Tatbestand:
Das klagende Land wendet sich in seiner Funktion als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (im Folgenden: der Kläger) gegen
den Schiedsspruch der Beklagten vom 10. Juni 2010, mit dem diese eine Abwesenheitsregelung zu §
25 des Rahmenvertrages nach §
75 des Sozialgesetzbuches Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (
SGB XI) festgelegt hat.
Die Beigeladenen haben unter Beteiligung (u. a.) des Klägers den Rahmenvertrag nach §
75 SGB XI zur vollstationären Pflege geschlossen. Nach der gesetzlichen Regelung in §
75 Abs.
2 Nr.
5 SGB XI in der vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2008 jeweils gültigen Verfassung waren in dem Vertrag Abschläge von der Pflegevergütung
bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim zu regeln. Zur
Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung haben die Vertragspartner in § 25 des Rahmenvertrages (Abwesenheit des Pflegebedürftigen)
Folgendes vereinbart: "Die Partner des Rahmenvertrages erklären den Beschluss der Landespflegesatzkommission zur Abwesenheitsregelung
in der jeweils gültigen Fassung zum Vertragsbestandteil". Hintergrund dieser gleitenden Verweisung war die Übereinstimmung
der Vertragspartner, bei möglichen Veränderungen der Regelungen zur Abwesenheit von Heimbewohnern den Rahmenvertrag nicht
stets neu verhandeln zu müssen. Mit Beschluss der Landespflegesatzkommission vom 9. Oktober 2003 wurde zur Ausfüllung des
§ 25 des Rahmenvertrages die nachfolgende Regelung getroffen:
Bei vorübergehender Abwesenheit des Heimbewohners bis zu drei Tagen (Abreisetag, Abwesenheitstag, Anreisetag) wird das Gesamtheimentgelt,
bestehend aus den Pflegesätzen für den pflegebedingten Aufwand, für Unterkunft und Verpflegung sowie für gesondert berechenbare
Investitionskosten, in voller Höhe weitergezahlt. Diese Abwesenheitstage finden bei der Berechnung der Abwesenheitstage nach
Abs. 2 keine Berücksichtigung.
Bei Abwesenheit des Heimbewohners wegen Krankheit oder Urlaub von mehr als drei Tagen wird das Gesamtheimentgelt ab dem ersten
Abwesenheitstag, vermindert um den vereinbarten Verzehrgeldsatz für längstens 30 Kalendertage im Jahr weitergezahlt. Bei Abwesenheiten
von mehr als drei Tagen gilt der Abreisetag aus der Pflegeeinrichtung als ein Abwesenheitstage und der Ankunftstag in der
Pflegeeinrichtung als kein Abwesenheitstag.
Wechselt der Heimbewohner im laufenden Kalenderjahr die Pflegeeinrichtung, sind die Abwesenheitstage der/n vorhergehenden
Pflegeeinrichtungen/en je Kalenderjahr von der aufnehmenden Pflegeeinrichtung kumulativ zu berücksichtigen.
Die Regelungen des §
87a SGB XI zur Berechnung und Zahlung des Heimentgeltes gelten entsprechend.
Auf der Grundlage dieser Regelung wurde der Rahmenvertrag von den Vertragspartnern einvernehmlich bis zum Jahr 2007 durchgeführt.
Mit Beschluss vom 24. Oktober 2007 legte die Landespflegesatzkommission hinsichtlich der vorstehenden Abwesenheitsregelung
folgende Fassung der Nr. 2 (= § 2 Abs. 2 Abwesenheitsregelung) fest:
§ 2 Abwesenheitsregelung
"(...)
(2) bei Abwesenheit des Heimbewohners wegen Krankheit oder Urlaub von mehr als drei Tagen wird das Gesamtheimentgelt ab dem
ersten Abwesenheitstag für längstens 30 Kalendertage im Jahr weitergezahlt.
Der Anteil des Heimbewohners ist ab dem ersten Abwesenheitstag um den vereinbarten Verzehrgeldansatz zu vermindern.
Für die Berechnung des Anteiles der Pflegekassen findet die Reduzierung des Gesamtheimentgeltes um den Anteil des Verzehrgeldes
keinen Ansatz. Bei Abwesenheiten von mehr als drei Tagen gilt der Abreisetag aus der Pflegeeinrichtung als ein Abwesenheitstag
und der Ankunftstag in die Pflegeeinrichtung als kein Abwesenheitstag."
Diese - aus der Sicht der Vertragspartner - Klarstellung der Anwendung der Abwesenheitsregelung behielt Geltung bis zum 30.
Juni 2008. Mit dem Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28. Mai 2008, in Kraft getreten am
1. Juli 2008 (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz [PflegeWEG], BGBl. I 2008, S. 874), wurde §
87 a Abs.
1 SGB XI geändert und um folgende Sätze 5-7 ergänzt:
"Der Pflegesatz ist im Fall vorübergehender Abwesenheit vom Pflegeheim für den Abwesenheitszeitraum von bis zu 42 Tagen im
Kalenderjahr für den Pflegebedürftigen freizuhalten. Abweichend hiervon verlängert sich der Abwesenheitszeitraum bei Krankenhausaufenthalten
und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen für die Dauer dieser Aufenthalte. In den Rahmenverträgen nach § 75 sind
für die nach den Sätzen fünf und sechs bestimmten Abwesenheitszeiträume, soweit drei Kalendertage nicht überschritten werden,
Abschläge von mindestens 25 vom 100 der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach
§ 92 b vorzusehen."
Im Hinblick auf diese gesetzliche Neuregelung fasste die Landespflegesatzkommission am 26. August 2008 den Beschluss, die
bisherige, durch Beschluss vom 9. Oktober 2003 getroffene und mit Beschluss vom 24. Oktober 2007 geänderte Abwesenheitsregelung
bis zum 31. Dezember 2008 beizubehalten und während dieser Übergangsfrist einen mit §
87 a Abs.
1 SGB XI in der seit 1. Juli 2008 geltenden Fassung konformen Beschlussvorschlag zu erarbeiten, der mit Wirkung vom 1. Januar 2009
Gültigkeit erlangen sollte. Nachdem dies wegen unterschiedlicher Auffassungen der Beteiligten zur Auslegung von §
87 a Abs.
1 SGB XI nicht fristgerecht gelungen war, beschloss die Landespflegesatzkommission am 21. Januar 2009 für eine weitere Übergangszeit
bis zum 30. Juni 2009 die nachfolgende Abwesenheitsregelung:
Der Pflegeplatz ist im Fall vorübergehender Abwesenheit vom Pflegeheim für einen Abwesenheitszeitraum von bis zu 42 Tagen
im Kalenderjahr für den Pflegebedürftigen freizuhalten. Abweichend hiervon verlängert sich der Abwesenheitszeitraum bei Krankenhausaufenthalten
und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen für die Dauer dieser Aufenthalte.
Bei vorübergehender Abwesenheit des Heimbewohners bis zu drei Kalendertagen wird das Gesamtheimentgelt, bestehend aus den
Pflegesätzen für den pflegebedingten Aufwand, für Unterkunft und Verpflegung sowie für gesondert berechenbare Investitionskosten,
in voller Höhe weitergezahlt.
Für Abwesenheitszeiträume gemäß Abs. 1 dieser Regelung sind ab dem vierten Kalendertag Abschläge von 25 vom 100 der Pflegevergütung,
der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach §
92b SGB XI vorzunehmen.
Ein darüber hinaus gehender Erstattungsanspruch ist nicht gegeben.
Kalendertage im Sinne dieser Regelung sind die Tage, an denen der Bewohner von 0:00 Uhr bis 24 Uhr anwesend ist.
