Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
Das klagende Krankenhaus behandelte eine Versicherte der beklagten Krankenkasse (KK) stationär vom 6.10.2015 bis zum 13.11.2015
sowie vom 16.11.2015 bis zum 9.12.2015 und berechnete hierfür 32 940,89 Euro nach Fallpauschale (DRG) I01Z (Beidseitige Eingriffe
oder mehrere große Eingriffe an Gelenken der unteren Extremität mit komplexer Diagnose). Die KK zahlte diesen Betrag zunächst,
leitete anschließend jedoch eine Überprüfung der kodierten Prozeduren und Zusatzentgelte sowie der medizinischen Notwendigkeit
der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Der MDK
forderte das Krankenhaus daraufhin auf, sämtliche Behandlungsunterlagen zu übersenden, die geeignet seien, die Fragestellung
der Krankenkasse bezogen auf den Prüfanlass vollumfänglich zu beantworten bzw die zur Beurteilung der Voraussetzungen, Art
und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt würden, auf jeden Fall aber den Entlassungsbericht
und für den Fall, dass Interventionen durchgeführt worden seien, auch die OP- bzw Interventionsberichte. Beim MDK gingen nicht
näher bezeichnete Unterlagen ein. In seinem Gutachten vom 21.4.2016 teilte der MDK auf der Grundlage von "Auszügen aus der
Patientenakte" mit, die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer sei medizinisch nicht begründet und die Prozeduren und
Zusatzentgelte seien nicht belegt. Weder der Entlassungsbericht noch ein OP-Bericht seien übersandt worden. Nach erfolgloser
Rückforderung des sich daraus ergebenden Betrags von 17 125,02 Euro, verrechnete die KK diesen Betrag am 11.7.2016 mit anderweitigen
unstreitigen Forderungen des Krankenhauses.
Im Klageverfahren hat das SG die Patientenakte (einschließlich des OP-Berichts) beigezogen. Die KK hat daraufhin mitgeteilt, auf Grundlage dieser Unterlagen
sei die Abrechnung nicht zu beanstanden. Das SG hat die KK zur Zahlung der ausstehenden Vergütung von 17 125,02 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das LSG hat die Berufung der
KK zurückgewiesen: Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass die durchgeführte Behandlung notwendig gewesen und zutreffend
abgerechnet worden sei. Dies sei zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig. Dem Krankenhaus sei zwar nicht der Nachweis
gelungen, dass es die angeforderten OP- und Entlassungsberichte übersandt habe. §
7 Abs
2 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach §
275 Abs
1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV 2014) stehe dem Vergütungsanspruch aber nicht entgegen. Diese Vorschrift enthalte keine
materielle Ausschlussfrist, sondern eine Verfahrensvorschrift. Die Berücksichtigung der erst im Klageverfahren vorgelegten
Unterlagen zur Begründung des Anspruchs sei daher nicht ausgeschlossen (Urteil vom 3.12.2020).
Die KK rügt mit ihrer Revision die Verletzung von §
39 Abs
1 Satz 3 und §
109 Abs
4 Satz 2
SGB V, § 17c Abs 2 KHG und § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV 2014. Das Krankenhaus sei mit der Begründung des Vergütungsanspruchs durch die nicht fristgerecht vorgelegten Unterlagen
nach § 7 Abs 2 PrüfvV 2014 präkludiert.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 2020 und des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Juni
2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 2020 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
II
Die zulässige Revision der beklagten KK ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG).
Der Senat kann auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, ob dem Krankenhaus der geltend gemachte Vergütungsanspruch
zusteht, oder ob die KK mit einem aus der Behandlung der Versicherten resultierenden Erstattungsanspruch wirksam aufgerechnet
hat.
