Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. (im Folgenden: Beigeladene) als Musikschullehrerin in einem versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stand.
Die klagende Stadt ist Trägerin einer Musikschule. Sie traf mit der Beigeladenen am 4.10.2000 eine unbefristete Vereinbarung
über eine "freiberufliche Unterrichtstätigkeit" im Fach Klavier/Keyboard. Für die Zeit ab September 2011 wurden unter Anpassung
der Stundenzahl und der Vergütung weitere ("Honorar"-)Verträge für die Zeiträume vom 1.9.2011 bis zum 31.8.2012 (10.6.2011),
vom 1.9.2012 bis zum 31.7.2013 (29.6.2012), vom 1.9.2013 bis zum 31.7.2014 (10.6.2013) und vom 15.9.2014 bis zum 31.7.2015
(28.7.2014) abgeschlossen. Die Beigeladene erhielt ein festgelegtes Honorar für geleistete und solche Unterrichtsstunden,
deren Ausfall die Schüler zu vertreten hatten. Aufgrund von Erkrankung oder sonstiger Verhinderung der Beigeladenen ausgefallene
Unterrichtsstunden konnte sie in Absprache mit der Schulleitung nachholen. Sie hatte den Unterricht persönlich in den Räumen
der Musikschule unter Nutzung der dort vorhandenen Klaviere/Keyboards auf der Basis der Rahmenlehrpläne des Verbandes deutscher
Musikschulen (VdM) zu erteilen und sich dabei an den zeitlichen Vorgaben der Klägerin zu orientieren, die einen Stundenplan
erstellte. Nach den für die Zeit ab September 2011 geschlossenen Verträgen war die Beigeladene verpflichtet, mindestens einmal
im Jahr Schülervorspiele durch Proben vorzubereiten und durchzuführen sowie jeweils zweimal im Jahr an Gesamtlehrer- und Fachbereichskonferenzen
teilzunehmen. Hierfür erhielt sie eine gesonderte Vergütung. Die Beigeladene hatte Einkommensteuer abzuführen und für die
Krankenversicherung sowie Altersvorsorge selbst Sorge zu tragen. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaubsansprüche
wurden ausgeschlossen. Ein Arbeitsverhältnis sollte nicht begründet werden.
Auf Antrag der Beigeladenen stellte die Beklagte ihr und der Klägerin gegenüber fest, dass die Tätigkeit als Musiklehrerin
im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde, das der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-
(GKV) und Rentenversicherung (GRV), sozialen Pflegeversicherung (sPV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege
(Bescheide vom 12.12.2014). Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 18.8.2015).
Das SG Stuttgart hat die Klage abgewiesen, weil die Beigeladene die Tätigkeit an der Musikschule im Sinne einer funktionsgerecht
dienenden Teilnahme am Arbeitsprozess nach Weisungen der Klägerin ausgeübt habe (Urteil vom 21.12.2017). Auf die Berufung
der Klägerin hat das LSG Baden-Württemberg dieses Urteil sowie die Verwaltungsentscheidung der Beklagten aufgehoben und festgestellt,
dass die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin in der Zeit vom 4.10.2000 bis zum 31.7.2015 nicht im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei sowie keine Versicherungspflicht in der GKV, GRV, sPV sowie nach dem Recht
der Arbeitsförderung bestanden habe. Bei der Statusbeurteilung sei regelmäßig vom Inhalt der von den Beteiligten getroffenen
Vereinbarungen auszugehen, soweit sie rechtlich zulässig seien. In einem weiteren Schritt sei zu prüfen, ob besondere Umstände
eine davon abweichende Beurteilung notwendig machten. Die Klägerin und die Beigeladene hätten ein selbstständiges Dienstverhältnis
vereinbart und dies auch tatsächlich umgesetzt. Bei den Vorgaben zu Zeit und Ort der Durchführung des Unterrichts handele
es sich lediglich um Rahmenvorgaben, eine Weisungsgebundenheit habe nicht bestanden. Aus der Verpflichtung, an gesondert vergüteten
Fachbereichs- und Gesamtlehrerkonferenzen nur zweimal jährlich teilnehmen zu müssen, ergebe sich, dass eine organisatorische
Eingliederung in den Betrieb weder beabsichtigt gewesen sei noch stattgefunden habe. Nach der Rechtsprechung des BSG gingen auch die Rahmenvorgaben des Lehrplanwerks des VdM nicht mit einer Weisungsgebundenheit einher.
