Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung der Rentner ab 1.7.2005 verfassungsgemäß
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welchem Umfang die Beklagte von der Klägerin ab 1.7.2005 die Tragung eines
zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags verlangen kann.
Die im November 1941 geborene Klägerin war bis Oktober 2003 mit Unterbrechungen durch Zeiten der Kindererziehung versicherungspflichtig
beschäftigt. Seit Oktober 2003 bezieht sie von dem beklagten Rentenversicherungsträger eine große Witwenrente und seit November
2003 eine Altersrente für Frauen. Sie ist als Rentnerin in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversichert und
Mitglied der beigeladenen Krankenkasse. Bis zum Juni 2005 trugen die Klägerin und die Beklagte den aus der Altersrente zu
bemessenden Krankenversicherungsbeitrag auf der Grundlage des allgemeinen Beitragssatzes der Beklagten von 13,7 vH jeweils
zur Hälfte und behielt die Beklagte von der Altersrente in Höhe von 645,55 Euro deren Beitragsanteil in Höhe von 44,22 Euro
ein.
Ab Juli 2005 behielt die Beklagte von dem unverändert gebliebenen Rentenbetrag der Altersrente einen Krankenversicherungsbeitrag
der Klägerin in Höhe von 47,12 Euro ein und zahlte ihr nach Abzug des ebenfalls unverändert gebliebenen Pflegeversicherungsbeitrags
(10,97 Euro) statt 590,36 Euro an Altersrente 587,46 Euro aus. Hierüber setzte sie die Klägerin in der Mitteilung zur Leistung
aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Rentenzahlbeträge ab 1.7.2005 in Kenntnis und führte erläuternd aus, dass ab Juli
2005 für die Bemessung ihres Beitragsanteils zur Krankenversicherung ein um 0,9 vH verminderter allgemeiner Beitragssatz von
12,8 vH zugrunde zu legen sei, die Klägerin daneben aber einen weiteren, von ihr allein zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag
nach einem zusätzlichen Beitragssatz von 0,9 vH zu entrichten habe. Die Klägerin erhob dagegen unter Hinweis darauf Widerspruch,
dass "der zum 1.7.2005 erhobene Sonderbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung hinsichtlich des entfallenden Anteils von
0,5 % zur Finanzierung des Krankengeldes rechtswidrig" sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
2.2.2006 zurück.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 2.2.2006
zu verurteilen, von ihr ab 1.7.2005 "Beiträge zur Krankenversicherung ohne den 0,9 %igen Zuschlag" zu verlangen. Außerdem
begehrte sie deren Verurteilung zur Rückerstattung seit diesem Zeitpunkt zu viel gezahlter Krankenversicherungsbeiträge. Mit
Urteil vom 9.10.2006 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe das einfache Gesetzesrecht zutreffend angewandt.
§ 241a und §
249a SGB V in der ab 1.7.2005 geltenden Fassung verstießen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Auch Art
14 Abs
1 GG sei nicht verletzt.
Mit ihrer vom SG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie rügt eine Verletzung von § 241a und §
249a SGB V in der ab 1.7.2005 geltenden Fassung und hält ihre aus der Anwendung dieser Vorschriften folgende Beitragsmehrbelastung für
verfassungswidrig. Soweit auch Rentner von der Erhebung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags betroffen seien und
diesen aus ihrer Rente allein zu tragen hätten, liege ein Verstoß gegen das Versicherungsprinzip, ferner gegen das Äquivalenzprinzip
und den Generationenvertrag vor. Denn der Zusatzbeitrag sei allein zur Finanzierung der Ausgaben für das Krankengeld bestimmt,
das Rentner nicht in Anspruch nehmen könnten. Aus dem gleichen Grund werde der von ihr repräsentierte Personenkreis gegenüber
versicherungspflichtigen Arbeitnehmern mit Krankengeldanspruch entgegen Art
3 Abs
1 GG ohne sachlichen Grund benachteiligt. Schließlich führten die Gesetzesänderungen zu einer verfassungswidrigen Entwertung vertrauensgeschützter
Positionen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2006 aufzuheben und die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2005
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2006 aufzuheben, soweit die Beklagte darin ihre bisherige Feststellung
des Krankenversicherungsbeitrags aus der Altersrente geändert und ab 1. Juli 2005 einen von der Klägerin zu tragenden Zusatzbeitrag
zur Krankenversicherung von mehr als 2,90 Euro festgestellt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das SG ihre Klage abgewiesen. Die Mitteilung der Beklagten zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Rentenzahlbeträge
ab 1.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.2.2006 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig. Durch die Feststellung,
dass der von der Klägerin aus ihrer Altersrente allein zu tragende zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag ab 1.7.2005 nach
einem Beitragssatz von 0,9 vH zu bemessen ist und sie den sich daraus ergebenden Betrag von 5,81 Euro monatlich aus der Altersrente
zu entrichten hat, ist die Klägerin im Rahmen ihres Begehrens nicht rechtswidrig beschwert. Zutreffend hat die Beklagte außerdem
ihre bisherige Feststellung des Krankenversicherungsbeitrags insoweit aufgehoben und einen veränderten Zahlbetrag der Altersrente
festgestellt.
1. Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihr Anfechtungsbegehren beschränkt hat, war über die angefochtenen Bescheide
im Revisionsverfahren nur noch insoweit zu entscheiden, als darin ein zusätzlicher Krankenversicherungsbeitrag festgestellt
worden ist, der 0,45 vH der Altersrente übersteigt. Die Klägerin greift den auf der Grundlage von 0,9 vH der Altersrente berechneten
Zusatzbeitrag damit nur teilweise, nämlich im Umfang der Differenz von 0,45 vH an und hält den mit 5,81 Euro ermittelten Monatsbetrag
des Beitrags infolgedessen nur hinsichtlich eines Teilbetrags von 2,90 Euro für rechtswidrig. Zwar wendet sich die Klägerin
mit ihrer Klage lediglich gegen die Feststellung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags. Der Sache nach geht sie gegen
den Zusatzbeitrag jedoch (nur) insoweit vor, als er sich auf den ab 1.7.2005 von ihr zu entrichtenden gesamten Krankenversicherungsbeitrag
auswirkt. Entsprechend wendet sie sich gegen den auf dieser Grundlage berechneten Beitragsabzug vom Rentenbetrag nur, soweit
er den bis zum 30.6.2005 durchgeführten Beitragsabzug um 2,90 Euro übersteigt.
2. Die Klägerin kann ihr Begehren zulässig mit der Anfechtungsklage verfolgen. Soweit die Beklagte in den angegriffenen Bescheiden
den ab 1.7.2005 auf die Altersrente der Klägerin entfallenden zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag der Höhe nach bestimmt
hat, hat sie zutreffend in der Handlungsform des feststellenden Verwaltungsakts entschieden, weil die krankenversicherungsrechtliche
Frage der Beitragshöhe im Verwaltungsverfahren über die Änderung des Zahlbetrags der Rente als Vorfrage feststellungsfähig
ist (vgl Urteil des Senats vom 18.12.2001, B 12 RA 2/01 R, SozR 3-2500 § 247 Nr 2 S 4; auch Urteil vom 29.11.2006, B 12 RJ 4/05 R, Umdruck RdNr 11, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen), und einen früheren Verwaltungsakt gleichen Regelungsgehalts
geändert.
