Rechtmäßigkeit der Zahlung eines Eingliederungszuschuss an Arbeitgeber
Gründe:
I. Im Streit ist (nur noch) die Neubescheidung eines Antrags auf Zahlung eines Eingliederungszuschusses für die Zeit ab 15.
Dezember 2004.
Der Kläger beantragte am 29. November 2004 bei der Beklagten telefonisch die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses für
die Einstellung seiner Schwester (Sch.) ab 1. Dezember 2004. Auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 14.
Dezember 2004 war die im Jahre 1964 geborene Sch. dann bei dem Kläger ab 15. Dezember 2004 als Büroangestellte tätig. Davor
hatte sie seit 1988 mehrere von der Beklagten geförderte Bildungs- bzw Trainingsmaßnahmen durchlaufen. In Beschäftigungsverhältnissen
stand Sch. in der Zeit vom 7. Januar 1986 bis 30. Juni 1987, 1. Februar 1989 bis 31. Juli 1990, 1. Februar 1993 bis 31. Januar
1994, 15. November 1994 bis 14. November 1995 und zuletzt vom 3. Mai bis 17. August 2004.
Nachdem der Kläger am 26. Juli 2005 schriftlich um den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides gebeten hatte, lehnte die
Beklagte die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses ab (Bescheid vom 29. Juli 2005; Widerspruchsbescheid vom 2. November
2005). Zur Begründung der Entscheidung ist im Ablehnungsbescheid ausgeführt, die Initiative zur Einstellung der Sch. sei nicht
von ihr (der Beklagten) ausgegangen; es sei auch kein Vermittlungsauftrag ohne Beschränkung auf eine bestimmte Person erteilt
worden. Vielmehr sei der Kläger ausschließlich an der Einstellung seiner Schwester interessiert gewesen; Personen, bei denen
das Interesse des Arbeitgebers an einer Einstellung der betroffenen Person gegenüber den arbeitsmarktlichen Interessen überwiege,
seien jedoch nicht förderbar.
Während das Sozialgericht (SG) Marburg die Klage abgewiesen hat (Urteil vom 26. Juni 2006), hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) den Bescheid der
Beklagten vom 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2005 aufgehoben, das Urteil des SG Marburg
geändert und die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil
vom 11. Dezember 2006). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für
den nach pflichtgemäßem Ermessen zu bewilligenden Eingliederungszuschuss lägen vor. Insoweit könnten die Fallgruppen förderungsbedürftiger
Arbeitnehmer des § 218 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III) in der bis 31. Dezember 2003 geltenden (früheren) Fassung auch für die Zeit ab Januar 2004 weiterhin als Regelbeispiele
dafür herangezogen werden, wann personenbedingte, nicht arbeitsmarktbezogene, Vermittlungshemmnisse iS des § 217 Satz 1
SGB III vorlägen. Die Voraussetzungen des § 218 Abs 1 Nr 2
SGB III aF seien jedenfalls erfüllt, weil Sch. vor Beginn des Arbeitsverhältnisses am 15. Dezember 2004 langzeitarbeitslos iS des
§
18 SGB III gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass es in ihrer Person gleichwohl an Vermittlungshemmnissen fehle, seien nicht ersichtlich.
Die erforderliche Kausalität zwischen der Eingliederungsleistung und der Beschäftigung sei zu bejahen, weil Sch. die am 15.
Dezember 2004 begonnene Beschäftigung ohne den erwarteten Eingliederungszuschuss nicht hätte aufnehmen können. Da allein der
konkrete Beschäftigungsbeginn ausschlaggebend sei, spreche es nicht gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen erwartetem Eingliede-rungszuschuss
und Beschäftigung, dass der Kläger seine Schwester ab Frühjahr 2005 nach seiner eigenen Aussage wahrscheinlich ohnehin eingestellt
hätte. Der sich aus dem verwandtschaftlichen Verhältnis ergebende Anfangsverdacht, dass Sch. aus persönlichen Gründen in jedem
Fall bereits ab 15. Dezember 2004 eingestellt worden wäre, lasse sich nicht erhärten. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft,
weil sie den Leistungsausschluss nach Maßgabe ihrer Durchführungsanweisungen damit begründet habe, bei Verwandtenbeschäftigungen
sei eine Förderung nur vorgesehen, wenn der Vermittlungsauftrag nicht auf eine konkrete Person beschränkt sei, die Initiative
zur Förderung von der Arbeitsverwaltung ausgegangen sei und anderweitige Vermittlungsbemühungen mehrfach erfolglos geblieben
seien.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 217
SGB III und macht geltend, das LSG habe gegen die Pflicht zur Amtsermittlung (§
103 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) verstoßen.
