LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2019 - 7 SO 4766/17
Anspruch auf Leistungen des notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen nach dem SGB XII
Berücksichtigung einer privaten Berufsunfähigkeitsrente als Einkommen
1. Als Einkommen i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gilt all das, was jemand in Form von Geld oder Geldeswert in der Bedarfszeit dazu erhält. Für die Frage, ob Einkommen vorliegt,
spielt es grundsätzlich keine Rolle, welcher Art die Einnahmen sind, woher sie stammen, ob sie einen Rechtsgrund haben, wie
sie geleistet wurden und ob und inwieweit die Einnahmen nach dem Einkommensteuergesetz steuerpflichtig sind.
2. Eine private Berufsunfähigkeitsrente kann Einkommen der versicherten Person darstellen, wenn die durch den (personenverschiedenen)
Versicherungsnehmer abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung eine Versicherung für fremde Rechnung i.S.d. § 43 Abs. 1 VVG darstellt, sodass die Rechte aus diesem Versicherungsvertrag dem Versicherten zustehen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 VVG).
Normenkette: SGB XII a.F. § 19 Abs. 3 ,
SGB XII § 60a ,
SGB XII § 66a ,
SGB XII a.F. § 61 Abs. 2 S. 1
,
SGB XII § 82 Abs. 1 S. 1
,
SGB XII § 82 Abs. 2 ,
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 9 ,
SGB XII § 90 Abs. 3 ,
VVG § 43 Abs. 1 ,
VVG § 43 Abs. 3 ,
VVG § 44 Abs. 1 S. 1
,
VVG § 150 Abs. 2 S. 1
,
VVG § 159 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Mannheim 10.11.2017 S 8 SO 3920/14
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. November 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe
- bezüglich der Heimkosten für ein stationäres Pflegeheim für die Zeit vom 23. März 2013 bis zum 31. März 2014.
Die 1984 geborene Klägerin zog aus K. kommend zum 28. August 2012 nach H., da sie dort Mitte September 2012 eine Arbeit aufnehmen
wollte. Wegen einer starken Hirnblutung befand sich die Klägerin seit dem 8. September 2012 zunächst im Universitätsklinikum
H. und dann in der S-Klinik H.. Am 26. März 2013 wurde die Klägerin in die stationäre Pflegeeinrichtung Junges Wohnen der
S-Pflege H. aufgenommen. Zwischen dieser Einrichtung und den Pflegekassen unter Beteiligung des örtlichen Sozialhilfeträgers
bestehen Pflegesatzvereinbarungen für die vollstationäre Pflege nach § 85 Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) - Soziale
Pflegeversicherung -, wonach für die vollstationäre Pflegeleistung ein Entgelt in Höhe von kalendertäglich 124,00 € und ab
1. August 2013 in Höhe von 127,28 € zu entrichten war. Die Betreuer der Klägerin schlossen mit dem Einrichtungsträger für
die Zeit ab 26. März 2013 einen Heimvertrag, in dem hinsichtlich der Höhe des Entgelts auf die Vereinbarung der Einrichtungen
mit den Pflegekassen und ggf. Sozialhilfeträgern verwiesen wird. Das der Klägerin in Rechnung gestellte Heimentgelt bezahlte
in dem hier streitigen Zeitraum der Vater der Klägerin mit Ausnahme des Entgelts für Juni 2013, das vom Konto der Klägerin
abgebucht wurde.
Das Landratsamt Karlsruhe stellte bei der Klägerin für die Zeit ab 8. September 2012 einen Grad der Behinderung (GdB) in Höhe
von 100 sowie zur Inanspruchnahme entsprechender Nachteilsausgleiche die Merkzeichen G, B, H, aG und RF fest.
Zunächst bestellte das Amtsgericht H. durch Beschluss vom 14. September 2012 die Mutter der Klägerin zu ihrer Betreuerin.
Das Amtsgericht H. - Betreuungsgericht - (Aktenzeichen Sch 42 XIV 315/13) erweiterte mit Beschluss vom 22. Mai 2013 die Betreuung um die Aufgabenbereiche Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung,
Vermögenssorge und Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern und bestellte als weiteren
Betreuer den Vater der Klägerin.
