LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2022 - 9 R 4016/20
Keine Berücksichtigung von Beitragszeiten eines ungarischen Staatsangehörigen im Beitrittsgebiet nach einer Beitragserstattung
in der gesetzlichen Rentenversicherung
Anforderungen an die Rücknahme des Antrages auf Beitragserstattung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
Zur Berücksichtigung von Beitragszeiten, die ein ungarischer Staatsangehöriger in der ehemaligen DDR verbracht hat, nach erfolgter
Beitragserstattung.
Vorinstanzen: SG Konstanz 12.11.2020 S 9 R 1861/18
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. November 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Beitragszeiten nach einer Beitragserstattung.
Der Kläger ist 1953 in S, Ungarn, geboren und ungarischer Staatsangehöriger. Im Versicherungsverlauf des Klägers sind bis
2013 Pflichtbeitragszeiten in Ungarn und für einen kurzen Zeitraum auch in Österreich gespeichert. Ab 15.08.2013 hielt sich
der Kläger sodann dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland auf mit Pflichtbeitragszeiten bis 31.10.2018. Vom 28.10.1976
bis 01.06.1979 und vom 29.10.1979 bis 23.05.1986 war der Kläger im Beitrittsgebiet bei dem VEB Schiffswerft "N" beschäftigt
(vgl. Verdienstbescheinigung vom 23.05.1986, Bl. 27 der reproduzierten Versichertenakte und Bescheinigung über Arbeitsentgelte
oder Arbeitseinkommen der N Werft GmbH & Co.KG vom 17.05.2017, Bl. 1 d. Akten der Bekl.). Nach seinen Einlassungen war er
zudem in den Jahren 1991/1992 sechs Monate als Lagerist bei der Firma Kraftverkehr N1 in A bei M versicherungspflichtig beschäftigt.
Seit 23.07.2020 befindet sich der Kläger wieder in Ungarn.
Ausweislich des Bescheides der Landesversicherungsanstalt Oberbayern (im Folgenden LVA Oberbayern; heute Deutsche Rentenversicherung
Bayern Süd) vom 19.01.1993 (Bl. 50 d. Akten der Bekl.) wurden auf Antrag des Klägers vom 27.01.1992 Beiträge aus der Versicherung
des Klägers nach § 210 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch ( SGB VI) i.H.v. 717,56 DM erstattet. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der Antrag auf Erstattung nicht auf einzelne Beitragszeiten
oder Anteile der Beiträge beschränkt werden könne. Ferner, dass das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst sei und Ansprüche
aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr bestehen. Nach den Feststellungen der Beklagten
(Bl. 38 der Akten) wurden Beiträge für die Zeit vom 02.11.1991 bis 31.12.1991 und 01.01.1992 bis 21.01.1992 erstattet.
Im Rahmen eines Widerspruchverfahrens bezogen auf eine Ablehnung der Gewährung einer Regelaltersrente (Bescheid vom 27.07.2016)
bzw. einer Altersrente für langjährig Versicherte machte der Kläger geltend, dass auch die hier streitigen Zeiten zu berücksichtigen
seien. Es werde diesbezüglich um Rücknahme des Bescheids vom 19.01.1993 gebeten. Mit Schreiben vom 10.10.2016 bekräftigte
er, dass sich der Überprüfungsantrag auf den Bescheid über die Beitragserstattung vom 19.01.1993 beziehe. Der Antrag werde
unter der Bedingung gestellt, dass unter Einbeziehung der 1993 erstatteten Beiträge und des noch zu klärenden Versicherungsverlaufs
die Wartezeit von 420 Monaten erfüllt sei.
Mit Bescheid vom 15.08.2017 stellte die Beklagte die rentenrechtlichen Zeiten verbindlich vom 01.09.1968 bis 31.12.2010 fest.
Die Verdienstbescheinigung der N-werft GmbH & Co. KG vom 17.05.2017 für die Zeiträume vom 28.10.1976 bis 01.06.1979 und vom
29.10.1979 bis 23.05.1986 seien dabei im Versicherungskonto eingearbeitet worden. Aufgrund der am 19.01.1993 durchgeführten
Beitragserstattung würden diese Zeiten als untergegangen gelten und bei einer späteren Rentenberechnung nicht berücksichtigt
werden können. Daher würden diese Zeiten nicht im Versicherungsverlauf aufgeführt.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der anwaltlich vertretene Kläger geltend, die Beitragserstattung habe sich
ausschließlich auf die sechsmonatige Beschäftigung bei der Firma Kraftverkehr N1 bezogen. Beiträge aus der Beschäftigung bei
der N-Werft seien nicht erstattet worden. Diese Zeiten hätten somit im Versicherungsverlauf berücksichtigt werden müssen.
Ferner machte er geltend, dass er sich die in der DDR zurückgelegten Zeiten nicht habe zurückerstatten lassen wollen. Wenn
er gewusst hätte, dass mit der Beitragserstattung auch die in der DDR gezahlten Beiträge verfallen würden, hätte er den Antrag
nicht gestellt bzw. nach erfolgter Aufklärung wieder zurückgenommen. Er sei zum damaligen Zeitpunkt nicht hinreichend aufgeklärt
worden. Wenngleich in dem Erstattungsbescheid vom 19.01.1993 darauf hingewiesen worden sei, dass der Antrag auf Erstattung
nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränkt werden könne und, dass mit der Erstattung das Versicherungsverhältnis
aufgelöst werde und Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten Zeit nicht mehr bestünden, hätte sich daraus nicht
ergeben, dass dies auch für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten gelten würde. Diesbezüglich hätte es eines gesonderten
Hinweises der Beklagten bedurft. Der Kläger mache daher im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches geltend, so gestellt
zu werden, als sei der Antrag auf Beitragserstattung nicht gestellt worden.
Mit Bescheid vom 03.04.2018 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 19.01.1993 ab und führte zur Begründung aus,
eine Rücknahme könne nicht erfolgen, weil das damals geltende Recht richtig angewandt worden sei. Der Kläger sei zum damaligen
Zeitpunkt Ausländer im Ausland und somit nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen. Auch
sei er nicht zur freiwilligen Versicherung berechtigt und die geltende Wartefrist von damals sechs Monaten abgelaufen gewesen.
Mit dem auch hiergegen eingelegten Widerspruch verwies der Kläger erneut auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2018 wies die Beklagte die Widersprüche gegen den Bescheid vom 15.08.2017 und den Bescheid
vom 03.04.2018 zurück. Die im Bescheid vom 15.08.2017 bezüglich der Zeit vom 01.09.1968 bis 31.12.2010 festgestellten Daten
seien nach § 149 Abs. 5 SGB VI nicht zu beanstanden. Die vom Kläger geltend gemachten Beschäftigungszeiten im Beitrittsgebiet vom 28.10.1976 bis 01.06.1979
und vom 29.10.1979 bis 23.05.1986 hätten in dem Versicherungsverlauf nicht berücksichtigt werden können. Durch die mit dem
Bescheid vom 19.01.1993 erfolgte Beitragserstattung sei das bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Der Kläger
sei damit so gestellt, als wären zu keiner Zeit Beiträge gezahlt worden. Mit der Erstattung gingen nicht nur die erstatteten
Beiträge unter, sondern auch alle Ansprüche aus den bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Beitragserstattung zurückgelegten rentenrechtlichen
Zeiten. Auch Beiträge, die nicht erstattungsfähig seien, unterlägen der Verfallswirkung. Die Verfallswirkung trete mit Zustellung
des Erstattungsbescheids ein. Ein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 19.01.1993 gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bestehe nicht. Der angefochtene Überprüfungsbescheid vom 03.04.2018 sei rechtmäßig. Gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der Fassung vom 01.01.1992 bis 27.09.1996 erfolge auf Antrag eine Beitragserstattung, soweit im Zeitpunkt der Antragstellung
keine Versicherungspflicht und kein Recht zur freiwilligen Versicherung bestehe. Vorliegend habe eine wirksame Antragstellung
vorgelegen. Ferner habe auch keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden, da der Kläger zum
damaligen Zeitpunkt bereits wieder in Ungarn beschäftigt gewesen sei. Da der Kläger ungarischer Staatsangehöriger mit gewöhnlichem
Aufenthalt im Ausland gewesen sei, habe auch keine Berechtigung zur Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI in der damaligen Fassung bestanden. Die Voraussetzungen für die Beitragserstattung hätten somit vorgelegen. Auch der geltend
gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch bestehe nicht. Eine Verletzung der Auskunfts- und Beratungspflichten sei vorliegend
nicht zu erkennen. Da die Unterlagen der LVA Oberbayern zum damaligen Beitragserstattungsverfahren bereits vernichtet seien,
lasse sich nicht mehr nachvollziehen, ob seitens des Klägers Angaben zu den bereits in der ehemaligen DDR zurückgelegten Zeiten
gemacht worden seien und hierzu eine entsprechende Beratung erfolgt sei oder nicht. Aus dem Inhalt des Versicherungskontos
ergebe sich jedoch, dass eine Klärung der Versicherungszeiten zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorgenommen worden sei, sondern
dass erstmalig im Jahr 2007 eine Kontenklärung erfolgt sei. Eine positive Kenntnis der Versicherungszeiten, welche einen konkreten
Anlass zu Beratung gegeben hätte, sei zum damaligen Zeitpunkt nicht ersichtlich gewesen. Habe der Kläger nicht selbst auf
die bereits zurückgelegten Zeiten im Beitrittsgebiet hingewiesen, habe auch keine offensichtliche Aufklärungs- oder Beratungspflicht
seitens der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd bestanden. Ein Beratungsanspruch ohne konkrete Hinweise auf einen rechtlichen
Nachteil bestehe nicht. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger vor der Beschäftigung bei der Firma Kraftverkehr
N1 in Ungarn beschäftigt und damit nicht ohne weiteres ersichtlich gewesen sei, dass zu einem früheren Zeitpunkt bereits Ansprüche
in der Deutschen Rentenversicherung (in der ehemaligen DDR) erwirtschaftet worden seien. Zudem würden die Grundsätze der objektiven
Beweislast gelten. Danach seien die Nachteile der Beweislosigkeit demjenigen aufzuerlegen, der aus diesen Umständen ein Recht
für sich herleiten wolle.
