Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung (behördliche Feststellung) eines Arbeitsunfalls.
Der am xx. xx 1954 geborene und in N. wohnhafte Kläger ist als Inhaber des Unternehmens Auto- und Reifenservice G. C. selbständig
tätig und freiwillig bei der Beklagten versichert. Sein Unternehmen verfügt u.a. über eine Werkstatt mit einem anschließenden
Lagerraum. Am 19. Januar 2015 hielt sich neben dem Kläger auch dessen Hund in den Räumlichkeiten auf. Dabei handelte es sich
um ein Privat- und keinen Wachhund. Gegen 11.50 Uhr holte der Kläger für ein Kundenauto Zündkerzen aus dem Lager. Auf dem
Weg vom Lager in die Werkstatt übersah er, dass sein Hund auf dem Boden der Werkstatt lag. Er stolperte über den Hund und
versuchte den Fall mit seinen Händen abzustützen. Dabei geriet seine rechte Hand in das Maul des Hundes, welcher instinktiv
zubiss (Unfallanzeige vom 4. Mai 2015; Widerspruchsbegründung vom 10. Februar 2016). Nach dem es zu einem Infektverlauf der
Bissverletzung kam, stellte sich der Kläger am 28. Januar 2015 in der B. Unfallklinik T. vor, wo Phlegmone am Daumen rechts
mit Infekt im Bereich des radialen Seitenbandes am Phalangealgelenk sowie palmar am Grundgelenk festgestellt und behandelt
worden (Bericht des Prof. Dr. S. vom 3. Februar 2015). Im Weiteren entwickelte sich ein chronisch regionales Schmerzsyndrom
(CRPS) im Nachgang der Hundebissverletzung mit Dysästhesie im Bereich des ulnaren Daumennervens sowie der Entstehung einer
posttraumatischen Arthrose des Daumenendgelenks rechts (Bericht des Prof. Dr. S. vom 23. Juni 2015). Unmittelbare Sturzverletzungen
ohne Berücksichtigung des Hundebisses wurden weder vom Kläger berichtet noch von den behandelnden Ärzten dokumentiert.
Am 24. April 2015 wandte sich der Kläger an die Beklagte und teilte das Ereignis vom 19. Januar 2015 unter Verweis auf seine
dadurch eingeschränkte Erwerbsfähigkeit mit.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 17. Juli 2015 einen vorläufigen Vorschuss auf Verletztengeld
in Höhe von 7.000 Euro.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 2015 lehnte der Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 19. Januar 2015 als Arbeitsunfall
ab. Der Sturz sei allein durch die Anwesenheit des Hundes verursacht worden. Eine betriebsdingte Gefahr habe nicht bestanden.
Auch die anschließende Bissverletzung sei allein durch die Anwesenheit des Hundes verursacht. Die Gefährdung sei allein aus
der Privatsphäre des Klägers entstanden. Damit bestehe kein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der
betrieblichen Tätigkeit.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 13. Januar 2016 Widerspruch ein. Nach einer Mitteilung des D. e.V. auf eine Anfrage
des B. e.V. sei für die Frage des Schutzes der gesetzlichen Unfallversicherung auf die konkrete Verrichtung zum Zeitpunkt
des Unfalls abzuheben. Gehe der Beschäftigte seiner normalen betriebsdienlichen Verrichtung nach, bestehe grundsätzlich Unfallversicherungsschutz.
Im Beispiel eines Sturzes aufgrund Stolperns sei es unerheblich, ob der Versicherte über einen Hund oder z.B. ein Kabel stolpere.
Werde er während seiner normalen betriebsdienlichen Verrichtung von einem Hund gebissen, gelte das gleiche. Sofern er auf
Grund von "Necken" des Hundes gebissen werde, gehe er aber nicht mehr einer versicherten, sondern einer eigenwirtschaftlichen
Tätigkeit nach und stehe nicht mehr unter Versicherungsschutz.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Frage der objektiven Verursachung
komme es darauf an, dass eine versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden eine
Wirkursache sei. Liege hingegen eine konkurrierende Ursache vor, so sei wertend zu entscheiden, ob die versicherte Ursache
wesentlich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung sei. Die Unfallkausalität sei beispielsweise nicht gegeben, wenn eine
eingebrachte Gefahr aus dem privaten Bereich die allein wesentliche Ursache sei. Es sei entscheidend, ob sich infolge der
konkret ausgeübten Verrichtung ein Risiko verwirklicht habe, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade
Schutz gewähren solle, oder ob stattdessen eine unversicherte Wirkursache für das Unfallereignis verantwortlich sei. Es sei
nicht zu einer sturzbedingten Verletzung im rechten Handbereich, sondern zu einer Bissverletzung am rechten Daumen durch den
privat gehaltenen Hund gekommen. Es habe daher eine dem privaten Bereich zuzurechnende und aus diesem eingebrachte konkurrierende
Ursache vorgelegen. Dieses sei rechtlich wesentlich für den Gesundheitserstschaden (Bissverletzung) gewesen.