Das LSG hätte prüfen müssen, ob mit Sch. überhaupt ein echtes Arbeitsverhältnis begründet worden sei; tatsächlich habe es
sich nämlich nur um eine familienhafte Mithilfe gehandelt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und schließt sich dessen Begründung an.
II. Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das
LSG begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG (§
163 SGG) für eine Entscheidung darüber, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung eines Eingliederungszuschusses vorliegen.
Nicht zu beanstanden ist jedoch, dass die Beklagte unter Reduzierung des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums die
Zahlung eines Eingliederungszuschusses unter Berufung auf ihre das Ermessen konkretisierende Dienstanweisung (DA) ablehnt,
wenn das Interesse des Arbeitgebers an einer Einstellung des Arbeitnehmers gegenüber den arbeitsmarktlichen Interessen überwiegt.
Ob dies hier der Fall war, kann jedoch auf Grund der Feststellungen des LSG nicht entschieden werden.
Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Im Revisionsverfahren ist
auf Grund der Entscheidung des LSG nur noch über die Verurteilung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über den Antrag
auf Zahlung eines Eingliederungszuschusses anlässlich der Beschäftigung der Sch. auf Grund einer kombinierten Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage (§§
54 Abs
1,
56 SGG) zu entscheiden, weil nur die Beklagte Revision gegen das Urteil des LSG eingelegt hat.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger begehrten Eingliederungszuschuss ist § 217
SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember
2003 - BGBl I 2848 - erhalten hat). Nach dieser Vorschrift können Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen
Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten erhalten, wenn die Vermittlung der Arbeitnehmer wegen in ihrer Person liegender Umstände
erschwert ist (Satz 1). Die Förderhöhe und Förderdauer richten sich nach dem Umfang der Minderleistung des Arbeitnehmers und
nach den jeweiligen Eingliederungserfordernissen (Satz 2). Die Zahlung eines Eingliederungszuschusses ist damit (vgl auch
§
3 Abs
5 SGB III) in das Ermessen der Beklagten gestellt, und zwar sowohl, soweit es das "Ob" der Leistung (Entschließungsermessen) als auch
die Dauer und Höhe der Leistung betrifft (Auswahlermessen). Der Arbeitgeber hat grundsätzlich keinen Anspruch auf die Leistung,
sondern nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (§ 39 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil
- [SGB I] iVm §
54 Abs
2 Satz 2
SGG); in diesem Recht ist er dann nicht verletzt, wenn sich die ablehnende Entscheidung schon deshalb als rechtmäßig erweist,
weil die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Eingliederungszuschuss nicht vorliegen (vgl BSGE 72, 242, 243 f = SozR 3-4100 § 49 Nr 5 S 17). Bereits hierzu fehlen ausreichende Feststellungen des LSG.