Wechselt der Heimbewohner im laufenden Kalenderjahr die Pflegeeinrichtung, sind die Abwesenheitstage der vorhergehenden Pflegeeinrichtung
je Kalenderjahr von der aufnehmenden Pflegeeinrichtung kumulativ zu berücksichtigen.
Die Regelungen des §
87 a SGB XI zur Berechnung und Zahlung des Heimentgeltes gelten entsprechend.
Hinsichtlich der Fortgeltung dieser Regelung über den 30. Juni 2009 hinaus wurde den Beteiligten ein bis zum 30. April 2009
auszuübendes Vetorecht eingeräumt, von dem der Kläger Gebrauch machte und die Neuverhandlung der Abwesenheitsregelung ab 1.
Juli 2009 verlangte. Er legte seinerseits folgenden Beschlussvorschlag vor:
Der Pflegeplatz ist im Fall vorübergehender Abwesenheit vom Pflegeheim für einen Abwesenheitszeitraum von bis zu 42 Tagen
im Kalenderjahr für den Pflegebedürftigen freizuhalten.
Jeder Tag der vorübergehenden Abwesenheit des/der Heimbewohners/in wird kumulativ auf den Abwesenheitszeitraum nach Abs. 1
angerechnet.
Das Gesamtheimentgelt wird längstens für die Dauer des Abwesenheitszeitraumes nach Abs. 1 weitergezahlt. Dabei werden ab dem
vierten Kalendertag der kumulativen Berechnung nach Abs. 2 dieser Regelung Abschläge in Höhe von 25 vom 100 der Pflegevergütung,
der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach § 92b vorgenommen.
Der Abwesenheitszeitraum nach Abs. 1 verlängert sich bei Krankenhausaufenthalten und bei Aufnahmen in Rehabilitationseinrichtungen
für die Dauer dieser Aufenthalte. Abwesenheitstage im Sinne dieser Regelung sind der Abreisetag sowie Tage, an denen der/die
Bewohner/in von 00.00 Uhr bis 24:00 Uhr abwesend ist.
In der daraufhin einberufenen Sitzung der Landespflegesatzkommission vom 18. Mai 2009 wurde hinsichtlich dieses Beschlussvorschlages
ebenso wenig Einstimmigkeit erzielt, wie über den Vorschlag anderer Beteiligter, die bis zum 30. Juni 2009 befristete Regelung
ab 1. Juli 2009 (unbefristet) weiter gelten zu lassen. In einer weiteren Sitzung der Landespflegesatzkommission vom 26. Mai
2009 erfolgte wiederum keine Beschlussfassung für die Zeit ab 1. Juli 2009, so dass sich die Verhandlungspartner darauf einigten,
noch am selben Tag Rahmenvertragsverhandlungen zu führen. Diese Rahmenvertragsverhandlungen nach §
75 SGB XI endeten ausweislich des Protokolls vom 26. Mai 2009 nach umfassender Diskussion ohne Einigung unter den Parteien, so dass
diese die Verhandlung für gescheitert erklärten. Ferner wurde festgestellt, dass der überörtliche Sozialhilfeträger (= der
Kläger) zur Klärung des Sachverhaltes die Schiedsstelle anrufen werde. Bis zur Entscheidung durch die Schiedsstelle sollte
die bisherige Abwesenheitsregelung weiter gelten.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2009, bei der beklagten Schiedsstelle eingegangen am 2. Juli 2009, stellte der Kläger einen Antrag
auf Einleitung eines Schiedsstellenverfahrens gemäß §
75 Abs.
4 SGB XI wegen fehlender vertraglicher Vereinbarung im Rahmenvertrag zur Abwesenheit des Pflegebedürftigen für die Zeit ab 1. Juli
2009. Zur Begründung gab er an, ohne gültigen Beschluss der Landespflegesatzkommission zur Abwesenheitsregelung sei § 25 des
Rahmenvertrages nicht mehr gefüllt, da in diesem ausdrücklich auf einen Beschluss der Landespflegesatzkommission Bezug genommen
werde. Nach §
87a Abs.
1 Satz 7
SGB XI sei eine rahmenvertragliche Regelung zwingend zu schaffen, die nunmehr von der Schiedsstelle herbeigeführt werden müsse.
Denn die Verfahrensbeteiligten hätten sich nicht darüber einigen können, ob die in §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI getroffene Regelung (...) "Abwesenheitszeiträume, soweit drei Kalendertagen überschritten werden" (...), nur einmal im Kalenderjahr
anzuwenden ist oder bei jeder erneuten Abwesenheit. Zutreffend sei die Auslegung, wonach die Drei- Tages-Regelung nur einmal
anzuwenden ist. Denn nach der Begründung des Gesetzesentwurfes (BR-Drs. 718/07, S. 173) sei bei §
87 a Absatz
1 Satz 5
SGB XI von einem Gesamtzeitraum auszugehen, auf den sich die folgenden Sätze 6 und 7 beziehen. Daher müsse Satz 7 so ausgelegt und
angewendet werden, dass eine ungekürzte Weiterzahlung der Pflegesätze nur einmal im Kalenderjahr während der ersten drei Tage
eine Abwesenheit vorzunehmen sei. Eindeutiger Bezugspunkt für die Bestimmung des Abwesenheitszeitraumes sei eindeutig das
Kalenderjahr, nicht aber jede einzelne Abwesenheit des pflegebedürftigen Heimbewohners. Der Heimbewohner habe entsprechend
der gesetzlichen Regelung in §
87 a Abs.
1 Satz 5
SGB XI innerhalb eines Kalenderjahres Anspruch darauf, dass sein Pflegeplatz für einen Zeitraum von bis zu 42 Tagen freigehalten
wird. Nur für die ersten drei Tage innerhalb dieses Zeitraums sei der volle Pflegesatz weiterzuzahlen, im Falle einer längeren
Abwesenheit müsse die rahmenvertragliche Regelung gemäß Satz 7 dieser Vorschrift Abschläge von mindestens 25 vom 100 vorsehen.
Die Beigeladenen zu 8-17 traten der Gesetzesauslegung des Klägers entgegen und trugen vor, §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI sei keinesfalls so zu verstehen, dass die Drei-Tages-Regelung, bei deren Eingreifen das Heimentgelt nicht abzusenken sei,
nur einmal pro Kalenderjahr anzuwenden ist. Vielmehr gelte diese Regelung bei jeder erneuten Abwesenheit. Dafür spreche bereits
der Wortlaut der gesetzlichen Regelung; diese Auslegung werde aber auch durch die klassischen Auslegungsmethoden der historischen
Auslegung, der systematischen und der teleologischen Auslegung gestützt. In der genannten Vorschrift sei eindeutig nicht von
einem einzigen Abwesenheitszeitraum die Rede, sondern ausdrücklich von Abwesenheitszeiträumen. Auf diesen Plural sei der Nebensatz
"soweit drei Kalendertage überschritten werden" bezogen. Bei "soweit" handele es sich um eine so genannte Subjunktion, also
eine unterordnende, subordinierende Konjunktion, so dass nach dem normale Sprachverständnis die Drei-Tages-Regelung in Bezug
auf jeden einzelnen Abwesenheitszeitraum zu verstehen sei. Andernfalls hätte der Gesetzgeber entweder formuliert, dass Abschläge
vorzusehen sind für Abwesenheitszeiträume, soweit "insgesamt" (im Sinne von kumulativ) drei Kalendertage überschritten werden
oder für den Abwesenheitszeitraum (singular), soweit drei Kalendertage überschritten werden. Mit der gewählten Formulierung
des Gesetzes habe der Gesetzgeber jedenfalls eindeutig geregelt, dass die drei Kalendertage für jeden der Abwesenheitszeiträume
zu berücksichtigen sind. Auch die vergleichbare Regelung in § 7 Abs. 5 Satz 1 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG)
spreche eindeutig für diese Auslegung von §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI. Nach §