3. Die Beklagte als Rentenversicherungsträger ist bei Rentnern wie der Klägerin, die in der GKV pflichtversichert sind, für
die Entscheidung über die Tragung und Höhe der Beiträge zur GKV sachlich zuständig (vgl Urteil vom 18.12.2001, aaO, S 4; Urteil
vom 29.11.2006, aaO, RdNr 12). Allerdings war der für die Klägerin zuständige Krankenversicherungsträger iS von §
75 Abs
2 SGG notwendig beizuladen. Jedenfalls seit der Einführung des Risikostrukturausgleichs in der GKV auch für die Krankenversicherung
der Rentner (KVdR) zum 1.1.1995 (vgl Art 34 § 2 Satz 3 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 [BGBl I 2266]) besteht
ein eigener Anspruch der Krankenkassen auf den Krankenversicherungsbeitrag aus der Rente mit der Folge, dass der Rentenversicherungsträger
in Fällen wie dem vorliegenden über einen Anspruch der Krankenkasse entscheidet. Dieser Zusammenhang zeigt, dass seit Einführung
des Risikostrukturausgleichs an dem Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten hinsichtlich der Frage, ob und
inwieweit letztere von der Klägerin ab 1.7.2005 die Tragung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags aus der Rente
verlangen kann, der Krankenversicherungsträger der Klägerin derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber
nur einheitlich ergehen kann (vgl dagegen zur Rechtslage bei einem vollen Finanzausgleich in der KVdR oder in der Pflegeversicherung
nach den §§ 393b und 393c
Reichsversicherungsordnung [RVO] bzw §§
266 bis
268 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes und §§
65 bis
68 SGB XI die Urteile des Senats vom 23.5.1989, 12 RK 66/87, SozR 2200 § 393a Nr 3, und 29.11.2006, aaO, RdNr 13).
4. Die Beklagte und die Vorinstanz haben das einfache Gesetzesrecht zutreffend angewandt (dazu a). Das auf diese Weise gefundene
Ergebnis begegnet verfassungsrechtlich keinen Bedenken (dazu b).
a) Die Voraussetzungen, unter denen die Klägerin zur Entrichtung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags aus ihrer
Rente verpflichtet ist, liegen vor. Maßgebend ist § 241a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1
SGB V, der durch Art 1 Nr 145 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - [GMG]) vom 14.11.2003 (BGBl
I 2190) eingefügt und mit Wirkung vom 1.7.2005 durch Art 1 Nr 1 Buchst c des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz
vom 15.12.2004 (BGBl I 3445; im Folgenden: AnpassungsG) neugefasst worden ist. Nach dieser Vorschrift gilt für Mitglieder der GKV ein zusätzlicher Beitragssatz in Höhe von 0,9
vH. Als Rentnerin ist die Klägerin nach §
5 Abs
1 Nr
11 SGB V Pflichtmitglied der GKV. Sie ist als solche nicht gleichwohl kraft Gesetzes vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen
oder jedenfalls von ihr nicht betroffen, etwa weil sie oder ein Dritter ihre Krankenversicherungsbeiträge in voller Höhe allein
zu tragen hat, wie von der Revision geltend gemacht wird. Nach dem an § 241a
SGB V anknüpfenden §
247 Abs
1 Satz 1
SGB V, der durch das GMG neugefasst worden und nach Maßgabe des AnpassungsG zum 1.7.2005 in Kraft getreten ist, gilt bei der Klägerin für die Bemessung ihrer Beiträge aus der Altersrente neben dem
- kassenindividuellen - allgemeinen Beitragssatz der - gesetzlich festgelegte - zusätzliche Beitragssatz. Der mit dem AnpassungsG angefügte Satz 5 des Absatzes 1 dieser Vorschrift bewirkt, dass der zusätzliche Beitragssatz von 0,9 vH abweichend von Satz
2 schon vom 1.7.2005 an erhoben werden darf. Hinsichtlich des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags ordnet §
249a Halbsatz 2
SGB V, eingefügt durch das GMG und nach Maßgabe des AnpassungsG ebenfalls zum 1.7.2005 in Kraft getreten, für Rentner schließlich dessen alleinige Tragung an. Einbehalt und Abführung des
Zusatzbeitrags aus der Altersrente, gegen dessen rechnerische Ermittlung hier in Anwendung der genannten Vorschriften von
der Klägerin keine Einwendungen erhoben werden, finden als Teil des gesamten Beitrags zur Krankenversicherung durch den Rentenversicherungsträger
statt (§
255 Abs
1 Satz 1
SGB V).
b) Der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art
100 Abs
1 GG bedurfte es nicht. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 241a, §
247 und §
249a SGB V verfassungswidrig sind, soweit Rentner danach ab 1.7.2005 einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag im Umfang von 0,9
vH aus ihrer Rente zu entrichten haben und sich infolgedessen ihr gesamter Krankenversicherungsbeitrag erhöht und sich ihr
Rentenzahlbetrag entsprechend vermindert. Die gesetzlichen Regelungen verletzen weder das Eigentumsrecht der Klägerin (dazu
aa) noch verstoßen sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG (dazu bb).
Die Gesetzesänderung hat faktisch für Rentner zu einer Erhöhung des von ihnen zu tragenden Krankenversicherungsbeitrags und
insoweit zu einer Erhöhung der von der monatlichen Bruttorente vorzunehmenden Abzüge gegenüber dem bis zum 30.6.2005 geltenden
Recht geführt. Indessen ergibt sich die Mehrbelastung der Versicherten nicht aus Beiträgen nach 0,9, sondern lediglich nach
0,45 Beitragssatzpunkten. Denn nach § 241a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2
SGB V tritt in demselben Umfang, dh um 0,9 Beitragssatzpunkte und zum selben Zeitpunkt, am 1.7.2005, kraft Gesetzes eine Verminderung
der übrigen Beitragssätze und damit auch des allgemeinen Beitragssatzes ein. Soweit die Einführung des zusätzlichen Beitragssatzes
in dieser Weise mit der Absenkung des allgemeinen Beitragssatzes verknüpft ist, findet tatsächlich eine rechnerische Aufspaltung
des ausgabendeckenden Beitragssatzes (vgl §
220 Abs
1 Satz 2
SGB V) statt, die letztlich dazu dient, gesetzestechnisch einen Anknüpfungspunkt für die - in §§ 249, 249a SGBV vorgenommene -
Änderung der Regelung über die Beitragstragung zu schaffen (vgl Wahl, SozSich 2005, S 134) und in der Konsequenz eine Verschiebung
der Beitragstragungslast zu Lasten der Versicherten bewirkt. Wird der zum 1.7.2005 ermittelte durchschnittliche allgemeine
Beitragssatz in der Krankenversicherung von 14,2 vH zugrunde gelegt, so reduziert sich der Beitragsanteil des Arbeitgebers
oder Rentenversicherungsträgers im Hinblick auf seine Entlastung um 0,45 vH Beitragssatzpunkte durchschnittlich von 7,1 vH
auf 6,65 vH, während sich der Beitragsanteil des Versicherten durchschnittlich von 7,1 vH auf 7,55 vH erhöht. Wegen des fixen
Prozentsatzes des zusätzlichen Beitrags ist die relative Belastung, dh dessen Anteil an der gesamten Beitragslast des Mitglieds
in Abhängigkeit von der Höhe des jeweils geltenden allgemeinen Beitragssatzes, unterschiedlich. Die prozentuale Mehrbelastung
im Verhältnis zum bisherigen Beitrag ist umso höher, je niedriger der kassenindividuelle allgemeine Beitragssatz ist. Die
Neuregelungen führen deshalb zu einer prozentual höheren Belastung bei Versicherten, auf die ein Beitragssatz zur Anwendung
kommt, der unter dem durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz liegt. Umgekehrt gilt, dass alle Versicherten, deren Beitragsbemessung
sich nach einem Beitragssatz richtet, der über dem durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz liegt, durch die Gesetzesänderung
prozentual weniger belastet werden. Die Verteilungswirkung der Gesetzesänderung wird in besonderem Maße bei einer an den jeweiligen
Anteil an der Beitragstragungslast anknüpfenden Betrachtungsweise deutlich (vgl Wahl, aaO, S 135). So wird der hälftige Beitragsanteil
des Arbeitgebers oder Rentenversicherungsträgers bei einem allgemeinen Beitragssatz von 14,2 vH nominell um etwa 3,17 % auf
etwa 46,83 % gesenkt, während derjenige des Versicherten um etwa 3,17 % auf etwa 53,17 % angehoben wird. Bei der Klägerin
beträgt der Unterschied wegen des niedrigeren allgemeinen Beitragssatzes von 13,7 vH aber schon etwa 3,28 %.
