Festsetzung von Säumniszuschlägen wegen verspäteter Durchführung der Nachversicherung
Tatbestand
Die klagende Bundesrepublik Deutschland wendet sich gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen wegen verspäteter Durchführung
der Nachversicherung.
Der 1960 geborene J. A. (im Folgenden Versicherter) war vom 1. Oktober 1979 bis 30. September 1991 Soldat auf Zeit. Anschließend
war er bis 20. Dezember 1991 Schüler an der Bundeswehrfachschule K., danach ohne Beschäftigung. Ab 1. Oktober 1992 war er
Student an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz. Er nahm am 13. Februar 1995 eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf.
Er erhielt bis 30. September 1994 Übergangsgebührnisse.
Das Wehrbereichsgebührnisamt IV in Wiesbaden, das die Dienstbezüge des Versicherten zahlte, teilte dem Wehrbereichsgebührnisamt
V in Stuttgart (nunmehr Wehrbereichsverwaltung Süd), welches damals neben einem weiteren Wehrbereichsgebührnisamt für die
Durchführung der Nachversicherung von Soldaten auf Zeit zuständig war, unter dem 6. November 1991 Daten zur Nachversicherung,
u.a. die Bescheinigung über das Diensteinkommen, mit. Zur Einleitung des Verfahrens der Nachversicherung in der gesetzlichen
Rentenversicherung bat das Wehrbereichsgebührnisamt V den Versicherten, u.a. die ihm übersandte Erklärung zur Nachversicherung
neu auszufüllen (Schreiben vom 20. Januar 1992). Die vom Versicherten vollständig ausgefüllte Erklärung ging beim Wehrbereichsgebührnisamt
V am 3. Februar 1992 ein. Der Versicherte erklärte u.a., innerhalb eines Jahres nach Wegfall der Übergangsgebührnisse eine
andere in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen zu haben oder aufnehmen zu werden,
ohne jedoch nähere Angaben hierzu zu machen. Die zunächst gemachte Angabe, innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden aus
der Bundeswehr eine andere in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen zu haben oder
aufnehmen zu werden, war gestrichen. Das Wehrbereichsgebührnisamt V unterrichtete den Versicherten unter dem 4. Februar 1992,
dass über eine Nachversicherung oder deren Aufschub erst im Oktober 1995 entschieden werden könne, sowie dann unter dem 14.
Dezember 1993 darüber, dass er in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sei. Die diesem Schreiben beigefügte
und vom Versicherten unter dem 16. Dezember 1993 ausgefüllte Erklärung zur Nachversicherung ging beim Wehrbereichsgebührnisamt
V am 20. Dezember 1993 ein. Der Versicherte gab u.a. an, er habe sich um eine versicherungsfreie Beschäftigung als Beamter
beworben und werde das Wehrbereichsgebührnisamt V bei einer Einstellung umgehend informieren. Beigefügt war die Bescheinigung
der Fachhochschule Rheinland-Pfalz vom 7. September 1993, wonach der Versicherte als ordentlicher Studierender im Wintersemester
1993/1994 eingeschrieben sei. Auf Nachfrage des Wehrbereichsgebührnisamts V vom 18. Mai 1994 nannte der Kläger die Stelle,
bei der er sich beworben habe, sowie als voraussichtlichen Zeitpunkt der Einstellung September 1995 (am 30. Mai 1994 eingegangene
Antwort des Versicherten). Das Wehrbereichsgebührnisamt V bescheinigte unter dem 16. August 1994 den Aufschub der Nachversicherung
wegen der Tätigkeit ab 1. September 1995. Auf der Bescheinigung ist handschriftlich als Rentenversicherungsträger die damalige
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vermerkt. Die Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung teilte der Versicherte
dem Wehrbereichsgebührnisamt V nicht mit.