Mit der am 29.08.2018 beim Sozialgericht Konstanz eingegangenen Klage hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, dass aufgrund
eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Versicherungszeiten vom 28.10.1976 bis 01.06.1979 und vom 29.10.1979 bis
23.05.1986 zu berücksichtigen seien. Insbesondere habe die Beklagte ihm gegenüber die Pflicht zur Beratung nach § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ( SGB I) verletzt. Zwar habe er beim Antrag auf Beitragserstattung nicht von sich aus gefragt, ob sich aus seinem auf den Zeitraum
der Beschäftigung bei Fima Kraftverkehr N1 beschränkten Erstattungsantrag nachteilige Auswirkungen auf die DDR-Versicherungszeiten
ergeben könnten. Jedoch wäre die Beklagte aufgrund der konkreten Sachlage verpflichtet gewesen, von sich aus darauf hinzuweisen,
dass das bisherige Versicherungsverhältnis nach § 210 Abs. 6 Satz 2 SGB VI mit der Erstattung aufgelöst und nach Satz 3 Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten
nicht mehr bestünden, und dass nach § 286d Abs. 2 SGB VI die Verwirkung der Erstattung im Beitragsgebiet zurückgelegter Beitragszeiten nur dann nicht umfasst seien, wenn die Erstattung
bis zum 31.12.1991 durchgeführt worden sei. Bestritten werde die Behauptung, dass die Beklagte erstmalig im Jahre 2007 Kenntnis
von den DDR-Versicherungszeiten erhalten habe. Dass die Unterlagen der LVA Oberbayern (heute Deutsche Rentenversicherung Bayern
Süd) zum Zeitpunkt des damaligen Beitragserstattungsverfahrens bereits vernichtet seien, liege im Verantwortungsbereich der
Beklagten, die sich das Verschulden der LVA Oberbayern zurechnen lassen müsse, weil die Voraussetzungen für eine Vernichtung
der Versicherungsunterlagen des Klägers nach § 110b SGB IV nicht vorgelegen hätten. Selbst wenn aber die Versicherungsunterlagen zu Recht vernichtet worden seien und davon auszugehen
wäre, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Erstattungsantrages 1992 keine Kenntnis von den DDR-Zeiten gehabt hätte, wäre die
Beklagte dennoch zur Beratung verpflichtet gewesen, zumindest im Hinblick auf die sich aus § 210 Abs. 6 SGB VI ergebenden Rechtsfolgen. Wäre er darüber aufgeklärt worden, hätte er den Antrag auf Beitragserstattung nicht gestellt. Ferner
habe er den Erstattungsantrag allein auf die Tätigkeit bei der Fima Kraftverkehr N1 begrenzt, was sich daraus ergebe, dass
in dem Bescheid vom 19.01.1993 der Hinweis enthalten sei, dass der Antrag nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der
Beiträge beschränkt werden könne. Soweit die Beklagte behaupte, dass es sich um einen standardmäßig verwendeten Passus in
einem Beitragserstattungsbescheid handele, werde dies bestritten. Insbesondere der erste Absatz ergebe nur dann einen Sinn,
wenn er tatsächlich seinen Erstattungsantrag auf einzelne Beitragszeiten begrenzt habe.
Wegen der unrechtmäßigen Vernichtung des Beitragserstattungsantrags vom 27.01.1992 liege ein Fall der Beweisvereitelung seitens
der Beklagten vor, weswegen seine Behauptung einer Beschränkung der Beitragserstattung auf die bei der Firma Kraftverkehr
N1 zurückgelegten Zeiten als richtig zu unterstellen sei. Gerade weil keine Beschränkung des Antrags auf Beitragserstattung
vorgesehen sei, hätte eine Spontanberatung seitens der Beklagten erfolgen müssen.
Mit Bescheid vom 30.11.2018 stellte die Beklagte die rentenrechtlichen Zeiten abschließend fest und bewilligte dem Kläger
auf seinen Antrag vom 04.10.2018 hin Regelaltersrente (monatlicher Zahlbetrag der Rente nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen
112,31 Euro ab dem 01.01.2019, brutto 125,97 €). Sie ist der Klage unter Verweis auf ihre Ausführungen in den angefochtenen
Bescheiden entgegengetreten. Ein Anhaltspunkt für eine Falschberatung oder eine fehlende Beratung ergebe sich nicht. Es liege
auch kein Verstoß gegen § 110b SGB IV vor, zumal die Aufbewahrungsfristen von den jeweiligen Sozialleistungsträgern selbst festgelegt werden würden. Zudem sei
auf die Rechtsfolgen des § 210 SGB VI in dem Bescheid vom 19.01.1993 eindeutig hingewiesen worden. Der in jedem Beitragserstattungsbescheid standardmäßig enthaltene
Hinweis gebe die gesetzliche Bestimmung des § 210 Abs. 6 SGB VI in der Fassung vom 01.01.1992 bis 27.09.1996 wieder und diene der allgemeinen Aufklärung über die Auswirkungen der Beitragserstattung.
Aussagen zu einer gegebenenfalls im Antrag enthaltenen Beschränkung ließen sich hieraus nicht ableiten.
Mit den Beteiligten hat das SG das Sach- und Streitverhältnis am 27.02.2020 erörtert. Auf den Inhalt der Niederschrift vom 27.02.2020 und der vom Kläger
gemachten Angaben wird verwiesen.
Nach einem entsprechenden Hinweis hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 12.11.2020 die Klage abgewiesen. Der Rentenbescheid vom 30.11.2018 sei gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden, was zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Das Klagebegehren sei wegen des bestandskräftigen
Bescheides vom 19.01.1993 entgegen des schriftsätzlich auf die abstrakte Berücksichtigung von Beitragszeiten gerichteten Antrages
als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage auszulegen, wonach das Begehren einerseits die Aufhebung
des (Überprüfungs-)Bescheids vom 03.04.2018 und des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2018, soweit dieser den Bescheid vom
03.04.2018 betreffe (Anfechtungsklage) und die Rücknahme des Bescheids vom 19.01.1993 (Verpflichtungsklage) umfasse sowie
die Abänderung des Bescheids vom 15.08.2017 und des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2018, soweit dieser den Bescheid vom 15.08.2017
betreffe, verbunden mit der Abänderung des Rentenbescheids vom 30.11.2018 (Anfechtungsklage), gerichtet auf die Gewährung
einer höheren Rente (Leistungsklage). Gemäß § 123 SGG sei das Gericht an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Vielmehr habe es das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln.