Das LSG hat den Erstattungsanspruch verneint. Es ist davon ausgegangen, dass § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV 2014 keine materielle
Ausschlussfrist regelt, sondern lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung hat mit der Folge, dass zur Begründung von Vergütungsansprüchen
auch noch nach Ablauf der Frist von vier Wochen nach § 7 Abs 2 Satz 3 PrüfvV 2014 im Klageverfahren vorgelegte Unterlagen
berücksichtigt werden können. Dies hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV
2014 enthält zwar - wie dies auch das LSG zu Recht angenommen hat - keine materielle Ausschlussfrist. Die vom Krankenhaus
zu vertretende Versäumung der Frist hat aber zur Folge, dass die vom MDK angeforderten, ihrer Art nach konkret bezeichneten
Unterlagen, die das Krankenhaus aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht übermittelt hat, als Beweismittel präkludiert
sind. Das LSG muss daher unter Außerachtlassung dieser Unterlagen erneut über den Vergütungsanspruch des Krankenhauses entscheiden.
1. Wie der Senat bereits entschieden hat, enthält § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV 2014 eine materielle Präklusionsregelung mit
der Rechtsfolge, dass konkret bezeichnete Unterlagen, die der MDK im Rahmen eines ordnungsgemäßen Prüfverfahrens angefordert,
das Krankenhaus aber nicht innerhalb der Frist von vier Wochen vorgelegt hat, auch in einem späteren Gerichtsverfahren nicht
mehr zur Begründung des Vergütungsanspruchs berücksichtigt werden dürfen. Die präkludierten Unterlagen sind als Beweismittel
endgültig ausgeschlossen. Dies ist von der Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs 2 KHG (idF des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl
I 2423) getragen und mit dem
GG vereinbar (siehe dazu im Einzelnen BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 32/20 R - BSGE 132, 143 = SozR 4-2500 § 275 Nr 33; BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 24/20 R - juris).
2. Die Voraussetzungen der Präklusion liegen nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen und für den Senat
daher bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) hier vor. Die PrüfvV 2014 ist zeitlich und sachlich insoweit anwendbar, als es um eine Auffälligkeitsprüfung geht (dazu
a). Die Voraussetzungen des § 7 Abs 2 Satz 2 PrüfvV 2014 sind erfüllt (dazu b). Das Krankenhaus hat die vom MDK angeforderten,
konkret bezeichneten Unterlagen nicht innerhalb von vier Wochen übermittelt (dazu c).
a) § 7 Abs 2 PrüfvV 2014 ist zeitlich, aber auch sachlich anwendbar, soweit der Prüfauftrag der KK auf eine Überprüfung der
Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung gerichtet war, nicht hingegen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Prüfung
(vgl zum Ganzen BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 43/20 R - juris RdNr 14 ff). Davon ist das LSG auch zutreffend ausgegangen. Dies betraf vorliegend die Überschreitung der oberen
Grenzverweildauer und die Abrechnung der Zusatzentgelte.
Das LSG hat den Prüfauftrag der KK ohne Rechtsfehler und daher für den Senat bindend (vgl zum Maßstab BSG vom 23.5.2017 - B 1 KR 28/16 R - juris RdNr 40; BSG vom 26.2.2019 - B 1 KR 24/18 R - BSGE 127, 240 = SozR 4-2500 § 13 Nr 46, RdNr 15, jeweils mwN) dahingehend ausgelegt, dass die Prüfung im Sinne einer "Vollprüfung" sowohl
eine sachlichrechnerische Prüfung bezogen auf die Kodierung der Prozeduren als auch Auffälligkeitsprüfungen bezüglich einer
Überschreitung der oberen Grenzverweildauer sowie der Abrechnung der Zusatzentgelte erfasste. Die Anwendbarkeit der PrüfvV
2014 ist hier insoweit ausgeschlossen, als der von der KK erteilte Prüfauftrag neben der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch die
Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung, dh der Kodierung der Prozeduren umfasste. In Bezug auf die
Überschreitung der oberen Grenzverweildauer und der Abrechnung der Zusatzentgelte fand die PrüfvV 2014 hingegen Anwendung
(vgl hierzu BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 43/20 R - juris RdNr 17).
b) Die Voraussetzungen des § 7 Abs 2 Satz 2 PrüfvV lagen nach den bindenden Feststellungen des LSG vor. Der MDK hat die Prüfung
im schriftlichen Verfahren durchgeführt und die für die Prüfung benötigten Unterlagen mit dem Schreiben vom 3.3.2016 ihrer
Art nach konkret bezeichnet angefordert (vgl dazu BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 24/20 R - juris RdNr 17; BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 22/21 R - juris RdNr 10 ff). Ihrer Art nach konkret bezeichnet hat der MDK den Entlassungsbericht, sowie OP- und Interventionsberichte.