Die Bahnversicherungsanstalt, eine der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), bat mit Schreiben
vom 10. April 2003 unter Bezugnahme auf die erteilte Aufschubbescheinigung vom 16. August 1994, die nach ihrer Behauptung
im Berufungsverfahren ihr erstmals der Versicherte mit einem Antrag auf Kontenklärung vom 17. März 2003 vorgelegt habe, die
zwischenzeitlich zuständige Wehrbereichsverwaltung Süd zu prüfen, ob eine Nachversicherung durchgeführt werden müsse, und
bezifferte die für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. September 1991 zu entrichtenden Beiträge zur Rentenversicherung auf
€ 56.924,10. Die Wehrbereichsverwaltung Süd führte daraufhin die Nachversicherung durch (Nachversicherungsbescheinigung vom
29. April 2003) und zahlte am 6. Mai 2003 den genannten Betrag. Zu den Gründen der erst im April 2003 durchgeführten Nachversicherung
verwies die Wehrbereichsverwaltung Süd auf Anfrage der Beklagten auf die Angaben des Versicherten, sich um eine versicherungsfreie
Beschäftigung beworben zu haben. Nach erteilter Aufschubbescheinigung sei die Nachversicherungsakte in das Archiv abgegeben
worden. Da aufgeschobene Nachversicherungsfälle keiner weiteren Überwachung unterlägen, habe sie bis zum Schreiben der Beklagten
vom 10. April 2003 unverschuldet keine Kenntnis gehabt, dass der Versicherte seine Bewerbungen nicht weiterverfolgt habe.
Die Beklagte machte Säumniszuschläge in Höhe von € 32.673,50 geltend (Bescheid vom 2. Juli 2003), die sie wie folgt berechnete:
Beamter ausgeschieden am
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30. September 1991
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Fälligkeit des Betrags am
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1. Oktober 1991
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Wertstellung des Nachversicherungsbetrags
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6. Mai 2003
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angefangene Monate nach Fälligkeit
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101 Monate
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(frühestens ab 1. Januar 1995)
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Monate der Säumnis
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101 Monate
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beitragspflichtige Einnahmen
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DM 357,701,11= € 182.889,67
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Beitragssatz
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(unversorgten Ausscheiden aus der Beschäftigung)
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17,7 v.H.
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beitragspflichtige Einnahmen x Beitragssatz
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€ 32.371,41
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abgerundet auf volle
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€ 50,00 € 32.350,00
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Säumniszuschlag 1 v.H. x 101 Monate
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€ 32.673,50.
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Die Wehrbereichsverwaltung Süd erhob Widerspruch. Sie machte u.a. geltend, die Nachversicherung sei unverschuldet verspätet
durchgeführt worden, und erhob für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1998 die Einrede der Verjährung. Der Widerspruchsausschuss
der Beklagten wies den Widerspruch der Wehrbereichsverwaltung Süd zurück (Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2004). §
24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV), bei dessen Neufassung der Gesetzgeber die Ausübung von Ermessen bei der Erhebung der Säumniszuschläge an sich und hinsichtlich
der Höhe der Säumniszuschläge nicht mehr eingeräumt habe, sei anwendbar, weil im
Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) eine spezielle Regelung zur Erhebung von Säumniszuschlägen nicht erkennbar sei. Der Erhebung von Säumniszuschlägen könne
nicht entgegengehalten werden, dass zum Ausgleich verzögerter Beitragszahlungen nach §
181 Abs.
1 und 4
SGB VI die aktuellen Beitragsfaktoren Anwendung fänden und die Beitragsbemessungsgrundlagen dynamisiert würden. Das Nachversicherungsverhältnis
sei mit dem Ausscheiden des Versicherten mit Ablauf des 30. September 1993 entstanden. Aufschubgründe lägen nicht vor. Der
Versicherte habe letztmalig am 18. Mai 1994 bekannt gegeben, die Absicht zu haben, sich um eine versicherungsfreie Beschäftigung
zu bewerben. Danach seien keine weiteren Prüfungen der Klägerin erfolgt, inwieweit Aufschubgründe weiterhin vorlägen. Dass
aufgeschobene Nachversicherungsfälle bei der Klägerin keiner weiteren Überwachung unterlägen oder unterlegen hätten, sei kein
Rechtfertigungsgrund für die verspätete Zahlung der Nachversicherungsbeiträge. Auch seien zwischen dem 30. September 1991
und dem 18. Mai 1994 weitaus mehr als zwei Jahre vergangen, so dass die Klägerin von einer hinreichend sicheren Wahrscheinlichkeit
der Aufnahme einer weiteren versicherungsfreien Beschäftigung des Versicherten nicht mehr habe ausgehen können. Der Anspruch
auf die Nachversicherungsbeiträge sei nicht verjährt, weil die dreißigjährige Verjährungsfrist greife. Die Klägerin habe,
weil sie ohne weitere Überwachung die Akten im Archiv abgelegt habe, die Nichtabführung von Nachversicherungsbeiträgen billigend
in Kauf genommen.