Hierauf hat der Kläger am 11. April 2016 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus der Widerspruchsbegründung vertieft.
Die Beklagte forderte mit Bescheid vom 18. April 2016 den Verletztengeldvorschuss zurück.
Mit dem Einverständnis der Beteiligten hat das SG über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil am 25. Oktober 2018, dem Kläger am 31. Oktober 2018 zugestellt, entschieden
und die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger davon ausgehe, der Bescheid vom 18. April sei Gegenstand des Klageverfahrens geworden,
sei dies nichtzutreffend. Dieser Bescheid ersetze weder den Bescheid vom 30. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 15. März 2016 noch ändere er diesen ab. Die Beklagte habe zu Recht die Anerkennung des Ereignisses vom 19. Januar 2015
als Arbeitsunfall abgelehnt. Der versicherte Gang des Klägers zum oder vom Lager sei in objektiver Weise Mitursache für den
stattgehabten Sturz und Hundebiss. Die versicherte Tätigkeit habe die Einwirkung - den Sturz und Hundebiss - jedoch nicht
in rechtlich wesentlicher Weise verursacht. Weitere objektive Mitursache sei der am Boden liegende, dem Kläger gehörende Hund
gewesen. Hätte dieser nicht am Boden gelegen, sei der Kläger nicht über diesen gestürzt und folglich auch nicht von ihm gebissen
worden. Die von dem privaten Hund ausgehende Gefahr unterliege nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem
allgemeinen bzw. privaten Lebensrisiko. Die unversicherte Wirkursache - der auf dem Boden liegende Hund des Klägers - sei
als wesentliche Ursache anzusehen. Diese präge das Unfallgeschehen derart, dass die Wirkung der versicherten Mitursache trotz
ihres Mitwirkungsanteils in den Hintergrund trete und das Geschehen somit nicht mehr in den Schutzbereich der hier streitigen
freiwilligen Versicherung als Unternehmer falle.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 8. November 2018 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt
und seinen bisherigen Vortrag dahingehend ergänzt, der hier zu beurteilende Hund diene der Verbesserung des Betriebsklimas.
Er übe daher eine betriebsbezogene soziale Funktion aus, auch wenn er dem Kläger gehöre. Er sei rechtlich so zu behandeln
wie beispielsweise eine nicht zum eigentlichen Betriebsvermögen gehörende Kaffeetasse.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2015 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 19. Januar 2015
als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sich die Beklagte auf die Entscheidungsgründe der erstinstanzlichen Entscheidung bezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verfahrensakte der Beklagten und die Prozessakten
beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist nach §
143 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und bedarf nicht der Zulassung (§
144 Abs.
1 SGG), da sie auf eine (behördliche) Feststellung gerichtet ist. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form-
und fristgerecht eingelegt (§
151 Abs.
1 SGG).
Die Berufung ist allerdings mangels Begründetheit der Klage unbegründet.
Zunächst ist die Klage zwar als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1
SGG) zulässig, wobei dem Kläger bei der Geltendmachung der Feststellung eines Arbeitsunfalls ein Wahlrecht zwischen gerichtlicher
und Verpflichtung zu behördlicher Feststellung zusteht (Urteil des Senats vom 9. März 2017 - L 6 U 2131/16 -, juris, Rz. 36).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Feststellung des Ereignisses vom 19. Januar 2015 als Arbeitsunfall.
Nach §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach §
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Betroffenen durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen
Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben und deshalb "Versicherte" sind. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes,
von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv
und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; ständige höchstrichterliche
Rechtsprechung, vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 5/15 R -, juris, Rz. 13 m. w. N.). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der
Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des
Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge
zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und
erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, juris, Rz. 17; Urteil des Senats vom 19. Juli 2018 - L 6 U 1695/18 -, juris, Rz. 27 ff.)
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit,
den Versicherungsschutz und das Versichertsein der Verletzten begründenden Verrichtungen von im jeweiligen Versicherungstatbestand
konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung
der Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen
dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung allgemein, sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand
schützen soll. Die Zurechnung des Schadens von Versicherten erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher
und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung
und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder - vorliegend nicht von Bedeutung - den Tod sowohl
objektiv als auch rechtlich wesentlich verursacht haben.
Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit)verursacht
wurde. Hierbei kommt es darauf an, dass die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden
oder den Tod eine (Wirk-) Ursache war (BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, Rz. 31 ff; hierzu auch Ricke, WzS 2013, 241). (Wirk-) Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig
oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach
der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolgs gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass
der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache in diesem Sinne war, ist eine
rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach-
und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen beantwortet werden (grundlegend BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 Rz. 55 ff; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, Rz. 31 ff). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der (Wirk-) Ursachen fest, muss sich auf der
zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden
unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestands fallenden
Gefahr darstellen. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der
Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils
erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG, Urteil vom 04. Dezember 2014 - B 2 U 18/13 R -, BSGE 118, 18-30, SozR 4-2700 § 101 Nr 2, Rz. 19 m. w. N.). Andere unversicherte Mitursachen können die rechtliche Zurechnung ausschließen.
Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte
Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden "im Wesentlichen" rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes,
sondern insbesondere dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr 44, Rz. 78). Die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten
Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile sind in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks
des Versicherungstatbestandes zu bewerten (BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 10/12 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr 47, Rz. 18). Im Rahmen dieser Bewertung darf die Verursachung nicht als bloße statistische Größe missverstanden
werden. Es ist nicht möglich, im Rahmen der Wesentlichkeitsprüfung einen Schwellenwert zu definieren (BSG, 30. 3. 2017, B 2 U 6/15 R, juris Rz. 26).
Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Klägers zum Hergang des Ereignisses vom 19. Januar 2015, welche mit
dem ärztlich dokumentierten Verletzungsmuster übereinstimmen und an denen der Senat keinen Anlass zu Zweifeln hat, holte der
Kläger Zündkerzen aus dem Lager seines Betriebes, um sie in der im selben Gebäude gelegenen Werkstatt in ein Kundenfahrzeug
zu verbauen. Auf dem Rückweg in die Werkstatt übersah er seinen auf dem Boden liegenden Hund und stolperte über ihn. Während
er versuchte, den Sturz abzufangen, geriet er mit seiner rechten Hand in den Bereich des Mauls seines Hundes, welcher zubiss
und die Hand des Klägers im Bereich des rechten Daumens verletzte.
Damit trat die Verletzung des Klägers während seiner als freiwillig versicherter Unternehmer (§
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VII) ausgeübten Tätigkeit - Auto- und Reifenhandlung mit Autoreparaturdienst - und auch während einer (ausschließlich) seiner
versicherten Tätigkeit dienenden Verrichtung, der Besorgung von Ersatzteilen aus dem Lager, ein. Ebenso liegt mit dem Hundebiss
ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vor, welches zu einem Gesundheitsschaden, der Bissverletzung
der rechten Hand (ICD 10: T14.1), geführt hat.
Die versicherte Verrichtung, der Gang vom Lager in die Werkstatt, hat den Gesundheitsschaden auch objektiv mitverursacht,
denn diese war conditio-sine-qua-non für das Stolpern, welches wiederum die Beißreaktion des Hundes ausgelöst hat. Der Gang
war notwendige, sowie in tatsächlicher Hinsicht nicht lediglich nebensächliche Bedingung für den Ereignisverlauf.
Als unversicherte Mitursache steht daneben die durch die Anwesenheit des Privathundes des Klägers geschaffene Tiergefahr,
welche in den Haftungsbereich des Klägers selbst als Tierhalter, mithin hier nicht als Unternehmer, fällt (vgl. §
833 Satz 1
Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB). Diese spezifische Tiergefahr hat sich auch in einem Gesundheitsschaden, dem reflexhaften Biss als Ausdruck tierischer Unberechenbarkeit
verwirklicht (Wilhelmi in: Erman,
BGB, 15. Aufl. 2017, §
833 BGB Rz. 4). Der Hund ist nach den klaren Angaben des Klägers privat gehalten und erfüllt nicht die Funktion etwa eines Wachhundes
(sog. Luxustier, vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 266/08, NJW 2009, 3233 Rz. 7). Es kann an dieser Stelle offenbleiben, ob die erstmals im Berufungsverfahren gemachten Angaben des Klägers, der Hund
habe sich zur Verbesserung des Betriebsklimas in den Räumlichkeiten aufgehalten, zu folgen ist. Denn auch bei Wahrunterstellung
dieses Vortrags bedingt dies nicht die Einstufung des Hundes als Nutztier (vgl. §
833 Satz 2
BGB), da maßgebend nicht der Zweck des Einsatzes zum Zeitpunkt des Unfalls, sondern die allgemeine Zweckbestimmung des Tieres,
hier die Haltung als "Privathund", ist (Wagner in: Münchener Kommentar zum
BGB, 7. Auflage 2017, §
833 Rz. 47). Die Haltung als Bürohund wäre im Übrigen auch nicht mit einer echten und aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung
gegenüber den allgemeinen Haustieren haftungsrechtlich privilegierten Nutztierhaltung, wie etwa einem Wach- und Schutzhund,
Tieren zur Fleisch- und Milchproduktion oder den sog. tierischen Hilfskräften (Wagner a. a. O., bspw. Ochsen zum Ziehen eines
Pfluges), gleichzustellen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist sein Hund auch nicht eine bloße Sache im Sinne eines körperlichen
Gegenstands (§
90 BGB), wie die beispielhaft benannte, privat mitgebrachte Kaffeetasse. Tiere sind vielmehr (mittlerweile) rechtlich keine Sachen,
auf sie sind lediglich die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit keine anderen Bestimmungen vorliegen
(§
90a BGB). Im Bereich des Haftungsrechts ist die Tierhaltung, wie dargestellt, ein eigenständiger Gefährdungstatbestand.
