewiesen, dass eine Aussage getroffen worden sei, die Kostenträgerschaft
sei geklärt. Im Übrigen sei die Klägerin aufgrund eines von ihr unterschriebenen Vertrages in der Helios Rehaklinik C-Stadt
dort als Privatpatientin geführt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung
gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§
155 Abs.
3 und
4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) sowie ohne mündliche Verhandlung (§§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 SGG) durch Urteil entscheiden. Die Beteiligten haben hierzu ihr Einverständnis erteilt.
Die gemäß §§
143 und
144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß §
151 Abs.
1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch sachlich unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht durch Gerichtsbescheid vom 2. Dezember
2014 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.
Dezember 2013, mit dem diese die Kostenübernahme für die in der Zeit vom 26. April 2013 bis 17. Mai 2013 in der Helios Rehaklinik
C-Stadt durchgeführte Anschlussrehabilitation abgelehnt hat, ist nicht zu beanstanden.
Gemäß §
9 Abs.
1 S. 1
SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie
ergänzende Leistungen, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung
auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der
Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft
in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Gemäß §
9 Abs.
2 SGB VI können die Leistungen nach Abs.
1 erbracht werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen (vgl. §
10 SGB VI) und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (vgl. §
11 SGB VI) dafür erfüllt sind.
Nach §
13 Abs.
1 S. 1
SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.
§
15 SGB VI regelt die Leistungsvoraussetzungen der medizinischen Rehabilitation. Dabei steht die Frage, ob dem Versicherten Leistungen
zur Rehabilitation zu gewähren sind (sog. Eingangsprüfung), nicht im Ermessen des Versicherungsträgers, sondern ist davon
abhängig, ob die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen der §§
10,
11 SGB VI vorliegen und ob kein Leistungsausschluss gemäß §
12 SGB VI gegeben ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2002, 5 RJ 8/99 R). Diese sog. Eingangsvoraussetzungen unterliegen der uneingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
(vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994, 4 RA 42/94).
Im Falle der Klägerin ist das Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen spätestens seit Erteilung des Bescheides vom 15. Mai 2013,
mit dem eine stationäre Anschlussrehabilitation als Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen
in der Klinik E. in A-Stadt bewilligt worden ist, nicht mehr streitig.
Bei Vorliegen der sog. Eingangsvoraussetzungen besteht für den Rentenversicherungsträger die Verpflichtung, nach pflichtgemäßem
Ermessen in den Grenzen seiner Aufgaben als Rehabilitationsträger zu entscheiden, ob die beantragte Leistung nach den Umständen
des Einzelfalles geeignet, erforderlich, zumutbar, wirtschaftlich und sparsam (§
13 Abs.
1 SGB VI) ist, um die im Einzelfall bestehende Rehabilitationschance zu nutzen (vgl. Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht,
Stand 1. April 2015, §
13 SGB VI Rdnrn. 7 ff.). Diese Ermessensentscheidung des Rentenversicherungsträgers bezüglich des "Wie" (d.h. Art, Dauer, Umfang usw.)
der Rehabilitationsleistung unterliegt in den Grenzen der §§
39 Abs.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (
SGB I), 54 Abs. 2 S. 2
SGG einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, soweit nicht ein Fall der sog. Reduzierung des Ermessens auf null vorliegt
(vgl. Kasseler Kommentar aaO., Rdnr. 13).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann eine Verurteilung der Beklagten zur Übernahme der Kosten der in der Helios Rehaklinik
in C-Stadt durchgeführten Anschlussrehabilitation nicht in Betracht kommen.