Gegen den am 7. Januar 2005 der Wehrbereichsverwaltung Süd zugegangenen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 3. Februar
2005 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Nach der zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge am 1. Oktober 1991 geltenden Fassung des §
24 Abs.
2 SGB IV habe es im Ermessen des Versicherungsträgers gelegen, ob und in welcher Höhe Säumniszuschläge erhoben würden. Die Beklagte
habe die Säumniszuschläge jedoch nach der seit 1. Januar 1995 geltenden Rechtslage berechnet. Auch die Anwendung dieser Regelungen
schließe die Erhebung von Säumniszuschlägen aus. Denn ihr könne die Unkenntnis der Beitragspflicht nicht vorgeworfen werden,
da der Versicherte ihr gegenüber keine weiteren Angaben nach der Bescheinigung des Aufschubs gemacht habe. Schließlich werde
die Einrede der Verjährung für die Jahre 1995 bis 1998 erhoben.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens an (Beschluss vom 31. Mai 2007). Die Beklagte rief das ruhende Verfahren am 22. Oktober 2008 wieder
an. Die Beteiligten blieben bei ihren bisherigen Auffassungen und vertraten beide die Auffassung, das Urteil des Bundessozialgericht
(BSG) vom 29. November 2007 (B 13 R 48/06 R, in [...]) sei auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht anzuwenden. Die Klägerin legte den Erlass des Bundesministers der
Verteidigung vom 12. September 1988 zur Durchführung der Nachversicherung in den gesetzlichen Rentenversicherungen für ohne
Versorgung ausgeschiedene Beamte, Richter, sonstige Beschäftigte und Soldaten der Bundeswehr vor.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 15. März 2010 ab. Die Erhebung von Säumniszuschlägen werde - wovon die Klägerin nunmehr auch
ausgehe - im Bereich der Nachversicherung nicht durch die Dynamisierung der Nachversicherungsbeiträge nach §
181 Abs.
4 SGB VI gehindert (Verweis auf BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 R -, in [...]). Der Beitragsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Arbeitgeber entstehe im Regelfall im Zeitpunkt
des unversorgten Ausscheidens des Nachzuversichernden und werde sofort fällig. Im vorliegenden Fall sei dies im Zeitpunkt
des unversorgten Ausscheidens des Versicherten mit Ablauf des 30. September 1991 gewesen. Dem Entstehen des Beitragsanspruchs
der Beklagten gegen die Klägerin habe im Zeitpunkt der Geltendmachung der Forderung auch kein Aufschubgrund mehr entgegengestanden.
Die Klägerin habe aufgrund der Mitteilungen des Versicherten zunächst zu Recht eine Aufschubentscheidung getroffen. Sie hätte
jedoch aufgrund der Mitteilungen des Versicherten nicht darauf vertrauen dürfen, dass dieser tatsächlich in eine versicherungsfreie
Beschäftigung übernommen werde. Aufgrund des erheblichen Zeitablaufs von weit über zwei Jahren seit dem Ausscheiden des Versicherten
hätte sich die Klägerin veranlasst sehen müssen, die Nachversicherungsbeiträge zu entrichten. Statt die Akte nach der Aufschubentscheidung
zu archivieren, hätte die Akte nach einer gewissen Wiedervorlagefrist überprüft werden müssen. Dem Anspruch der Beklagten
stehe nicht die Einrede der Verjährung entgegen (Verweis auf BSG, Urteil vom 21. Juni 1990 - 12 RK 13/89 -, in [...]). Für die Annahme einer dreißigjährigen Verjährungsfrist reiche aus, wenn der Beitragspflichtige die Beiträge
mit bedingtem Vorsatz vorenthalten habe. Es seien Tatsachen feststellbar, die diesen bedingten Vorsatz des Vorenthaltens von
Beiträgen ergäben. Bekannt sei der Klägerin ihre gesetzliche Verpflichtung gewesen, als Arbeitgeber Beiträge zu zahlen, sowie
den zuständigen Sachbearbeitern die gesetzlich normierte Nachversicherungspflicht. Die Klägerin habe auch mindestens mit der
Möglichkeit gerechnet, dass sie von der Pflicht zur Zahlung der Beiträge nicht befreit worden sei. Sie habe die Akte archiviert,
ohne eine endgültige Auskunft über die Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung zu haben. Ein anderes Ergebnis ergebe
sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 17. April 2008 (B 13 R 123/07 R, in [...]), wonach jedenfalls dann, wenn feststehe, dass der Schuldner zu irgend einem Zeitpunkt - innerhalb der kurzen
Verjährungsfrist - Kenntnis von der Beitragspflicht gehabt und die Zahlung nicht sichergestellt habe, obwohl er hierzu in
der Lage gewesen sei, dies den im Sinne von §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV erforderlichen Vorsatz indiziere. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne des §