7 Abs.
5 Satz 1 WPVG müsse sich der Unternehmer den Wert der durch eine Abwesenheit des Verbrauchers ersparten Aufwendungen auf sein
Entgelt erst dann anrechnen lassen, soweit der Verbraucher länger als drei Tage abwesend ist. Satz 2 dieser Vorschrift sehe
die Möglichkeit der Pauschalierung des Anrechnungsbetrages vor, Satz 3 bekräftige, dass in Verträgen mit Verbrauchern, die
Leistungen nach dem
SGB XI in Anspruch nehmen, sich die Höhe des Anrechnungsbetrages aus den in §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI genannten Vereinbarungen ergebe. In beiden Gesetzen habe der Gesetzgeber seine Absicht niedergelegt, die Drei-Tages-Regelung
für jeden Fall der Abwesenheit anzuwenden und nicht nur kumulativ einmal innerhalb eines Kalenderjahres. Im Gesetzesentwurf
der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des
Heimgesetzes nach der Föderalismusreform, sowohl in der Bundesratsdrucksache als auch in der Bundestagsdrucksache, heiße es jeweils, dass
der Wert der ersparten Aufwendungen auf den Entgeltanspruch angerechnet werden müsse, "wenn der Verbraucher länger als drei
Tage abwesend ist" (BR-Drs. 167/09 vom 20. Februar 2009, S. 34; BT-Drs. 16/12409 vom 24. März 2009, S. 21). Weiter heiße es
in der Gesetzesbegründung, dass in Anlehnung an die Neuregelung des §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI nunmehr eine Anrechnung des Wertes ersparter Aufwendungen ab dem dritten Tag eine Abwesenheit des Verbrauchers vorgegeben
werde (BR-Drs. 167/09, aaO., S. 18; BT-Drs. 16/12409, S. 12). Hier sei also nicht von einem Abwesenheitszeitraum und auch
nicht von einer bestimmten Abwesenheit die Rede. Es werde also nicht ein bestimmter Artikel verwendet, sondern ein unbestimmter
Artikel, so dass eindeutig von einer Geltung der Drei-Tages-Regelung bei jeder Abwesenheit auszugehen sei. Auch nach dem Sinn
und Zweck der umstrittenen Regelung müsse davon ausgegangen werden, dass eine Herabsetzung des Heimentgeltes erst ab dem vierten
Tag einer jeden Abwesenheit vorzunehmen sei. Denn mit der Drei-Tages Regelung werde angemessen berücksichtigt, dass sich Einsparungen
im Heimbetrieb aufgrund der Abwesenheit des Pflegebedürftigen regelmäßig erst dann einstellen können, wenn der Einrichtungsträger
seinen Personal- und Sachmittelaufwand in zumutbarer Weise entsprechend habe anpassen können. Dies sei aber regelmäßig mit
einer bestimmten Vorlaufzeit verbunden. Allgemein sei davon auszugehen, dass ein Einrichtungsträger grundsätzlich innerhalb
von drei Tagen in der Lage sein müsse, seinen Sach- und Personalaufwand aufgrund der Abwesenheit des Pflegebedürftigen so
anzupassen, dass eine Herabsetzung des Entgeltanspruches ab dem vierten Tag angemessen sei.
Die Beigeladene zu 1 vertrat ebenfalls die Ansicht, es müsse bei der Anwendung von §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI davon ausgegangen werden, dass Abschläge vom Vergütungsanspruch nur dann vorzunehmen sind, wenn bei den einzelnen Abwesenheitszeiten
jeweils drei Kalendertage überschritten werden. Mit der Regelung des §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI habe der Gesetzgeber seiner Vorstellung Ausdruck verliehen, dass eine Entlastung des Heimbewohners erst dann zum Tragen kommen
solle, wenn eine Erheblichkeitsschwelle von drei Tagen überschritten wird. Nicht jede kurzfristige Abwesenheit solle zu einer
Abschlagspflicht führen, sondern nur Abwesenheitszeiten mit einer Dauer, die sich auf das Verwaltungswesen der Einrichtung
auswirken. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, die Drei-Tages-Regelung nur bei der ersten längeren Abwesenheit anzuwenden,
bei allen nachfolgenden Abwesenheitszeiträumen aber nicht mehr. Diese Regelung würde ihren Sinn verlieren, wenn die Abschlagsverpflichtung,
nachdem die Drei-Tages-Frist einmal im Kalenderjahr überschritten ist, jeweils für jeden weiteren Abwesenheitstag greifen
sollte, selbst wenn es sich dabei nur um einzelne Tage handeln sollte.
Die Beigeladene zu 20 vertrat dieselbe Ansicht.
In der mündlichen Verhandlung vor der Schiedsstelle am 1. Februar 2010 beantragte der Kläger folgende Entscheidung der Schiedsstelle:
"Abwesenheitsregelung
Der Pflegeplatz ist im Fall vorübergehender Abwesenheit vom Pflegeheim für einen Abwesenheitszeitraum von bis zu 42 Tagen
im Kalenderjahr für den Pflegebedürftigen freizuhalten.
Jeder Tag vorübergehender Abwesenheit des/der Heimbewohners/in wird kumulativ auf den Abwesenheitszeitraum nach Abs. 1 angerechnet.
Das Gesamtheimentgelt wird längstens für die Dauer des Abwesenheitszeitraumes nach Abs. 1 weitergezahlt. Dabei werden ab dem
4. Kalendertag der kumulativen Berechnung nach Abs. 2 dieser Regelung Abschläge in Höhe von 25 vom 100 der Pflegevergütung,
der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach §
92 b SGB XI vorgenommen.
Der Abwesenheitszeitraum nach Abs. 1 verlängert sich bei Krankenhausaufenthalten und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen
für die Dauer dieser Aufenthalte.
Abwesenheitstage im Sinne dieser Regelung sind der Abreisetag sowie Tage, an denen der/die Bewohner/in von 00:00 Uhr bis 24:00
Uhr abwesend ist.
Wechselt der Heimbewohner im laufenden Kalenderjahr die Pflegeeinrichtung, sind die Abwesenheitstage der vorhergehenden Pflegeeinrichtungen/en
je Kalenderjahr von der aufnehmenden Pflegeeinrichtung kumulativ zu berücksichtigen.
Die Regelungen des §
87 a SGB XI zur Berechnung und Zahlung des Heimentgeltes bleiben unberührt."
Demgegenüber stellten die Beigeladenen zu 1-20 folgenden Antrag:
"Abwesenheitsregelung
Der Pflegesatz ist im Fall vorübergehender Abwesenheit vom Pflegeheim für einen Abwesenheitszeitraum von bis zu 42 Tagen im
Kalenderjahr für den Pflegebedürftigen freizuhalten. Abweichend hiervon verlängert sich der Abwesenheitszeitraum bei Krankenhausaufenthalten
und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen für die Dauer dieser Aufenthalte.
Bei jeder vorübergehenden Abwesenheit des Heimbewohners bis zu 3 Kalendertagen wird das Gesamtheimentgelt, bestehend aus den
Pflegesätzen für den pflegebedingten Aufwand, für Unterkunft und Verpflegung sowie für gesondert berechenbare Investitionskosten,
in voller Höhe weitergezahlt.