Zutreffend hat das LSG jedoch ausgeführt, dass der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses rechtzeitig
gestellt hat. Nach §
323 Abs
1 Satz 1
SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt erhalten hat) bedarf
jede Leistung der Arbeitsförderung eines Antrags. Abweichend hiervon können Leistungen der aktiven Arbeitsförderung - wie
der Eingliederungszuschuss (vgl §
3 Abs
4 SGB III) - allerdings auch von Amts wegen erbracht werden, wenn die Berechtigten zustimmen (Satz 3). Die Zustimmung gilt dann als
Antrag (Satz 4). Nach §
324 Abs
1 Satz 1
SGB III (hier ebenfalls in der Fassung, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt erhalten
hat) bedarf es der Antragstellung - damit auch ersatzweise der Zustimmung - vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses
(vgl dazu BSG SozR 4-4300 § 324 Nr 2 RdNr 13). Insofern ist ausreichend, dass der Kläger die Zahlung eines Eingliederungszuschusses
bei der Beklagten mündlich am 29. November 2004, also sowohl vor Beginn des Arbeitsverhältnisses als auch der Beschäftigung,
beantragt hat (vgl BSG, aaO); die §§
323,
324 SGB III verlangen nicht die Einhaltung einer besonderen Form (vgl nur Leitherer in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
323 RdNr 28 und §
324 RdNr 29, jeweils Stand Dezember 2007).
Erfüllt ist nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG auch die materiell-rechtliche Voraussetzung, dass der Arbeitgeber
den Arbeitnehmer auf Grund eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt (vgl zu diesen Voraussetzungen BSG SozR 4-4300 § 324 Nr
2 RdNr 16). Ob eine nunmehr von der Beklagten erstmals im Revisionsverfahren behauptete familienhafte Mithilfe vorgelegen
hat, musste das LSG entgegen der im Revisionsverfahren erhobenen Verfahrensrüge der Beklagten auf Grund der vorliegenden Umstände
nicht prüfen (§
103 SGG). Es ergaben sich hierfür keinerlei konkrete Anhaltspunkte; insbesondere ist auch die Beklagte zu keinem Zeitpunkt vor dem
Revisionsverfahren von einer nur familienhaften Mithilfe statt einer Beschäftigung auf Grund eines Arbeitsvertrages ausgegangen.
Selbst in der mündlichen Verhandlung beim LSG, in der der Kläger befragt und die Sch. als Zeugin vernommen wurde, wurde diese
Frage nicht problematisiert. Es liegen - wie das LSG festgestellt hat - auch keine Ausschlussgründe vor (§ 221
SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt).
Soweit § 217 Satz 2
SGB III bestimmt, dass sich die Förderhöhe und Förderdauer nach dem Umfang der Minderleistung des Arbeitnehmers richten, ist diese
Minderleistung keine Anspruchsvoraussetzung, sondern Maßstab für die Ausübung des Auswahlermessens der Beklagten.
Demgemäß ist das Bundessozialgericht (BSG) bereits zu § 217 Satz 1
SGB III aF, nach dem der Arbeitgeber "zur Eingliederung von förderungsbedürftigen Arbeitnehmern Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten
zum Ausgleich von Minderleistungen" erhalten konnte, davon ausgegangen, dass mit der Formulierung "zum Ausgleich der Minderleistungen"
nur eine allgemeine Zielsetzung umschrieben war (BSG SozR 4-4300 §
324 Nr 2 RdNr 17). Auch mit dem in § 217 Satz 1
SGB III nF enthaltenen Terminus "zur Eingliederung" wird - entgegen der Ansicht des LSG - keine Tatbestandsvoraussetzung iS eines
kausalen Zusammenhangs zwischen Förderung und Eingliederung normiert, wie es bis 31. Dezember 2003 in § 217 Satz 2
SGB III aF vorgesehen war. Danach waren Arbeitnehmer nur förderungsbedürftig, die ohne die Leistung nicht oder nicht dauerhaft in
den Arbeitsmarkt eingegliedert werden konnten. Der Senat hatte aus dieser Vorgabe gefolgert, dass eine Förderung ausgeschlossen
sei, wenn der Arbeitnehmer auch ohne den Zuschuss eingestellt worden und somit die Eingliederung auch ohne Förderung erfolgt
wäre (BSG SozR 4-4300 § 324 Nr 2 RdNr 21 f); neben dieser kausalen Beziehung war die Förderungsbedürftigkeit - gerichtlich
uneingeschränkt nachprüfbar - prognostisch zu beurteilen, wobei nicht nur die in der Person des Arbeitnehmers liegenden Umstände,
sondern auch der Arbeitsmarkt zu berücksichtigen waren (BSG, aaO, RdNr 22).