24 Abs.
2 SGB IV berufen. Die für die Nachversicherung zuständigen Bediensteten der Klägerin hätten vom Nachversicherungsfall nach Auslaufen
des Aufschubgrundes verschuldet keine Kenntnis von der Nachversicherungspflicht gehabt, weil sie Aufschubfälle archiviert
hätten, ohne eine Wiedervorlage zu verfügen. Die Klägerin habe vorliegend keine ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
getroffen. In der Dienstanweisung für das Aufgabengebiet Nachversicherung habe es keine Anweisungen gegeben, wie mit aufgeschobenen
Fällen zu verfahren sei.
Gegen das ihr am 1. April 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. April 2010 Berufung eingelegt. Sie habe eine Aufschubbescheinigung
erteilt und damit eine Entscheidung über die Nachversicherung getroffen. Ein Organisationsverschulden könne nicht unterstellt
werden. Sie und ihre für die Bearbeitung der Nachversicherung zuständigen Bediensteten hätten unverschuldet keine Kenntnis
von der Zahlungspflicht hinsichtlich der Nachversicherung gehabt. Nr. 15 des Erlasses vom 12. September 1988 bestimme, dass
alle Nachversicherungs- und Aufschubfälle in einer besonderen Kartei beim Wehrbereichsgebührnisamt (jetzt Wehrbereichsverwaltungen
Süd und West) zu erfassen seien. Die Karteikarte diene demnach als Nachweis und Arbeitsunterlage. Die Kartei sei getrennt
für anhängige und erledigte Nachversicherungsfälle zu führen. Eine Kopie dieser Karteikarte werde nun zur Nachversicherungsakte
hinten angeheftet. In Nrn. 5 und 10 dieses Erlasses seien zudem die sachliche und örtliche Zuständigkeit für die Durchführung
der Nachversicherung für die Soldaten auf Zeit geregelt gewesen. Eine Verpflichtung zur Nachversicherung habe nicht erkannt
werden können, weil eine Mitteilung über die Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung unter Entrichtung
von Pflichtbeiträgen weder von einem Rentenversicherungsträger noch von dem Versicherten selbst erfolgt sei. Der Anspruch
auf Säumniszuschläge könne wegen der nach vier Jahren eingetretenen Verjährung nicht durchgesetzt werden. Es gebe keine Anhaltspunkte,
dass im vorliegenden Fall an das Unterlassen einer für möglich gehaltenen Nachversicherung gedacht worden sei. Nach Erteilen
einer Aufschubbescheinigung gehe die Kontrolle und Überwachung auf den Rentenversicherungsträger über (Verweis auf Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Dezember 2009 - L 3 R 106/09 -, in [...]). Zudem berufe sie sich auf Verwirkung. Ein Säumniszuschlag sei erst nach Wegfall des Aufschubgrunds ab Oktober
1995 fällig, da die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheinigung über den Aufschub der Nachversicherung den Aufschub bis zum
September 1995 ein Jahr nach Wegfall der Übergangsgebührnisse, zugelassen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. März 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von den Beteiligten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht
eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft. Der Beschwerdewert des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG von € 750,00 ist überschritten. Denn die Klägerin wendet sich gegen Säumniszuschläge in Höhe von € 32.673,50.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
13. Dezember 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht Säumniszuschläge
in Höhe von € 32.673,50 festgesetzt.
1.
Nach §
24 Abs.
1 Satz 1
SGB IV in der mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Fassung des Art. 2 Nr. 8 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Sozialgesetzbuchs (2. SGBÄndG) vom 13. Juni 1994 (BGBl. I, S. 1229) sind für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat,
für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins v.H. des rückständigen, auf € 50,00 nach unten abgerundeten
Betrags zu zahlen. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
a)
Beiträge im Sinne des §
24 SGB IV sind auch die Nachversicherungsbeiträge (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 R -, in [...]). Seit 1. Januar 2008 ist dies nunmehr auch ausdrücklich geregelt. Nach §
184 Abs.
1 Satz 2
SGB VI - eingefügt mit Wirkung zum 1. Januar 2008 durch Art. 6 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 3024) - ist §
24 SGB IV mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Säumnis drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit beginnt und für die Ermittlung des
rückständigen Betrages die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechengrößen anzuwenden sind. Sind die Beiträge vor dem 1. Oktober
1994 fällig geworden, beginnt nach §
184 Abs.
1 Satz 3
SGB VI - ebenfalls eingefügt mit Wirkung zum 1. Januar 2008 durch Art. 6 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 3024) - die Säumnis am 1. Januar 1995; für die Berechnung des rückständigen Betrages sind die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechengrößen
anzuwenden.