Für Abwesenheitszeiträume gemäß Abs. 1 dieser Regelung sind ab dem 4. Kalendertagabschläge von 25 vom 100 der Pflegevergütung,
der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach §
92 b SGB XI vorzunehmen. Ein darüber hinaus gehende Erstattungsanspruch ist nicht gegeben.
Kalendertage im Sinne dieser Regelung sind die Tage, an denen der Bewohner von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr abwesend ist.
Wechselt der Heimbewohner im laufenden Kalenderjahr die Pflegeeinrichtung, sind die Abwesenheitstage der vorhergehenden Pflegeeinrichtungen
je Kalenderjahr von der aufnehmenden Pflegeeinrichtung kumulativ zu berücksichtigen.
Die Regelungen des §
87 a SGB XI zur Berechnung und Zahlung des Heimentgeltes gelten entsprechend."
Im Nachgang zu der Sitzung unterbreitete die Schiedsstelle den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag in Anlehnung an die von
den Beigeladenen zu 1-20 vertretene Rechtsauffassung. Diesen Vergleichsvorschlag lehnte der Kläger ab. Des Weiteren hielt
der Kläger die Schiedsstelle für nicht vorschriftsmäßig besetzt, da in der Sitzung vom 1. Februar 2010 auf Seiten der Schiedsstelle
vier Personen mitgewirkt hätten, die zugleich direkte Verhandlungspartner für die jeweiligen Verbände bei den Rahmenvertragsverhandlungen
gewesen seien (Frau K. [AWO], Herr M. [Caritas], Herr H. [BPA] und Herr S. [Verband der privaten Krankenversicherung e.v.]).
Nach weiteren mündlichen Verhandlungen am 19. Mai 2010 und 10. Juni 2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers hinsichtlich
der fehlerhaften Besetzung der Schiedsstelle ohne Beteiligung der vorgenannten vier Mitglieder ab. Nach Schluss der Sitzung
und Beratung verkündete die Beklagte sodann am 10. Juni 2010 folgenden Beschluss:
I. Die Abwesenheitsregelung in §
25 des geltenden Rahmenvertrages nach §
75 SGB XI zur vollstationären Pflege erhält ab 01.07.2009 folgende Fassung:
Der Pflegesatz ist im Fall vorübergehender Abwesenheit vom Pflegeheim für einen Abwesenheitszeitraum von bis zu 42 Tagen im
Kalenderjahr für den Pflegebedürftigen freizuhalten. Abweichend hiervon verlängert sich der Abwesenheitszeitraum bei Krankenhausaufenthalten
und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen für die Dauer dieser Aufenthalte.
Bei jeder vorübergehenden Abwesenheit des Heimbewohners bis zu 3 Kalendertagen wird das Gesamtheimentgelt, bestehend aus den
Pflegesätzen für den pflegebedingten Aufwand, für Unterkunft und Verpflegung sowie für gesondert berechenbare Investitionskosten,
in voller Höhe weitergezahlt.
Für Abwesenheitszeiträume gemäß Abs. 1 dieser Regelung sind ab dem 4. Kalendertag Abschläge von 25 vom 100 der Pflegevergütung,
der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach §
92 b SGB XI vorzunehmen. Ein darüber hinaus gehender Erstattungsanspruch ist nicht gegeben.
Kalendertage im Sinne dieser Regelung sind die Tage, an dem der Bewohner von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr abwesend ist.
Wechselt der Heimbewohner im laufenden Kalenderjahr die Pflegeeinrichtung, sind die Abwesenheitstage der vorhergehenden Pflegeeinrichtung/en
je Kalenderjahr von der aufnehmenden Pflegeeinrichtung kumulativ zu berücksichtigen.
Die Regelungen des §
87 a SGB XI zur Berechnung und Zahlung des Heimentgeltes gelten entsprechend."
Zugleich lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers, soweit er von dieser Fassung abwich, ab und legte ihm die Kosten des
Verfahrens in Höhe von 4.090,34 EUR auf. Zur Begründung ihrer Entscheidung führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Die Schiedsstelle
sei bei ihrer Entscheidungsfindung u.a. in der Verhandlung vom 1. Februar 2010 gemäß § 9 Abs. 2 der Verordnung über die Schiedsstelle
für die Soziale Pflegeversicherung vom 26. Juli 1995 als auch bei der abschließenden mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2010
ordnungsgemäß besetzt gewesen. Die entgegenstehende Rüge des Klägers vom 18. Februar 2010, insbesondere zur Verhandlung vom
1. Februar 2010, die mit der Teilnahme von vier Mitgliedern der Schiedsstelle als Verbandsvertreter an den vorangegangenen
Rahmenvertragsverhandlungen begründet worden sei, greife nicht durch. Die Tätigkeit als Verbandsvertreter in Sitzungen der
Landespflegesatzkommission, durch die entsprechend § 25 des Rahmenvertrages eine Einigung herbeigeführt werden sollte, stehe
einer Mitwirkung dieser Personen als Mitglieder der Schiedsstelle nicht entgegen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wesen und
der Zusammensetzung der Schiedsstelle. Nach dem Willen des Gesetzgebers (§
76 Abs.
2 SGB XI) und des Verordnungsgebers (§
2 Abs.
2 Schiedsstellen-Verordnung) setzte sich die Schiedsstelle aus drei unparteiischen und paritätisch jeweils vier von Pflegekassen
einerseits und von den Pflegeeinrichtungen andererseits benannten Mitgliedern zusammen. Diese ursprüngliche Interessengebundenheit,
sofern man sie unterstellen wolle, setzte sich jedoch in der Schiedsstelle nicht fort. Die Mitglieder seien ungeachtet ihrer
eigentlichen Tätigkeit in ihrer Unabhängigkeit insoweit durch das gesetzliche Postulat der Weisungsfreiheit (§
76 Abs.
3 Satz 2
SGB XI) wie auch der Verschwiegenheitsverpflichtung (§
6 Abs.
2 Satz 1 Schiedsstellen-Verordnung) ausdrücklich geschützt. Dies sei von der Rechtsprechung auch bei ehrenamtlichen Richtern
anerkannt worden. Zum Wesen der Schiedsstelle habe die höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden, dass der Gesetzgeber
die Schiedsstelle als weisungsfreies, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen besetztes Konfliktlösungs- und
Schlichtungsgremium ausgestaltet und damit zum Ausdruck gebracht habe, dass er dieses Gremium als mit der zu regelnden Materie
vertrautes und zu einer vermittelnden Zusammenführung potentiell gegenläufiger Interessen berufenes Entscheidungsorgan für
geeignet hält, eine Sach- und interessengerechte Lösung zu finden. Die hierfür erforderliche Fachkompetenz der Schiedsstelle
wäre nicht mehr gewährleistet, wenn jedwede Tätigkeit als Verbands- bzw. Behördenvertreter in vorangehenden Fachgremien und
Beratungen die Mitwirkung in der Schiedsstelle unterbinden würde. Insoweit habe auch § 6 Abs. 2 Satz 2 Schiedsstellen-Verordnung
ein Mitwirken in der Schiedsstelle nur für den Fall untersagt, wenn die Sache einer Pflegeeinrichtung verhandelt wird, für
die das Schiedsstellenmitglied im Sinne eines Arbeitnehmers tätig ist und insoweit ggf. auch an den Verhandlungen im konkreten
Einzelfall teilgenommen hatte. Ein derartiger Sachverhalt sei hier jedoch nicht gegeben, so dass die Besetzungsrüge des Antragstellers
hinsichtlich der benannten vier Mitglieder sowie eines weiteren Mitgliedes nicht durchgreife. Die weiteren, für Rahmenvertragsstreitigkeiten
vorgegebenen Verfahrensschritte gemäß §§ 9, 10 Schiedsstellen-Verordnung seien, zuletzt mit der am 10. Juni 2010 durchgeführten
mündlichen Verhandlung nach vorangegangener vertagter Verhandlung wegen fehlender Beschlussfähigkeit in der Sitzung am 19.