Maßgebend für den Umfang des Begehrens sei das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung zu entnehmende
wirkliche Rechtsschutzziel.
Die so gefasste Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid vom 03.04.2018 und der Widerspruchsbescheid vom 07.08.2018,
soweit dieser den Bescheid vom 03.04.2018 betreffe, erwiesen sich als rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen
Rechten, weswegen ein Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 19.01.1993 und in der Folge die Gewährung einer höheren Rente,
nicht bestehe. Die Voraussetzungen des insoweit heranziehenden § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X seien vorliegend nicht erfüllt. Der Bescheid vom 19.01.1993 sei unter Berücksichtigung des § 210 SGB VI i.d.F. v. 25.07.1991 rechtmäßig. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Beitragsrückerstattung
i. H. v. 717,56 DM nicht erfüllt habe, nämlich, dass er versicherungspflichtig gewesen sei oder ein Recht zur freiwilligen
Versicherung gehabt habe (§ 210 Abs. I Nr. 1 SGB VI, a.F.) und/oder die Wartefrist (§ 210 Abs. 3 SGB VI, a.F.) nicht eingehalten worden sei, seien weder ersichtlich noch vorgebracht worden. Nicht durchdringen könne der Kläger
damit, dass er den Erstattungsantrag auf die versicherungsrechtlichen Zeiten während der sechsmonatigen Beschäftigung bei
der Firma Kraftverkehr N1 habe beschränkt habe. Es komme insofern - entgegen der Ansicht des Klägervertreters - nicht auf
eine etwaige Beweisverteilung an. Aus dem Wortlaut des § 210 Abs. 6 Satz 1 SGB VI a.F. ergebe sich, dass der Antrag auf Beitragserstattung nicht beschränkt werden könne, worauf der Kläger auch zutreffend
im Bescheid vom 19.01.1993 hingewiesen worden sei. Danach könne von einer rechtswirksamen Beitragserstattung ausgegangen werden,
da ein Erstattungsantrag und mit dem Bescheid vom 19.01.1993 ein rechtswirksamer Erstattungsbescheid vorliege und durch die
Zahlung des Erstattungsbetrags (hier: 717,56 DM), die zwischen den Beteiligten unstreitig sei, der Erstattungsanspruch erfüllt
worden sei.
Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des von der Rechtsprechung entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruches
nicht vor. Es fehle bereits an einem rechtswidrigen Verhalten der LVA Oberbayern aufgrund einer pflichtwidrig unterlassenen
Beratung, welches sich die Beklagte zurechnen lassen müsse. Der Kläger habe von sich aus aktiv einen Antrag auf Beitragsrückerstattung
gestellt, jedoch nicht auf Beratung. Es lasse sich aufgrund der bereits vernichteten Unterlagen zu dem Antrag vom 27.01.1992
zwar nicht mehr aufklären, ob der Kläger bereits vor Verbescheidung seines Antrags darauf hingewiesen worden sei, dass gemäß
§ 210 Abs. 6 SGB VI a.F. der Antrag auf Erstattung nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränkt werden könne (Satz 1);
mit der Erstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst werde (Satz 2) und Ansprüche aus den bis zur Erstattung
nach Abs. 1 zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr bestünden (Satz 3). Das Gericht habe jedoch Zweifel daran,
dass für die LVA Oberbayern ein besonderer Beratungsbedarf erkennbar gewesen sei, der Anlass zu einer spontanen Beratungsflicht
gegeben habe, insbesondere deswegen, weil der Kläger auch laut seiner eigenen Angaben den Antrag auf Beitragserstattung von
sich aus aktiv gestellt habe. Der Kläger habe dem zur Beitragserstattung berechtigten Personenkreis angehört, den der Gesetzgeber
mit der Möglichkeit zur Beitragserstattung in den Blick genommen habe, sodass sich für den Rentenversicherungsträger kein
Anhalt für eine Spontanberatung ergeben habe. Der Kläger sei wieder in Ungarn wohnhaft und beschäftigt gewesen. Auch in der
Folge habe sich für den Rentenversicherungsträger kein Anlass zur Beratung ergeben. Der Kläger sei unstreitig zumindest im
Erstattungsbescheid vom 19.01.1993 auf die in § 210 Abs. 6 SGB VI normierte fehlende Beschränkungsmöglichkeit des Antrags sowie auf die dort geregelten Folgen der Erstattung hingewiesen worden.
Der Kläger habe somit die Möglichkeit gehabt, sich aufgrund der in dem Bescheid vom 19.01.1993 enthaltenen Information mit
dem Rentenversicherungsträger in Verbindung zu setzen, was er jedoch nicht getan habe. Im Übrigen könne eine Beschränkung
als vom Gesetz ausdrücklich nicht vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
gestützt werden. Unerheblich sei somit, ob der Rentenversicherungsträger erst durch das Schreiben des Klägers unter dem 14.09.2007,
mit dem er eine Kontenklärung beantragt und mitgeteilt habe, dass er in der Zeit vom 28.10.1976 bis 31.5.1979 sowie vom 29.10.1979
bis 23.5.1986 in der ehemaligen DDR beschäftigt gewesen sei, über die rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet
seitens des Klägers informiert wurde. Ebenso sei nicht ersichtlich, inwieweit für die LVA Oberbayern ein Anhalt bestanden
haben soll, auf § 286d Abs. 2 SGB VI hinzuweisen. Die Norm sei erst am 01.01.1992 in Kraft getreten und verfolge den Zweck, die bisherige Verfallswirkung zu korrigieren
(unter Verweis auf BT-Drs 12/405, S. 132). Da der Kläger erst am 27.01.1992 einen Beitragserstattungsantrag gestellt habe,
könne er nicht unter die Regelung des § 286d Abs. 2 SGB VI i.d.F. v. 25.7.1991 fallen, da diese nur dann greife, wenn die Erstattung bis zum 31.12.1991 durchgeführt worden sei.
Die Kammer habe auch Zweifel, dass ein pflichtwidriges Verhalten der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd in der Vernichtung
der Unterlagen zu dem Antrag des Klägers vom 27.01.1992 durch einen Verstoß gegen § 110b SGB IV vorliege, welches der Beklagten zuzurechnen sei. § 110b sei durch Art. 47 Nr. 4 des Dritten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 21.08.2002 in das SGB IV eingefügt und erst am 01.03.2003 in Kraft getreten, Vorgängervorschriften existierten nicht. Zudem regele die Vorschrift
ausweislich der Gesetzesbegründung die Rückgabe, Vernichtung und Archivierung von Unterlagen und treffe grundsätzlich keine
Verpflichtungen, sondern ermächtige die Leistungsträger lediglich zu bestimmten Handlungen. Insofern sei fraglich, ob § 110b Abs. 2 SGB IV eine Verpflichtung enthalte, auf die sich der Kläger berufen könne. Jedenfalls seien von der Rücksendung nach Absatz 2 nur
solche Unterlagen erfasst, die einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung von Versicherten, Antragstellern oder von
anderen Stellen zur Verfügung gestellt worden seien, soweit sie nicht als Ablichtung oder Abschrift dem Träger auf Anforderung
von den genannten Stellen zur Verfügung gestellt worden seien. Alle anderen Unterlagen könnten nach § 110b Abs. 3 SGB IV vernichtet werden. Zudem bestimme § 110b Abs. 1 Satz 1 SGB IV, dass die Spitzenverbände der Träger der Sozialversicherung und die Bundesagentur für Arbeit gemeinsam unter besonderer Berücksichtigung
der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen das Nähere zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Aufbewahrung im Sinne des § 110a SGB IV, den Voraussetzungen der Rückgabe und Vernichtung von Unterlagen sowie die Aufbewahrungsfristen für Unterlagen, vereinbaren.
Jedenfalls fehle es an der Kausalität zwischen einem rechtswidrigen Verhalten des Leistungsträgers, Fehldisposition des einzelnen
und Nachteil oder Schaden. Selbst wenn die Unterlagen zum Beitragserstattungsantrag vom 27.01.1992 noch vorliegen würden,
ändere dies nichts daran, dass der Kläger von sich aus aktiv einen Antrag auf Beitragserstattung, mithin die "Fehldisposition"
veranlasst habe und dem Rentenversicherungsträger kein Anlass zur Vornahme einer Spontanberatung vorgelegen habe.
Mit der Erstattung sei das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst worden und Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten
rentenrechtlichen Zeiten bestünden nicht mehr. Die Verfallswirkung sei mit Bekanntgabe des Erstattungsbescheides eingetreten.