b)
Die Klägerin war zahlungspflichtig, weil sie verpflichtet war, die Nachversicherung durchzuführen. Der Versicherte war nach
dem bis 31. Dezember 1991 geltenden § 9 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) oder § 1232
Reichsversicherungsordnung (
RVO) nachzuversichern. Nach §
233 Abs.
1 Satz 1
SGB VI werden Personen, die vor dem 1. Januar 1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, in der sie nach dem jeweils geltenden,
dem § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, §
230 Abs.
1 Nr.
1 und
3 oder §
231 Abs.
1 Satz 1
SGB VI sinngemäß entsprechenden Recht nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit
waren, weiterhin nach den bisherigen Vorschriften nachversichert, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung
aus der Beschäftigung ausgeschieden sind. Der Versicherte schied am 30. September 1991 und damit vor dem 1. Januar 1992 aus
der versicherungsfreien Beschäftigung als Soldat auf Zeit (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 AVG; § 1229 Abs. 1 Nr. 5
RVO) ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus.
c)
Hinsichtlich der Durchführung der Nachversicherung und damit der Zahlung der Beiträge ist das ab 1. Januar 1992 geltende Recht
maßgeblich. Denn nach §
277 SGB VI richtet sich die Durchführung der Nachversicherung von Personen, die vor dem 1. Januar 1992 aus einer nachversicherungspflichtigen
Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und bis zum 31. Dezember 1991 nicht nachversichert
worden sind, nach den vom 1. Januar 1992 an geltenden Vorschriften, soweit nicht nach Vorschriften außerhalb des
SGB VI anstelle einer Zahlung von Beiträgen für die Nachversicherung eine Erstattung der Aufwendungen aus der Nachversicherung vorgesehen
ist (Satz 1). Eine erteilte Aufschubbescheinigung bleibt wirksam, es sei denn, dass nach den vom 1. Januar 1992 an geltenden
Vorschriften Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht mehr gegeben sind (Satz 2).
Die Nachversicherungsbeiträge waren am 1. Oktober 1991 fällig. Denn nach §
184 Abs.
1 Satz 1
SGB VI sind die Beiträge zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für
einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Die Voraussetzungen der Nachversicherung liegen grundsätzlich am Tag
nach dem unversorgten Ausscheiden vor und der Anspruch auf die Beiträge der Nachversicherung wird sofort fällig (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 1997 - 4 RA 107/95 -, in [...]), im vorliegenden Fall mithin am 1. Oktober 1991.
Aufschubgründe lagen nicht vor. Die Beitragszahlung wird nach §
184 Abs.
2 Satz 1
SGB VI aufgeschoben, wenn
1. die Beschäftigung nach einer Unterbrechung, die infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist,
voraussichtlich wieder aufgenommen wird,
2. eine andere Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden (in der vom 1. Januar
1992 bis 30. September 1996 geltenden Fassung des Rentenreformgesetz 1992 [RRG 1992] vom 18. Dezember 1989 zusätzlich: oder
innerhalb eines Jahres nach dem Wegfall von Übergangsgebührnissen) aufgenommen wird, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft
Versicherungsfreiheit besteht oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt, sofern der Nachversicherungszeitraum
bei der Versorgungsanwartschaft aus der anderen Beschäftigung berücksichtigt wird,
3. eine widerrufliche Versorgung gezahlt wird, die der aus einer Nachversicherung erwachsenden Rentenanwartschaft mindestens
gleichwertig ist.
Die Voraussetzungen der Nrn. 1 und 3 sind nicht gegeben. Denn zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Versicherten stand fest,
dass er die versicherungsfreie Tätigkeit als Soldat auf Zeit nicht erneut wieder aufnehmen wird. Auch erhielt er keine widerrufliche
Versorgung gezahlt.