aa) Durch § 241a Abs 1 Satz 1, §
247 Abs
1 Satz 1 und §
249a Halbsatz 2
SGB V werden Personen wie die Klägerin, die mit ihren während der Erwerbsphase entrichteten Rentenversicherungsbeiträgen an der
Finanzierung der Ausgaben der GKV beteiligt waren, in ihrem Eigentumsgrundrecht des Art
14 GG nicht verletzt.
Der Senat hält es im Hinblick auf die vom BVerfG in seiner Rechtsprechung ausgeformten Voraussetzungen des Eigentumsschutzes
rentenrechtlicher Positionen zwar für zweifelhaft, ob das Eigentumsgrundrecht im vorliegenden Fall als Prüfungsmaßstab einschlägig
ist. Denn der Vorteil der hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger nach dem bis zum 30.6.2005 geltenden
Recht war weder von der Höhe der Rentenbeiträge noch davon abhängig, wie lange solche entrichtet wurden. Gleichwohl zieht
der Senat Art
14 GG als Maßstabsnorm heran. Er verfährt dabei wie seinerzeit bei der verfassungsrechtlichen Bewertung der Aufhebung des in der
hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger in der sozialen Pflegeversicherung liegenden rentenrechtlichen
Vorteils durch §
59 Abs
1 Satz 1
SGB XI. Der Senat hatte Art
14 GG dort (Urteil vom 29.11.2006, aaO, Umdruck RdNr 18 f) allein im Hinblick auf die Ausführungen des BVerfG in seinem Urteil
vom 16.7.1985 (1 BvL 5/80 ua, BVerfGE 69, 272, 304 ff = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 129 f) angewandt, in dem dieses - in einem obiter dictum - neben Ansprüchen auf Versichertenrenten
auch rentenrechtliche Ansprüche auf Regelleistungen nach § 1235
RVO und § 12 Nr 5 Angestelltenversicherungsgesetz unter Eigentumsschutz gestellt hat, die versicherte Rentner damals darauf hatten, dass
der Rentenversicherungsträger Beiträge für ihre Krankenversicherung an den Träger der Krankenversicherung entrichtete, und
für die es die wesentlichen Merkmale verfassungsgeschützten Eigentums bejaht hat. Dennoch braucht der Senat wie in seiner
oben genannten Entscheidung nicht abschließend zu klären, ob und ggf inwieweit die rentenrechtliche Position, wie sie hinsichtlich
der Verteilung der Beitragstragungslast in der GKV nach der bis zum 30.6.2005 geltenden Rechtslage bestanden hat, bei Personen
wie der Klägerin vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts erfasst wird. Dieses wäre nämlich durch die mit § 241a, §
247 und §
249a SGB V zum 1.7.2005 bewirkte Verschiebung der Beitragstragungslast nicht verletzt, weil sich die Gesetzesänderung im Rahmen einer
zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung hält.
Eine Veränderung der Gesetzeslage wie die hier zu prüfende, die Eingriffe in Positionen bewirkt, die in der Vergangenheit
begründet worden und vom Schutzbereich des Art
14 GG erfasst sind, ist nur dann zulässig, wenn der Gesetzgeber für den Eingriff legitimierende Gründe hat. Das BVerfG hat wiederholt
ausgesprochen (vgl etwa BVerfG, Beschluss vom 15.7.1987, 1 BvR 488/86 ua, BVerfGE 76, 220, 244 f, mwN = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 16 f), dass es eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist, dem Bürger Rechtssicherheit
hinsichtlich der durch Art
14 Abs
1 Satz 1
GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu
schützen. Welchen verfassungsrechtlichen Schranken der Gesetzgeber unterliegt, bestimmt sich dabei nach der Intensität des
Eingriffs.
Mit den zum 1.7.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen wird der in der bisherigen hälftigen Beteiligung der Rentenversicherungsträger
an der Beitragstragungslast in der GKV liegende Rechtsvorteil nicht völlig entzogen. Deren Beteiligung wird lediglich auf
eine solche unterhalb der Hälfte zurückgeführt. Ihr Anteil am Krankenversicherungsbeitrag wird absolut um 0,45 Beitragssatzpunkte
gesenkt (zu den Auswirkungen im Einzelnen siehe RdNr 17). Wird eine eigentumsgeschützte Position nicht völlig beseitigt, sondern
lediglich modifiziert, so ist die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift nach den Grundsätzen zu beurteilen, nach denen zulässigerweise
Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden dürfen (vgl BVerfG, Beschluss vom 12.11.1996, 1 BvL 4/88, BVerfGE 95, 143, 161 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 9.1.1991, 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201, 212). Der Gesetzgeber darf eigentumsrechtlich geschützte Positionen nicht beliebig umgestalten. Zulässig sind Regelungen,
die zu Eingriffen in solche Positionen führen, nur, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung
des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind (vgl BVerfG, Beschluss vom 8.7.1971, 1 BvR 766/66, BVerfGE 31, 275, 290; Beschluss vom 1.7.1981, 1 BvR 874/77 ua, BVerfGE 58, 81, 121 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 18; Beschluss vom 12.11.1996, aaO, 161; zuletzt Beschluss vom 13.6.2006, 1 BvL 9/00 ua, juris RdNr 85).