Die pauschale Forderung nach Übersendung "sämtlicher Behandlungsunterlagen, die geeignet sind, die Fragestellung der Krankenkasse
bezogen auf den Prüfanlass vollumfänglich zu beantworten bzw. die zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der
Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt werden", hat die Rechtsfolge des § 7 Abs 2 PrüfvV 2014 hingegen nicht ausgelöst (vgl hierzu im Einzelnen zB BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 24/20 R - juris RdNr 17 ff, 38; BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 9/21 R - juris RdNr 17).
c) Nach den bindenden Feststellungen des LSG hat das Krankenhaus die ihrer Art nach konkret bezeichneten Unterlagen, dh den
Entlassungsbericht sowie OP- und Interventionsberichte, nicht fristgerecht übersandt. Es ist hierbei zu Recht davon ausgegangen,
dass das Krankenhaus hierfür die objektive Beweislast trägt, es also zu seinen Lasten geht, wenn der fristgerechte Zugang
der Unterlagen trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Amtsermittlung nicht nachweisbar ist (vgl BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 43/20 R - juris RdNr 22 mwN). Aus den Feststellungen des LSG ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der nicht fristgerechte
Eingang der angeforderten Unterlagen beim MDK vom Krankenhaus nicht zu vertreten gewesen sein könnte (vgl hierzu BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 43/20 R - juris RdNr 23 ff).
3. Die durch § 7 Abs 2 Satz 4 PrüfvV 2014 bewirkte materielle Präklusion hat vorliegend zur Folge, dass der Entlassungsbericht
sowie OP- und Interventionsberichte auch im Gerichtsverfahren nicht mehr zur Begründung des Vergütungsanspruchs berücksichtigt
werden dürfen, soweit die KK die Unwirtschaftlichkeit der stationären Behandlung behauptet. Sie sind als Beweismittel endgültig
ausgeschlossen (vgl BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 32/20 R - BSGE 132, 143 = SozR 4-2500 § 275 Nr 33, RdNr 10; BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 24/20 R - juris RdNr 11). Es ist insofern unerheblich, dass der Vergütungsanspruch der Sache nach zwischen den Beteiligten "unstreitig"
ist, nachdem die KK im Klageverfahren mitgeteilt hat, auf Grundlage der erst jetzt vom Krankenhaus übersandten Patientenakte
einschließlich des OP-Berichts sei die Abrechnung nicht zu beanstanden. Denn darin liegt weder ein prozessuales Anerkenntnis
der KK, noch hat sie damit ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis unter der Bedingung abgegeben, auf andere Einwendungen
als die materiell-rechtliche Ausschlussfrist verzichten zu wollen (vgl hierzu BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 9/21 R - juris RdNr 20; BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 43/20 R - juris RdNr 38).
4. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren muss das LSG feststellen, ob und ggf in welcher Höhe sich der streitige Vergütungsanspruch
auch hinsichtlich der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer und der Abrechnung der Zusatzentgelte unter Außerachtlassung
der - ihrer Art nach konkret bezeichneten - Unterlagen nachweisen lässt. Der Inhalt präkludierter Unterlagen darf dabei auch
nicht unter Umgehung der Präklusionsregelung, etwa durch ersetzende Zeugenaussagen, in das Verfahren eingeführt werden (vgl
BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 32/20 R - BSGE 132, 143 = SozR 4-2500 § 275 Nr 33, RdNr 35). Lässt sich nach Ausschöpfen der gebotenen Aufklärung nicht feststellen, dass die tatbestandlichen
Voraussetzungen der abgerechneten Fallpauschale erfüllt gewesen sind, trägt das Krankenhaus die objektive Beweislast für das
Vorliegen dieser tatbestandlichen Voraussetzungen (vgl dazu zB BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R - BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 18).
5. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs
1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.