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LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.06.2015 - 19 AS 360/15
Einstweilige Verpflichtung zur Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für rumänische Staatsangehörige Entscheidung im Wege der Folgenabwägung Keine Erweiterung der in § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II normierten Leistungsvoraussetzungen um die ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Bestehens eines materiellen Aufenthaltsrechts Anwendung und Auslegung des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II sowie dessen Vereinbarkeit mit unionsrechtlichen Vorschriften Anforderungen zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes für eine Verpflichtung des Leistungsträgers hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung Verschärfung der Verschuldenszurechnung im Rahmen der ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzuges zu Lasten des Mieters (hier: Auseinandersetzung mit dem Urteil des BGH vom 04.02.2015 - VIII ZR 175/14)
1. Soweit die Auffassung vertreten wird, dass die in § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II normierten Leistungsvoraussetzungen um die ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Bestehens eines (materiellen) Aufenthaltsrechts zu erweitern sei, folgt der Senat dem nicht.
2. Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II fordert eine "fiktive Prüfung" des Grundes bzw. der Gründe des Aufenthaltsrechts am Maßstab des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) und ggf. des Aufenthaltsgesetzes. Es muss positiv festgestellt werden, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik zusteht.
3. Der Senat sieht die Rechtmäßigkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II (auch) für tatsächlich Arbeit suchende Unionsbürger nicht als durch das Urteil des EuGH vom 11.11.2014 - Rs. C-333/13 E geklärt an.
4. Der Senat folgt nicht der Auffassung, wonach sich ein Anordnungsgrund für eine Verpflichtung des Leistungsträgers hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung bereits angesichts auflaufender Mietschulden ergibt, weil schon die Nichtgewährung der benötigten Mittel einen Grundrechtsverstoß darstelle.
5. Soweit einer jüngeren Entscheidung des BGH (Urteil vom 04.02.2015 - VIII ZR 175/14) eine Verschärfung der Verschuldenszurechnung im Rahmen der ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzuges zu Lasten des Mieters entnommen wird (LSG NRW, Beschluss vom 10.06.2015 - L 6 AS 853/15), teilt der Senat diese Besorgnis nicht.
Normenkette:
SGG § 86b Abs. 2
,
ZPO § 920 Abs. 2
,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1-2 Nr. 2
,
SGB II § 22
,
BGB § 543
Vorinstanzen: SG Duisburg 20.02.2015 S 35 AS 518/15 ER
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 20.02.2015 geändert. Die Antragsgegnerin wird einstweilig verpflichtet, den Antragstellern Regelleistungen nach dem SGB II auf der Berechnungsgrundlage monatlicher Ansprüche der Antragsteller zu 1) und 2) von 360,00 EUR sowie der Antragstellerin zu 3) von 302,00 EUR abzüglich anrechenbarer Einkünfte für den Zeitraum vom 09.02.2015 bis 30.03.2015 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt 2/3 der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen.

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