Mai 2010 (vgl. § 11 Absatz 1 Satz 2 Schiedsstellen-Verordnung), ordnungsgemäß erfolgt. Die Sechs-Monats-Frist des §
75 Abs.
4 SGB XI sei eingehalten, da seit der Gesetzesänderung zu §
87 a Abs.
1 Sätze 5-7
SGB XI durch das Pflegeversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz vom 28. Mai 2008 mit Wirkung zum 1. Juli 2008 zwischen den Vertragsparteien
Streit über die ein- bzw. mehrmalige Anwendbarkeit der vom Gesetzgeber eingeführten Drei-Tages-Regel bestanden habe. Die konträren
Standpunkte zwischen den auch vor der Schiedsstelle streitenden Vertragsbeteiligten habe seit der Sitzung der Landespflegesatzkommission
vom 26. August 2008, in der ein Moratorium in Form der Beibehaltung der bisherigen Regelung bis 31. Dezember 2008 beschlossen
worden sei, nicht überbrückt werden können. Insoweit sei mit diesem Beschluss vom 26. August 2008 die Sechs-Monats-Frist im
Sinne von §
75 Abs.
4 SGB XI ausgelöst worden. Nach weiteren Sitzungen der Landespflegesatzkommission und einem weiteren Moratorium bis 30. Juni 2009
seien in der Sitzung der Landespflegesatzkommission vom 26. Mai 2009 die Rahmenvertragsverhandlungen einvernehmlich für endgültig
gescheitert erklärt worden. Nach allem sei die Anrufung der Schiedsstelle am 30. Juni 2009 durch den Kläger form- und fristgemäß
erfolgt. Entgegen der Auffassung des Klägers greife die als zwingender Regelungsgegenstand für Rahmenverträge angesprochene
Abwesenheitsregelung nach §§
75 Abs.
2 Satz 1 Nr.
5,
87 a Abs.
1 SGB XI (Abwesenheitsregelung für die ersten drei Tage) nicht nur einmal im Kalenderjahr, sondern bei jeder nicht krankheits- oder
rehabilitationsbedingten Abwesenheit.
Auszugehen sei von dem Sinn und Zweck der Regelung, insbesondere aus dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Betrachtungsweise
und einem entsprechenden sinnvollen Interessenausgleich zwischen dem Pflegebedürftigen und dem Heimbetreiber. Auch wenn die
Gesetzesinterpretationen der Streitparteien jeweils vertretbar sein sollten, sei es nicht Aufgabe der Schiedsstelle, wegen
der Nachlässigkeit des Gesetzgebers erst nach vertieften juristischen Theorienstreit, wie von den Beteiligten in hervorragender
Weise vorgetragen, zu einer gesetzeskonformen Anwendung der Drei-Tages-Regel zu gelangen. Der Schiedsstelle stehe deshalb
für ihre Bewertungen und Beurteilungen, etwa auch im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe, eine Einschätzungsprärogative
zu, die es gebiete, die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob die Schiedsstelle die ihr gesetzten rechtlichen
Vorgaben beachtet, den Sachverhalt vollständig ermittelt hat und in einem fairen und willkürfreien Verfahren zu vertretbaren
Bewertungen gelangt ist. Als Vertragsorgan habe die Schiedsstelle also unter Beachtung der Gesetzeslage auf eine praktikable,
sozialverträgliche Lösung hinzuwirken. Unter Abwägung der Argumente der Beteiligten sei der Auslegung der Vorzug zu geben,
wonach die Drei-Tages-Regelung bei Abwesenheit des Pflegebedürftigen auf jeden Abwesenheitsfall im Kalenderjahr anzuwenden
ist. Auch wenn sich aus den Gesetzesmaterialien und dem Gesetzeswortlaut kein eindeutiger Regelungsinhalt entnehmen lasse,
spreche die wirtschaftliche Betrachtungsweise für die Anwendung der Drei-Tages-Regel bei jeder eintretenden Abwesenheit des
Pflegebedürftigen, ohne dessen finanzielle Leistungsfähigkeit zu überfordern. Empirische Daten zur Häufigkeit derartiger,
nicht krankheits- oder rehabedingter Abwesenheitsfälle bzw. ein greifbarer Prozentsatz, etwa entsprechend der 96 %-Belegungsregel
bei den Vergütungsvereinbarungen, sei von den Beteiligten ebenso wenig erbracht worden, wie der Nachweis, wie sich die vom
Kläger vertretene Auslegung finanziell auswirken würde. Um eine Refinanzierung des Personal- und Sachaufwandes über den für
alle Heimbewohner geltenden Pflegesatz und damit eine höhere Belastung aller Pflegebedürftigen zu vermeiden, sei es angemessen,
den abwesenden Pflegebedürftigen als "Verursacher" für einen verhältnismäßig geringen Zeitraum von drei Tagen mit dem vollen
Vergütungssatz und erst nach drei Tagen mit dem um wenigstens auf 75 % abgesenkt Vergütungssatz zu belasten. Für die Zahlung
des vollen Pflegesatzes in den ersten drei Tagen jeder Abwesenheit spreche, dass Ersparnisse im Heimbetrieb aufgrund der Abwesenheit
des Pflegebedürftigen sich regelmäßig erst dann einstellen können, wenn der Heimbetreiber den Personal- und Sachmittelaufwand
entsprechend angepasst habe. Bei urlaubsbedingter Abwesenheit, die bei Heimbewohnern eher nicht der Regelfall sein dürfte,
könne der Einrichtungsträger bei entsprechender Ankündigung entsprechende Dispositionen eher planen, bei krankheits- bzw.
reha-bedingter Abwesenheit dürfte es hingegen Planungsprobleme geben. Hier komme es für den Betreiber zu einer gewissen Risikoverteilung.
Andererseits müsse er nach jeweils drei Tagen bei den jeweiligen Abwesenheitszeiträumen von Pflegebedürftigen seine Sach-
und Personalkostenstruktur so angepasst haben, dass er auf jeden Fall mit 75 % des Entgeltes auszukommen habe. Dazu komme
die Vorhalteverpflichtung des Heimplatzes für 42 Tage im Jahr. Den Heimbewohner, der bei freiwilliger Abwesenheit für sechs
Wochen einen gesicherten Heimplatz habe, treffe eine volle Zahlungspflicht lediglich für die ersten drei Tagen jeder Abwesenheit,
danach nur noch für ein um mindestens 25 vom 100 gesenktes Heimentgelt pro Abwesenheitstag (vgl. Schütze in Udsching, Kommentar
zum
SGB XI, 3. Auflage 2010, Rn. 7 zu §
87 a). Nach Überzeugung der Schiedsstelle sei es bei Abwägung der Lasten- und Risikoverteilung zwischen dem Pflegebedürftigen
und dem Heimbetreiber nach der derzeitigen Gesetzeslage gerechtfertigt, jeweils das volle Heimentgelt für die ersten drei
Tage jeder Abwesenheit entstehen zu lassen. Diese Entscheidung der Schiedsstelle entspreche auch der bisherigen Handhabung
der Drei-Tages-Regelung im Land Sachsen-Anhalt, der zwischenzeitlich ergangenen Empfehlung des Spitzenverbandes der Pflegekassen
und der Handhabung in fast allen Bundesländern, soweit rahmenvertragliche Regelungen getroffen worden sind. Sollte der Gesetzgeber
der Ansicht des Klägers näher stehen, so müsste er hierzu eine eindeutige gesetzliche Aussage treffen. Aus den Materialien
und dem Gesetzeswortlaut lasse sich eine derartige Absicht aber mangels hinreichender Bestimmtheit nicht entnehmen.
