Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II; Rechtmäßigkeit einer endgültigen Leistungsbewilligung bei erstmaliger Einkommenserzielung durch den Leistungsberechtigten
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Erstattung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Juni 2013 in Höhe von 912,00 € streitig.
Der am 26.01.1970 geborene Kläger bewohnt eine 55 m2 große Wohnung in S., für die er eine Grundmiete in Höhe von 390,00 € sowie Nebenkosten (Heizkosten/Warmwasser-Vorauszahlung,
sonstige Betriebskosten-Vorauszahlungen) in Höhe von 140,00 € zu zahlen hat.
Am 16.05.2013 stellte er bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach
dem SGB II. Dem Antrag beigefügt war ein am 03.04.2013 zwischen dem Kläger und dem P. Therapiezentrum B. geschlossener Arbeitsvertrag.
Der Kläger wurde dort ab dem 01.06.2013 als Physiotherapeut eingestellt. Als monatliche Vergütung wurde ein Betrag in Höhe
von 1.970,00 € brutto vereinbart. Eine ausdrückliche Regelung zur Fälligkeit des Vergütungsanspruchs wurde nicht getroffen.
Der Kläger gab ferner an, die kürzeste Straßenverbindung zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte in B. betrage 31 km;
er habe 1/4-jährlich eine Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 112,00 € zu entrichten. Weitere Aufwendungen für gesetzlich
vorgeschriebene Versicherungen wurden nicht geltend gemacht.
Mit Bescheid vom 22.05.2013 gewährte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.06.2013 in Höhe
von insgesamt 912,00 €, wovon 382,00 € auf den Regelbedarf und 530,00 € auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung entfielen.
Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass die Leistungen für Juni 2013 gewährt würden, da er im Juli 2013 seinen ersten Lohn
erhalte. Mit Schreiben vom 22.05.2013 wurde der Kläger aufgefordert, die Lohnabrechnung für Juni 2013 sowie einen Nachweis
über den Zeitpunkt des Zuflusses des Lohnes vorzulegen.
Aus der am 12.08.2013 vorgelegten Lohnabrechnung für Juni 2013 vom 19.06.2013 ergab sich ein Bruttoarbeitsentgelt von 1.970,00
€ und ein Netto-Verdienst von 1.349,42 €. Zuzüglich eines Netto-Betrags in Höhe von 215,00 € für Lehrgangsgebühren und Fortbildung
gelangte an den Kläger ein Betrag in Höhe von 1.564,42 € zur Auszahlung. Der Betrag wurde dem Konto des Klägers am 28.06.2013
gutgeschrieben.
Mit Bescheid vom 15.08.2013 hob der Beklagte den Bescheid vom 22.05.2013 ab 01.06.2015 ganz auf und machte eine Erstattung
in Höhe von 912,00 € geltend. Zur Begründung führte er aus, das Einkommen Juni 2013 (Zufluss laufend) sei nachgerechnet worden.
Der Kläger habe Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt habe (§ 48 Abs.
1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X>).
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe Leistungen für den Monat Mai 2013, nicht
für Juni 2013 beantragt. Durch die Verzögerung der Berechnung habe er für Mai 2013 keine Leistungen erhalten. Er habe das
Gehalt nicht zu Beginn des Monats, sondern erst nach vier Wochen erhalten, so dass von einem Zulauf keine Rede mehr sein könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nachdem der Widerspruchsbescheid nicht zugestellt
werden konnte, übersandte der Beklagte diesen unter dem Datum vom 20.06.2014 erneut an den Kläger. Zur Begründung führte der
Beklagte aus, das am 28.06.2013 zugeflossene Erwerbseinkommen sei im Juni 2013 als Einkommen zu berücksichtigen. Von dem Bruttoeinkommen
in Höhe von 1.970,00 € seien Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 620,58 €, der Grundfreibetrag in Höhe von
100,00 €, Beträge, die den Grundfreibetrag von 100,00 € überstiegen, in Höhe von 50,09 € (24,96 € Kfz-Haftpflichtversicherung,
15,33 € Werbungskostenpauschale, 30,00 € Versicherungspauschale, 79,80 € Fahrkosten <21 km x 19 Tage x 0,2 €>) sowie Freibeträge
nach § 11 b SGB II in Höhe von 200,00 € in Abzug zu bringen. Das sich damit anzurechnende Erwerbseinkommen in Höhe von 999,33 € übersteige den
Bedarf. Die Leistungen seien daher nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II und §
330 Abs.
3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) aufzuheben gewesen, da der Kläger Einkommen erzielt habe, das zum Wegfall des Anspruchs geführt habe. Die erbrachten Leistungen
in Höhe von 912,00 € seien zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 4 SGB II).