Diese gesetzliche Voraussetzung ist mit Wirkung ab 1. Januar 2004 entfallen.
Anders als nach der Rechtslage bis 31. Dezember 2003 ist mithin ab 1. Januar 2004 auf der Ebene der Anspruchsvoraussetzungen
keine Kausalitätsprüfung und prognostische Bewertung vorzunehmen. Wie mit der in § 217 Satz 1
SGB III aF enthaltenen Formulierung "zum Ausgleich von Minderleistungen" statuiert das Gesetz mit den Worten "zur Eingliederung"
vielmehr weiterhin nur ein im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigendes allgemeines Ziel (vgl zum früheren Recht
Armbrust in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, §
16 RdNr 7; aA Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB III, K § 217 RdNr 32 ff, Stand Oktober 2005, und David/Coseriu in Eicher/Schlegel,
SGB III, § 217 RdNr 33, Stand April 2008), das sich auch in der in § 217 Satz 2
SGB III in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung vorgesehenen Orientierung der Förderhöhe und Förderdauer an den jeweiligen Eingliederungserfordernissen
widerspiegelt.
Mit der Neufassung der §§ 217 ff
SGB III ab 1. Januar 2004 sollten die Eingliederungszuschüsse zusammengeführt, vereinfacht und damit in der Praxis handhabbarer gemacht
werden (BT-Drucks 15/1515, S 74); mit dem Wegfall der Kausalitätsprüfung und der Prognoseentscheidung auf der Ebene der Anspruchsvoraussetzungen
hat der Gesetzgeber insoweit den bereits mit der Fassung des § 217
SGB III aF zum Ausdruck gebrachten Bedenken Rechnung getragen, dass nur in seltenen Fällen mit Sicherheit festgestellt werden könne,
ob der Arbeitslose ohne Förderung nicht oder nicht dauerhaft in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann (BT-Drucks 13/4941,
S 192 zu § 215). Mit dieser Zielsetzung wäre es nicht vereinbar, anstelle der (objektiven) Eingliederungserforderlichkeit
des § 217
SGB III aF - aufzuspalten in Eingliederungsbedürftigkeit und Eingliederungsfähigkeit - auf die Motivation des Arbeitgebers abzustellen
(so aber Brandts in Niesel,
SGB III, 4. Aufl 2007, § 217 RdNr 29). Die Eingliederungserforderlichkeit ist nunmehr integraler Bestandteil der Ermessenserwägungen - dazu später - (vgl
auch David/Coseriu, aaO, § 217 RdNr 35a).
Die tatsächlichen Feststellungen des LSG lassen allerdings keine abschließende Beurteilung zu, ob die Vermittlung der Sch.
wegen in ihrer Person liegender Umstände erschwert ist (§ 217 Satz 1
SGB III). Den Gesetzesmaterialien ist insoweit zu entnehmen, dass eine zielgruppenorientierte Förderung gewollt ist, wenn dort als
Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen insbesondere Geringqualifizierte, jüngere Arbeitnehmer, die eine außerbetriebliche
Ausbildung abgeschlossen haben, sowie Berufsrückkehrer beschrieben werden (BT-Drucks 15/1515, S 93 zu § 218). Sie akzentuieren
den ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes und verdeutlichen, dass die erschwerte Vermittelbarkeit nicht auf allein "von außen"
kommende Faktoren, etwa auf eine besondere regionale Arbeitsmarktstruktur oder die Arbeitsmarktsituation in einem bestimmten
Berufsfeld, zurückzuführen sein darf. Die besonderen Umstände müssen vielmehr in der Person des Arbeitnehmers liegen (vgl
Armbrust, aaO, §
16 RdNr
20 zu § 218 Abs 1 Nr 2
SGB III aF). Subjektive, vom Arbeitnehmer willentlich beeinflussbare Hindernisse, wie fehlende Mobilität (Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB III, K § 217 RdNr 22, Stand Oktober 2005), sind allerdings keine die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses rechtfertigende Umstände.