(1) Die hier zu prüfende Gesetzesänderung wurde inhaltlich bereits mit dem GMG bewirkt. Vor dem Hintergrund des Ausgabenanstiegs
in der GKV und der hierdurch verursachten Finanzierungslücke verfolgte der Gesetzgeber mit dem GMG vor allem das Ziel, ein
finanzielles Entlastungsvolumen durch strukturelle Reformen der GKV zu erreichen. Zusätzlich sollten durch eine Neuordnung
der Finanzierung das Beitragssatzniveau in der GKV und damit die Lohnnebenkosten deutlich gesenkt werden (vgl BT-Drucks 15/1525,
S 2). Dahinter stand die Annahme, dass steigende Sozialbeiträge zwangsläufig zu höheren Arbeitskosten und einer steigenden
Arbeitslosigkeit führen (vgl BT-Drucks 15/1525, S 71), mit der finanziellen Entlastung von Arbeitgebern und Rentenversicherung
auch die GKV zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung beitragen kann und Beitragssatzsenkungen im eigenen Interesse der
GKV liegen, weil sie kurz- und mittelfristig zu ihrer finanziellen Konsolidierung führen (vgl BT-Drucks 15/1525, S 72). Als
auf den Beitragssatz wirkende Maßnahme sollte die Versorgung mit Zahnersatz ab 1.1.2005 aus dem Leistungskatalog der GKV ausgegliedert
und dort zukünftig allein vom Versicherten mit einem ausgabendeckenden, einheitlichen und einkommensunabhängigen Beitrag je
Mitglied finanziert werden. Des Weiteren war ab 1.1.2006 ein von jedem Mitglied allein aufzubringender zusätzlicher Beitrag
in Höhe von 0,5 vH der beitragspflichtigen Einnahmen vorgesehen. Im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs wurde
dieser Zusatzbeitrag in einen Kontext mit der Versicherungsleistung Krankengeld gestellt (vgl BT-Drucks 15/1525, S 71, 76
f und 79; auch Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung [13. Ausschuss], BT-Drucks 15/1600, S 10) und
ausgeführt, dass "das Krankengeld umfinanziert und aus der Mitfinanzierung der Arbeitgeber ausgeschlossen" werde. Dass der
Zusatzbeitrag auch von Rentnern zu entrichten war, wurde damit begründet, dass sich diese durch die Anwendung des allgemeinen
Beitragssatzes schon bisher an den Aufwendungen "für das Krankengeld" beteiligt hätten und diese Beteiligung der Rentner aufrechterhalten
werden müsse, weil die durch ihre eigenen Beiträge nicht gedeckten Leistungsaufwendungen von den übrigen Mitgliedern mitfinanziert
werden müssten (vgl Einzelbegründung zu §
247 SGB V, BT-Drucks 15/1525, S 140). Demgegenüber enthielt die Einzelbegründung zu § 241a
SGB V den Hinweis darauf, dass der eingeführte Zusatzbeitrag den Einnahmen der Krankenkassen "unabhängig von der Finanzierung einzelner
Leistungen" zufließe und sich die Mitglieder dadurch stärker als die Arbeitgeber "an den gestiegenen Kosten für die gesetzliche
Krankenversicherung" beteiligten (vgl BT-Drucks 15/1525, S 140). In diesem Sinne war auch zur Erläuterung der finanziellen
Auswirkungen des Gesetzentwurfs formuliert, dass die gesonderte Finanzierung des Zahnersatzes und die Erhebung eines mitgliederbezogenen
Sonderbeitrags den "paritätisch finanzierten allgemeinen Beitragssatz" entlasteten (vgl BT-Drucks 15/1525, S 2). Im Hinblick
auf praktische Schwierigkeiten bei der Umsetzung und Gründe der Belastungsgerechtigkeit hat der Gesetzgeber mit dem AnpassungsG die besonderen Finanzierungsregelungen für Zahnersatz des GMG aufgehoben und die Versorgung mit Zahnersatz im Leistungskatalog
der GKV belassen. Mit dem Ziel, "die mit dem GMG angestrebten Beitragssatzsenkungen bezogen auf den allgemeinen Beitragssatz
sicherzustellen" (BT-Drucks 15/3681, S 1, 4; ferner Bericht des 13. Ausschusses, BT-Drucks 15/3865, S 1), ist der durch das
GMG zum 1.1.2006 eingeführte, einkommensbezogene und allein zu tragende zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag durch eine
Neufassung des § 241a
SGB V von 0,5 vH auf 0,9 vH angehoben und das Inkrafttreten der gesamten Regelung über den Zusatzbeitrag auf den 1.7.2005 vorgezogen
worden. Im Zusammenhang mit der Neufassung des § 241a
SGB V ist hierzu im Einzelnen ausgeführt, dass der Zusatzbeitrag den Einnahmen der Krankenkassen "auch in dieser Höhe unabhängig
von der Finanzierung einzelner Leistungen" zufließe und sich die Mitglieder dadurch in höherem Umfang "an den gestiegenen
Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung" beteiligten (BT-Drucks 15/3681, S 4; BT-Drucks 15/3865, S 4). Der zusätzliche
Krankenversicherungsbeitrag wird seit dem 1.7.2005 mit wenigen Ausnahmen von allen Mitgliedern der GKV, vor allem von krankenversicherungspflichtigen
Beschäftigten und Rentnern, erhoben.
Ob und inwieweit der Zusatzbeitrag "unter dem Blickwinkel der Verwendung für Krankengeld" verfassungsmäßig ist, braucht der
Senat nicht zu entscheiden. Denn entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ist der von den Mitgliedern der GKV
zu entrichtende zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag rechtlich nicht an die Finanzierung bestimmter Leistungen, insbesondere
des Krankengeldes, gebunden. Ein solcher, auch während des Gesetzgebungsverfahrens zum AnpassungsG von einigen Abgeordneten immer wieder unterstellter Zusammenhang (vgl Widmann-Mauz und Zöller, Plenarprotokoll der 121. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 7.9.2004, S 11023 und 11036; Widmann-Mauz, Thomae und Zöller, Plenarprotokoll der 130. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 1.10.2004, S 11872, 11875 und 11879) lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Begründung
zum GMG und zum AnpassungsG entnehmen. Diese Auffassung wird auch im Schrifttum vertreten (Kasseler Kommentar, Peters, § 241a
SGB V RdNr 2 f, Stand März 2007; Jahn/Klose,
SGB V, § 241a RdNr 7, Stand Juni 2007; Wasem, GKV-Kommentar, § 241a
SGB V RdNr 4, Stand Mai 2007; Krauskopf/Böttiger, SozKV, § 241a RdNr 5, Stand Februar 2006; ferner Majchrzak/Urmoneit, Kompass/KBS 9/10 2005, S 13; Hungenberg, WzS 2005, S 162). Nach seinem
Wortlaut verpflichtete § 241a
SGB V und verpflichtet in seiner Neufassung ausnahmslos alle Mitglieder der GKV, unabhängig davon, ob sie gleichzeitig der Krankengeldversicherung
angehören. Soweit die Allgemeine Begründung zum Gesetzentwurf des GMG als Bestätigung dafür herangezogen werde könnte, die
Entwurfsverfasser hätten den Zusatzbeitrag rechtlich der Leistung Krankengeld zuordnen wollen, läge darin jedenfalls wenig
Aussagekraft. Denn in der Einzelbegründung zu § 241a
SGB V sowohl in seiner alten als auch in seiner geänderten Fassung wird der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag eindeutig von
der Finanzierung einzelner Leistungen der GKV entkoppelt. Argumentativ keinerlei Gewicht kommt auch dem Hinweis der Revision
zu, der neue Zusatzbeitrag orientiere sich in seinem Umfang an den Ausgaben für das Krankengeld. Denn die dahinter stehende
Annahme ist rechnerisch unzutreffend (vgl hierzu ausführlich Wahl, aaO, S 135). War im Zusammenhang mit der Einführung des
zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags im Gesetzgebungsverfahren zum GMG von einer "Umfinanzierung des Krankengeldes" die
Rede, so kann dieses danach allenfalls so verstanden werden, dass mit der angenommenen Höhe der Ausgaben für das Krankengeld
der Umfang bezeichnet werden sollte, in dem Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger entlastet werden sollten (so Wahl, aaO,
S 135). Als zutreffend erweist sich dieser Teil der Gesetzesbegründung damit nur insoweit, als er unabhängig von der Finanzierung
einzelner Leistungen innerhalb des Gesamtsystems von einer generellen Verschiebung der Beitragstragungslast zugunsten von
Arbeitgebern und Rentenversicherungsträgern ausgeht (vgl Berchtold, Krankengeld, 2004, RdNr 29).
