Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II
Klageerhebung und Einlegung der Berufung durch einfache elektronische Post ohne qualifizierte elektronische Signatur
Verwerfung der Berufung als unzulässig wegen Nichteinlegung in der gesetzlich bestimmten Form
Tatbestand
Die 1955 geborene Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres am 05.12.2014 gestellten Antrags auf Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Bescheid vom 11.12.2014 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2014.
Gegen diese Entscheidung des Beklagten hat die Klägerin mittels einer an die Poststelle des Sozialgerichts Dortmund gerichteten
E-Mail vom 25.12.2014 Klage erhoben.
Unter dem 08.01.2015 hat das Sozialgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klage aufgrund der Form der Erhebung
unzulässig sein dürfte und eine formgerechte Erhebung erbeten. Dazu hat die Klägerin mittels einer weiteren E-Mail Stellung
genommen. Der Beklagte hat mit seiner Klageerwiderung ebenfalls geltend gemacht, es liege keine zulässige Klage vor, weil
die zur Klagerhebung verwendete E-Mail nicht mit der erforderlichen sogenannten qualifizierten Signatur versehen gewesen sei.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2015 abgewiesen. Die Klage sei
unzulässig, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form erhoben worden sei. §
90 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) bestimme, dass eine Klage bei dem zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
zu erheben sei. Eine Klagerhebung durch einfache elektronische Post erfülle diese Voraussetzungen nicht. Zwar könnten die
Beteiligten dem Gericht nach §
65a Abs.
1 S. 1
SGG grundsätzlich elektronische Dokumente übermitteln. Gemäß §
2 Abs.
3 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 müssten die elektronischen Dokumente jedoch, wenn - wie hier - für Einreichungen die Schriftform oder die
elektronische Form vorgeschrieben sei, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 versehen werden. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zu Grunde liegende Zertifikat müssten
dabei durch das adressierte Gericht oder durch eine andere von der Landesjustizverwaltung mit der automatisierten Überprüfung
beauftragte Stelle prüfbar sein. Eine derartige elektronische Signatur habe die am 25.12.2014 bei dem angerufenen Gericht
eingegangene E-Mail jedoch nicht aufgewiesen. Die Klägerin habe den Klageschriftsatz auch nicht nachträglich in der gesetzlich
erforderlichen Form an das Gericht übersandt, obgleich sie noch rechtzeitig vom Gericht darauf hingewiesen wurde, dass eine
Klage nicht wirksam durch Übersendung einer (einfachen) E-Mail erhoben werden könne.
Gegen den ihr am 04.04.2015 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mittels einer ebenfalls per E-Mail (ohne
elektronische Signatur) an das Sozialgericht am 05.04.2015 gesendeten Berufung. Sie ist der Auffassung, eine Klageerhebung
könne zulässig auch durch Übermittlung einer E-Mail an das Gericht erfolgen.
Die Berufung war ebenso wie bereits die Klageschrift nicht mit einer eingescannten Unterschrift der Klägerin versehen.
Mit Schreiben vom 23.04.2015 wurde die Klägerin durch das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass eine Berufungseinlegung
nicht wirksam durch einfache E-Mail erfolgen könne, sondern während des Laufs der Berufungsfrist schriftlich, mündlich zur
Niederschrift bei Gericht oder durch ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten Signatur erfolgen müsse.
Aus dem Vorbringen der Klägerin kann der Antrag entnommen werden,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 31.03.2015 und den Bescheid des Beklagten vom 11.12.2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2014 aufzuheben, und diesen zu verurteilen, ihr seit dem 05.12.2014 Arbeitslosengeld
II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts Dortmund zum Aktenzeichen
S 30 AS 5469/14 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin ohne deren Teilnahme an der mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheiden,
weil sie mit der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass eine Entscheidung auch ohne ihr Erscheinen im Termin ergehen kann.
Die Berufung war gemäß §
158 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlich bestimmten Form eingelegt wurde.
Gemäß §
151 Abs.
1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn
die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
eingelegt wird.
Die Berufung wurde von der Klägerin weder schriftlich im Sinne der vorgenannten Vorschriften noch zur Niederschrift des Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle eingelegt. §
65a Abs.
1 SGG regelt in Ergänzung dazu die näheren Einzelheiten über die Zulässigkeit der Übermittlung von elektronischen Dokumenten an
die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Gemäß Abs. 1 S. 2 dieser Vorschrift wird durch Rechtsverordnung die Art und Weise
bestimmt, in der elektronische Dokumente einzureichen sind. Nach der vom Sozialgericht bereits benannten ERVVO SG (Gesetzes- und Verordnungsblatt NRW 2012, 551) ist, sofern, wie für die Einlegung einer Berufung gesetzlich bestimmt, die
Schriftform vorgeschrieben ist, das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur entsprechend dem
Signaturgesetz vom 16.05.2001 (Bundesgesetzblatt I, Seite 876) zu versehen. Mit einer derartigen elektronischen Signatur war die von der Klägerin zur Einlegung einer Berufung versandte
E-Mail nicht versehen. Eine E-Mail ohne eine solche Signatur ist jedoch nicht ausreichend, um wirksam Berufung einzulegen
(vergleiche zum ganzen auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Auflage, § 151 Rn. 3 f).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG genannten Gründe vorliegt.