Gegen die ihm am 26. Juli 2010 zugestellte Entscheidung der Beklagten wendet sich der Kläger mit seiner am 25. August 2010
vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt in Halle erhobenen Klage. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Schiedsstelle
bei ihrer Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei. Ferner habe die Beklagte den Sachverhalt nicht ausreichend
ermittelt und sich auch nicht an die ihr gesetzten rechtlichen Vorgaben gehalten. Die fehlerhafte Besetzung sei aus § 6 Abs.
2 der Geschäftsordnung der Schiedsstelle abzuleiten, wonach deren Mitglieder nicht an Verhandlungen der Vertragsparteien teilgenommen
haben dürfen. Bereits mit Schreiben vom 18. Februar 2010 seien die Personen benannt worden, die bei den Verhandlungen für
den Rahmenvertrag mitgewirkt haben. Diese Personen hätten an dem Schiedsspruch nicht mitwirken dürfen. Auch sei der Sachverhalt
nicht ausreichend aufgeklärt worden, weil die Beklagte in ihrer Entscheidung eine Reihe von tatsächlichen Umständen für entscheidend
erklärt habe, die auf reinen Mutmaßungen beruhten. Zu keinem Zeitpunkt habe die Beklagte im Laufe des Verfahrens einem der
Beteiligten aufgegeben, den entscheidenden Sachverhalt zu ermitteln, obwohl dies vom Kläger ausdrücklich beantragt worden
sei. Der Hinweis in der Begründung des Schiedsspruches, die Beteiligten hätten keine empirischen Daten zur Häufigkeit von
nicht krankheits- oder reha-bedingter Abwesenheit erbracht oder dargelegt, wie sich die vom Kläger vertretene Auslegung des
§
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI ab dem zweitem Abwesenheitszeitraum im Kalenderjahr finanziell auswirke, sei unzutreffend. Es sei nicht so, dass die Beteiligten
diese Daten nicht erbracht hätten, sondern richtig sei, dass sich die Beklagte zu keinem Zeitpunkt darum gekümmert habe, diese
Daten zu erheben, was sie durch eine einfache Auflage an die Beteiligten ohne Weiteres hätte bewirken können. Auch die Behauptung,
"urlaubsbedingte Abwesenheit" von Heimbewohnern sei eher nicht der Regelfall, sei ein aufklärungsbedürftiger Sachverhaltsumstand.
Schlichte Behauptung sei es auch, ein Einrichtungsträger könne bei urlaubsbedingter Abwesenheit eher disponieren als bei krankheits-
bzw. reha-bedingter Abwesenheit. Schließlich habe die Beklagte auch die rechtlichen Vorgaben missachtet, denn nach Auslegung
von Wortlaut und Systematik der strittigen Regelung sei es eindeutig, dass in den Rahmenverträgen nach §
75 SGB XI Abschläge auf das Heimentgelt immer dann vorgenommen werden müssten, wenn der pflegebedürftige Heimbewohner mehr als drei
Kalendertage im Jahr abwesend sei. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung könne der Fall eintreten, dass der Pflegeplatz
des Heimbewohners nicht mehr freigehalten werden müsse, wenn seine Abwesenheit im Kalenderjahr 42 Tage überschreite, andererseits
dieser aber gleichwohl zur Zahlung der vollen Pflegevergütung für die 42 Tage überschreitenden Abwesenheitstage verpflichtet
sein könne. Dieses Ergebnis sei erkennbar unsinnig. Durch die Begrenzung der Verpflichtung zur Freihaltung des Pflegeplatzes
auf 42 Tage im Kalenderjahr solle vielmehr sichergestellt werden, dass dem Heimbetreiber durch die Reduzierung der Pflegesatzvergütung
ab dem vierten Tag kein unzumutbarer Nachteil entstehe. Diese Regelung wäre schlechterdings überflüssig, wenn ohnehin für
jedes Kalenderjahr ein Anspruch auf Zahlung der vollen Pflegevergütung für die Dauer von 42 Tagen besteht. Heimbetreiber müssen
sich dann faktisch eine Reduzierung der Pflegepauschale niemals gefallen lassen, weil sie zugleich den Pflegeplatz nicht mehr
zu Gunsten des betroffenen Heimbewohners offen halten müssten. Gegen diese Auslegung des §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI ließen sich die Regelungen des WBVG nicht ins Feld führen. Dieses Gesetz regle lediglich die Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmer
und Verbraucher bei der Inanspruchnahme von Pflegeleistungen, während §
87 a SGB XI für die hier allein relevanten Beziehungen zwischen Pflegekassen, Sozialhilfeträger und Pflegeeinrichtungen maßgeblich sei.
Dementsprechend enthalte das WBVG auch Bereichsausnahmen für die Leistungspflichten des Unternehmers, wenn der Verbraucher
Leistungen nach dem
SGB XI in Anspruch nimmt. §
7 Absatz
5 WBVG, den die Beigeladenen maßgeblich für sich in Anspruch nähmen, ordne in Satz 2 an, dass in Verträgen mit Verbrauchern,
die Leistungen nach dem
SGB XI in Anspruch nehmen, sich die Höhe des Anrechnungsbetrages aus den in §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI genannten Vereinbarungen ergibt. Der Drei-Tages-Zeitraum, der in Satz 1 genannt sei, finde hier also gerade keine Anwendung.
Im Übrigen sei § 7 Abs. 5 Satz 1 WBVG auch keineswegs so eindeutig, wie die Antragsgegner meinen, die Norm hebe für die Anrechnung
der ersparten Aufwendungen darauf ab, dass "der Verbraucher länger als drei Tage abwesend" sei. Was dies bedeute, sei - anders
als in der Regelung des §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI - keineswegs klar, denn es werde kein Bezug zu dem Zeitraum, auf den sich die Abwesenheit bezieht, hergestellt. Die Interpretation
der Antragsgegner, wonach gemeint sein soll, dass der Verbraucher sich eine Anrechnung gefallen lassen müsse, wenn er "länger
als drei Tage hintereinander" abwesend ist, findet sich so im Gesetz nicht. Dies müsse allerdings in der hier vorliegenden
Auseinandersetzung nicht entschieden werden, da § 7 Abs. 5 Satz 2 WBVG, wie dargestellt, für die hier interessierenden Fälle
eine eindeutige Bereichsausnahme enthalte und auf §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI verweise.
Der Kläger beantragt,
den Schiedsspruch der Beklagten vom 10. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag des Klägers
vom 30. Juni 2009 zur Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit des Pflegebedürftigen ab 1. Juli 2009 unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, wonach die Rüge der nicht ordnungsgemäßen Besetzung der Schiedsstelle nicht durchgreife.
Im Übrigen verweist sie auf ihre rechtlichen Ausführungen zur Auslegung des §
87 a SGB XI.
Die Beigeladenen zu 1-7 stellen keinen Antrag.
Die Beigeladenen zu 8-17 beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die zum Termin ordnungsgemäß geladenen, nicht erschienenen und nicht vertretenen Beigeladenen zu 18-20 stellen nach ihrem
schriftlichen Vorbringen keinen Antrag.