(2) Wie im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl hierzu Urteil des Senats vom 29.11.2006, aaO, Umdruck RdNr 24,
mwN ua aus der Rechtsprechung des BVerfG), so ist es auch im Bereich der GKV ein verfassungsrechtlich legitimes Anliegen des
Gesetzgebers, die Funktions- und Leistungsfähigkeit dieses Systems im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten
ökonomischen und demographischen Bedingungen anzupassen. Der Gesetzgeber darf die nachteiligen Folgen von Beitragserhöhungen
für Wachstum und Beschäftigung als bedeutsam ansehen und die Auswirkungen steigender Arbeitskosten auf die Finanzierung der
GKV entsprechend gewichten. Soweit es Rentner betrifft, ist er darüber hinaus befugt, sie in angemessenem Umfang an der Finanzierung
der auf sie entfallenden Leistungsaufwendungen zu beteiligen und sie entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung
der GKV heranzuziehen (vgl Urteile des Senats vom 24.8.2005, B 12 KR 29/04 R, SozR 4-2500 § 248 Nr 1 RdNr 15, und vom 10.5.2006, B 12 KR 6/05 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 7 RdNr 30, jeweils mwN). Im Hinblick auf das mit dem AnpassungsG verfolgte Ziel (dazu oben 4. b) aa) (1)), das "Beitragssatzsenkungspotential" des durch das GMG vorgesehenen Zusatzbeitrags
zu "sichern" und auf diese Weise Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger in einer nennenswerten finanziellen Größenordnung
zu entlasten, genügt die zum 1.7.2005 in Kraft getretene Neuregelung über den zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag, soweit
sie auch für Rentner eine Mehrbelastung um 0,45 Beitragssatzpunkte bewirkt, bei einer Prüfung am Maßstab des Art
14 Abs
1 GG den Anforderungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.
In Kontext der zur Neuordnung der Finanzierung der GKV unternommenen Schritte war diese Maßnahme geeignet, das Beitragssatzniveau
und damit die Lohnnebenkosten von Arbeitgebern zu senken. Der Gesetzgeber erwartete hiermit für Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger
finanzielle Entlastungen im Jahr 2005 in einer Größenordnung von 2,2 bis 2,3 Mrd Euro und ab 2006 von etwa 4,5 Mrd Euro (vgl
BT-Drucks 15/3681, S 1, 5; ferner Beschlussempfehlung des 13. Ausschusses, BT-Drucks 15/3834, S 2). Nach den im Gesetzgebungsverfahren
vorgenommenen Schätzungen sollten sich für die gesetzliche Rentenversicherung im Vergleich zu 2004 im Jahr 2005 durch diese
Maßnahme Minderausgaben im Bereich der KVdR von 450 Mio Euro und ab 2006 von 900 Mio Euro ergeben (vgl BT-Drucks 15/3681,
S 2, 5; BT-Drucks 15/3834, S 2). Im Hinblick darauf, dass neben der Rückführung des Arbeitgeberanteils zur Krankenversicherung
auch diejenige des Beitragsanteils der Rentenversicherungsträger indirekt - über einen Dämpfungseffekt auf den Beitragssatz
in der gesetzlichen Rentenversicherung - die Arbeitskosten entlastet, durfte der Gesetzgeber von einem nachhaltigen Beitrag
dieser auch Rentner erfassenden Maßnahme zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung und damit zur Stabilisierung der Finanzgrundlagen
der GKV ausgehen.
Ein milderes, weniger belastendes Mittel, mit dem er das Ziel einer Konsolidierung der Lohnnebenkosten, soweit auch Personen
wie die Klägerin darin eingebunden werden sollen, bei gleicher Effektivität hätte erreichen können, stand dem Gesetzgeber
nach seiner Auffassung nicht zu Gebote. Einer Absenkung des allgemeinen Beitragssatzes in der GKV ohne Kompensation durch
einen Zusatzbeitrag der Rentner hätte zu einer Reduzierung der Einnahmen der GKV geführt. Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt
der Erforderlichkeit auch nicht gehalten, andere Maßnahmen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung zu ergreifen. Die
Neuregelung führt dazu, dass die Belastungen, die für Arbeitgeber über eine Erhöhung des Ausgabenvolumens der Rentenversicherung
und infolgedessen eine Erhöhung des dortigen Beitragssatzes entstehen, sinken. Eine Konsolidierung der Ausgabenseite in der
gesetzlichen Rentenversicherung hätte sich weiter nur verwirklichen lassen, wenn Einsparungen bei der eigentlichen Versicherungsleistung
vorgenommen worden wären, oder innerhalb des Systems der KVdR Leistungen zu Lasten der Rentner rationiert und damit die Krankenversicherungsbeiträge
dieser Personengruppe insgesamt vermindert worden wären. Eine Rationierung von Leistungen bei Patientinnen und Patienten sollte
mit dem GMG und dem AnpassungsG aber gerade nicht erfolgen (vgl BT-Drucks 15/1525, S 1; BT-Drucks 15/1584, S 3; BT-Drucks 15/1600, S 3).
Bei einem Vergleich zwischen der Schwere der grundrechtlichen Beeinträchtigung und der Bedeutung des mit der Gesetzesänderung
verfolgten öffentlichen Belangs ist die Einbuße des rentenrechtlichen Vorteils, wie er sich hinsichtlich der Verteilung der
Beitragstragungslast in der GKV nach der bis zum 30.6.2005 geltenden Rechtslage ergab, auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
Ein gegebenenfalls schutzwürdiges Vertrauen muss im Hinblick auf das Gewicht der Gemeinwohlgründe, die die Neuregelungen tragen,
zurücktreten.
