Feststellung eines Grades der Behinderung
Nichtzulassungsbeschwerde
Verfahrensrüge
Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht
Aufrechterhaltener Beweisantrag
Merkmal eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags
1. Soweit ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils
folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das
LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig
hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zur weiterer Sachaufklärung
Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung,
dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin
bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen,
dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
2. "Bezeichnet" i.S. des §
160a Abs.
2 S. 3
SGG ist ein Verfahrensmangel nur dann, wenn die ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden.
3. Zudem muss bei einer Sachaufklärungsrüge nicht nur die Stellung des Beweisantrags aufgezeigt werden, sondern auch über
welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte.
4. Denn Merkmal eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels
für diese Tatsache.
Gründe:
I
Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 6.9.2017 die von der Klägerin begehrte Feststellung des Grades der Behinderung
(GdB) von mindestens 50 und der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G verneint. Der Gesundheitszustand der Klägerin
habe sich wesentlich verbessert. Die bei ihr bestehende psychogene Gang- und Standunsicherheit rechtfertige einen GdB von
30 entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen Dr. R in seinem Gutachten vom 11.10.2015 und dem Entlassungsbericht
des Universitätsklinikums F vom 9.2.2013. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. W vom 24.5.2016 überzeuge nicht. Der von
ihm vorgeschlagene GdB von 50 sei nur dann gerechtfertigt, wenn entweder der Nachweis eines Hirnschadens hätte erbracht werden
können oder eine schwere Persönlichkeitsstörung nachgewiesen sei. Dr. W weise aber selbst darauf hin, dass die vorliegende
Diagnostik diesbezüglich keine pathologischen Befunde zeige. Die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen auf psychosomatischem
oder psychologischem Fachgebiet - wie von der Klägerin hilfsweise beantragt - sei nicht erforderlich. Aus dem Entlassungsbericht
des Universitätsklinikums F vom 9.2.2013 ergebe sich zweifelsfrei, dass eine Hirnstammschädigung nicht vorliege. Da die weitere
Behinderung der Herzrhythmusstörungen unter Behandlung beschwerdefrei sei und die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin
nach ihren Angaben nicht beeinträchtigt werde, bedinge dies einen GdB von 10. Ein Fall, in dem Einzel-GdB-W erte von 10 erhöhend
für den Gesamt-GdB zu berücksichtigen seien, liege nicht vor. Einen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs G habe
die Klägerin ebenfalls nicht mehr.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht Verfahrensmängel geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 3.1.2018 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen,
weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachte Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG) nicht hinreichend bezeichnet. Soweit ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht
ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag
berührten Tatumstände, die zur weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses
der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft
unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme
von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr,
zB BSG Beschluss vom 15.12.2016 - B 9 V 64/16 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 f). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin macht die Übergehung eines Beweisantrags geltend. Allerdings fehlt es bereits an der Darstellung des Sachverhalts
sowie des gesamten Verfahrensgangs. "Bezeichnet" iS des §
160a Abs
2 S 3
SGG ist ein Verfahrensmangel aber nur dann, wenn die ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2016 - B 9 V 11/16 B - Juris RdNr 12 und BSG Beschluss vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14 S 20 f). Hieran mangelt es. Denn die Klägerin hat die den geltend gemachten Verfahrensmangel begründenden Tatsachen
nicht im Zusammenhang mit dem Verfahrensgang und den diesbezüglichen Feststellungen des LSG dargestellt.
Zudem muss bei einer Sachaufklärungsrüge nicht nur die Stellung des Beweisantrags aufgezeigt werden, sondern auch über welche
im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags ist
eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG Beschluss vom 15.12.2016 - B 9 V 64/16 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 R - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Vom Beweisantragsteller ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt
zu bezeichnen und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Denn nur dadurch wird die Vorinstanz
in die Lage versetzt, die Entscheidungserheblichkeit des Antrags zu prüfen und ggf eine Ablehnung iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ausreichend zu begründen (BSG Beschluss vom 30.11.2017 - B 9 V 36/17 B - Juris RdNr 7). Je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum Beweisthema zu dem bereits vorliegen,
desto genauer muss der Beweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (BSG Beschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - Juris RdNr 11). Nach diesen Maßstäben bezeichnet der hilfsweise zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG
gestellte Antrag der Klägerin, "ein psychosomatisches Gutachten mit psychologischem Zusatzgutachten einzuholen zur Beurteilung
der negativen Wechselwirkungen zwischen der Behinderung auf hirnorganisch-psychosomatischem Fachgebiet und der Herzrhythmusstörungen
mit Herzrasen", keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag. Er enthält weder eine bestimmte Tatsachenbehauptung noch das hypothetische
Beweisergebnis. Im Übrigen geht die Klägerin weder auf die bereits vorliegenden Beweisergebnisse ein, noch setzt sie sich
mit den Feststellungen des LSG auseinander, dass eine Hirnstammschädigung nicht vorliegt und die Herzrhythmusstörungen unter
Behandlung beschwerdefrei sind.
Mit ihrer Rüge, das LSG habe eine bestehende Diskrepanz zwischen den Gutachten von Dr. R und Dr. W hinsichtlich der Wechselwirkungen
zwischen den Herzrhythmusstörungen und der psychogenen Gang- und Standunsicherheit übersehen, wendet sie sich im Kern gegen
die Beweiswürdigung des LSG. Eine solche Rüge scheitert aber bereits daran, dass nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von §
128 Abs
1 S 1
SGG gestützt werden kann.
Sofern die Klägerin sich in diesem Zusammenhang gegen die Festsetzung des GdB durch das LSG wendet, hätte sie sich mit den
vom BSG entwickelten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB auseinandersetzen (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2013 - B 9 SB 69/12 B - Juris 10 mwN) und hiervon ausgehend darlegen müssen, warum die Annahme des von ihr begehrten GdB von mindestens 50 gerechtfertigt
sei. Auch hieran fehlt es.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.