Insoweit erwiesen sich auch der Bescheid vom 15.08.2017 und der Widerspruchsbescheid vom 07.08.2018, soweit dieser den Bescheid
vom 15.08.2017 betreffe, und der Rentenbescheid vom 30.11.2018 als rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten,
weswegen die Beklagte keine Pflicht zur Gewährung einer höheren Rente unter Abänderung dieser Bescheide treffe.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 18.11.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 17.12.2020 Berufung zum Landessozialgericht
(LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages hält er an seiner Auffassung
fest, die Beklagte sei aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches verpflichtet, die geltend gemachten Zeiten
als Versicherungszeiten zu berücksichtigen. Es liege eine unrechtmäßige Vernichtung des Beitragserstattungsantrages vor und
damit ein Fall der Beweisvereitelung durch die Beklagte. Werde durch die Beweisvereitelung eines Beteiligten eine unverschuldete
Beweisnot hervorgerufen, dürfe das Gericht auch im sozialgerichtlichen Verfahren im Rahmen der Beweiswürdigung mit geringeren
Beweisanforderungen zu Lasten dessen begnügen, der den Beweis vereitelt habe. Es sei deshalb zu Gunsten des Klägers davon
auszugehen, dass dessen Behauptung, er habe seinen Beitragserstattungsantrag auf die Firma Kraftverkehr N1 zurückgelegten
Zeiten beschränkt, richtig sei. Die Beklagte hätte unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Spontanberatung nach § 14 SGB I den Kläger vor einer Entscheidung über den Erstattungsantrag anschreiben und ihn auf die Rechtslage hinweisen und ihn fragen
müssen, ob er außer bei der Firma Kraftverkehr N1 weitere Beitragszeiten in den alten Bundesländern oder im Beitrittsgebiet
zurückgelegt habe. Der Kläger hätte dann der Beklagten mitgeteilt, dass er auch Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt
hat. Die Beklagte hätte ihn dann im Rahmen ihrer Beratungspflicht darauf hinweisen müssen, dass mit dem Antrag auf Erstattung
der bei Firma Kraftverkehr N1 zurückgelegten Beitragszeiten auch die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten untergehen
würden. Er hätte dann den Erstattungsantrag zurückgenommen, weil er natürlich nicht gewollt hätte, dass mit der Erstattung
der in nur sechs Monaten bei Firma Kraftverkehr N1 zurückgelegten Beiträge auch die im Beitrittsgebiet aus einem Zeitraum
von insgesamt ca. neun Jahren zurückgelegten Beitragszeiten erlöschen. Bei einer schuldhaften Verletzung der Beratungspflicht
nach § 14 SBG I sei zu vermuten, dass der Kläger sich nicht über die Beratung der Beklagten hinweggesetzt, sondern den Erstattungsantrag
zurückgenommen hätte, weil er zwar nicht die von ihm angestrebte Erstattung der sechs Beitragsmonate erreicht, er aber bei
einer Rücknahme des Erstattungsantrages keinen Schaden in Form des Untergangs der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten
erlitten hätte. Durch die Aufrechterhaltung des Erstattungsantrages infolge ausgebliebener Beratung durch die Beklagte sei
aber ein erheblicher Schaden in Form des Erlöschens von insgesamt ca. neun Jahren Beitragszeiten eingetreten. Soweit der Kläger
jedenfalls im Erstattungsbescheid vom 19.01.1993 auf die in § 210 Abs. 6 SGB VI normierte fehlende Beschränkungsmöglichkeit des Antrages sowie auf die dort geregelten Folgen der Erstattung hingewiesen
worden sei, sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte - infolge der ausgebliebenen Beratung konsequent - den Kläger im Erstattungsbescheid
nicht konkret darauf hingewiesen habe, dass mit der Beitragserstattung auch die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten
untergehen. Deshalb habe der Kläger die Sätze "Der Antrag auf Erstattung kann nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile
der Beiträge beschränkt werden" und "Mit der Erstattung wird das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus
den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr" im Bescheid vom 19.01.1993 missverstanden.
Er habe diese beiden Sätze so verstanden, dass sich diese nur auf die bei der Firma Kraftverkehr N1 zurückgelegten Beschäftigungszeiten
bezögen. Der Kläger habe nicht erkannt, dass mit der im Bescheid vom 19.01.1993 genannten Auflösung des bisherigen Versicherungsverhältnisses
das Versicherungsverhältnis insgesamt gemeint gewesen sei, also hinsichtlich sämtlicher zurückgelegter rentenrechtlicher Zeiten
einschließlich der DDR-Beitragszeiten. Da der Kläger einen - nach § 210 Abs. 6 SGB VI nicht zulässigen - auf die Beitragszeiten bei Firma Kraftverkehr N1 beschränkten Antrag auf Beitragserstattung gestellt habe,
und dies von der Beklagten nicht beanstandet worden sei, habe er die zitierten Hinweise im Bescheid vom 19.01.1993 missverstanden.
Ein weiterer schuldhafter Verstoß gegen eine der Beklagten obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht resultiere außerdem daraus,
dass die Beklagte dem Erstattungsantrag des Klägers stattgegeben habe. Denn hätte sie infolge der erforderlichen Beratung
des Klägers in Erfahrung gebracht, dass dieser auch Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt habe, so hätte sie den
vom Kläger auf die bei Firma Kraftverkehr N zurückgelegten Zeiten beschränkten Erstattungsantrag nach Anhörung zurückweisen
müssen, weil nach § 210 Abs. 6 SGB VI der Erstattungsantrag nicht auf einzelne Beitragszeiten beschränkt werden könne.
Dieses rechtswidrige Verhalten der Beklagten sei auch kausal für den beim Kläger eingetretenen Schaden gewesen, weil er infolge
der ausgebliebenen Beratung den Erstattungsantrag mit der Folge aufrecht erhalten habe, dass ihm aufgrund des Bescheides vom
19.01.1993 zwar antragsgemäß die bei Firma Kraftverkehr N1 zurückgelegten Beiträge erstattet wurden, mit dem Erstattungsbescheid
aber auch die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten untergegangen seien. Hätte der Kläger aber den Antrag zurückgenommen,
so hätte die Klägerin im Rentenbewilligungsverfahren die im Beitrittsgebiet vom Kläger zurückgelegten Beitragszeiten als Versicherungszeiten
anerkennen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Konstanz vom 12. November 2020 sowie den Bescheid vom 3. April 2018 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 19. Januar 1993
zurückzunehmen, ferner den Bescheid vom 30. November 2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, unter Berücksichtigung
der Zeiten vom 28. Oktober 1976 bis 1. Juni 1979, vom 29. Oktober 1979 bis 23. Mai 1986 und 2. November 1991 bis 21. Januar
1992 eine höhere Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Behauptung der unrechtmäßigen Vernichtung von Unterlagen und der Vorwurf der Beweisvereitelung
abwegig seien. Ein Verstoß gegen die Regelung des § 110b SGB IV liege nicht vor. Die Vorschrift beinhalte keine gesetzliche Verpflichtung für den Sozialleistungsträger zu einer bestimmten
Verfahrensweise (mit Verweis auf BT-Drs. 14/9000 S. 47). Ob der Sozialleistungsträger die Unterlagen weiterhin aufbewahre,
zurückgebe oder vernichte, bleibe nach dieser Vorschrift ihm selbst überlassen. Aufbewahrungsfristen sehe die Vorschrift nicht
vor. Es sei nicht bekannt, ob der Kläger anlässlich der Antragstellung auf Beitragserstattung weitere Unterlagen vorgelegt
habe. Jedenfalls seien vom Kläger selbst im Verfahren bisher solche Unterlagen nicht erwähnt worden. Hätte der Kläger im damaligen
Beitragserstattungsverfahren Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Hinweise auf Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
im Beitrittsgebiet ergaben, wären durch die damalige LVA Oberbayern weitere Ermittlungen zur Klärung des Versicherungskontos
geführt worden.