Die Gesetzesänderung zum 1.7.2005 führt zu einer weiteren Belastung von 0,45 vH des jeweiligen Rentenbetrags und bewirkt bei
einem für Juli 2005 ermittelten Betrag der monatlichen Standardrente von brutto rd 1.176 Euro in den alten bzw 1.034 Euro
in den neuen Bundesländern eine Minderung, dh faktische Kürzung, des monatlichen Rentenbetrags um 5,29 Euro bzw 4,65 Euro.
Bei der Klägerin beträgt der Abzug vom monatlichen Rentenbetrag wegen der geringeren Rentenhöhe 2,90 Euro. Im Hinblick darauf,
dass sie neben der Altersrente eine weitere Rente erhält, ist ihre Gesamtbelastung durch die Gesetzesänderung indessen höher.
Wird der Unterschiedsbetrag von 3,65 Euro monatlich bei der großen Witwenrente hinzugerechnet, so ergibt sich für sie ein
Gesamtabzug in Höhe von 6,55 Euro. Die Folgen der veränderten Gesetzeslage sind für sich gesehen nicht derart gravierend,
dass sie die von ihr betroffenen Personen in der GKV nicht tragen könnten. Der Senat hat in seiner Entscheidung zur alleinigen
Tragung des Pflegeversicherungsbeitrags aus der Rente vom 29.11.2006 (aaO, Umdruck RdNr 29 f) sogar eine Mehrbelastung des
Rentenbetrags um 0,85 vH für zumutbar gehalten und zur Begründung darauf verwiesen, dass mit der Stabilisierung des Beitragssatzes
und einer hieraus folgenden Belebung des Arbeitsmarkts die Finanzgrundlagen der Sozialversicherungssysteme auch im eigenen
Interesse der Rentner erhalten würden, im solidarisch finanzierten Krankenversicherungssystem das Bestreben einer stärkeren
Heranziehung von Rentnern zu Beiträgen als Folge gestiegener Leistungsaufwendungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
sei und Bezieher geringer Renten über Ansprüche nach dem SGB XII gegen den Träger der Grundsicherung gegen ein zu starkes
Absinken ihres Rentenniveaus geschützt seien. Die gleichen Erwägungen gelten hier. Soweit der Senat in der oben genannten
Entscheidung auch ausgeführt hat, dass die Auswirkungen des geänderten §
59 Abs
1 Satz 1
SGB XI nicht ansatzweise das Ausmaß erreichten, das eine vollständige Überbürdung des aus der Rente zu tragenden Beitrags zur GKV
hätte, und damit zu erkennen gegeben hat, dass er hierin möglicherweise eine übermäßige Belastung sähe, liegt darin allerdings
keine abschließende Festlegung. Insoweit lässt der Senat ausdrücklich offen, ob er die Grenzen des wegen der Notwendigkeit,
rentenrechtliche Positionen im Hinblick auf den Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs veränderten Bedingungen
anzupassen, grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers (vgl zuletzt BVerfG, Beschluss vom 27.2.2007, 1 BvL 10/00, juris RdNr 53; ferner BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006, aaO, juris RdNr 84) nicht schon früher als überschritten ansieht,
etwa dann, wenn der allgemeine Beitragssatz in der GKV sukzessive nennenswert weiter abgesenkt und der Beitragsanteil der
Rentner erheblich weiter angehoben bzw der Anteil der Rentenversicherungsträger generell auf einem niedrigen Niveau festgeschrieben
wird. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass die Umverteilungen in der GKV auf der Leistungsseite gerade bei einer
stärkeren Betonung des Äquivalenzprinzips, wie es die Revision befürwortet, derzeit immer noch zugunsten der Gruppe der Rentner
wirken und dieser in der GKV beitragsrechtlich etwa erst dann eine systemwidrige besondere Last aufgelegt würde, wenn die
Beitragseinnahmen aus dieser Gruppe die Leistungsaufwendungen für Rentner überstiegen (vgl Urteile des Senats vom 24.8.2005,
aaO, RdNr 23, und vom 10.5.2006, aaO, RdNr 39).
Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung stellt der Verlust des in der hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger
bis zum 30.6.2005 liegenden Vorteils auch im Kontext der Beitragserhöhungen der letzten Jahre, gemessen an Art
14 GG, keine Überforderung der Rentner dar. Vor dem Hintergrund der sich verändernden ökonomischen und demographischen Rahmenbedingungen
und mit dem Ziel der Stabilisierung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der GKV hat der Gesetzgeber
in den Jahren 2004 und 2005 bei Rentnern punktuell und situativ weitere Einnahmen in die Beitragsbemessung einbezogen sowie
die Abzüge für Sozialversicherungsbeiträge von der Bruttorente erhöht und auf diese Weise den monatlichen Rentenzahlbetrag
sukzessive gemindert. So wurde ab 1.1.2004 die Beitragslast der Rentner in der GKV durch Anwendung des vollen allgemeinen
Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge, auch auf Kapitalzahlungen aus einer Direktversicherung, erhöht. Seit dem 1.4.2004 haben
Rentner darüber hinaus die mit der Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung verbundene Beitragslast in voller Höhe
zu tragen. Ab 1.7.2005 schließlich werden die Krankenversicherungsbeiträge vom Rentenversicherungsträger nicht mehr hälftig
finanziert. Soweit die Minderung der monatlichen Nettorente in den vergangenen Jahren auf einer Erhöhung der Beitragslast
beruht, können die hierzu führenden Gesetzesänderungen im Rahmen einer auch kumulative Effekte einbeziehenden verfassungsrechtlichen
Betrachtungsweise nur teilweise herangezogen werden. Bei der Summierung auf den monatlichen Rentenzahlbetrag einwirkender
Verschlechterungen und einer Bewertung dieses Ergebnisses am Maßstab des Art
14 GG darf nicht unberücksichtigt bleiben, ob und inwieweit der jeweilige "Einschnitt" in das Rentenniveau selbst (überhaupt) von
Bedeutung für das Eigentumsrecht ist. Ist er eigentumsrechtlich irrelevant, muss er als zu berücksichtigender kumulativer
Effekt außer Betracht bleiben. So erhöht beispielsweise die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge
seit dem 1.1.2004 zwar den von den Rentnern zu erhebenden Krankenversicherungsbeitrag. Am Maßstab des Art
14 GG zu prüfen ist diese Verschlechterung jedoch nicht (vgl Urteile des Senats vom 24.8.2005, aaO, RdNr 26, und vom 10.5.2006,
aaO, RdNr 42). Verbleiben damit an im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht relevanten Verschlechterungen im Beitragsrecht
für Rentner, weil sie eine Änderung der Regelungen über die Beitragstragung bewirken, nur die Überbürdung der zweiten Beitragshälfte
in der sozialen Pflegeversicherung zum 1.4.2004 und die Einführung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags zum 1.7.2005,
so stellen diese zusammen die Legitimation des Systems der GKV verfassungsrechtlich noch nicht in Frage. Auch in der Summe
senken diese beiden Maßnahmen das Rentenniveau typischerweise nicht derart ab, dass die Rente ihre prinzipielle Struktur und
ihre Funktion als freiheits- und existenzsichernde Leistung verliert.
bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Gesetzesänderung für den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis mit Art
3 Abs
1 GG unvereinbar ist.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings
nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich
zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfG, Beschluss vom 9.11.2004, 1 BvR 684/98, BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; zuletzt BVerfG, Beschluss vom 27.2.2007, aaO, RdNr
70, stRspr). In gleicher Weise kann Art
3 Abs
1 GG verletzt sein, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich
und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl BVerfG, Beschluss vom 9.12.2003, 1 BvR 558/99, BVerfGE 109, 96, 123, mwN = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 69).
