Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, Verfassungsmäßigkeit der
Abschaffung der Arbeitslosenhilfe
Gründe:
I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites
Buch (SGB II) für den Zeitraum 1. Juni bis 30. November 2005.
Der am 19. Oktober 1946 geborene Kläger stand bis zum 31. Dezember 2004 im Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Seit dem 1.
Januar 2005 bezieht der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Mit Bewilligungsbescheid vom 2. Dezember 2004 wurden dem Kläger,
seiner Ehefrau und seinem minderjährigen Sohn (der Bedarfsgemeinschaft) für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2005 Leistungen
in Höhe von 777,97 Euro monatlich und für den Monat Mai 2005 759,07 Euro als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt.
Für den Zeitraum 1. Juni bis 30. November 2005 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II
in Höhe von monatlich 588,97 Euro. Den wegen der Höhe der Leistungen im zuletzt genannten Zeitraum eingelegten Widerspruch
wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2005 zurück.
Das Sozialgericht Nürnberg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15. März 2006). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat
die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 23. Oktober 2006). Es hat zur Begründung ua ausgeführt: Gegenstand des
Berufungsverfahrens seien allein Leistungen, die die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2005
nach dem SGB II zu erbringen habe. Die Beklagte habe die Leistungen nach dem SGB II zutreffend festgesetzt. Es bestünden auch
ansatzweise keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der durch den Gesetzgeber in § 20 Abs 1, 2 SGB II festgesetzten
Regelleistung.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde und macht den Zulassungsgrund
der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) geltend. Es sei die Rechtsfrage zu klären, ob die Festlegung der Regelleistung nach § 20 SGB II und das Verfahren der Regelsatzbemessung mit den Art
20 und
2 Grundgesetz (
GG) vereinbar sei. Die Rechtsfrage, ob die Abschaffung der Alhi in verfassungskonformer Weise erfolgt sei und ob die Höhe der
Regelleistung verfassungskonform festgesetzt sei, sei höchstrichterlich noch nicht ausreichend geklärt. Der erkennende Senat
habe in seiner Entscheidung vom 23. November 2006 zu diesen Fragen zwar Stellung genommen. Zum einen lägen die Entscheidungsgründe
noch nicht vor, zum anderen seien diese Rechtsfragen letztendlich nicht entscheidungserheblich und seien nur im Zusammenhang
mit zu berücksichtigendem Einkommen des Ehepartners in Betracht gekommen, nicht aber in Bezug auf einen einkommens- und vermögenslosen
Hilfebedürftigen. Der Kläger habe eine Erklärung gemäß §
428 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch (
SGB III) abgegeben und darauf vertraut, entsprechend der Erklärung Leistungen jedenfalls in Höhe der Alhi bis zum Beginn einer abschlagsfreien
Altersrente zu erhalten.
II. 1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist zulässig, soweit die Beschwerdebegründung die
Rechtsfrage aufwirft, ob die Festlegung der Regelleistung nach § 20 SGB II und das Verfahren der Regelsatzbemessung mit den Art
20,
2 GG vereinbar sei. Insoweit genügt sie insbesondere den prozessualen Anforderungen, die an die Darlegung des Zulassungsgrundes
der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu stellen sind.
Die Beschwerde ist insoweit jedoch nicht begründet. Grundsätzliche Bedeutung kommt nach ständiger Rechtsprechung einer Rechtsfrage
zu, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres beantworten, eine verallgemeinerungsfähige
Antwort des Revisionsgerichts erwarten lässt und nach den Gegebenheiten des Falles klärungsfähig ist (BSGE 40, 41 f = SozR 1500 § 160a Nr 4; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerde ist nicht begründet, weil die vom Kläger aufgeworfene
Rechtsfrage nicht mehr klärungsbedürftig ist.
Für die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache ist hinsichtlich der Klärungsbedürftigkeit auf den Zeitpunkt
der Entscheidung des Beschwerdegerichts abzustellen (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 27. Februar 1992 - 6 BKa 9/91,
veröffentlicht in juris; Meyer-Ladewig,
SGG, 8. Aufl, §
160a RdNr 19 b mwN). Zum Zeitpunkt der Entscheidung ist jedoch die Klärungsbedürftigkeit nicht mehr gegeben. Denn der erkennende
Senat hat mit dem Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) entschieden, dass es nicht verfassungswidrig war, dass die Alhi durch
die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ersetzt worden ist. Ferner hat der Senat in dieser Entscheidung
dargelegt, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung der Regelleistung nach § 20 SGB II (in der auch für den hier streitigen
Zeitraum maßgebenden Fassung durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
vom 30. Juli 2004, BGBl I 2014) den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten hat. Die in der Beschwerdebegründung
vorgetragenen Bedenken waren sämtlich bereits Gegenstand des genannten Revisionsverfahrens. Wegen der Einzelheiten wird insoweit
auf die Rz 37 ff des Urteils des Senats vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - verwiesen. Der Umstand, dass in dem bereits entschiedenen Verfahren der Partner der Klägerin über den Gesamtbedarf übersteigendes
Einkommen verfügte und deshalb - anders als im vorliegenden Fall - die dortige Klägerin nicht zum Kreis der Hilfebedürftigen
im Sinn des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II gehörte, spielte hinsichtlich der vom Senat durchgeführten Verfassungsprüfung
ersichtlich keine Rolle (vgl Rz 46 ff sowie Rz 53 des Senats - Urteil vom 23. November 2006).
Die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage folgt auch nicht daraus, dass die streitigen Zeiträume beider Verfahren
nicht deckungsgleich sind, denn es wird von der Beschwerdebegründung weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass insoweit
in den zu Grunde liegenden tatsächlichen Verhältnissen durch den Zeitablauf im Jahr 2005 eine rechtserhebliche Änderung eingetreten
wäre. Ebenfalls unerheblich ist, ob für die Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende Zuständigkeiten anderer
BSG-Senate begründet sind. Unabhängig davon ergeben sich ohnehin weder aus der Rechtsprechung des 7b-Senats, noch aus den
vorliegenden Entscheidungen der LSG Anhaltspunkte dafür, dass dort die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdebegründung
geteilt würden.
2. Unzulässig ist die Beschwerde, soweit deren Begründung die Frage entnommen werden kann, ob die Alhi auch in verfassungskonformer
Weise für die Personenkreise abgeschafft worden ist, die eine Erklärung nach §
428 SGB III abgegeben haben. Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich nicht, dass der am 19. Oktober 1946 geborene Kläger eine derartige
Erklärung abgegeben hatte. Es fehlen insoweit schon Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage im anhängigen Verfahren.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.