Zulassung der Revision im sozialgerichtlichen Verfahren, Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache, Zurückverweisung
bei fehlender Tatsachenfeststellung
Gründe:
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Rentenversicherungspflicht des Klägers als selbstständiger Handwerker
in der Zeit vom 25.10.2002 bis zum 6.8.2006.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg
vom 11.6.2008 ist in entsprechender Anwendung von §
169 Satz 2 und
3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden.
Der Kläger beruft sich zunächst auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die Beschwerdebegründung muss hierzu ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht
zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr: BVerwG
NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach
dem Stand der Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt
die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger hat zwar die Frage formuliert:
"Ist es richtig, dass das neue Tatbestandsmerkmal 'in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen
Voraussetzungen erfüllen' des §
2 Satz 1 Nr. 8
SGB VI nur der Beibehaltung der bisherigen versicherungsrechtlichen Status quo oder besteht vielmehr nach dieser Neuregelung über
die große Handwerksnovelle eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für die Gewerbetreibende,
die in die Handwerksrolle eingetragen sind und kumulativ in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen
Voraussetzungen erfüllen? Ist die Normvoraussetzung des §
2 Satz 1 Nr. 8
SGB VI erst dann verwirklicht, wenn nicht nur die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt ist, sondern auch die gewerbetreibende
Person, die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt?"
Es kann unerörtert bleiben, ob der Kläger hiermit eine oder mehrere konkrete Rechtsfragen formuliert und ihre Klärungsbedürftigkeit
hinreichend dargelegt hat. Jedenfalls fehlt es an schlüssigen Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Hierzu hätte ua ausgeführt
werden müssen, an welcher Stelle im Rahmen der Prüfung der Begründetheit das BSG in einem künftigen Revisionsverfahren auf
der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts notwendig über die vom Kläger aufgeworfenen Fragen entscheiden muss.
Insofern wäre zunächst darauf einzugehen gewesen, warum es vorliegend auf die von der Beschwerdebegründung problematisierte
Unterscheidung der in die Handwerksrolle eingetragenen Person und demjenigen, der in seiner Person die Eintragungsvoraussetzungen
erfüllt, ankommen sollte, obwohl das Berufungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, dass der Kläger beide Voraussetzungen
in seiner Person erfüllt hat (S 11 oben des Umbruchs). Klärungsbedürftigkeit wäre im Übrigen auch dann nicht schlüssig vorgetragen,
wenn es - wie die Beschwerde meint - zur Aufklärung der Qualifikation des Klägers in einem künftigen Revisionsverfahren der
Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG bedürfte. Die Revision kann nämlich nicht
wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für
die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren erheblich
sein würde, vielmehr lediglich die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht auf
Grund weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (BVerwG vom 5.9.1996, 9 B 387/96, Buchholz 310 §
132 Abs
2 Ziff 1
VwGO Nr
12 mwN; BSG vom 24.6.1998, B 9 VG 2/98 B). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, über eine abstrakte Rechtsfrage zu entscheiden, deren Bedeutung für den konkreten
Rechtsstreit (noch) nicht feststeht, zumal die Revisionszulassung hier zur Umgehung der Beschränkung der Verfahrensrevision
in §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG führen würde. Über die Grundsatzrevision würde die Heilung eines Verfahrensmangels ermöglicht, der als solcher nicht zur
Zulassung der Revision führen kann (BSG vom 7.8.1996, 12 BK 18/96 und vom 24.2.2005, B 12 KR 15/04 B, jeweils juris).
Soweit der Kläger darüber hinaus einen Verletzung von Grundrechten durch §
2 Satz 1 Nr 8
SGB VI behauptet, gelten hinsichtlich der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung allein wegen des verfassungsrechtlichen Bezuges
keine geringeren Anforderungen. Der Kläger hat indes insofern weder eine oder mehrere Rechtsfragen formuliert, noch selbst
ansatzweise dargelegt inwiefern trotz umfangreicher Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts zur Frage
einer Grundrechtsrelevanz der Anordnung von Rentenversicherungspflicht (vgl exemplarisch die Auflistung in BSG vom 5.7.2006,
B 12 KR 20/04 R, SozR 4-2600 § 157 Nr 1) noch Klärungsbedarf fortbestehen oder erneut aufgetreten sein sollte. Ebenso hätte schließlich auch
der behauptete "Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften" die Formulierung von Rechtsfragen und die Darlegung ihrer Klärungsbedürftigkeit
erfordert. Ein derartiges Vorbringen kann allein durch rechtspolitische Postulate nicht ersetzt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.