Da es sich bei den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um Ermessensleistungen handelt, die nach Maßgabe des §
9 Abs.
2 SGB VI erbracht werden "können" und bei denen der Rentenversicherungsträger gemäß §
13 Abs.
1 S. 1
SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung
sowie die Rehabilitationseinrichtung "nach pflichtgemäßem Ermessen" bestimmt, sieht das Gesetz (vgl. §
115 Abs.
1 und 4
SGB VI sowie §
14 SGB IX) vor, dass einer Bewilligung dieser Leistungen grundsätzlich ein entsprechender Antrag des Leistungsempfängers vorauszugehen
hat. Denn nur bei rechtzeitiger, vor Inanspruchnahme bestimmter Leistungen erfolgter Antragstellung verbleibt ausreichend
Raum für die dem Rentenversicherungsträger von Gesetzes wegen eingeräumte Ermessensentscheidung. Eine Möglichkeit, sich Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation selbst zu beschaffen, besteht demgegenüber gemäß §
15 Abs.
1 S. 2
SGB IX grundsätzlich nur dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung (nach vorangegangener Antragstellung) trotz Fristsetzung
durch den Versicherten nicht rechtzeitig erbringt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche
Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
gemäß §
15 Abs.
1 S. 3
SGB IX zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Die Erstattungspflicht besteht gemäß §
15 Abs.
1 S. 4
SGB IX auch dann, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder wenn er eine
Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Im vorliegenden Fall kommt eine Übernahme der Kosten gemäß §
15 Abs.
1 S. 2
SGB IX für eine von der Klägerin selbstbeschaffte Rehabilitationsmaßnahme nicht in Betracht, weil die darin geregelten Voraussetzungen
für ein Selbstbeschaffungsrecht nicht erfüllt sind. Die gesetzliche Regelung ist teilweise den Leistungsstörungsnormen des
allgemeinen Schuldrechts (vgl. §
323 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB -) nachempfunden und setzt voraus, dass dem Rehabilitationsträger vor der geplanten Selbstbeschaffung eine Mitteilung gemacht
und eine angemessene Frist zur Entscheidung über den Rehabilitationsantrag gesetzt worden ist. Diese Voraussetzungen sind
im vorliegenden Fall ganz offenkundig nicht erfüllt, denn die Klägerin räumt selbst ein, dass sie ihren Leistungsantrag gegenüber
der Beklagten erst nach Beginn der Anschlussrehabilitation gestellt hat, wie dies auch die Aktenlage ausweist, so dass es
zwangsläufig auch an einer Fristsetzung fehlt.
Daraus folgt zugleich, dass sich die Klägerin auch nicht darauf berufen kann, ihr sei im Sinne des §
15 Abs.
1 S. 4 Alternative 2
SGB IX "eine Leistung zu Unrecht abgelehnt" worden. Dieses Tatbestandsmerkmal erfordert ebenfalls, dass die (abgelehnte) Leistung
zuvor beantragt worden ist (Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl. 2015, §
15 Rdnr. 47 m.w.N.). Der Antrag ist hier gerade erst nach Beginn der Anschlussrehabilitation gestellt worden. Dessen ungeachtet
könnte auch nicht von einer Ablehnung der beantragten Leistung zu Unrecht ausgegangen werden. Nach den ausgeführten Grundsätzen
zur Ermessensbetätigung könnte die begehrte Verurteilung der Beklagten zur Übernahme der Kosten für die Anschlussrehabilitation
in der Helios Klinik ohnehin nur dann erfolgen, wenn im Sinne einer Ermessensreduzierung auf null ausschließlich eine dementsprechende
Leistungsgewährung ermessensfehlerfrei wäre. Dies ist indes gerade nicht der Fall. Die Annahme einer Ermessensreduzierung
auf null setzt voraus, dass nach dem festgestellten Sachverhalt keine Umstände vorliegen, die eine anderweitige Entscheidungsfindung
rechtsfehlerfrei zuließen (BSG, Urteil vom 4. Februar 1988, 11 RAr 26/87), wobei dies im Regelfall nicht zutrifft (vgl. Schütze in: von Wulffen, SGB X Kommentar, 8. Aufl., § 45 Rdnr. 91 m.w.N.). Auch in der Rechtsprechung besteht Einigkeit, dass die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf null