Im Ansatz ist das LSG bei der Beurteilung dieser Frage zu Recht davon ausgegangen, dass für die Bestimmung des Personenkreises
der förderungsbedürftigen Arbeitnehmer weiterhin die in § 218 Abs 1
SGB III aF (bis 31. Dezember 2003) geregelten Fallgruppen eine Orientierung bieten (David/Coseriu in Eicher/Schlegel,
SGB III, § 217 RdNr 25 f; Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB III, K § 217 RdNr 25, Stand Oktober 2005), weil der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 217
SGB III den Kreis der förderungsberechtigten Personen nicht einschränken wollte (BT-Drucks 15/1515, S 74). Insofern sah jedoch auch
§ 218 Abs 1 Nr 2
SGB III aF vor, dass Eingliederungszuschüsse nur an Langzeitarbeitslose, schwerbehinderte oder sonstige behinderte Menschen erbracht
werden konnten, wenn diese Personen wegen in ihrer Person liegender Umstände nur schwer vermittelt werden konnten. Langzeitarbeitslosigkeit
alleine genügte mithin nicht, sondern erforderlich war zusätzlich wie nach neuem Recht eine erschwerte Vermittelbarkeit auf
Grund in der Person liegender Umstände.
Sch. mag langzeitarbeitslos iS des §
18 SGB III gewesen sein (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes [AFRG] vom 24. März 1997 - BGBl I 594) - die Feststellungen des LSG
ermöglichen mangels hinreichender Angaben zu §
16 SGB III (s zu dieser Voraussetzung Becker in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
18 RdNr 19, Stand März 2005) keine abschließende Entscheidung; nicht beurteilen lässt sich ohnedies, ob die Vermittlung der
Sch. wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert war. Insofern hat das LSG § 218 Abs 1 Nr 2
SGB III aF zu Unrecht dahin ausgelegt, dass bei Langzeitarbeitslosigkeit, die für die Anwendung des § 217
SGB III nF überhaupt nicht zu fordern ist, in der Regel nicht zusätzlich geprüft werden müsse, ob zum einen in der Person begründete
Vermittlungshemmnisse vorliegen und ob diese zum anderen eine erschwerte Vermittelbarkeit annehmen lassen. Die Formulierung
des LSG, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es in der Person der Sch. trotz der Langzeitarbeitslosigkeit
nicht an Vermittlungshemmnissen fehle, ersetzt nicht die positive Feststellung zum Vorliegen bestimmter Vermittlungshemmnisse;
sie sind schließlich nicht benannt. Vielmehr ist das LSG - offenbar - zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Langzeitarbeitslosigkeit
das Bestehen von Vermittlungshemmnissen in der Person des Arbeitnehmers indiziere. Damit hat das LSG auch keinen Erfahrungssatz
iS einer allgemeinen bzw generellen Tatsache aufstellen wollen, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob der Senat an diese
Feststellung des LSG iS des §
163 SGG gebunden wäre, soweit sie im Rahmen einer Beweiswürdigung (§
128 SGG) getroffen worden wäre (vgl dazu nur: May, Die Revision, 2. Aufl 1997, VI RdNr 348 mwN). Das LSG wird deshalb nach der Zurückverweisung
zu ermitteln haben, welche Umstände im Einzelnen die allgemeine Vermittelbarkeit der Sch. erschwert haben (vgl etwa die Aufstellung
bei Heinz in Praxiskommentar,
SGB III, 2. Aufl 2004, § 218 RdNr 20: Alter, fehlende oder unzureichende Sprachkenntnisse, durch Krankheit oder Behinderung beeinträchtigtes körperliches
oder geistiges Leistungsvermögen).