Die Voraussetzungen der Nr. 2 lagen ebenfalls nicht vor. Zwar hatte der Versicherte erklärt, eine versicherungsfreie Beschäftigung
aufnehmen zu wollen und sich beworben zu haben. Im Hinblick darauf traf das Wehrbereichsgebührnisamt V die Aufschubentscheidung
vom 16. August 1994. Diese Aufschubentscheidung beruhte allerdings auf den Angaben des Versicherten, auf welche sich das Wehrbereichsgebührnisamt
V verlassen hatte, ohne dass es dafür ausreichende objektive Merkmale gab, die eine Prognose, der Versicherte werde eine versicherungsfreie
Beschäftigung aufnehmen, stützen konnten. Für die voraussichtliche Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung ist wie
bereits im bis 31. Dezember 1991 geltenden Recht maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien
Beschäftigung eine hinreichend sichere, auf objektiven Merkmalen beruhende Erwartung besteht, dass der Beschäftigte innerhalb
der Frist eine erneute entsprechende Beschäftigung aufnimmt. Im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens muss aufgrund einer
Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles eine hinreichend sichere Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der
Beschäftigte innerhalb von zwei Jahren erneut eine Beschäftigung aufnehmen wird, in der er - unter Einbeziehung der bisherigen
Nachversicherungszeiträume - wiederum außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert sein wird. Eine hinreichende
(subjektive und objektive) "Voraussichtlichkeit" ist nur gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände im Zeitpunkt
des unversorgten Ausscheidens die Erwägungen, welche die Aufnahme einer anderen entsprechenden Beschäftigung innerhalb von
zwei Jahren nahelegen, so stark überwiegen, dass keine erheblichen Zweifel daran verbleiben. Keinesfalls reichen vage Spekulationen
über Möglichkeiten einer Wiedereinstellung aus (BSG, Urteile vom 29. Juli 1997 - 4 RA 107/95 - und 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 R -, beide in [...]). Das Wehrbereichsgebührnisamt V kannte nach dem Ausscheiden des Versicherten zunächst nur dessen unter
dem 31. Januar 1992 gemachte Angabe, innerhalb eines Jahres nach dem Wegfall der Übergangsgebührnisse eine andere versicherungsfreie
Beschäftigung aufnehmen zu wollen. Auf welche Tatsachen sich diese Angabe des Versicherten stützten, war dem Wehrbereichsgebührnisamt
V nicht bekannt. Denn der Versicherte belegte diese von ihm gemachte Angabe nicht. Das Wehrbereichsgebührnisamt V fragte bei
dem Versicherten (zunächst) auch nicht nach. Eine Anfrage erfolgte erst im Dezember 1993, mithin mehr als zwei Jahre nach
dem Ausscheiden des Versicherten. Auch die danach vom Versicherten unter dem 18. Mai 1994 erfolgte Behauptung, sich beworben
zu haben mit einem voraussichtlichen Zeitpunkt der Einstellung im September 1995, belegte er nicht.
d)
Die Klägerin war hinsichtlich der für den Versicherten zu zahlenden Beiträge zur Nachversicherung säumig, weil sie sie nicht
bis zum Fälligkeitstag 1. Oktober 1991 zahlte. Die Beklagte ging zu Gunsten der Klägerin von einer Säumnis ab 1. Januar 1995
aus. Die seit 1. Januar 1995 geltende Fassung des §
24 Abs.
1 SGB IV stellt die Erhebung der Säumniszuschläge nicht (mehr) in das Ermessen der Beklagten, so dass ein solches auch von dieser
nicht auszuüben war.
2.
Die Beklagte hat zu Recht Säumniszuschläge für die Vergangenheit festgesetzt. Denn die Klägerin hatte verschuldet keine Kenntnis
von der Zahlungspflicht.
Nach §
24 Abs.
2 SGB IV ist, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, ein darauf entfallender
Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der
Zahlungspflicht hatte. Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht nach Auffassung des 13. Senats des BSG sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von §
276 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) entgegen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -, in [...]). Der 12. Senat des BSG hat demgegenüber ausgeführt, für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, sei in
Ermangelung anderer Maßstäbe auf diejenigen zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV entwickelt hat (Urteil vom 26. Januar 2005 - B 12 KR 3/04 R -, in [...]), so dass Fahrlässigkeit nicht ausreichen würde. Welcher Auffassung zu folgen ist, kann hier dahingestellt bleiben.
Denn bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen
(sog. Organisationsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne von §
24 Abs.
2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter
zurechnen lassen muss (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -.; siehe auch BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R -, beide in [...]).