Offensichtlich verhalte es sich aber so, dass der Kläger mit dem Antrag auf Beitragserstattung im Jahr 1992 keine weiteren
Unterlagen vorgelegt habe. Nicht bekannt sei, ob vom Kläger der Antrag mündlich (zur Niederschrift), formlos (mit einfachem
Schreiben) oder mittels eines Formularantrags gestellt worden sei. Tatsächlich sei die Bearbeitung des Beitragserstattungsantrags
auf der Grundlage der im Jahr 1992 im Versicherungskonto gespeicherten Zeiten einer Pflichtversicherung im Bundesgebiet in
der Zeit vom 02.11.1991 bis 21.01.1992 erfolgt. Hierbei habe es sich um die Zeit der Beschäftigung bei der Firma Kraftverkehr
N1 in S gehandelt. Insoweit seien an den Kläger auch keine Unterlagen i. S. von "Urschriften in Rentenangelegenheiten" - die
dieser der damaligen LVA Oberbayern zur Verfügung gestellt hatte - nach der Vorschrift des § 110b Abs. 2 SGB IV zurückzugeben gewesen. Der vom Bevollmächtigten des Klägers mit der Berufungsbegründung erwähnte "Originalantrag" auf Beitragserstattung
sei keine Urschrift i. S. des § 110b Abs. 2 SGB IV. Bei solchen Anträgen handele es sich um sogenannte "übrige Unterlagen". Diese Unterlagen seien zu vernichten gewesen, nachdem
sie für eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit einer Behörde nicht mehr erforderlich gewesen sind und soweit kein
Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden (§
110b Abs. 3 SGB IV). Mit dem Bescheid vom 19.01.1993 sei dem Kläger unmissverständlich mitgeteilt worden, dass der Antrag auf Erstattung nach
§ 210 SGB VI nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränkt werden könne. Zudem sei ihm mitgeteilt worden, dass
das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst werde und Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen
Zeiten nicht mehr bestehen. Dieser Bescheid sei bestandskräftig geworden.
Nachdem das Versicherungsverhältnis zu dem Kläger aufgelöst war, habe - nach nicht mehr konkret festzustellenden Jahren der
Aufbewahrung - der (Original-)Antrag des Klägers vernichtet werden können. Hinweise auf schutzwürdige Interessen des Klägers
seien zum Zeitpunkt der Vernichtung nicht ansatzweise ersichtlich.
Der Vortrag des Bevollmächtigten, dass die Beklagte - anstelle der damaligen Landesversicherungsanstalt Oberbayern - im Zeitpunkt
der Bescheiderteilung (im Januar 1993) hätte damit rechnen müssen, dass der Kläger in der Folgezeit seinen Wohnsitz von Ungarn
wieder nach Deutschland zurückverlege und erneut eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen würde, sei ebenfalls
abwegig. Die Beklagte habe auch nicht damit rechnen müssen, dass der Kläger in einem (späteren) Rentenverfahren vortragen
würde, dass die Beitragserstattung mit Bescheid vom 19.01.1993 bei rückschauender Betrachtung rechtswidrig gewesen sei. Die
Voraussetzungen für die Beitragserstattung nach § 210 SGB VI seien im Januar 1993 erfüllt gewesen. Europäisches Recht habe 1993 im Verhältnis zu Ungarn nicht gegolten, ebenso habe auch
kein Vertragsrecht gegolten. Die völkerrechtlichen Verträge der ehemaligen DDR seien mit dieser ersatzlos untergegangen. Das
Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet
der Sozialpolitik (GBI.-DDR 1960 I, 136) sei nicht Teil des Bundesrechts geworden. Dass der Kläger nach dem Beitritt Ungarns
zur Europäischen Union zum 01.05.2004 unter den Bedingungen des europäischen Binnenmarktes tatsächlich ab dem 15.08.2013 wieder
eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland aufnehmen würde, sei für die Mitarbeiter der damaligen Landesversicherungsanstalt
Oberbayern im Jahr 1993 nicht vorhersehbar gewesen.
Der Kläger erwidert, er habe dem Beitragserstattungsantrag eine Kopie des Arbeitsvertrages mit der Firma Kraftverkehr N1 beigefügt.
Hieraus sei für die Beklagte zu erkennen gewesen, dass sich der Beitragserstattungsanspruch nur auf die im Beschäftigungsverhältnis
mit dieser Firma entrichteten Beiträge beziehen sollte. Im Rahmen ihrer Beratungspflicht hätte die Beklagte deshalb vorsorglich
den Kläger fragen müssen, ob sich sein Antrag nur auf die bei der Firma Kraftverkehr N1 zurückgelegten Beitragszeiten beziehen
sollen. Der Kläger hätte auf diese Aufklärung hin seinen Antrag zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Gegenstand des Rechtsstreits ist - nachdem die Erfüllung von Wartezeiten für die Gewährung einer Altersrente nach Erlass des
Altersrentenbescheides vom 30.11.2018 nicht mehr streitig ist - die Gewährung einer höheren als mit diesem Bescheid bewilligten
Altersrente. Zu Recht ist das SG in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass der während des Klageverfahrens erlassene Altersrentenbescheid gemäß § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 15.08.2017 geworden ist. Der Rentenbescheid ist
hingegen nicht neben diesem (Vormerkungs-)Bescheid, sondern allein zum Gegenstand der rechtlichen Überprüfung geworden. Denn
streitbefangene Feststellungen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid sind während des Klageverfahrens
durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid vom 30.11.2018 im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG ersetzt worden (vgl. hierzu ausführlich Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 14.12.2011 - B 5 R 36/11 R -, SozR 4-2600 § 248 Nr. 1, SozR 4-2600 § 259a Nr. 1, Rn. 12). Auch vorliegend hat der Vormerkungsbescheid die Anerkennung
der hier streitigen Zeiten abgelehnt mit der Begründung, diese würden wegen der durchgeführten Beitragserstattung als untergegangen
gelten. Dementsprechend verhält sich der Rentenbescheid, der damit in Bezug auf die Berücksichtigung der streitigen Zeiten
allein Gegenstand des Klageverfahrens ist, weil sich der Vormerkungsbescheid ungeachtet seiner Anfechtung "auf andere Weise"
(§ 39 Abs. 2 SGB X) erledigt hat und darüber hinaus auch durch weitere Feststellungen einzelner wertbestimmender Elemente von vornherein nicht
mehr ersetzt werden darf (BSG, Urteil vom 14.12.2011 - B 5 R 36/11 R -, a.a.O.). Diesen Anspruch kann der Kläger zulässigerweise mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen.
Die höhere Altersrente begehrt der Kläger unter Berücksichtigung von in diesem Rentenbescheid unberücksichtigt gelassenen
Pflichtbeitragszeiten. Bezogen auf die der Berücksichtigung entgegenstehende und bestandskräftige Beitragserstattung mit Bescheid
vom 19.01.1993 und die Auflösung des Versicherungsverhältnisses gemäß § 210 Abs. 6 Satz 2 und 3 SGB VI mit Erlass des Erstattungsbescheides hat der Kläger die Zurücknahme dieses Bescheides gegenüber der Beklagten geltend gemacht
und die die Zurücknahme ablehnenden Bescheide (Bescheid vom 03.04.2018 und Widerspruchsbescheid vom 07.08.2018) mit der Klage
und Berufung angefochten. Soweit der im erstinstanzlichen Verfahren gestellte Antrag des Klägers den Bescheid vom 19.03.1993
nicht nennt, war und ist dieser gemäß § 123 SGG im Rahmen einer Verpflichtungsklage Gegenstand des Verfahrens, gerichtet auf die Verpflichtung der Beklagten, diesen (unter
Abänderung der die Rücknahme ablehnenden Bescheide) zurückzunehmen.
Soweit der Kläger nunmehr erstmals im Termin der mündlichen Verhandlung neben den bereits geltend gemachten Zeiten vom 28.10.1976
bis 31.05.1979 und 29.10.1979 bis 23.05.1986 auch die rentensteigernde Berücksichtigung der der Beitragserstattung tatsächlich
zugrundeliegenden Zeiten vom 02.11.1991 bis 31.12.1991 und vom 01.01.1992 bis 21.01.1992 beantragt, kann dahingestellt bleiben,
ob es sich insoweit um eine Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG handelt oder eine Erweiterung des Klageantrages in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG), denn die Beklagte hat sich, ohne der geänderten Klage zu widersprechen, durch den Antrag in der mündlichen Verhandlung,
die Berufung zurückzuweisen, auf die Klage eingelassen und damit in die Klageänderung eingewilligt (§ 99 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Abs. 2 SGG).
Das SG hat in der Sache zutreffend entschieden, dass kein Anspruch auf die Rücknahme des Bescheides vom 19.01.1993 besteht und der
Kläger auch keinen Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, als hätte er den Antrag auf Beitragserstattung nicht gestellt.