Die Klage kann auch nicht - jedenfalls nicht ohne weitere Feststellungen des LSG - unter dem Gesichtspunkt abgewiesen werden,
dass - bei unterstelltem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 217
SGB III - eine Ermessensschrumpfung auf Null zu Lasten des Klägers anzunehmen ist. Sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens,
also der Frage, ob die Arbeitgeberleistung überhaupt gewährt werden darf, als auch hinsichtlich des Auswahlermessens, dh,
in welcher Höhe bzw für welche Dauer Eingliederungszuschüsse zu leisten sind, gibt § 217 Satz 2
SGB III mit dem Umfang der Minderleistung und den jeweiligen Eingliederungserfordernissen Ermessenskriterien vor (BT-Drucks 13/4941,
S 192 zu § 217). Ist eine Eingliederung nicht (mehr) erforderlich, schrumpft allerdings nicht nur das Auswahlermessen, sondern
auch das Entschließungsermessen der Beklagten auf Null (vgl Armbrust in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003,
§ 16 RdNr 8). Mit anderen Worten:
Wenn sich die Förderhöhe und -dauer nach der konkreten Eingliederungserforderlichkeit richten, reduzieren sich beide, je geringer
die Eingliederungserforderlichkeit ist; fehlt sie völlig, darf naturgemäß ein Eingliederungszuschuss überhaupt nicht gewährt
werden. Damit verbleibt es trotz der von der früheren Fassung abweichenden Formulierung des § 217
SGB III auch für die Zeit ab 1. Januar 2004 bei einer Prüfung der Eingliederungserforderlichkeit, wenn auch nicht auf der Ebene der
Anspruchsvoraussetzungen, sondern der Ebene der Ermessensbetätigung.
Bedeutung kann dies insbesondere erlangen für die Frage der materiellen Beweislast.
Das LSG wird daher ggf zu prüfen haben, ob bei Sch. keine Minderleistung zu erwarten war, also keine Eingliederungsbedürftigkeit
bestand. Diese wäre trotz zu erwartender Minderleistung gleichwohl zu verneinen, wenn der Kläger Sch. auch ohne den Eingliederungszuschuss
eingestellt hätte (Kausalität) und dadurch eine Eingliederung sichergestellt war. Hierzu hat das LSG nicht festgestellt, ob
eine Eingliederung als solche nur durch Einstellung im Dezember 2004 möglich war oder ob der Kläger Sch. ab Frühjahr ohnehin
ohne Förderung durch die Arbeitsverwaltung mit den gleichen Eingliederungschancen eingestellt hätte. Die Erwägung des LSG,
die Sch. wäre jedenfalls nicht bereits im Dezember 2004 eingestellt worden, rechtfertigt diese Annahme allein nicht. Schließlich
wäre auch die Eingliederungsfähigkeit zu beachten, die eine arbeitsplatz- und eine arbeitnehmerbezogene Komponente aufweist.
Fehlt es an der Eingliederungsfähigkeit, ist eine Eingliederung nicht zu erwarten. Insbesondere die arbeitsplatzbezogene Komponente
bedarf genauerer Untersuchung, wenn eine Einstellung bei Familienangehörigen erfolgen soll. Ist die Tätigkeit spezifisch ausgerichtet
auf diesen einen Arbeitsplatz, vermittelt sie also keine verwertbaren Kenntnisse und Chancen für andere Arbeitsplätze und
ist absehbar, dass sie nur für eine kurze Zeit ausgeübt werden soll, ist eine Ermessensreduzierung auf Null zu Lasten des
Klägers denkbar.
Sollten die Voraussetzungen für die Gewährung eines Eingliederungszuschusses vorliegen und keine Ermessensreduzierung auf
Null im bezeichneten Sinn eingetreten sein, wäre dem LSG jedenfalls insoweit zu folgen, als es von einer fehlerhaften Ermessensausübung
dann ausgeht, wenn die Leistung alleine mit der Begründung abgelehnt worden wäre, die Förderung eines Arbeitsverhältnisses
unter Verwandten komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Initiative zur Einstellung von der Agentur für Arbeit ausgegangen
und für den zu besetzenden Arbeitsplatz ein Vermittlungsauftrag des Klägers ohne Beschränkung auf eine bestimmte Person erteilt
worden sei. Mit dieser Argumentation hätte die Beklagte unter unzulässiger Modifizierung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen
im Ergebnis eine gebundene Ablehnungsentscheidung getroffen, obwohl nach den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 217
SGB III das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund einer Vermittlungstätigkeit der Arbeitsverwaltung zustande gekommen sein muss (Voelzke
in Hauck/Noftz,
SGB III, K § 217 RdNr 15, Stand Oktober 2005). Letztlich hätte dann die Beklagte unzulässigerweise ihr Ermessen durch eine zusätzliche verfahrensrechtliche
Regelung gebunden, die allenfalls durch eine entsprechende Anordnung (§ 222
SGB III) hätte getroffen werden dürfen (vgl zu der ähnlichen Situation der durch DA vorgesehenen Arbeitslosmeldung des Arbeitnehmers
für die Gewährung eines Einarbeitungszuschusses: BSGE 72, 242, 245 f = SozR 3-4100 § 49 Nr 5 S 18 f).