Die Beigeladene rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des §
7a iVm §
7 Abs
1 SGB IV. Das LSG habe die Bedeutung von Weisung und Eingliederung in den Betrieb nicht ausreichend beachtet. Sie sei hinsichtlich
Art, Ort und Inhalt des Musikunterrichts an die Weisungen der Klägerin gebunden gewesen und habe ihre Arbeitskraft wie festangestellte
Lehrkräfte ohne nennenswerte Freiheiten in die von der Klägerin vorgegebenen Organisationsabläufe und deren Betriebsstruktur
eingebracht. Zwar komme den Lehrenden bei der Erteilung von Musikunterricht eine pädagogische Freiheit zu. Sie habe aber den
Unterricht nach Maßgabe der Lehrpläne des VdM in den Räumen der Klägerin mit den von ihr zur Verfügung gestellten Instrumenten
erbringen müssen und sei hierfür eingeteilt worden. Sie habe bei den Vorbereitungen der ihr zugewiesenen Schüler zum Zwecke
eines gemeinschaftlichen Musizierens arbeitsteilig mit anderen Lehrkräften zusammengearbeitet und sei verpflichtet gewesen,
mindestens an vier Konferenzen im Jahr teilzunehmen. Abgesehen von der Vertragsformulierung ergäben sich keine für eine selbstständige
Tätigkeit sprechenden Anhaltspunkte. Ihre bis 31.7.2015 erbrachte Unterrichtstätigkeit habe sich mit der Festanstellung zum
1.8.2015 nicht geändert.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. September 2019 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 2017 zurückzuweisen, soweit das Nichtbestehen von Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für
die Zeit vom 4. Oktober 2000 bis zum 31. Juli 2013, 1. September 2013 bis zum 31. Juli 2014 sowie vom 1. September 2014 bis
zum 31. Juli 2015 festgestellt und insoweit der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 18. August 2015 aufgehoben worden ist.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Revision der Beigeladenen zu 1. zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt aus, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Statusbeurteilung
von Pflegekräften in stationären Einrichtungen anzuwendenden Kriterien seien wegen erheblicher Unterschiede in Bezug auf die
regulatorischen Rahmenbedingungen, die Betriebsabläufe und den notwendigen Organisationsgrad nicht auf Lehrkräfte an kommunalen
Musikschulen übertragbar. Die Beigeladene sei nicht zur Erteilung von Klavierunterricht eingeteilt und ihr seien auch keine
Schüler zugewiesen worden. Die ihr angebotenen Schüler habe sie ablehnen können. Die Unterrichtszeit sei nicht vorgegeben,
sondern abgestimmt worden. Die Unterrichtstätigkeit sei von Einzel- und Gruppenunterricht geprägt gewesen, nicht von der Teilnahme
an vier Konferenzen im Jahr oder ein- oder zweimal jährlich stattfindenden Schülervorspielen und der Vorbereitung auf gemeinsames
Musizieren. Es sei weder ein Arbeitsverhältnis vereinbart worden noch ergebe sich aus den festzustellenden Umständen ein Grad
an persönlicher Abhängigkeit, der auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses schließen lasse.
Die Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an und hat keinen Antrag gestellt.