Die Beigeladenen zu 8-17 vertreten wie die Beklagte die Auffassung, dass die Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung ordnungsgemäß
besetzt gewesen sei. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Schiedsstelle für die Soziale Pflegeversicherung dürfe
ein Mitglied der Schiedsstelle weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung eine Pflegeeinrichtung betrifft,
bei der es tätig ist. Unter Pflegeeinrichtungen seien gemäß §
71 SGB XI entweder ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne von Abs. 1 oder stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime)
im Sinne von Abs. 2 zu verstehen. Da die Mitglieder der Schiedsstelle K., M., H. und S. nicht in derartigen Pflegeeinrichtungen
tätig seien bzw. gewesen seien, hätten sie sowohl beratend als auch entscheidend im Schiedsstellenverfahren mitwirken dürfen.
Dass die genannten Schiedsstellenmitglieder für ihre jeweiligen Verbände bei den Rahmenvertragsverhandlungen mitgewirkt haben,
stelle selbstverständlich keine Tätigkeit in einer Pflegeeinrichtungen dar. Es treffe auch nicht zu, dass die Schiedsstelle
den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt habe. Die Schiedsstelle sei nicht dazu berufen, Datenerhebungen durchzuführen.
Abgesehen davon, dass es dem Kläger unbenommen geblieben sei, Daten vorzulegen und es nicht ersichtlich sei, dass es hierzu
lediglich einer "einfachen Auflage" seitens der Beklagten bedurft hätte, habe die beklagte Schiedsstelle die in den vorangegangenen
Verhandlungen streitig gebliebenen Punkte zu ermitteln, einzugrenzen und zu entscheiden (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 25.
Januar 2012, Buchstabe L 8 SO 289/10 KL, juris). Dieser Verpflichtung sei sie nachgekommen. Denn strittig gewesen sei allein
die Auslegung der Drei-Tages-Regelung, nämlich, ob diese nur einmal im Kalenderjahr oder bei jeder Abwesenheit gilt. Die gegenseitigen
Argumente hätten sowohl in schriftlicher als auch in mündlicher Form umfassend vorgetragen werden können. Vor dem Hintergrund,
dass die Schiedsstelle im Wesentlichen keinen eigenen Verwaltungsunterbau unterhalte und deshalb in besonderer Weise auf die
Mitwirkung der Beteiligten angewiesen sei, sei es in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Schiedsstellenbegründung
auf die in diesem Rahmen vorgebrachten Angaben der Beteiligten oder von ihren Mitgliedern selbst eingeführten Hinweise bezieht
(BSG, Urteil vom 29. Januar 2009, B 3 P 7/08R, juris). Soweit der Kläger die Annahme der Beklagten rüge, der Einrichtungsträger
könne bei urlaubsbedingter Abwesenheit Dispositionen eher planen als bei krankheits- bzw. rehabilitationsbedingter Abwesenheit,
beruhe diese gerade nicht auf einer bloßen Behauptung, sondern auf dem Sachverstand der Schiedsstelle bzw. der Schiedsstellenmitglieder.
Der Gesetzgeber habe das Verfahren der Schiedsstelle und deren Besetzung gerade so gewählt, dass dort ein Gremium zusammenfinde,
das sich in der behandelten Materie auskennt. Unabhängig davon entspreche es allgemeiner Lebenserfahrung, dass Urlaub in der
Regel geplant wird, Krankheit dagegen grundsätzlich ungeplant auftritt. Dass Träger von Pflegeeinrichtungen insoweit besser
disponieren könnten, wenn ein geplanter Urlaub ansteht, als bei unvorhergesehenen Krankheiten, liege folglich auf der Hand.
Die Beigeladenen zu 1-7 tragen vor, die Auslegung des §
87 a SGB XI sei nach den üblichen Auslegungsmethoden durchzuführen. Die vom Kläger befürwortete Auslegung, wonach die Drei-Tages-Regelung
nur einmal im Jahr herangezogen werden dürfe, sei mit der Auslegung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Historie der Vorschrift
nicht zu vereinbaren. Dies werde auch vom Spitzenverband der Pflegekassen so gesehen, der ebenfalls das im Ergebnis einer
Fachkonferenz gefundene Ergebnis vertrete, wonach eine kumulative Betrachtung der Abwesenheitszeiträume, wie sie für Sachsen-Anhalt
vom Kläger vertreten werde, mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen sei. Nach § 87 a Abs. 1 Satz 7 seien
die Vergütungsabschläge für "Abwesenheitszeiträume" vorzusehen und nicht für einen Zeitraum. Diese eindeutige gesetzliche
Formulierung schließe es nach Auffassung des Spitzenverbandes der Pflegekassen aus, dass es sich bei der vom Kläger vertretenen
Rechtsauffassung um eine rechtskonforme Auslegung der Rechtsvorschrift handele. Insbesondere diene diese Regelung nicht vorrangig
der Entlastung der Sozialhilfeträger. Nicht erstaunlich sei es, dass ein Verfahren, wie es hier vom Land bzw. dem überörtlichen
Träger der Sozialhilfe geführt werde, aus anderen Bundesländern nicht bekannt sei.
Die (vormalige) Berichterstatterin des Senats hat nach Beiladung der weiteren 20 Verfahrensbeteiligten mit Beschluss vom 27.
April 2011 am 12. September 2012 einen Erörterungstermin (10:30 Uhr bis 12:25 Uhr) durchgeführt und die Beteiligten darauf
hingewiesen, dass die umstrittene Regelung in §
87 a Abs.
1 Satz 7
SGB XI nicht eindeutig in die eine oder die andere Richtung auszulegen sei. Es gebe für beide Seiten gute Argumente, die auch im
Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge von Dr. F. von 15. Oktober 2009 nachgelesen werden könnten.
Aus diesem Grund könne es den Beteiligten nicht verwehrt sein, im Rahmenvertrag eine Regelung zu vereinbaren, die entweder
der einen oder der anderen Seite oder einer vermittelnden Auffassung entspricht. Die Berichterstatterin hat den Beteiligten,
außer der Beklagten, aufgegeben zu überprüfen, ob ihnen Daten zu den tatsächlichen Abwesenheitstagen seit 2009 und den wirtschaftlichen
Auswirkungen der im Streit stehenden Frage zur Verfügung stehen. Soweit solche Daten verfügbar sein, sollten sie dem Gericht
zur Verfügung gestellt werden.
Die Beigeladenen zu 1-7 haben dazu vorgetragen, ihnen stünden die Daten zu den tatsächlichen Abwesenheitstagen seit 2009 und
deren wirtschaftlichen Auswirkungen nicht vollständig zur Verfügung, weil deren Ermittlung beispielsweise auf Seiten der kleinteilig
organisierten BKK-Gemeinschaft auf technische Schwierigkeiten stoße. Mutmaßlich verfügten auch nicht die Einrichtungsträger
über die Gesamtheit dieser Daten. Solche Daten könnten wahrscheinlich nur vom Kläger aufbereitet werden, der diese im Schiedsstellenverfahren
aber weder vorgelegt noch sich auf sie berufen habe. Deshalb könne er sich im Klageverfahren nicht darauf berufen, die Schiedsstelle
hätte diese Daten ermitteln müssen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 7, und 17. Mai 2013 sowie 15. Oktober 2013 Daten und Zahlen zu den Jahren 2009 bis 2011 vorgelegt.
Daraus ist ersichtlich, dass zwischen 21 und 22 % der in Pflegeeinrichtungen (stationär) belegten Plätzen in die Zuständigkeit
des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe fallen. Der Kläger hat auf der Grundlage der Abwesenheitstage (rund 22 bis 23.000)
für die Jahre 2009 bis 2011 eine finanzielle Belastung für den überörtlichen Sozialhilfeträger von 37.369,08 EUR für 2009,
45.874,18 EUR für 2010, 37.369,00 EUR für 2011 und 33.135,00 EUR für 2012 errechnet bzw. hochgerechnet.