einen seltenen Ausnahmefall darstellen (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 11. April 2002, B 3 P 8/01 R). Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die nach der Knieoperation durchgeführte Anschlussrehabilitation ausschließlich
in der Helios Rehaklinik in C-Stadt durchgeführt werden konnte. Insoweit ist zunächst nicht davon auszugehen, dass in der
dortigen Klinik ein besonderes und gemessen an dem Gesundheitszustand der Klägerin erforderliches Behandlungsangebot besteht,
das die Klägerin nicht auch in anderen Reha-Einrichtungen hätte in Anspruch nehmen können. Dies ist von der Klägerin auch
nicht geltend gemacht worden. Darüber hinaus kann die Klägerin auch nicht damit gehört werden, sie sei nur eingeschränkt reisefähig
gewesen. Zum einen ist medizinischerseits nicht ausreichend untermauert, dass der Klägerin nach Durchführung der Knieoperation
der Transport in die M-klinik in A-Stadt nicht zugemutet werden konnte. Eine entgegenstehende Beurteilung ergibt sich auch
nicht aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht der Helios Rehaklinik in C-Stadt. Der Bericht enthält zwar die Angabe,
die Klägerin habe zum Aufnahmezeitpunkt unter unerträglichen Schmerzen gelitten, auch in Ruhe. Dieser Umstand hat die Klägerin
jedoch nicht daran gehindert, von dem nördlich von N-Stadt gelegenen F. in das 125 km entfernte Ostseebad C-Stadt zu reisen.
Zum anderen hat die Beklagte in der Berufungserwiderung mehrere wesentlich näher zum Ort der Operation liegende Behandlungsmöglichkeiten
genannt (bspw. im Klinikum G-Stadt in einer Entfernung von 35 km). Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Soweit die
Klägerin auf ein bestehendes Wunsch- und Wahlrecht verwiesen hat, bestimmt zwar §
9 Abs.
1 S. 1
SGB IX, dass bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe den berechtigten Wünschen
der Leistungsberechtigten entsprochen werden soll. Das erweiterte Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten gilt indes
nur in den Grenzen des für den Träger geltenden Leistungsrechts und sonstiger Vorgaben, wie etwa der Pflicht, Leistungen nur
in Einrichtungen zu erbringen, mit denen ein Vertrag besteht (vgl. §
15 Abs.
2 S. 1
SGB VI, §
21 SGB IX). Es kann nicht dazu führen, die nach gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehenden Leistungsausschlüsse zu umgehen oder das
nach §
13 SGB VI im Rahmen des Auswahlermessens gegebene Bestimmungsrecht der Rentenversicherung über Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung
der Leistungen sowie der Rehabilitationseinrichtung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
einzuschränken. Nur im Falle der Ermessensreduzierung auf null kann diese im Verwaltungsverfahren vorzunehmende Abwägung im
Rahmen der Ermessensbetätigung auf eine einzige in Betracht kommende Entscheidung eingeengt sein. Dies ist hier - wie ausgeführt
- nicht der Fall. Ohnehin gehört die Helios Rehaklinik in C-Stadt offenkundig nicht zu denjenigen Einrichtungen, mit denen
ein Vertrag im Sinne des §
21 SGB IX besteht.
Letztlich handelt es sich bei der in Anspruch genommenen Anschlussrehabilitation auch nicht um eine unaufschiebbare Leistung
im Sinne des §
15 Abs.
1 S. 4 Alternative 1
SGB IX. Hiervon kann nur ausgegangen werden, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich
ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung des Versicherungsträgers
mehr besteht (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, B 1 KR 8/06 R). Diese Voraussetzung ist offenkundig nicht erfüllt, was sich bereits daraus ergibt, dass der Anschlussrehabilitation eine
geplante Operation vorausgegangen ist, und im Übrigen die Rehabilitationsmaßnahme nicht der Akutbehandlung diente, sondern
der Sicherung und Festigung des Behandlungserfolgs.
Abschließend sieht der Senat gemäß §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist bezüglich der sonstigen Einzelheiten auf die zutreffenden
Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht zuzulassen.