II
Die von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Zeit vom 4.10.2000 bis zum 31.7.2013, 1.9.2013
bis zum 31.7.2014 und 1.9.2014 bis zum 31.7.2015 begrenzte Revision ist zulässig und begründet (§
170 Abs
2 Satz 1
SGG). Das LSG hat das Urteil des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.12.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18.8.2015 insoweit zu Unrecht
aufgehoben. Die Verwaltungsentscheidung ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach den
für die Statusbeurteilung geltenden Maßstäben (dazu 1.), die auch auf zur Kunstgattung der Musik gehörende Tätigkeiten anzuwenden
sind (dazu 2.), unterlag die Beigeladene als bei der Klägerin beschäftigte Musikschullehrerin der Versicherungspflicht in
den Zweigen der Sozialversicherung. Ausgehend von den tatsächlichen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG war die Beigeladene
an Weisungen der Klägerin gebunden und in deren Arbeitsorganisation eingegliedert (dazu 3.).
1. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der
GKV (§
5 Abs
1 Nr
1 SGB V), GRV (§
1 Satz 1 Nr
1 SGB VI in der Fassung [idF] des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006, BGBl I 926), sPV (§
20 Abs
1 Satz 1 und
2 Nr
1 SGB XI idF vom 24.4.2006 aaO) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
25 Abs
1 Satz 1
SGB III). Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs
1 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis
(Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl zB BSG Urteil vom 1.2.2022 - B 12 KR 37/19 R - juris RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild
zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als
Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau
mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander
abgewogen werden (BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 10/20 R - juris RdNr 21, zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 7 Nr 59 vorgesehen).
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den
die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit
der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt
der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit
vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 13 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung
durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der
besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig
oder beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie
verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse
an (vgl BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 10/20 R - juris RdNr 22 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 7 Nr 59 vorgesehen). Allenfalls wenn nach der Gesamtabwägung
aller Umstände diese gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen, kann im Einzelfall
dem Willen der Vertragsparteien eine gewichtige indizielle Bedeutung zukommen (vgl BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 13 [Gitarrenlehrer]).
Die sich an diesen Maßstäben orientierende Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit ist nicht abstrakt für
bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorzunehmen. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter
Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige
Tätigkeit ausgeübt wird. Abstrakte, einzelfallüberschreitende Aussagen im Hinblick auf bestimmte Berufs- oder Tätigkeitsbilder
sind daher grundsätzlich nicht - auch nicht im Sinne einer "Regel-Ausnahme-Aussage" - möglich (BSG Urteil vom 27.4.2021 - B 12 R 16/19 R - juris RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 7 Nr 58 vorgesehen). Für eine regelmäßige Eingliederung in die Organisations-
und Weisungsstruktur eines Arbeitgebers können allerdings zwingende normative regulatorische Rahmenbedingungen zur Erbringung
vereinbarter Leistungen und zur Qualitätssicherung sprechen (vgl BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 17/19 R - juris RdNr 30 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen [ambulante Pflegekraft]; BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 26 [stationäre Pflegefachkraft]; BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 26 [sog Honorarärzte]).
2. Diese Maßstäbe gelten auch für im Rahmen der Kunstgattung "Musik" verrichtete Tätigkeiten. Eine Modifikation der allgemein
zur Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit entwickelten Merkmale ist insbesondere nicht aufgrund der durch
Art
5 Abs
3 GG verfassungsrechtlich geschützten Kunstfreiheit geboten (vgl BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - BSGE 123, 40 = SozR 4-2600 § 163 Nr 1, RdNr 30). Die Regelungen des Sozialversicherungsrechts beschränken die Ausübung von Kunst weder
im Hinblick auf einzelne Kunstschaffende noch im Hinblick auf diejenigen, die sich als Auftrag- oder Arbeitgeber solcher Einzelleistungen
bedienen. Die Entscheidungsfreiheit der Auftrag- oder Arbeitgeber über die Auswahl, Einstellung oder die Dauer der Beschäftigung
künstlerisch tätiger Mitarbeiter wird durch die Vorschriften des Sozialversicherungsrecht nicht berührt (vgl zur Rundfunkfreiheit:
BVerfG Beschluss vom 13.1.1982 - 1 BvR 848/77 ua - BVerfGE 59, 231, 267 f = juris RdNr 75). Auf eine als unzureichend konstatierte soziale Absicherung von Künstlern und Publizisten (vgl Bericht
der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe - Künstlerbericht, BT-Drucks 7/3071
S 26 ff, 57 ff) hat der Gesetzgeber nicht mit einer Änderung der Kriterien zur Statusbeurteilung reagiert, sondern mit der
Schaffung der - ausschließlich selbstständige Künstler und Publizisten erfassenden (§ 1 Künstlersozialversicherungsgesetz [KSVG]) - Künstlersozialversicherung, in die auch Kunst oder Publizistik lehrende Personen einbezogen sind (§ 2 KSVG). Auch für diese ist die Abgrenzung zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung und Selbstständigkeit (weiterhin) erforderlich.