Hiergegen hat der Kläger am 22.07.2014 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und vorgetragen, die Rückforderung für den Monat Juni 2013 sei ungerechtfertigt. Der Gehaltszufluss Ende Juni sei
nicht für den Monat Juni bestimmt gewesen, sondern hätte zur Sicherung des Unterhalts für den Folgemonat dienen sollen. Mit
den Leistungen des Beklagten für Juni habe er die Ausgaben des gesamten Monats bestreiten müssen. Das zugeflossene Gehalt
sei für den Folgemonat bestimmt gewesen. Wäre das Gehalt nur drei Tage später eingegangen, wäre es zu keiner Rückforderung
gekommen. Es sei nicht gerechtfertigt, einen Gehaltszufluss am Monatsende genauso wie einen Gehaltszufluss am Anfang oder
in der Mitte des Monats zu bewerten.
Mit Bescheid vom 12.08.2014 hat der Beklagte die Überprüfung des Bescheids vom 22.05.2013 abgelehnt; der Kläger habe für Mai
2013 keinen Anspruch auf Leistungen, da seinem Konto das Gehalt für April 2013 am 03.05.2013 gutgeschrieben worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.02.2015 hat das SG nach vorherigem Hinweis die Klage abgewiesen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.05.2014 bzw. 20.06.2014, mit dem die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für Juni 2013 ganz aufgehoben und eine Erstattung in Höhe von 912,00 € geltend gemacht worden sei, sei rechtmäßig und verletze
den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II seien laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Der Gesetzgeber habe sich explizit für das
Zuflussprinzip entschieden. Es komme dabei nicht darauf an, für welchen Monat der Lohn gezahlt werde oder für welchen Monat
das Einkommen verwendet werden solle. Es komme auch nicht darauf an, wann innerhalb eines Monats Einkommen zufließe. Entscheidend
sei nur der Monat des Zahltags. Eine Ausnahmemöglichkeit sehe das Gesetz nicht vor. Da im vorliegenden Fall der Lohn am 28.06.2013
dem Konto gutgeschrieben worden sei, sei das Einkommen zwingend im Juni 2013 zu berücksichtigen.
Gegen den am 04.02.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.03.2015 Berufung eingelegt. Durch die Entscheidung
werde nicht berücksichtigt, dass der Zufluss durch das Jobcenter dem Lebensunterhalt für den laufenden Monat diene und der
Zufluss des ersten Gehalts für den Folgemonat. Buchungstechnisch komme es gelegentlich vor, dass Gehälter bereits zum 28.
oder 29. des Monats überwiesen würden. In der Regel erfolge der Zahlungseingang erst zum Dritten des Folgemonats. Wäre es
im Juni 2013 so gewesen, stünde die Rückforderung niemals zur Debatte. Es sei lediglich einem Vorlauf von drei Tagen geschuldet,
dass er das ihm zustehende Arbeitslosengeld zurückzahlen solle. Die Leistungen für den Monat Juni habe er zu Recht erhalten
und damit den laufenden Monat bestritten. Hiervon habe er eine zwingend notwendige Fortbildungsmaßnahme bestritten. Im laufenden
Monat habe er die notwendigen Anschaffungen und die Fahrten zur Arbeit ebenso wie Miete und Lebensunterhalt davon bestritten.
Das am 28.06.2013 erstmals zugeflossene Gehalt habe dann dem Monat Juli in gleicher Weise gedient.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. Februar 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. August 2013
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen in dem angefochtenen Gerichtsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach §
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 15.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20.06.2014, mit denen die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für Juni 2013 ganz aufgehoben und eine Erstattung in Höhe von 912,00 € geltend gemacht worden ist, ist rechtmäßig.
Der Bescheid vom 15.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.06.2014 ist formell rechtmäßig. Zwar hat der Beklagte
den Kläger vor Erlass der in seine Rechtsposition eingreifenden Aufhebungsverfügung nicht angehört, die Anhörung aber bereits
während des Widerspruchsverfahrens, in dessen Rahmen sich der Kläger zu den aus Sicht des Beklagten entscheidungserheblichen
Tatsachen äußern konnte, nachgeholt und damit den Verfahrensmangel gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geheilt.
Die Aufhebungsentscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht für die Aufhebung der für den Monat Juni
2013 bewilligten Leistungen die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X bejaht.
Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem
Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt demgegenüber, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt
hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen
der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. Die Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen
im Zeitpunkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsakts voneinander ab (vgl. BSG, Urteile vom 01.06.2006, B 7a AL 7./05 R, BSGE 96, 285; vom 27.07.1989, 11/7 RAr 1./87, BSGE 65, 221; vom 24.02.2011, B 14 AS 4./09 R, SozR 4-4200 § 11 Nr. 36). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass
eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären, um die objektiven Verhältnisse festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.2004, B 7 AL 5./03 R, BSGE 93, 51). Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt
sich später heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Ermittlungen sich die Verwaltung aufgrund der Angaben des Antragstellers
vor Erlass des Ausgangsverwaltungsakts gedrängt sehen musste (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2011, B 4 AS 2./10 R, BSGE 108, 258). Der Erlass eines endgültigen Bescheides ist nach der Rechtsprechung des BSG kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere
der Einkommenssituation besteht. Wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa als Leistungsentlohnung oder als Zeitlohn ohne
von vornherein fest vereinbarte Stundenzahl vertraglich geregelt ist, ist typischerweise der Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 SGB III eröffnet. Der Erlass eines endgültigen Bescheides statt eines vorläufigen Bescheides ist dann von Anfang an rechtswidrig
und § 45 SGB X die für seine Aufhebung einschlägige Ermächtigungsgrundlage. § 48 SGB X wäre demgegenüber nur dann anwendbar, soweit sich hinsichtlich der anderen Voraussetzungen eine wesentliche Änderung ergibt
(für die Konstellation des schwankenden Einkommens BSG, Urteil vom 21.6.2011, a.a.O.). Diese Rechtsprechung des BSG zur Anrechnung schwankenden Einkommens ist nach Auffassung des Senats grundsätzlich auch auf die Konstellation übertragbar,
in der der Grundsicherungsträger trotz Kenntnis einer demnächst geplanten Arbeitsaufnahme des Leistungsempfängers und der
dann gebotenen Einkommensanrechnung statt einer vorläufigen Leistungsbewilligung die Leistung endgültig festsetzt. Auch dann
ist die endgültige Leistungsbewilligung von Anfang an rechtswidrig und ihre nachträgliche Aufhebung nur in den Grenzen des
§ 45 SGB X möglich (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.10.2013, L 10 AS 2./11, [...]).
Die endgültige Leistungsbewilligung für Juni 2013 - weder in dem Bescheid vom 22.05.2013 noch in dem Begleitschreiben vom
selben Tag finden sich Hinweise auf eine etwaige Vorläufigkeit der Entscheidung - ist zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtmäßig
gewesen. Gemäß § 40 Abs. 2 Ziff. 1 SGB II i. V. m. §
328 Abs.
1 Satz 1 Ziff. 3
SGB III kann über die Erbringung von Geldleistungen u. a. dann vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen
auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen,
nicht zu vertreten hat. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sind dies vor allem Fälle, in denen für die Feststellung des
zu berücksichtigenden Einkommens und damit der Hilfebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung voraussichtlich längere Zeit
erforderlich ist (BT-Drs. 15/5446, S. 5). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Eine vorläufige Bewilligung
war nicht geboten, da mit dem Zufluss des Einkommens im Bewilligungsmonat Juni 2013 nicht gerechnet werden konnte und daher
weitere zeitaufwändige Ermittlungen zur Feststellung des Leistungsanspruchs nicht erforderlich waren. Mangels anderweitiger
Regelung in dem dem Beklagten vorgelegten Arbeitsvertrag vom 03.04.2013 galt für die Fälligkeit des Arbeitslohns §
614 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB). Danach ist die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen,
so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten (§
614 Satz 2
BGB). Das ist bei monatlicher Vergütung der erste Tag des Folgemonats (Bundesarbeitsgericht <BAG>, Urteil vom 15.05.2011, 1 AZR
6./00, [...]). Vorliegend war der Arbeitslohn daher nach der gesetzlichen Regelung am 01.07.2013 fällig. Hiervon ist der Beklagte
in dem Bescheid vom 22.05.2013 auch ausgegangen, indem er unter Hinweis auf die (erwartete) erste Lohnzahlung im Juli 2013
Leistungen allein für Juni 2013 gewährt hat.
Nachdem eine anfängliche Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 22.05.2013 nicht gegeben ist, bemisst sich die Rechtmäßigkeit
der Aufhebungsentscheidung an § 40 SGB II i. V. m. §
330 Abs.
3 SGB III, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sowie § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II und § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Hiernach ist ein Verwaltungsakt - ohne Ausübung von Ermessen - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben,
soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder
zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Eine solche wesentliche Änderung ist bezogen auf die bei Erlass des hier
maßgeblichen Bewilligungsbescheids vorliegenden tatsächlichen Umstände mit Zufluss des Junigehalts am 28.06.2013 eingetreten.