Ein Organisationsverschulden der Klägerin ist gegeben. Zwar erfolgte vorliegend - anders als in den vom 10. und 11. Senat
des Landessozialgerichts Baden-Württemberg entschiedenen Rechtsstreiten (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss
vom 8. März 2012 - L 10 R 4107/10 - und Urteil vom 22. Januar 2013 - L 11 R 4757/10 -) - die Mitteilung des die Dienstbezüge zahlenden Wehrbereichsgebührnisamtes III an das für die Nachversicherung zuständige
Wehrbereichsgebührnisamt V. Es war aber nicht sichergestellt, dass die durchzuführenden Nachversicherungen für ohne Versorgung
aus dem Dienst ausscheidende Soldaten auf Zeit ordnungsgemäß abgeschlossen wurden. Der Erlass des Bundesministers der Verteidigung
vom 12. September 1988 enthielt keine Regelungen hierzu. Geregelt war in Nr. 15 nur, dass alle Nachversicherungs- und Aufschubfälle
in einer besonderen Kartei beim Wehrbereichsgebührnisamt zu erfassen waren, wobei die Karteikarte als Nachweis und Arbeitsunterlage
diente. Regelungen, die bestimmen, wie bei Erteilen einer Aufschubbescheinigung zu verfahren war, insbesondere ob und gegebenenfalls
innerhalb welchen Zeitraums eine Überprüfung zu erfolgen hatte, enthält dieser Erlass nicht.
Ein Organisationsverschulden entfällt nicht deshalb, weil das Wehrbereichsgebührnisamt V eine Aufschubbescheinigung erteilte
und die Klägerin deshalb meint, sie habe ihre Verpflichtungen bei der Durchführung der Nachversicherung mit dem Erteilen dieser
Aufschubbescheinigung erfüllt und einer weiteren Kontrolle und Überwachung habe es nicht bedurft. Denn es ist Sache der Klägerin,
durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass sie die notwendige Kenntnis von den Tatsachen, die für eine Nachversicherung
von Bedeutung sind, erhält. Das Nachversicherungsverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass es grundsätzlich allein der Nachversicherungsschuldner
in der Hand hat, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Unterrichtet nicht ausnahmsweise
der zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den Rentenversicherungsträger - wozu er generell nicht verpflichtet ist -, ist der
Rentenversicherungsträger rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel darauf angewiesen, dass der Nachversicherungsschuldner
von sich aus die Nachversicherungsbeiträge ermittelt, zahlt sowie eine entsprechende Bescheinigung erteilt (vgl. § 124 Abs. 1, 2, 6 AVG, § 1402 Abs. 1 und 6
RVO; §
185 Abs.
1 und
3 SGB VI). Bei Verletzung dieser Pflicht bleibt dem Gläubiger sein Beitragsanspruch mit der Folge unbekannt, dass er zulasten der
Versichertengemeinschaft von der Geltendmachung seines Anspruchs sowie von sonstigen verjährungshemmenden Handlungen abgehalten
wird (BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 5 R 88/11 R - m.w.N., in [...]). Demgemäß kann der Nachversicherungsschuldner (hier die Klägerin) es nicht dabei bewenden lassen, aufgrund
- wie im vorliegenden Fall - nicht belegter Angaben des Nachzuversichernden über eine angebliche Bewerbung in eine versicherungsfreie
Beschäftigung Aufschubgründe anzunehmen und diese auf Dauer nicht zu überprüfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich -
wie im vorliegenden Fall der Versicherte - der Nachzuversichernde sich noch in Ausbildung befindet. Im Übrigen ging die Klägerin
selbst davon aus, dass jedenfalls wegen des Bezugs der Übergangsgebührnisse eine Nachversicherung nur vorübergehend aufgeschoben
war (Schreiben an den Versicherten vom 4. Februar 1992).
Dass der zuständige Rentenversicherungsträger auch bei Erteilen einer Aufschubbescheinigung nicht erfährt, dass eine Nachversicherung
durchzuführen ist, zeigt der vorliegende Fall. Die vom Wehrbereichsgebührnisamt V erteilte Aufschubbescheinigung ging nach
dem auf ihr angebrachten handschriftlichen Vermerk an die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute Deutsche
Rentenversicherung Bund). Diese ist jedoch nicht der für den Versicherten zuständige Rentenversicherungsträger.
Hieraus ergibt sich dann auch, dass der Senat dem von der Klägerin angeführten Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
vom 16. Dezember 2009 (L 3 R 106/09, in [...]) nicht zu folgen vermag.