Ungeachtet dessen ordnet §
2 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB VI (idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen
der GRV vom 20.4.2007, BGBl I 554) über die Beschäftigtenpflichtversicherung des §
1 Satz 1 Nr 1
SGB VI hinaus eine Versicherungspflicht (auch) für selbstständig tätige Lehrer an, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen
Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Dadurch wird deutlich, dass Lehrkräfte grundsätzlich
abhängig beschäftigt sind, aber auch einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen können (vgl BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 17 [stationäre Pflegefachkraft]). Auch bei der Statusbeurteilung von Lehrern sind die für andere
Berufs- und Tätigkeitsbilder geltenden Abgrenzungskriterien heranzuziehen.
3. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe und ausgehend von den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen - anders als in der Senatsentscheidung
zum Gitarrenlehrer vom 14.3.2018 (B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36) - die Indizien für eine abhängige Beschäftigung.
Dass die Klägerin mit der Beigeladenen eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren wollte, die Verträge daher auch als "Honorarvertrag"
bezeichnet wurden und darin ausdrücklich festgehalten ist, dass ein Arbeitsverhältnis durch die Vereinbarung nicht begründet
werde und die Beigeladene die Einkommensteuer abzuführen sowie für die Krankenversicherung und Altersversorgung selbst Sorge
zu tragen habe, ist - wie dargestellt - für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung einer Musikschullehrertätigkeit
nicht allein ausschlaggebend. Entgegen den getroffenen Vereinbarungen war die Beigeladene einem Weisungsrecht der Klägerin
unterworfen und in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in die Organisationsabläufe der Musikschule eingegliedert.
Die in §
7 Abs
1 Satz 2
SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch
müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Insbesondere
bei Dienstleistungen höherer Art - wie sie etwa bei freiberuflichen Tätigkeiten (vgl Definition in § 1 Abs 2 Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe - Partnerschaftsgesellschaftsgesetz - PartGG) vorliegen, zu denen grundsätzlich auch Künstler und Lehrer gehören - besteht weitgehend fachliche Weisungsfreiheit. Dennoch
kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung eines fremden Betriebs
erhält. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich dann "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess"
und kann - insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten - aufs Stärkste eingeschränkt sein (vgl zB BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 10/20 R - juris RdNr 29 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 7 Nr 59 vorgesehen). Auch in typischen Arbeitsverhältnissen
werden Arbeitnehmern immer mehr Freiheiten zur zeitlichen, örtlichen und teilweise auch inhaltlichen Gestaltung ihrer Arbeit
eingeräumt. Werden insoweit lediglich Rahmenvorgaben vereinbart, spricht dies erst dann für Selbstständigkeit, wenn die Tätigkeit
durch typische unternehmerische Freiheiten geprägt ist, die dem Betroffenen eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden
Chancen und Risiken erlauben. Eine selbstständige Tätigkeit ist erst dann anzunehmen, wenn bei ihrer Verrichtung eine Weisungsfreiheit
vorhanden ist, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet (vgl BSG Urteil vom 27.4.2021 - B 12 R 16/19 R - juris RdNr 16, zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 7 Nr 58 vorgesehen). Das gilt auch für Lehrkräfte einer Musikschule,
deren Tätigkeit nach dem Gesamtbild von der Ordnung eines fremden Betriebes und der dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess
geprägt ist.