Die Beigeladenen zu 8-17 haben erklärt, über die vom Gericht erbetenen Zahlen nicht zu verfügen. Anhand der vom Kläger gemachten
Angaben sei aber deutlich, dass die Abwesenheitszeiten wegen Urlaubs nur einen verschwindend geringen Teil ausmachten, der
dazu noch von Jahr zu Jahr abnehme. So sollen im Jahr 2009 1007 Tage auf Abwesenheitszeiten wegen Urlaubs entfallen sein,
was bei insgesamt 22.127 Abwesenheitstagen einem Anteil von 4,5 % entspreche. Im Jahre 2010 seien es dann nur noch 2,7 % gewesen,
im Jahr 2011 2,58 % und im Jahr 2012 nur noch 2,48 %. Dies belege, dass es für die Einrichtungsträger zu mehr als 97,5 % nicht
planbar sei, wann ein Bewohner abwesend ist. Genau dies sei der Grund gewesen, weshalb der Gesetzgeber für jeden Fall der
Abwesenheit eine Absenkung des Gesamtheimentgeltes erst ab dem vierten Tag normiert habe. Absenkungen erst ab dem vierten
Tag würden auch von der Rechtsprechung für zulässig angesehen. Das Bestreben des Klägers, anfallende und nicht zu vermeidende
Kosten auf Seiten der Leistungserbringer zu deren Lasten sparen zu wollen, sei zwar nachvollziehbar. Genauso nachvollziehbar
seien aber die Argumente der Leistungserbringer, bei ungeplanten Abwesenheiten nicht auf unvermeidbaren Kosten sitzen zu bleiben.
Derlei Interessen seien allerdings nicht maßgeblich für die Rechtslage. Vielmehr sei die hier allein streitgegenständliche
Auslegung des Gesetzeswortlautes anhand der üblichen Auslegungsmethoden vorzunehmen. Genau dies habe die Schiedsstelle getan,
weshalb ihre Entscheidung Bestand haben müsse.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Schiedsspruch ist rechtmäßig.
Der Schiedsspruch erweist sich auch materiell als rechtmäßig.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze und des Entscheidungsspielraums der Schiedsstelle ist nach der BSG-Rechtsprechung gerichtlich ausschließlich zu überprüfen, ob
1. die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist,
2. ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und
3. ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden ist (vgl. BSG, Urt. vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, juris, RdNr. 42).
Die gefundene Abwägung durch die Schiedsstelle muss Eingang in die Begründung des Schiedsspruchs gefunden haben, wobei die
Anforderungen wegen Stellung und Funktion der Schiedsstelle nicht überspannt werden dürfen. Denn die Schiedsstelle unterhält
im Wesentlichen keinen eigenen Verwaltungsunterbau und ist in besonderer Weise auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen.
Daher ist in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Schiedsstellenbegründung auf die vorgebrachten Angaben der Beteiligten
oder eingeführte Hinweise ihrer Mitglieder bezieht, ggf. in knapper, aber für die Beteiligten verständlicher Form (vgl. BSG, aaO.).
Nicht zu beanstanden ist es zunächst, dass die Beklagte im Schiedsstellenverfahren nicht das umfangreiche Zahlenmaterial angefordert
hat, das im Wege der Sachaufklärung durch das Gericht eingeholt worden ist. Denn ungeachtet der oben dargestellten sachlich
und personell beschränkten Möglichkeiten der Schiedsstelle darf die hier allein streitige Gesetzesauslegung nicht von der
jährlich mehr oder weniger stark schwankenden finanziellen Belastung der Heimträger oder des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe
abhängen. Der grundsätzliche Konflikt ist hier im Sinne einer Rechtsfrage aufgeworfen, bei deren Klärung es evident ist, dass
die finanziellen Interessen einzelner Vertragspartner mehr oder minder stark betroffen sind. Das konkrete Ausmaß des Betroffenenseins
ist bei der Gesetzesauslegung jedoch nicht von entscheidender Bedeutung und es spielt auch keine Rolle, für wie viele Heimbewohner
der überörtliche Träger der Sozialhilfe zahlungspflichtig ist. Denn sein Interesse an möglichst geringen finanziellen Belastungen
ist auch ohne konkretes Zahlenmaterial offenkundig und grundsätzlich im Verfahren vor der Schiedsstelle zu berücksichtigen.
Nicht zu beanstanden ist auch die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der genannten Vorschrift, wonach bei jeder vorübergehenden
Abwesenheit des Heimbewohners bis zu drei Tagen das Gesamtheimentgelt in voller Höhe weiterzuzahlen ist.
Zur Gesetzesauslegung hat das Bundesverfassungsgericht Folgendes ausgeführt (Urteil vom 19.03.2013, 2 BvR 2628, 2883/10, 2155/11, BVerfGE 133, 168, 205 f., RdNr. 66):
"Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers,
wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BVerfGE 1,
299 [312]; 11, 126 [130 f.]; 105, 135 [157]; stRspr). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden
der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und
der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen
unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. BVerfGE 11, 126 [130]; 105, 135 [157]). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise
auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten
die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen
darf (vgl. BVerfGE 122, 248 [283] - abw. M.). Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall
- auch unter gewandelten Bedingungen - möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 96, 375 [394 f.]). In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt
verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen (vgl.
BVerfGE 78, 20 [24] m.w.N.). Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien
und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Die Eindeutigkeit der im Wege der Auslegung gewonnenen
gesetzgeberischen Grundentscheidung wird nicht notwendig dadurch relativiert, dass der Wortlaut der einschlägigen Norm auch
andere Deutungsmöglichkeiten eröffnet, soweit diese Deutungen offensichtlich eher fern liegen. Anderenfalls wäre es für den
Gesetzgeber angesichts der Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen, nahezu unmöglich, sein Regelungsanliegen gegenüber
der Rechtsprechung über einen längeren Zeitraum durchzusetzen (vgl. BVerfGE 122, 248 [284] - abw. M.)."
Mit der Vorschrift werden drei Problemkomplexe aus dem Bereich der Berechnung und Zahlung der Heimentgelte aufgegriffen und
gelöst.
Die Ergänzung des § 87a Abs. 1 um die hier streitigen Sätze 5 bis 7 durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz mit Wirkung
vom 01.07.2008 hat der Gesetzgeber wie folgt begründet (BT-Drs 16/7439, S. 72 f.):
Die Neuregelung sieht vor, dass bei einer vorübergehenden Abwesenheit vom Pflegeheim für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen
im Kalenderjahr der Pflegeplatz für die pflegebedürftige Person freizuhalten ist. Dieser Zeitraum wird bei Aufenthalten in
Krankenhäusern und in Rehabilitationseinrichtungen für die Dauer dieser Aufenthalte verlängert (vergleiche hierzu auch die
Neuregelung in § 43 Abs. 5). Im Übrigen ist für den Abwesenheitszeitraum ein Abschlag von mindestens 25 vom Hundert der Pflegevergütung
(vergleiche hierzu § 75 Abs. 2 Nr. 5) und der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung in den Landesrahmenverträgen zu vereinbaren,
wenn die Abwesenheit drei Tage überschreitet. Während der ersten drei Tage ist demnach der volle Pflegesatz zu zahlen. Darüber
hinaus sind auch für den Fall Abschläge in Höhe von mindestens 25 vom Hundert zu vereinbaren, dass Pflegebedürftige im Rahmen
der integrierten Versorgung Zuschläge im Sinne des § 92b zu entrichten haben.
(5) Bei vorübergehender Abwesenheit von Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim werden die Leistungen für vollstationäre Pflege
erbracht, solange die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 Satz 5 und 6 vorliegen.