Damit besteht auch kein Anspruch auf die Gewährung einer höheren Altersrente.
Zugunsten des Klägers geht der Senat davon aus, dass es sich auch bei den geltend gemachten Zeiten vom 28.10.1976 bis 31.05.1979
und 29.10.1979 bis 23.05.1986 um Beitragszeiten handelt, die sich grundsätzlich rentensteigernd auswirken können. Nach § 248 Abs. 3 SGB VI stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 08.05.1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen
Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind. Machen Versicherte
glaubhaft, dass sie im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 09.05.1945 bis zum 31.12.1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen erzielt haben und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, sind die dem Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen zugrundeliegenden Zeiträume als Beitragszeit anzuerkennen, § 286b Satz 1 SGB VI. Ausweislich der in den Akten der Beklagten vorliegenden Verdienstbescheinigung des VEB Schiffswerft "N" vom 23.05.1986 (Bl.
27 der reproduzierten Versichertenakte) und der Bescheinigung über Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen dessen Rechtsnachfolgers,
der N Werft GmbH & Co.KG vom 17.05.2017, welche einen sozialversicherungspflichtigen Jahresbruttoverdienst für die streitigen
Zeiträume in der DDR ausweist, geht der Senat zugunsten des Klägers von einem sowohl nach bundesdeutschem wie auch nach damaligen
DDR-Vorschriften versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis aus, bei dem von dem gezahlten Lohn Sozialversicherungsbeiträge
abgezogen worden sind. Zu den Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet gehören alle Zeiten, für die nach den im Beitrittsgebiet
geltenden Vorschriften Versicherungspflicht in der Sozialpflichtversicherung bestand. Versicherungspflichtig waren im Wesentlichen
alle Werktätigen während eines Arbeitsverhältnisses und alle Selbstständigen (KassKomm/Gürtner, 117. EL Dezember 2021, SGB VI § 248). Soweit die Beschäftigung des Klägers, einem ungarischen Staatsangehörigen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR),
auf der Grundlage des Abkommens zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die Zusammenarbeit
auf dem Gebiet der Sozialpolitik (GBl-DDR 1960, I S. 136) erfolgte, steht dieses der Berücksichtigung der geltend gemachten
Zeiten nicht entgegen. Es besteht nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, insoweit kein über- oder zwischenstaatlich wirksames Recht, das als lex specialis innerstaatlich wirksames
Recht gleichen Ranges geworden ist und die Regelungen des SGB VI verdrängen würde (vgl. hierzu ausführlich: BSG, Urteil vom 27.01.1999 - B 4 RA 44/98 R -, BSGE 83, 224-245, SozR 3-8100 Art 12 Nr. 3).
Soweit die geltend gemachten Zeiten damit grundsätzlich Berücksichtigung finden können, sind sie im konkreten Fall mit der
Erstattung von Beiträgen durch den Bescheid vom 19.01.1993 erloschen. Diese im Bescheid vom 19.01.1993 getroffene Feststellung
ist rechtmäßig und daher nicht nach § 44 SGB X aufzuheben. Die Beklagte (im angefochtenen Widerspruchsbescheid) und das SG (im Gerichtsbescheid vom 12.11.2020) haben ohne Rechtsfehler dargelegt, dass die Erstattung der Beiträge auf den Antrag des
Klägers vom 27.01.1992 zu Recht erfolgt ist, weil die Voraussetzungen für die Beitragsrückerstattung des § 210 SGB VI in der Fassung vom 25.07.1991 (a.F.) erfüllt waren. Der Senat schließt sich den Ausführungen der Beklagten und des SG insoweit in vollem Umfang an und sieht um unnötige Wiederholungen zu vermeiden von einer Wiedergabe der Entscheidungsgründe
diesbezüglich ab (§ 153 Abs. 2, § 136 Abs. 3 SGG). Die Rechtsfolge der Beitragserstattung ergibt sich aus § 210 Abs. 6 Satz 2 und Satz 3 SGB VI, ohne dass sich durch den vom Kläger behaupteten Antrag auf eine nur beschränkte Erstattung eine andere Beurteilung rechtfertigen
lässt. Diese Einlassungen sind allein im Rahmen des geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu würdigen
(hierzu sogleich).
Anzumerken bleibt letztlich - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt -, dass der Senat entgegen der Einlassungen
des SG und der Beklagten davon ausgeht, dass § 44 Abs. 2 SGB X und nicht § 44 Abs. 1 SGB X Anwendung findet. Mit dem Bescheid vom 19.01.1993 sind Sozialleistungen nicht zu Unrecht nicht erbracht worden oder Beiträge
nicht zu Unrecht erhoben worden. Vielmehr wurden Beiträge auf Antrag erstattet und damit dem Begehren des Klägers entsprochen.
Nicht begünstigend ist in diesem Zusammenhang allein das in § 210 Abs. 6 SGB VI geregelte Erlöschen des Versicherungsverhältnisses, gegen das sich der Kläger hier wendet. Bei vorliegender Rechtswidrigkeit
wäre der Verwaltungsakt verpflichtend nur für die Zukunft aufzuheben, für die Zurücknahme für die Vergangenheit stünde der
Beklagten Ermessen zu.
Sind damit grundsätzlich berücksichtigungsfähige Beitragszeiten erloschen, käme eine Berücksichtigung dieser Zeiten nur dann
in Betracht, wenn der Kläger über einen von der Rechtsprechung entwickelten sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so
zu stellen wäre, als hätte er den Antrag nicht gestellt oder wieder zurückgenommen.
Dabei ist eine Rücknahme des Antrages auf Beitragserstattung zumindest bis zum Wirksamwerden der Verwaltungsentscheidung nicht
ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 06.02.1991 - 13/5 RJ 18/89 -, BSGE 68, 144-148, SozR 3-1200 § 53 Nr. 1, SozR 3-1200 § 16 Nr. 3).
Tatbestandlich setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa Urteil vom 11.03.2004 - B 13 RJ 16/03 R -, juris, Rn. 24 m.w.N.) voraus, dass der Sozialleistungsträger auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses
eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), verletzt und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt (Pflichtverletzung, rechtlicher Nachteil/Schaden,
Kausalzusammenhang, vgl. auch Urteil des BSG vom 17.08.2000 - B 13 RJ 87/98 R -, juris, Rn. 36). Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung
derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden
Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen
verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Voraussetzung ist also - abgesehen vom Erfordernis der Pflichtverletzung im Sinne
einer fehlenden oder unvollständigen bzw. unrichtigen Beratung -, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen
Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung,
ausgeglichen wird. Umgekehrt bedeutet dies: In Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene
Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, bleibt für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
kein Raum (BSG, Urteil vom 11.03.2004, a.a.O.).
Die Beklagte hat die dem Kläger gegenüber bestehende Beratungspflicht nicht verletzt. Rechtsgrundlage ist insoweit § 14 Satz 1 SGB I. Danach hat jeder Anspruch auf Beratung und Belehrung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz. Eine Beratungspflicht
besteht in der Regel bei einem entsprechenden Beratungsbegehren (st. Rspr., vgl. insbesondere, auch zum Folgenden, Urteil
des BSG vom 17.08.2000 - B 13 RJ 87/98 R -, juris, Rn. 37-46 m.w.N.; und vom 05.04.2000 - B 5 RJ 50/98 R -, juris, Rn. 20 ff. m.w.N.). Auch wenn kein konkretes Beratungsbegehren (mehr) vorliegt, hat der Versicherungsträger bei
konkretem Anlass auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen
und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden. Ein konkreter Anlass kann sich nach der Rechtsprechung
des BSG auch anlässlich eines laufenden Rentenfeststellungsverfahrens (sog. "Spontanberatung" als Nebenpflicht aus dem Sozialrechtsverhältnis)
ergeben. Dabei entsteht eine Beratungspflicht nicht immer erst beim Abschluss des Verwaltungs- oder des sich eventuell anschließenden
Rechtsmittelverfahrens, sie kann sich schon vorher ergeben oder aber durch die Erteilung eines Bescheides entstehen. Die Pflicht
zur Beratung kann in jedem Stadium des Verwaltungsverfahrens erfüllt werden. Entscheidend für die Frage, wann die Beratung
erforderlich wird, ist der jeweilige Beratungsbedarf, der sich im Laufe des Verfahrens nach Art und Umfang verändern kann.