Soweit die Neuregelungen die Erhebung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags mit der Senkung des allgemeinen Beitragssatzes
verknüpfen, kommen als Vergleichsgruppen einerseits solche Gruppen von Mitgliedern der GKV in Betracht, bei denen der Krankenversicherungsbeitrag
bisher wie bei der Gruppe der Rentner paritätisch finanziert, dh von einem Arbeitgeber oder Dritten mitgetragen wurde und
die durch die Gesetzesänderung ebenfalls belastet sind, andererseits solche, für die sich in der GKV beitragsrechtlich nichts
verändert, weil sie entweder kraft Gesetzes von der Anwendung des § 241a
SGB V ausgenommen oder aus anderen Gründen von der neuen Rechtslage nicht betroffen sind. Mit ersteren werden Personen wie die
Klägerin gleich -, mit letzteren ungleich behandelt. Beides ist indes durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt (dazu
(1) und (2)). Im Hinblick auf Art
3 Abs
1 GG nicht zu beanstanden ist auch, dass Rentner mit Versorgungsbezügen oder Arbeitseinkommen aus diesen Einnahmearten keine höheren
Krankenversicherungsbeiträge aufzubringen haben (dazu (3)).
(1) Soweit die von der Klägerin repräsentierten Personen als Konsequenz der Neuregelungen mit Mitgliedergruppen gleich gestellt
werden, die wie sie eine faktische Beitragsmehrbelastung um 0,45 Beitragssatzpunkte hinzunehmen haben, ist der allgemeine
Gleichheitssatz nicht verletzt.
Von der Mehrbelastung sind neben in der GKV versicherungspflichtigen Rentnern vor allem versicherungspflichtige Beschäftigte
betroffen, bei denen sich der Arbeitgeber bisher hälftig an der Tragung der Krankenversicherungsbeiträge beteiligt hat. Sollte,
was der Senat aber hier nicht zu entscheiden braucht, § 241a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2
SGB V auch auf Beitragssätze anzuwenden sein, die nicht der Beitragsbemessung in der GKV durch die Krankenkassen, sondern der Berechnung
von Beitragszuschüssen dienen (zweifelnd insoweit Jahn/Klose, aaO, § 241a RdNr 12), so wären zudem in der GKV freiwillig versicherte
Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, und in der GKV freiwillig
versicherte Rentner belastet. Die Neuregelungen führten für sie wegen eines geringeren Beitragszuschusses (vgl §
257 Abs
1 SGB V, §
106 Abs
1 und
2 SGB VI) zu einer Erhöhung der Beitragslast. Beitragsrechtlich verschlechtert hat sich die Situation schließlich für Rentner, die
Mitglied einer landwirtschaftlichen Krankenkasse sind (vgl § 39 Abs 3 Satz 1 und 4 iVm § 48 Abs 3 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte) sowie selbstständige Künstler und Publizisten (vgl § 16 Abs 1 Künstlersozialversicherungsgesetz [KSVG]). Bezogen auf die Gesamtzahl der Mitglieder in der GKV im Jahr 2005 musste danach mit etwa 85 vH der überwiegende
Teil der Mitglieder ab 1.7.2005 die zusätzliche Beitragsbelastung hinnehmen (vgl Minn, Die Ersatzkasse 2005, S 295). Insoweit
wird die seit Jahrzehnten geltende paritätische Finanzierung der GKV zu Lasten dieser Versicherten nunmehr formal völlig aufgehoben.
Soweit die Revision im Rahmen ihrer Prüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes hauptsächlich geltend macht, krankenversicherungspflichtige
Rentner würden gegenüber krankenversicherungspflichtigen Beschäftigten unter Verstoß gegen Art
3 Abs
1 GG benachteiligt, weil Rentner "für den erhöhten Beitrag keine entsprechende Gegenleistung in Form eines Krankengeldanspruchs
erhalten, der nur den erwerbstätigen Versicherten zusteht", führt dieser Einwand von vornherein nicht zum Erfolg. Wie bereits
erörtert (dazu oben 4. b) aa) (1)), trifft bereits die von der Revision hierbei zu Grunde gelegte Annahme nicht zu, wonach
der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag rechtlich an die Finanzierung des Krankengeldes gebunden ist.
Die Verschiebung der Beitragstragungslast verletzt nicht schon deshalb den allgemeinen Gleichheitssatz, weil es dieser gebiete,
dass in der GKV versicherungspflichtige Rentner Krankenversicherungsbeiträge aus ihrer Rente stets nur zur Hälfte tragen müssten.
In seinen Urteilen vom 24.8.2005 (aaO, RdNr 13) und vom 10.5.2006 (aaO, RdNr 23) zur Beitragslast auf Versorgungsbezüge in
der GKV hat der Senat ausführlich, vor allem unter Hinweis auf die Rechtsentwicklung in der KVdR dargelegt, dass sich ein
allgemeiner Grundsatz, wonach die Beitragslast der versicherten Rentner nicht höher sein dürfe als der sich nach dem halben
Beitragssatz ergebende Betrag, aus Art
3 Abs
1 GG nicht herleiten lässt, und unterstützend darauf verwiesen, dass es einen solchen auch für Beschäftigte nicht gab und gibt.
In seiner Entscheidung zur alleinigen Tragung des Pflegeversicherungsbeitrags aus der Rente vom 29.11.2006 (aaO, Umdruck RdNr
37) hat der Senat diese Aussage auf den Bereich der sozialen Pflegeversicherung übertragen und ausgeführt, dass auch dort
für Rentner ein Grundsatz hälftiger Beitragstragung verfassungsrechtlich nicht zur "Struktur des überkommenen Rechts" gehört.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rückführung des hälftigen Beitragsanteils der Rentenversicherungsträger von 50 % auf etwa
46,83 % am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden.