Allerdings hat das LSG die Überlegungen der Beklagten bei der Ermessensausübung nicht in vollem Umfang gewürdigt. Es hat nämlich
übersehen, dass die Beklagte, wie sich aus dem Bescheid vom 29. Juli 2005 ergibt, die Ablehnung der Leistung im Ergebnis darauf
gestützt hat, dass die Einstellung von Personen, bei denen das Interesse des Arbeitgebers an einer Einstellung dieser Person
gegenüber den arbeitsmarktlichen Interessen überwiegt, nicht förderbar sei. Dies entspricht auch der Praxis der Beklagten
(zur Zulässigkeit der Feststellungen derartiger - genereller - Tatsachen: Dreher in Festschrift "50 Jahre BSG", 2004, S 791
ff; Rauscher, SGb 1986, 45 ff; Eicher, SGb 1986, 501 ff; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 20 S 58 f; BSG, Urteil vom 25. Oktober 1994 - 3 RK 16/94 - USK 9495), gestützt auf die interne DA (vgl zu dieser Problematik allgemein: BSG SozR 3-4100 §
3 Nr 2 S 11 f mwN) zur Anwendung des § 217
SGB III, mit der die Beklagte zulässigerweise ihr Ermessen selbst gebunden hat (dazu allgemein: Kopp/Schenke,
VwGO, 15. Aufl, § 114 RdNr 42 f; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl, § 40 RdNr 26). Dass die Initiative zur Einstellung der Sch. nicht von der Agentur für Arbeit ausgegangen sei und der Kläger keinen
Vermittlungsauftrag ohne Beschränkung auf eine bestimmte Person erteilt habe, sondern ausschließlich an der Einstellung der
Sch. interessiert gewesen sei, wurde lediglich als Indiz für das Überwiegen der Arbeitgeberinteressen angesehen.
Obwohl sich die Beklagte dann im Widerspruchsbescheid nur noch mit diesen indiziellen Tatsachen auseinandergesetzt hat, ändert
sich hieran nichts. Die Begründung des Widerspruchsbescheids repliziert nämlich nur auf die Widerspruchsbegründung des Klägers.
Die Relation zwischen Arbeitgeberinteresse und Arbeitsmarktinteresse ist ein zulässiges ermessensreduzierendes Kriterium,
weil es geeignet ist, die von der Beklagten in dem ablehnenden Bescheid genannten Mitnahmeeffekte zu vermeiden, unter Inanspruchnahme
der Fördermittel nur genau diejenigen Personen einzustellen, die auch ohne Förderung beschäftigt worden wären (vgl Brussig/Bernhard/Jaenichen,
SozFort 2008, 66, 67), und weil es insbesondere den wegen des Subventionscharakters von Lohnkostenzuschüssen zwangsläufig
entstehenden Wettbewerbsgesichtspunkten Rechnung trägt. Die wirtschaftlich nicht unproblematischen Nebenwirkungen von Lohnkostenzuschüssen
rechtfertigen bereits die bezeichnete genera-lisierende Selbstbindung durch DA. Auch der Gesetzgeber hat in früheren Vorschriften
ausdrücklich entsprechende Förderungsausschlüsse normiert (vgl etwa: §
95 Abs
2 Satz 1
SGB III idF des AFRG; § 255 Abs 2 Nr 1
SGB III in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung; § 43 Abs 2 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz). Zwar betreffen diese Regelungen das Recht der Weiterbildungsförderung von Arbeitnehmern bzw die frühere Trägerleistung
des § 254
SGB III (Zuschüsse zu Sozialplanmaßnahmen); jedoch zeigen sie deutlich, dass es der Beklagten nicht verwehrt werden kann, derartige
Überlegungen, soweit sie nicht schon ausdrücklich im Gesetz vorgesehen sind, in ihr Handeln einfließen zu lassen.