Wenn erkennbar zu einem späteren Zeitpunkt ein nicht wiedergutzumachender Rechtsverlust einzutreten droht, ist die Beratung
zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen. Ergibt sich während eines laufenden Verfahrens unter einer veränderten Sach-
und Rechtslage erneut ein Beratungsanlass, ist die Belehrung insoweit ggf. zu ergänzen bzw. zu aktualisieren. Aus verwaltungsökonomischen
Gründen darf der Beratungspflicht allerdings auch erst am Ende des Verfahrens nachgekommen werden, soweit damit für den Versicherten
kein Rechtsnachteil verbunden ist (BSG, Urteil vom 17.08.2000, a.a.O. Rn. 40; BSG, Urteil vom 05.04.2000, a.a.O. Rn. 24).
Der Kläger behauptet selbst nicht, sich mit einem konkreten Beratungsbegehren an die Beklagte gewandt zu haben. Eine Pflichtverletzung
bezogen auf eine vom Kläger eingeforderte Spontanberatung liegt nicht vor. Ob eine Pflicht zur Spontanberatung bestand, ist
jeweils anhand aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei muss der Leistungsträger auch über ausdrücklich gestellte
Fragen hinaus informieren und auf Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen, wenn sie sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen
und von jedem verständigen Versicherten hätten genutzt werden können (Spellbrink, Kasseler Kommentar, Stand Juli 2020, SGB I, § 14 Rn. 22 ff.).
Der Kläger meint nach seinen Einlassungen insbesondere im Klageverfahren, dass ihn die LVA Oberbayern wegen der Beitragszeiten
in der DDR ausdrücklich darüber hätte aufklären müssen, dass diese Zeiten - obwohl Beiträge für diese Zeiten nicht zu erstatten
waren - mit der Erstattung der (anderen) Beitragszeiten untergehen, weil nach der gesetzlichen Regelung das bisherige Versicherungsverhältnis
erlischt und damit auch diese Zeiten etwa für einen eventuell späteren Rentenanspruch verloren gehen. Nur so wäre er in die
Lage versetzt worden, zu prüfen, ob die Beitragserstattung, die nicht auf einzelne Beschäftigungsverhältnisse begrenzt werden
kann, auch durchgeführt werden soll oder ob er auf die Erstattung der sich ergebenden 717,56 DM zugunsten eines zukünftigen
und nicht sicher vorhersehbaren Rentenanspruches verzichten wolle.
Damit sind indes für die Beklagte erkennbare und naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten (noch) nicht dargetan. Dass die LVA
Oberbayern zum Zeitpunkt des Antrages oder spätestens mit Erlass des Bescheides von diesen Umständen Kenntnis hatte, ist nicht
ersichtlich. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass er die LVA Oberbayern auf Beschäftigungszeiten in der DDR hingewiesen
hat. Vielmehr beruht die streitige Beitragserstattung allein auf einem entsprechenden, vom Kläger gestellten Antrag, ohne
dass aus seinem Vortrag nachvollzogen werden kann, ob er diesen auf einem Formblatt der Beklagten oder formlos gestellt hat,
welchen konkreten Inhalt dieser Antrag hatte und ob es hierzu im Verlauf zwischen der Antragstellung am 27.01.1992 bis zur
Entscheidung am 19.01.1993 weitere Korrespondenz zwischen ihm und der damals zuständigen LVA Oberbayern gegeben hat. Insbesondere
ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger auf (weitere) Beitragszeiten in der DDR tatsächlich hingewiesen
hat. Der Vortrag im Berufungsverfahren, die Beklagte "hätte unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Spontanberatung nach §
14 SGB I den Kläger vor einer Entscheidung über den Erstattungsantrag anschreiben und ihn auf die Rechtslage hinweisen und ihn fragen
müssen, ob er außer bei der Firma Kraftverkehr N1 weitere Beitragszeiten in den alten Bundesländern oder im Beitrittsgebiet
zurückgelegt habe", deutet vielmehr darauf hin, dass von ihm weitere Beschäftigungszeiten nicht erwähnt wurden. Denn eine
Nachfrage wäre bei Nennung von Beschäftigungszeiten abseits der Tätigkeit für die Firma Kraftverkehr N1 nicht erforderlich
gewesen, sondern (dann) allenfalls eine Beratung zu den Auswirkungen einer Erstattung. Der Kläger hat damit auch nicht substantiiert
dargelegt, dass er eine ausdrückliche Begrenzung des Antrages auf eine Erstattung der Beiträge bei Firma Kraftverkehr N1 vorgenommen
hatte. Eine solche Begrenzung würde die Darlegung einer entsprechenden Mitteilung voraussetzen, dass nur solche, nicht auch
andere Zeiten erstattet werden sollen. Das Beifügen eines Arbeitsvertrages - wie erstmals im Berufungsverfahren vorgetragen
wurde - reicht hierfür nicht aus, wenn nicht aus anderen Umständen für die LVA Oberbayern ersichtlich war, dass andere Zeiten
betroffen sind oder sein könnten. Damit kann der Senat auch nicht nachvollziehen, dass für die LVA Oberbayern ein Beratungsbedarf
erkennbar war und - nach einer nur wenige Monate andauernden Beschäftigung in der BRD mit anschließender Rückkehr nach Ungarn
bei erfüllten Beitragserstattungsvoraussetzungen - Gestaltungsmöglichkeiten mit damit verbundenen Nachteilen bestanden.
Soweit der Kläger geltend macht, hiervon aber ausgegangen zu sein, er also der Auffassung war, sein Antrag habe sich nur auf
Beiträge bei der Firma Kraftverkehr N1 und nicht auch auf weitere Zeiten in der DDR bezogen, ergibt sich hieraus nichts Anderes.
Ein solcher Irrtum des Klägers hätte für die LVA Oberbayern offenkundig sein müssen, um eine Beratungspflicht auszulösen.
Unter Berücksichtigung des vorliegenden und nicht weiter aufklärbaren Sachverhaltes ist die LVA Oberbayern mit Wiedergabe
des Gesetzestextes im angefochtenen Bescheid, der auf eine unzulässige Beschränkung des Erstattungsverlangens und auch auf
das Erlöschen des Versicherungsverhältnisses ausdrücklich hinweist, ihrer Beratungs- und Aufklärungspflicht ausreichend nachgekommen.
Denn sollte der Kläger - für die Beklagte nicht erkennbar - nur die Erstattung der Beiträge aus der Tätigkeit für die Firma
Kraftverkehr N1 begehrt haben, erhielt er hieraus ohne weiteres die Information, dass ein Antrag auf Erstattung nicht auf
einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränkt werden kann und dass nicht nur diese, sondern das gesamte Versicherungsverhältnis
aufgelöst wird. Auf die entsprechende Frage des SG im Termin vom 27.02.2020 hat der Kläger im Übrigen keinen Irrtum für sich reklamiert, sondern lediglich angegeben, dass er
sich hierzu "keine Gedanken gemacht habe". Soweit auf einen solchen Irrtum schriftsätzlich abgestellt und ausgeführt wird,
er habe die Hinweise im Bescheid nur auf das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma Kraftverkehr N1 bezogen, vermag der Senat
nicht zu erkennen, weshalb sich der Kläger dann nicht an die LVA Oberbayern gewandt hat und Zweifelsfragen ggfs. noch in einem
Widerspruchsverfahren zu klären versuchte. Ein solcher Irrtum wäre zudem nur dann rechtserheblich im Sinne einer Pflichtverletzung,
wenn ein solcher für die damals zuständige LVA Oberbayern erkennbar war, wovon nach den oben gemachten Ausführungen nicht
ausgegangen werden kann. Darüber hinaus liegen objektiv keine weiteren Umstände vor, aus denen sich eine Beratungspflicht
aus anderen Gründen hätte ableiten lassen. Der Kläger war, was der Senat unzweifelhaft dem Versicherungslauf entnimmt, vor
und auch nach der Tätigkeit für die Firma N1 in Ungarn beschäftigt und hatte sich auch zum Zeitpunkt der Antragstellung in
Ungarn aufgehalten. Der Bescheid war an seine Adresse in Ungarn adressiert. Die Beklagte musste 1992 auch nicht damit rechnen,
dass Beitragszeiten eines Staatsbürgers der Volksrepublik Ungarn in der DDR, der sich in der BRD nach der Wiedervereinigung
nur zu einem kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnis (11 Wochen) aufgehalten hatte und hier einer Arbeitserlaubnis bedurfte,
angefallen sein könnten. Noch weniger dürfte aufgrund dieser Tatsache damit zu rechnen gewesen sein, dass der Kläger nach
einem Beitritt Ungarns zur EU 2004 einmal Freizügigkeit genießen werde. Entsprechende Umstände waren Anfang der 1990iger Jahre
weder offensichtlich noch auf der Hand liegend. Damit bestand auch keine Pflicht, einen Sachverhalt vorsorglich aufzuklären,
da es auch hierfür an konkreten Anhaltspunkten fehlte.