Durch Erwerbseinkommen wurde der Bedarf des Klägers im Juni 2013 in Höhe von insgesamt 912,00 €, der sich aus der Regelleistung
in Höhe von 382,00 € sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 530,00 € errechnet, vollständig gedeckt. Gemäß §§
19 Satz 2, 11 Abs. 1 SGB II werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung
erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind. Als Einkommen sind gemäß
§ 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen zu berücksichtigen. Das dem Konto des Klägers am 28.06.2013 gutgeschriebene Einkommen war auch im Juni
2013 als Einkommen zu berücksichtigen. § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II regelt, dass laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen. Trotz Zuflusses erst am letzten
Tag des Monats war das Junigehalt im Juni zur Deckung des Lebensunterhalts des Klägers einzusetzen (ständige Rspr. des BSG, vgl. nur Urteil vom 17.07.2014, B 14 AS 2./13 R, [...]). Von dem Bruttoeinkommen in Höhe von 1.970,00 € waren nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr.1 und Nr. 2 SGB II zunächst die auf das Einkommen entrichteten Steuern und Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge
zur Arbeitsförderung in Höhe von insgesamt 620,58 € (218,20 € Steuer + 402,38 € Sozialversicherungsbeiträge) in Abzug zu bringen,
woraus sich ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.349,42 € errechnet. Weiter war neben dem Grundfreibetrag von 100,00 € (§ 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II) der diesen Betrag übersteigende Teil der nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 SGB II zu berücksichtigenden Beträge abzusetzen (§ 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II). Der Anteil der Kfz-Haftpflicht war in Höhe von 24,96 € zu berücksichtigen, wie er sich aus der durch den Kläger vorgelegten
Beitragsrechnung (Bl. 201 der Verwaltungsakte) ergibt. Hinzu kommen gemäß § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II i.V.m. § 6 Alg II-V Pauschalen für die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben (15,33 €), die Beiträge zu privaten Versicherungen
(30,00 €) und die Kosten für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs. Hinsichtlich der Kosten für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs
für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit sieht § 6 Abs. 1 Ziff. 3 b) Alg II-V für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung 0,20 € vor. Der von dem Beklagten zugrunde gelegte Betrag
(79,80 €) ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Der Beklagte ist von 19 Arbeitstagen und 21 km Fahrtstrecke ausgegangen.
Im Juni 2013 waren 20 Arbeitstage möglich, der Kläger hat die Entfernung mit 31 km angegeben. Hieraus ergibt sich ein abzusetzender
Betrag in Höhe von 124,00 € (31 km x 20 Tage x 0,2 €/km). Die Summe der nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 SGB II zu berücksichtigenden Beträge beträgt daher 194,29 €, wovon 94,29 € gemäß § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II vom Einkommen abzusetzen sind. Gemäß § 11b Abs. 3 SGB II ist bei dem Kläger als Freibetrag für Erwerbstätige ein weiterer Betrag in Höhe von 200,00 € abzusetzen. Insgesamt ergibt
sich ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 955,13 € (1.970,00 € - 620,58 € - 100,00 € - 94,29 € - 200,00 €), welches den
Bedarf des Klägers vollständig deckt. Ein Bedarf ergibt sich auch dann nicht, wenn statt des durch den Kläger belegten Beitrags
zur Kfz-Haftpflicht dessen Angaben im Antrag (120,00 € vierteljährlich) zu Grunde gelegt werden. Der Betrag für die Kfz-Haftpflicht
würde sich dann um 15,04 € von 24,96 € auf 40,00 € erhöhen. Auch dann wäre der Bedarf von 912,00 € durch das dann anzurechnende
Einkommen in Höhe von 940,09 € (1970,00 € - 620,58 € - 100,00 € - 109,33 € - 200,00 €) gedeckt.
Neben den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sind auch diejenigen des Satzes 2 Nr. 4 erfüllt. Der Kläger wusste oder hätte aufgrund des eindeutigen Hinweises in dem Bescheid
vom 22.05.2013 wissen müssen, dass aufgrund des im Juni 2013 zugeflossenen Einkommens sein Bedarf ganz weggefallen ist. Dies
umso mehr, als dem Kläger aufgrund eines früheren sozialgerichtlichen Verfahrens (vgl. Verwaltungsakte Bd. I Seite 170) bekannt
sein musste, dass nach Bewilligung erzieltes (Partner-) Einkommen zum nachträglichen Wegfall des Leistungsanspruchs und einer
Rückforderung führen kann.
Die Pflicht zur Erstattung der aufgehobenen Leistungen ergibt sich aus § 40 Abs. 1 i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X. Nachdem die Leistungen ganz aufzuheben waren und die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X neben denjenigen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt sind, findet die Reduzierung der Erstattungsforderung auf 44 Prozent der berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft
nach § 40 Abs. 4 SGB II keine Anwendung.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.