Besonderheiten im Sinne eines atypischen Einzelfalls, für den auch bei einer Ermessensbindung Raum bleiben muss (vgl nur:
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl, §
40 RdNr 27a mwN zur Rspr; Kopp/Schenke,
VwGO, 15. Aufl, §
114 RdNr 42 mwN), sind nicht erkennbar.
Ob allerdings ein solches überwiegendes Arbeitgeberinteresse vorliegend zu bejahen ist, kann auf der Grundlage der Feststellungen
des LSG nicht entschieden werden. Ob das Arbeitgeberinteresse überwiegt, bestimmt sich nicht allein aus der Sicht des Arbeitgebers.
Vielmehr sind die individuellen subjektiven und objektiven Interessen des Klägers sorgfältig gegen die objektiven Arbeitsmarktinteressen
abzuwägen, die auch die Interessen der Sch. an einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt einschließen (vgl dazu BSG SozR 3-4460
§ 9 Nr 1 S 4 f und SozR 3-4100 § 43 Nr 2 S 6 f, wo allerdings das arbeitsmarktliche Interesse aufgrund gesonderter anderer
gesetzlicher Regelung nicht einbezogen wurde). Dass die Beklagte das Überwiegen der Arbeitgeberinteressen möglicherweise nicht
unter umfassender Würdigung aller Umstände bejaht hat, sondern verkürzt nur auf die besonderen familiären Beziehungen abgestellt
hat, macht ihre Entscheidung nicht alleine deshalb ermessensfehlerhaft; bei Vorliegen eines überwiegenden Arbeitgeberinteresses
verbleibt ihr wegen der Selbstbindung durch die DA iVm Art
3 Grundgesetz (Gleichheitssatz) überhaupt kein Ermessen. Rechtswidrig ist die Entscheidung vielmehr erst dann, wenn das Ergebnis der Überlegung,
die Annahme der überwiegenden betrieblichen Interessen, in der Sache fehlerhaft wäre.
Die entsprechende Prüfung wird das LSG vorzunehmen haben. Mögliche Indizien für ein überwiegendes Interesse des Klägers als
Arbeitgeber an der Einstellung der Sch. gegenüber den arbeitsmarktlichen Interessen könnten darin zu sehen sein, dass der
Kläger die Förderungsmöglichkeiten bei der Beklagten erst wenige Tage vor Beginn der Beschäftigung abfragte und ggf nur die
Schwester einstellen wollte, also von vornherein auf die Einstellung der Sch. festgelegt war. Dabei könnte auch zu beachten
sein, dass sich der Kläger erst mehrere Monate nach Beschäftigungsbeginn schriftlich mit seinem Anliegen an die Beklagte gewandt
hat. Neben diesen subjektiven Gesichtspunkten wäre unter objektiven Aspekten zu prüfen, welche Bedeutung die Tätigkeit der
Sch. für den Betrieb des Klägers hatte, ob Sch. insbesondere - als Nachfolgerin der Mutter des Klägers - eine besondere Vertrauensstellung
innerhalb eines Familienbetriebes innehatte. Dem ist das arbeitsmarktliche Interesse an einer Einstellung der Sch. gegenüberzustellen.
Dabei wird zum einen die individuelle Eingliederungssituation der Sch. zu beachten sein; zum anderen ist die Arbeitsmarktsituation
(Angebot und Nachfrage) insgesamt zu berücksichtigen. Schließlich wird das LSG ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens
zu befinden haben.