Anderes könnte unter Umständen nur dann gelten, wenn feststünde, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits Daten gespeichert waren,
welche Beitragszeiten in der DDR belegten. Aber auch dies ist für den Senat nicht wahrscheinlich. Eine solche Speicherung
kann zunächst nicht festgestellt werden, weil Unterlagen aus dieser Zeit, wie die Beklagte vorgetragen hat, vernichtet wurden
und nicht mehr existieren (vgl. die Antwort der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 30.11.2016 auf die Anfrage der
Beklagten vom 21.10.2016, wonach eine Akte nicht mehr vorliege, Bescheide ebenfalls nicht, und eine Duplikatsicherung zum
damaligen Zeitpunkt noch nicht vorgenommen worden sei). In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich der
Kläger im September 2007 mit der Bitte um eine Kontoklärung an die LVA Oberbayern gewandt hat und ausdrücklich und nur auf
die Zeit vom 28.10.1976 bis 31.05.1979 sowie vom 29.10.1979 bis 23.05.1986 verwiesen hatte (Kopie vgl. Bl. 13 SG-Akten). Dies spricht nach Überzeugung des Senats dafür, dass zuvor keine Feststellungen getroffen waren und der LVA Oberbayern
wenige Monate nach der Wiedervereinigung Zeiten des Klägers in DDR nicht bekannt waren und sein konnten. Einer entsprechenden
Antragstellung auf Feststellung gerade dieser Zeiten hätte es andernfalls nicht bedurft. Dass beim Rentenversicherungsträger
bereits Anfang 1993, also zum Zeitpunkt des Erstattungsverlangens und der Entscheidung über diese Beitragszeiten, solche aus
Tätigkeiten eines Staatsbürgers der Volksrepublik Ungarn in der DDR gespeichert waren, hält der Senat angesichts dessen für
unwahrscheinlich. Dass der LVA Oberbayern aufgrund nachvollziehbarer Umstände eine solche Kenntnis unterstellt werden muss
oder eine Kontenklärung für diese Zeiten bereits durchgeführt worden war, wird auch vom Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt.
Damit ist die Kenntnis der LVA von rentenrechtlich bedeutsamen Zeiten in der DDR (sei es aufgrund der Antragstellung des Klägers
oder aufgrund von bereits gespeicherten Daten) lediglich eine Mutmaßung, für die es keinen begründeten Anhalt gibt. Damit
lässt sich auch die für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erforderliche Pflichtverletzung nicht feststellen.
Eine Beweislastumkehr liegt in diesem Zusammenhang fern. Nach den allgemeinen Grundsätzen ist der Kläger beweisbelastet für
das Vorliegen der von ihm geltend gemachten Pflichtverletzung der Beklagten, die hier nur in einer Verpflichtung zur (Spontan-)Beratung
bestehen könnte bei unterstellter Kenntnis der Umstände, die eine solche ausgelöst hätten, mithin (ggf.) in der Kenntnis von
Beitragszeiten in der DDR und einem fehlenden Hinweis des Unterganges dieser Zeiten mit der Erstattung von Beiträgen, die
der Kläger in der BRD gezahlt hat.
Unabhängig davon, dass der Senat hier bereits - wie oben ausgeführt - schon keine Pflichtverletzung zu erkennen vermag, weil
die Beklagte in ihrem hier angefochtenen Bescheid eine entsprechende Belehrung vorgenommen hatte und den Kläger damit in die
Lage versetzte, im Zweifel um weitere Beratung nachzusuchen, liegen die Voraussetzungen für eine Beweiserleichterung schon
nicht vor. Von einer Beweiserleichterung wegen Beweisvereitelung kann nur ausgegangen werden, wenn eine unverschuldete Beweisnot
besteht (vgl. BSG, Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 88/03 -, juris Rn. 17 m.w.N.). Voraussetzung dafür ist ein pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen
eines Beteiligten. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Vernichtung von Unterlagen verweist, diese für rechtswidrig
hält und mit Beweisvereitelungsgrundsätzen eine Kenntnis dieser Zeiten unterstellen will, folgt der Senat dieser Argumentation
nicht. Eine Beweisvereitelung liegt nicht vor; die Behauptung der Rechtswidrigkeit der Aktenvernichtung teilt der Senat ebenso
wie schon das SG nicht. Eine Rechtswidrigkeit der Vernichtung der Daten ist mit Blick auf § 110b SGB I schon nicht schlüssig dargetan. Um unnötige Wiederholungen insoweit zu vermeiden, macht sich der Senat die Ausführungen des
SG zu § 110b SGB I in vollem Umfange zu eigen und sieht diesbezüglich von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Aber selbst die Annahme eines durch die Beklagte verursachten bzw. ihr zuzurechnenden Beweisnotstandes führte hier aber nicht
zu einer Umkehr der Beweislast. Ein solcher Grundsatz, wonach bei einem Beweisnotstand eine Umkehr der Beweislast eintritt,
auch wenn er auf einer fehlerhaften Beweiserhebung oder sogar auf einer Beweisvereitelung durch denjenigen beruht, dem die
Unerweislichkeit der Tatsachen zum prozessualen Vorteil gereicht, existiert nicht. In einem derartigen Fall sind die Tatsachengerichte
(nur) berechtigt, im Rahmen der vielfältigen Möglichkeiten der Beweiswürdigung an den Beweis der Tatsachen, auf die sich der
Beweisnotstand bezieht, weniger hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BSG, Urteil vom 27.05.1997 - 2 RU 38/96 -, SozR 3-1500 § 128 Nr. 11, Rn. 23, m.w.N., in Abgrenzung zur Rechtsprechung des BGH und zur hierzu abweichenden Meinung,
festgehalten vgl. BSG, Beschluss vom 04.02.1998 - B 2 U 304/97 B -, juris). Unter Berücksichtigung der bereits oben gemachten Ausführungen vermochte sich der Senat jedoch nicht von einer
Kenntnis (oder schuldhaften Unkenntnis) der LVA Oberbayern von Beitragszeiten des Klägers in der DDR und damit von einer Pflichtverletzung
zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides über die Beitragserstattung zu überzeugen. Umstände, die abgesehen von der Vernichtung
der Unterlagen bezogen auf die Beitragserstattung eine Grundlage für die Notwendigkeit einer Beweiserleichterung begründen
könnten und die eine Verletzung der Beratungspflicht als wahrscheinlich erscheinen lassen könnten, vermag der Senat nicht
zu erkennen. Entscheidend kommt es auf die Kenntnis der Beklagten von Beitragszeiten an, die der Kläger unter Berücksichtigung
der bereits dargelegten damaligen Umstände in der DDR auf der Grundlage eines Arbeitskräfteabkommens, die die DDR mit Ungarn
abgeschlossen hatte, erwirtschaftete. Insoweit vermochte der Senat weder bezogen auf die Angaben des Klägers zur konkreten
Antragstellung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beklagte hierdurch Kenntnis erlangt hat noch,
dass diese Kenntnis oder eine schuldhafte Unkenntnis aufgrund bereits gespeicherter Daten bestand. Soweit der Bevollmächtigte
im Termin der mündlichen Verhandlung die Pflichtverletzung mit dem Versäumen einer "vorsorglichen Sachverhaltsklärung" begründete,
geht diese über die Verpflichtung zur Spontanberatung hinaus, solange nicht konkrete Anhaltspunkte für Art und Umfang der
für notwendig erachteten Ermittlungen erkennbar waren und sich aufgrund dieser Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Solche liegen
nicht vor. Denn auch insoweit ist ausgehend davon, dass der Kläger nicht um eine konkrete Beratung nachgesucht hat, nicht
erkennbar, aus welchem Grund bei einer bekannten nur kurzzeitigen Beschäftigung in der BRD Veranlassung bestanden haben könnte,
1992 eine Kontenklärung durchzuführen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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