BSG, Urteil vom 24.10.2017 - 4 AS 196/17 B
Vorinstanzen: LSG Hessen 10.05.2017 L 6 AS 961/15 , SG Kassel 11.08.2015 S 9 AS 24/13 , LSG Hessen 10.05.2017 L 6 AS 975/15 , SG Kassel 14.08.2015 S 9 AS 369/13 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 862/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 910/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 850/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 787/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 857/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 905/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 859/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 907/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 860/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 908/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 861/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 909/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 852/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 785/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 853/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 784/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 854/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 820/12 , LSG Hessen 06.07.2007 L 6 AS 855/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 786/12 , LSG Hessen 06.07.2017 L 6 AS 858/15 , SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 906/12
Die Verfahren zu den Aktenzeichen B 4 AS 196/17 B, B 4 AS 197/17 B, B 4 AS 267/17 B sowie B 4 AS 287/17 B bis B 4 AS 291/17
B und B 4 AS 300/17 B bis B 4 AS 304/17 B werden zur gemeinsamen Entscheidung über die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revisionen in den bezeichneten Verfahren verbunden. Das Aktenzeichen B 4 AS 196/17 B ist hierfür das führende Aktenzeichen.
Die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revisionen in den Beschlüssen des Hessischen Landessozialgerichts
vom 10. Mai 2017 (L 6 AS 961/15, L 6 AS 975/15) und vom 6. Juli 2017 (L 6 AS 862/15, L 6 AS 850/15, L 6 AS 857/15, L 6 AS
859/15, L 6 AS 860/15, L 6 AS 861/15, L 6 AS 852/15, L 6 AS 853/15, L 6 AS 854/15, L 6 AS 855/15 und L 6 AS 858/15) werden
als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Entscheidungstext anzeigen:
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig und können deshalb ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a
Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG verworfen werden. Die Begründungen des Klägers genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen,
weil die möglichen Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Divergenz, Verfahrensfehler) nicht ordnungsgemäß dargelegt
bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Eine mögliche Prozessunfähigkeit des Klägers stellt kein Verfahrenshindernis für die vorliegenden Beschwerden dar. Der Senat
geht von der Rechtswirksamkeit der Prozesshandlung des Klägers - Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde - aus. Ist - wie
vorliegend aus den Beschwerdebegründungen mit der Bezugnahme auf das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 27.6.2013
ersichtlich - nicht allein die rechtliche Bewertung, sondern auch die Prozessfähigkeit im Streit, stellt eine mögliche Prozessunfähigkeit
kein Verfahrenshindernis dar. Denn das Rechtsmittel eines Beteiligten, der sich - wie hier der Kläger - in der Sache auch
dagegen wendet, dass er in der Vorinstanz zu Unrecht als prozessunfähig (bzw prozessfähig) behandelt worden sei, ist ohne
Rücksicht darauf zulässig, ob die für die Prozessfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen festgestellt werden können (BSG
vom 3.7.2003 - B 7 AL 216/02 B - BSGE 91, 146 ff = SozR 4-1500 § 72 Nr 1, RdNr 8 auch zur wirksam erteilten Prozessvollmacht;
BSG vom 29.7.2005 - B 7a AL 162/05 B - RdNr 5; BVerwG vom 8.11.1994 - 1 D 66/87 - RdNr 8).
Die Nichtzulassungsbeschwerden sind jedoch unzulässig, weil ihre Begründungen nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz
3 SGG genügen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte die "Kernaussage" des Gutachtens von Dr. B. beanstandet und geltend macht, "dass ein ohne
die erforderliche persönliche Untersuchung" erstattetes Sachverständigengutachten grundsätzlich und insbesondere für die Bewertung
einer Prozessfähigkeit nicht verwertbar sei, hat er den von ihm als möglichen Zulassungsgrund allein gerügten "Verfahrensmangel
i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG" nicht ordnungsgemäß dargetan.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3
SGG) zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen
kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Urteile bzw Beschlüsse besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann
der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung
des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht
gefolgt ist.
Soweit der Kläger nach dem Vorbringen seines Prozessbevollmächtigten mit der Auswertung und Würdigung des beigezogenen Sachverständigengutachtens
des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 27.6.2013 durch das LSG nicht einverstanden ist, wendet er sich gegen
dessen Beweiswürdigung. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann aber die Verfahrensrüge in einer Nichtzulassungsbeschwerde
von vornherein nicht auf die Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden. Hinsichtlich des behaupteten Verwertungsverbots
dieses Gutachtens nimmt der Prozessbevollmächtigte auf die bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) Bezug, wonach der
Kläger zu dem vom Sachverständigen bestimmten Untersuchungstermin nicht erschienen sei. Er macht nicht deutlich, weshalb dieser
Umstand zwingend auch in das Sachverständigengutachten hätte aufgenommen werden müssen. Insofern setzt er sich auch nicht
mit der weiteren Begründung des Berufungsgerichts auseinander, wonach bereits aus dem Inhalt der überlassenen Akten und des
sich daraus ergebenden Umfangs und Art der Prozessführung des Klägers eine Aussage über dessen Prozessfähigkeit möglich sei
(vgl zur Zulässigkeit einer Überzeugungsbildung auf der Grundlage von Gutachten nach Aktenlage unter Berücksichtigung der
bisherigen Prozessführung im Klage- und Berufungsverfahren BSG vom 12.12.2013 - B 8 SO 24/12 R - SozR 4-3500 § 67 Nr 1).
In dem weiteren Vortrag des Klägers, das LSG gehe fehlerhaft von offensichtlich haltlosen Klagebegehren aus und es bestehe
- bezogen auf die Anträge auf Zustimmungen des Beklagten zu Ortsabwesenheiten aus den Jahren 2010/2011/2012 (Verfahren B 4
AS 196/17 B, B 4 AS 197/17 B) sowie die Ablehnung der Kostenübernahmen für verschiedene, in den Jahren 2012 bis 2013 von diversen
Trägern angebotenen Maßnahmen (Verfahren B 4 AS 267/17 B, B 4 AS 287/17 B bis B 4 AS 304/17 B) - weiterhin ein "Rechtsschutzbedürfnis
im Sinne des Fortsetzungsfeststellungsantrags nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG" fehlt es an der Darlegung bzw Bezeichnung eines
der in § 160 Abs 2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe und weiteren hierzu erforderlichen Ausführungen, etwa hinsichtlich der
Möglichkeit des Beruhens der angefochtenen Entscheidung auf einem Verfahrensmangel (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16c). Insofern setzt sich der Kläger lediglich in der Art einer Berufungsbegründung mit der rechtlichen
Wertung der Vorinstanzen auseinander. Die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall ist hingegen
nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.