Diese privat geschaffene Gefahr prägt den Geschehensablauf derart überragend, dass, wie bereits das SG festgestellt hat, der betrieblich gesetzten Ursache keine rechtlich wesentliche Bedeutung mehr zukommt. Hierbei ist allerdings
noch nicht das Stolpern über den am Boden liegenden Hund dem privaten Bereich zuzurechnen. Zwar entstammt das hier als Hindernis
wirkende Tier dem privaten Bereich, jedoch ist die Sicherheit auf den innerbetrieblichen Wegen grundsätzlich - und auch in
der vorliegenden Sache - vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst, gleichgültig ob ein etwa aufgrund
von Unachtsamkeit zum Sturz führendes Hindernis zufällig dem Betrieb selbst entstammt oder vom jeweils Verletzten bzw. auch
von Arbeitskollegen privat eingebracht worden ist. Im vorliegenden Fall hat demgegenüber der Sturz selbst noch nicht die Verletzung
des Klägers bedingt, sondern die durch das Stolpern ausgelöste Reaktion des Hundes. Diese instinktive Bissreaktion eines aufgeschreckten
Hundes, wie der Kläger sie geschildert hat, verkörpert geradezu prototypisch eine spezifische Tiergefahr im bereits dargestellten
Sinne. Dieser (verwirklichten) Gefährdungslage kommt im Hinblick auf die eingetretene Bissverletzung bei einer wertenden Betrachtung
der versicherten und unversicherten Verletzungsursachen und unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Rechts der gesetzlichen
Unfallversicherung, hier der Absicherung betrieblich bedingter Unfallgefahren i. S. d. §
8 Abs.
1 SGB VII, eine gesteigerte Bedeutung zu. Weiter ist im Rahmen des Schutzzwecks zu berücksichtigen, dass der Kläger als ein nach §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VII freiwillig versicherter Unternehmer und nicht kraft Gesetzes versicherter Beschäftigter (§
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII) in die gesetzliche Unfallversicherung eingebunden ist. Während ein Beschäftigter typischerweise keinen oder nur geringen
Einfluss auf die konkrete Gefährdungssituation am Arbeitsplatz hat und daher ein besonderes, von der gesetzlichen Unfallversicherung
aufgegriffenes Schutzbedürfnis besteht, kann und muss ein Unternehmer diese Gefährdungssituation gezielt steuern, sowohl bezüglich
betrieblicher Risiken im eigentlichen Sinne, wie auch bezüglich von den Arbeitnehmern eingebrachten (vgl. §
618 Abs.
1 BGB). Auch die Möglichkeit des freiwilligen Eintritts in die gesetzliche Unfallversicherung als Unternehmer ist gerade Ausdruck
dieser Gestaltungsfreiheit (vgl. Lilienfeld in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 102. EL Dezember 2018,
SGB VII, §
6 Rz. 2) und des grundsätzlich geringeren Schutzbedürfnisses. In Anbetracht der gegenüber abhängig Beschäftigten ungleich höheren
Fähigkeit des Unternehmers zur Risikominimierung ist den dem privaten Bereich zuzurechnenden Mitursachen eines Gesundheitsschadens
- nicht aus Verschuldens-, sondern strukturellen Erwägungen - ein besonderes Gewicht beizumessen.
Im Hinblick auf das Gesamtbild dieser Faktoren tritt die versicherte Wirkursache im vorliegenden Fall hinter die unversicherte
private Mitursache als Ausdruck des allgemeinen Lebensrisikos zurück. Der am 19. Januar 2015 erlittene Gesundheitsschaden
des Klägers ist nicht rechtlich wesentlich infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten, ein Arbeitsunfall ist zu verneinen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.
2 SGG).