Auch im Übrigen ist Art
3 Abs
1 GG nicht verletzt. Dem Gesetzgeber war es nicht verwehrt, den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis mit den dargestellten
Personengruppen gleich zu behandeln. Mit den zum 1.7.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen sollten im Zuge einer Neuordnung
der Finanzierung das Beitragssatzniveau in der GKV und damit die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Dieses Ziel einer Verminderung
der Arbeitskosten und einer Entlastung von Arbeitgebern konnte naturgemäß nicht nur über eine Rückführung des Beitragsanteils
bzw Beitragszuschusses der Arbeitgeber in der GKV bei Beschäftigten erreicht werden, sondern mittelbar - über einen Dämpfungseffekt
auf den Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung - auch über eine Reduzierung der auf den Rentenversicherungsträgern
ruhenden Beitragslast. Aus dem gleichen Grund hält die jetzige Verteilung der Beitragstragungslast bei Personen wie der Klägerin
den Anforderungen des Art
3 Abs
1 GG auch im Verhältnis zu Rentnern, die Mitglieder einer landwirtschaftlichen Krankenkasse sind, sowie selbstständigen Künstlern
und Publizisten, stand. Hinsichtlich des erstgenannten Personenkreises führt die Gesetzesänderung zu den gleichen Folgen wie
im Fall der Klägerin. Hinsichtlich der nach dem KSVG Versicherungspflichtigen bewirkt sie für die hierzu Verpflichteten (vgl § 24 KSVG) eine Senkung der Umlage. Hinzu kommt schließlich, dass die Erstreckung des § 241a Abs 1 Satz 1
SGB V auf in der GKV versicherte Rentner generell auch durch den sachlichen Grund gerechtfertigt ist, diese Personengruppe im Hinblick
auf das Solidaritätsprinzip wegen der auf sie entfallenden, gestiegenen Leistungsaufwendungen (vgl BT-Drucks 15/1525, S 1,
140; BT-Drucks 15/1584 S 3; BT-Drucks 15/1600, S 3) einkommensbezogen verstärkt an der Finanzierung der GKV zu beteiligen
(vgl Urteil des Senats vom 29.11.2006, aaO, Umdruck RdNr 30; ferner Urteile vom 24.8.2005, aaO, RdNr 15, und vom 10.5.2006,
aaO, RdNr 30).
(2) Mit Art
3 Abs
1 GG vereinbar ist auch, dass der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis im Vergleich zu anderen Mitgliedergruppen beitragsrechtlich
ungleich behandelt wird.
Bezogen auf die Verhältnisse im Jahr 2005 ergab sich für etwa 15 vH der gesetzlich Krankenversicherten (vgl Minn, aaO, S 295)
ab 1.7.2005 rechtlich keine zusätzliche Beitragsbelastung. Nach der für Bezieher von Arbeitslosengeld II geltenden Sonderregelung
des § 241a Abs 2
SGB V sind diese kraft Gesetzes von dessen Anwendungsbereich ausgenommen. Mitglieder, die ihre Beiträge zur GKV ohne Beteiligung
eines Arbeitgebers oder Dritten bisher in voller Höhe selbst getragen haben, werden durch die Neuregelungen nicht belastet,
weil ihnen die Absenkung des allgemeinen oder eines hiervon abgeleiteten (vgl etwa §
245 SGB V) Beitragssatzes um 0,9 vH in voller Höhe zugute kommt. Hierzu gehören im Wesentlichen freiwillig Versicherte ohne Arbeitgeber,
etwa Selbstständige, freiwillig Versicherte mit Beamten- oder beamtenähnlichem Status sowie Pensionäre, Studenten, Praktikanten
usw. Ebenfalls nicht belastet werden Mitglieder der GKV, die keine Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten haben, weil
der Arbeitgeber oder ein Dritter, ein Sozialleistungsträger, sie allein zu tragen oder zu übernehmen hat. Zu diesem Mitgliederkreis
rechnen etwa zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, wenn deren Arbeitsentgelt 325 Euro im Monat nicht übersteigt (vgl §
20 Abs
3 SGB IV), geringfügig Beschäftigte, Bezieher von Arbeitslosen- oder Unterhaltsgeld, Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe, behinderte Menschen (vgl insoweit jeweils §
251 SGB V), ferner freiwillig versicherte Sozialhilfeempfänger usw. Nicht zum Tragen kommt der Zusatzbeitrag schließlich bei mitversicherten
Familienangehörigen.
Der Gesetzgeber war am Maßstab des Art
3 Abs
1 GG nicht verpflichtet, Personen wie die Klägerin mit diesen Mitgliedergruppen, für die sich die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge
nicht ändert, wirtschaftlich gleich zu behandeln, weil das mit dem GMG und dem AnpassungsG verfolgte Ziel einer Entlastung von Arbeitgebern bei diesen nicht erreicht werden konnte oder sollte. Das Ziel einer Senkung
der Lohnnebenkosten kann nicht erreicht werden, wo - wie bei den meisten der genannten Vergleichsgruppen - ein Arbeitgeber
nicht vorhanden ist und die Versicherten oder Dritten seit jeher Krankenversicherungsbeiträge allein zu tragen oder zu übernehmen
haben. Soweit Beiträge zur GKV ausnahmsweise vom Arbeitgeber allein zu tragen sind, bei geringverdienenden Auszubildenden
und geringfügig Beschäftigten, werden diese Personengruppen von einer Mehrbelastung aus den gleichen Gründen verschont und
erfährt der Arbeitgeber aus den gleichen Gründen keine Entlastung, aus denen die alleinige Beitragstragung des Arbeitgebers
angeordnet ist. Im Verhältnis zu geringverdienenden Auszubildenden ist die Differenzierung durch deren soziale Schutzbedürftigkeit
gerechtfertigt, im Verhältnis zu geringfügig Beschäftigten durch die spezifische Solidaritäts- und Verantwortungsbeziehung
ihres Arbeitgebers und das Ziel, Wettbewerbsneutralität zwischen den Arbeitgebern herzustellen (vgl hierzu Urteil des Senats
vom 25.1.2006, B 12 KR 27/04 R, SozR 4-2500 § 249b Nr 2 RdNr 27). Hinter der Privilegierung mitversicherter Familienangehöriger steht als rechtfertigender
Grund, dass die Beitragsfreiheit Familienversicherter eine von Verfassungs wegen nicht zu beanstandende (vgl BVerfG, Urteil
vom 12.2.2003, 1 BvR 624/01, BVerfGE 107, 205, 213 = SozR 4-2500 § 10 Nr 1 RdNr 29) Folge des Familienlastenausgleichs in der GKV ist.
Soweit Personen wie die Klägerin aufgrund des für sie geltenden niedrigen allgemeinen Beitragssatzes durch die Neuregelungen
relativ stark belastet werden (vgl dazu oben RdNr 17), begegnet das ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der
Gesetzgeber war bei Einführung des zusätzlichen Beitrags nicht gehalten, die kassenindividuellen Besonderheiten nachzubilden
und alle Versicherten relativ zum bisherigen individuellen Beitragssatz gleichmäßig zusätzlich zu belasten.
(3) Keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz stellt schließlich dar, dass sich Krankenversicherungsbeiträge auf
die Einnahmearten Versorgungsbezug und Arbeitseinkommen nicht erhöhen.
Aus der Sicht des von der Klägerin repräsentierten Personenkreises führen die Neuregelungen zu einer Privilegierung dieser
Einkunftsarten gegenüber der Einkunftsart Rente. Für die aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen, soweit es neben einer
Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird, zu bemessenden Krankenversicherungsbeiträge
gelten nach §
248 Satz 1 iVm §
247 Abs
1 SGB V der allgemeine Beitragssatz und der zusätzliche Beitragssatz. Weil die Beiträge hieraus vom Versicherten allein zu tragen
sind, bleibt die Beitragshöhe unverändert. Die insoweit bestehende Ungleichbehandlung ist am Maßstab des Art
3 Abs
1 GG jedoch nicht zu beanstanden, weil das Ziel einer Senkung von Arbeitskosten mit einer Erhöhung der auf diesen Einkunftsarten
ruhenden Beitragslast nicht erreicht werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.