Gemessen daran war die Beigeladene weisungsgebunden in den Musikschulbetrieb der Klägerin eingegliedert. Das beschäftigungstypische
Gepräge der Lehrtätigkeit der Beigeladenen wird insbesondere durch die Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung sowie die
Festlegung auf bestimmte Unterrichtszeiten und Räume der Klägerin deutlich. Die Klägerin erstellte hinsichtlich der Unterrichtszeiten
der Beigeladenen einen Stundenplan und wies ihr die Unterrichtsräume zu. Das räumte der Beigeladenen in Bezug auf den Ort
der Tätigkeit keine und in zeitlicher Hinsicht nur insoweit Freiheiten ein, als unbelegte Räume zur Verfügung standen. Ihre
Möglichkeiten, auf die zeitliche Gestaltung der Lehrtätigkeit Einfluss zu nehmen, gingen daher nicht über das auch abhängig
Beschäftigten üblicherweise eingeräumte Maß an zeitlicher Gestaltungsfreiheit hinaus.
Die Eingliederung der Beigeladenen zeigte sich auch daran, dass sie einen Unterrichtsausfall aufgrund eigener Erkrankung oder
sonstiger Verhinderung zu melden hatte und ein Ausfallhonorar erhielt, wenn Schüler nicht zum Unterricht erschienen sind.
Zudem hatte sie - zumindest ab September 2011 - mindestens einmal im Jahr Schülervorspiele durchzuführen, diese durch Proben
vorzubereiten, und jeweils zweimal jährlich an Gesamtlehrer- und Fachbereichskonferenzen teilzunehmen. Die hierfür vereinbarte
Vergütung steht der weisungsgebundenen Eingliederung in den Musikschulbetrieb nicht entgegen. Eine an der Arbeitszeit orientierte
Vergütung ist auch dann typisch für eine abhängige Beschäftigung, wenn die Teilnahme an Konferenzen und sonstigen Veranstaltungen
zu der von der Vergütungspflicht umfassten Arbeitszeit gehört. Unerheblich ist, ob diese Verpflichtungen bereits von Anfang
an oder erst ab September 2011 vereinbart waren. Ein prägendes Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit findet sich auch
für die Zeit vor September 2011 nicht. Denn für eine unternehmerische Tätigkeit der Beigeladenen fehlen jegliche Anhaltspunkte.
Aus dem Umstand, dass der Unterricht auf der Grundlage der Lehrpläne des VdM zu erteilen war, ist mangels typischer unternehmerischer
Freiheiten der Beigeladenen nicht deren Selbstständigkeit abzuleiten. Zwar handelt es sich insoweit lediglich um Rahmenvorgaben
(vgl BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 20 f), doch ist für eine selbstständige Tätigkeit nur Raum, wenn die bestehende Weisungsfreiheit
die Tätigkeit insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet. Daran fehlt es vorliegend.
Die Beigeladene unterhielt auch keine eigene betriebliche Organisation, hatte keine unternehmerischen Chancen und war keinem
Unternehmerrisiko ausgesetzt. Vielmehr lag die gesamte Organisation des Musikschulbetriebs in den Händen der Klägerin. Sie
stellte der Beigeladenen die Räume und Instrumente kostenfrei zur Verfügung. Damit oblag allein der Klägerin die Pflege und
Instandhaltung der Instrumente sowie die Ausstattung, Aufteilung, Reinigung und gegebenenfalls die Anmietung der Räume. Nur
die Klägerin trat nach außen gegenüber den Schülern auf und gestaltete das (vorvertragliche) Verhältnis von der Anwerbung
über den Vertragsabschluss bis zur Abrechnung und Kündigung. Sie organisierte die Erreichbarkeit der Musikschule und übernahm
die Zuteilung der Schüler auf die Lehrkräfte sowie die gesamte interne Organisation des Musikschulbetriebs (zB Erstellung
der Belegungspläne für die Räume und Organisation von Lehrer- und Fachbereichskonferenzen).
Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten findet sich kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Die Beigeladene hatte
weder die Möglichkeit, eigene Schüler zu akquirieren und auf eigene Rechnung zu unterrichten noch konnte sie die geschuldete
Lehrtätigkeit durch Dritte erbringen lassen. Darauf, ob die Beigeladene neben der Beschäftigung für die Klägerin auch als
selbstständige Musiklehrerin tätig geworden ist, kommt es nicht an. Den Umständen außerhalb des Vertragsverhältnisses kann
allenfalls dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sie das Vertragsverhältnis beeinflussen, beispielsweise eine unternehmerische
Tätigkeit in dem zu prüfenden Vertragsverhältnis fortgesetzt wird. Das ist weder festgestellt noch ersichtlich. Ebenso unerheblich
ist der Umgang der Klägerin mit (anderen) bei ihr angestellten Musiklehrkräften. Für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung
vorliegt, sind stets die konkreten Umstände des individuellen Auftrags- oder Beschäftigungsverhältnisses maßgebend.
Der Ausschluss einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und von Urlaubsansprüchen sowie die vertraglich geregelte Pflicht
der Beigeladenen, Einkommensteuer abzuführen und für eine Krankenversicherung sowie Altersversorgung selbst Sorge zu tragen,
sind lediglich Ausdruck der Intention der Klägerin, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen; unternehmerische Freiheiten sind
damit nicht verbunden. Selbstständige Musiker und Musik Lehrende verwirklichen ihre unternehmerischen Chancen und Risiken
vor allem durch eigene Kundenbeziehungen, durch ihr Können und ihren Ruf. Die Beziehungen zu den Schülern unterhielt und gestaltete
aber allein die Klägerin. Auch eine - vom LSG allerdings nicht festgestellte - Befugnis der Beigeladenen zur Ablehnung ihr
zugewiesener Schüler würde die Lehrtätigkeit nicht insgesamt als unternehmerisch kennzeichnen. Ungeachtet der damit gegebenenfalls
verbundenen Auswirkungen auf das Stundenkontingent der Beigeladenen liegt es auch bei abhängig beschäftigten Lehrkräften im
Interesse einer Musikschule, bei Schwierigkeiten in einem konkreten Lehrer-Schüler-Verhältnis für Abhilfe zu sorgen. Vor allem
aber vermittelt die Möglichkeit, einzelne Schüler ablehnen zu können, noch keine unternehmerische Gestaltungsfreiheit. Das
gilt in gleicher Weise für den Einwand der Klägerin, die Beigeladene habe über die Vereinbarung zur Durchführung von Schülervorspielen
und zur Teilnahme an Konferenzen hinaus keine weitergehenden Verpflichtungen zu schultypischen Verwaltungstätigkeiten übernommen
und hätte als Arbeitskraft außerhalb des Unterrichts nicht herangezogen werden können. Auch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung
wird nur eine bestimmte Tätigkeit und Arbeitszeit geschuldet.
3. Die Kostenentscheidung beruht für das Revisionsverfahren auf §§
184 und
193 SGG, für das Klage- und Berufungsverfahren auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
1, §
155 Abs
1 Satz 3, §
161 Abs
1, §
162 Abs
3 VwGO. Für die Frage, ob iS von §
197a SGG weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Personen gehören und deshalb Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu erheben sowie die Vorschriften der
VwGO entsprechend anzuwenden sind, ist auf den jeweiligen Rechtszug abzustellen (BSG Urteil vom 24.9.2008 - B 12 R 10/07 R - juris RdNr 26). Als Revisionsklägerin gehörte die Beigeladene im Revisionsverfahren zum Kreis der Versicherten iS von
§
183 SGG, während das LSG zutreffend davon ausgegangen ist, dass im Klage- und Berufungsverfahren die Voraussetzungen des §
197a SGG erfüllt waren.
Eine Kostenquotelung war im Hinblick auf die nur die Monate August 2013 und August 2014 betreffende Rücknahme der Revision
nicht angezeigt. Da die Beigeladene der Klage erfolgreich mit einem eigenen Antrag entgegengetreten ist, entspricht es der
Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.