3.
Der Anspruch der Beklagten auf die Säumniszuschläge ist nicht verjährt. Zum einen gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist
und zum anderen ist die Berufung der Klägerin auf die Einrede der Verjährung rechtsmissbräuchlich und stellt eine unzulässige
Rechtsausübung dar.
Nach §
25 Abs.
1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (Satz 1).
Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig
geworden sind (Satz 2). Dies gilt auch für die auf die Nachversicherungsbeiträge entfallenden Nebenforderungen wie u.a. Säumniszuschläge
(BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R -, in [...]). Für Vorsatz im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV ist das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der Beiträge zu unterlassen. Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Beiträge mit (nur) bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, also
die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteile vom 30. März 2000 - 12 KR 14/99 R -, 26. Januar 2005 - B 12 KR 3/04 R - und 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - jeweils in [...]). Direkter Vorsatz ist nicht erforderlich.
a)
Anzuwenden ist hier die dreißigjährige Verjährungsfrist, weil zumindest bedingter Vorsatz gegeben ist. Bedingter Vorsatz ist
jedenfalls bei einem Organisationsverschulden anzunehmen, das wie unter 2. dargelegt vorliegt. Diese Verjährungsfrist ist
nicht abgelaufen. Sie begann mit der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge am 1. Oktober 1991 und endet mithin am 30. September
2021.
b)
Die Berufung der Klägerin auf die Einrede der Verjährung ist rechtsmissbräuchlich und stellt eine unzulässige Rechtsausübung
dar (zum Folgenden: BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 5 R 88/11 R - m.w.N., in [...]). Das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs ist eine aus dem Grundsatz
von Treu und Glauben im Sinne des §
242 BGB abgeleitete, der gesamten Rechtsordnung immanente Schranke, die auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist. Regelmäßige
Voraussetzung für den Einwand unzulässiger Rechtsausübung ist, dass der Schuldner eine Tätigkeit entfaltet und Maßnahmen trifft,
die den Gläubiger veranlassen, verjährungsunterbrechende Schritte zu unterlassen, sei es auch nur, weil ihm infolge eines
solchen Tuns Ansprüche unbekannt geblieben sind. Grundsätzlich hat - wie bereits dargelegt - allein der Nachversicherungsschuldner
es in der Hand, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Auch Sinn und Zweck der Nachversicherung
sowie der systematische Zusammenhang zwischen der Nachversicherung, den Tatbeständen der Versicherungsfreiheit oder der Befreiung
von der Versicherungspflicht begründen die Pflicht des Nachversicherungsschuldners, Nachversicherungsbeiträge rechtzeitig
und unverzüglich zu zahlen. Einer aktiven Pflichtverletzung des Schuldners der Nachversicherungsbeiträge bedarf es nicht.
Wie unter 2. ausgeführt, war die Klägerin verpflichtet, durch eine Überwachung des Verfahrens betreffend die Nachversicherung
des Versicherten rechtzeitig die Nachversicherungsbeiträge für ihn zu entrichten.
4.
Da die Berufung der Klägerin auf die Einrede der Verjährung rechtsmissbräuchlich ist, können die Voraussetzungen einer Verwirkung
(vgl. dazu z.B. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -, in [...]) nicht gegeben sein. Die Voraussetzungen der Verwirkung sind zudem schon deshalb nicht erfüllt, weil der Beklagten
als Gläubigerin der Nachversicherungsbeiträge nicht bekannt war, dass der Versicherte nachzuversichern war und sie deshalb
keinen Vertrauenstatbestand schaffen konnte, auf den die Klägerin als Schuldnerin der Nachversicherungsbeiträge hätte vertrauen
können. Die erteilte Aufschubbescheinigung übersandte das Wehrbereichsgebührnisamt V nicht der Beklagten.
5.
Die Berechnung der Höhe der Säumniszuschläge ist zutreffend. Der Senat verweist auf die Berechnung im angefochtenen Bescheid.
Einwände hat die Klägerin insoweit auch nicht erhoben.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1
SGG, 154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Gerichtskosten sind nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) von der Klägerin allerdings nicht zu erheben, da sie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Zahlung der Kosten befreit ist.
7.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat vermag insbesondere im Hinblick auf die vorliegende Rechtsprechung
des BSG keine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage zu erkennen.
8.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf € 32.673,50 §
197a Abs.
1 SGG sowie §§
1 Abs.
2 Nr.
3,
63 Abs.
1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 4, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.