Die Klägerin bezieht seitens ihrer Pflegekasse für die Zeit ab 26. März 2013 Leistungen nach der Pflegestufe 2 für eine vollstationäre
Pflege, im streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von 1.279,00 € je Kalendermonat (im März 2013 anteilig 396,00 €). Im hier
streitigen Zeitraum hatte die Klägerin Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 154,51
€ zu entrichten. Im September 2013 floss der Klägerin durch das Finanzamt K. eine Erstattung von Einkommensteuer in Höhe von
629,82 € zu (Bescheid des Finanzamtes K.-D. vom 18. September 2013 über Einkommensteuer 2012).
Der Vater der Klägerin P.S. hatte bei der A. L. Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit zum 1. September 2003 eine Lebensversicherung
mit gleicher Todes- und Erlebensfallsumme (Tarif LV 10) mit einer Versicherungsdauer von 41 Jahren sowie eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
(Tarif BZ 10) mit einer Berufsunfähigkeitsrente von seinerzeit 1.000,00 € monatlich abgeschlossen. Als Versicherte wurde die
Klägerin in dem Versicherungsvertrag aufgenommen. Die Versicherungsbeiträge entrichtete P.S. § 15 der Allgemeinen Bedingungen
für die kapitalbildende Lebensversicherung lautet: "(1) Die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag erbringen wir an Sie als
unseren Versicherungsnehmer oder an Ihre Erben, falls Sie uns keine andere Person benannt haben, die bei Eintritt des Versicherungsfalls
die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erwerben soll (Bezugsberechtigter). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls können
Sie das Bezugsrecht jederzeit widerrufen. ...".
Mit Schreiben vom 10. November 2012 teilte die A. L. P.S. mit, dass ab 1. Oktober 2012 Leistungen wegen Berufsunfähigkeit,
u.a. durch Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.458,14 €, erbracht werden. Der Nachzahlungsbetrag
einschließlich Beitragsrückerstattung sowie Zinsen für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. November 2012 wurde auf das
Konto der Klägerin bei der Sparkasse K. Nr. X überwiesen. Auch in der Folgezeit zahlte die A. L. - auf Anweisung des P.S.
- die monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.458,14 € bis April 2013 an die Klägerin aus. Mit Schreiben vom 30.
Januar 2013 informierte die A. L. P.S. darüber, dass die aus dem privaten Versicherungsvertrag im Kalenderjahr 2012 erbrachten
Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Einkommensteuergesetz ( EStG) von ihm zu versteuern seien.
Das Konto der Klägerin bei der Sparkasse Karlsruhe Nr. X wies folgende Guthaben auf:
- 2. März 2013
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4.900,00 €
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- 8. März 2013
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3.490,00 €
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- 1. April 2013
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2.231,33 €
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- 2. Mai 2013
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2.208,08 €
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- 1. Juni 2013
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1.605,94 €
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- 1. Juli 2013
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4.341,12 €
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- 1. August 2013
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777,11 €
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- 1. September 2013
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263,87 €
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- 1. Oktober 2013
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733,18 €
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- 1. November 2013
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518,55 €
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- 1. Dezember 2013
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351,54 €
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- 1. Januar 2014
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151,53 €
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- 1. Februar 2014
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402,52 €
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- 1. März 2014
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243,99 €
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- 1. April 2014
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585,46 €.
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Weiter verfügte die Klägerin bei der S. über das Girokonto Nr. Y mit folgenden Kontoständen:
- 22. März 2013
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120,79 €
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- 10. Juni 2013
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108,24 €
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- 7. August 2013
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176,66 €
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- 25. Februar 2014
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178,94 €
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Bei dieser Bank verfügte sie auch über das Sparbuch Nr. Z mit folgenden Kontoständen:
- 22. März 2013
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1.004,16 €
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- 10. Juni 2013
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1.004,16 €
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- 31. Dezember 2014
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1.014,38 €.
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Bei dieser Bank hatte die Klägerin außerdem ein Wertpapierdepot Nr. 001 mit einem Guthabenstand zum 22. März 2013 in Höhe
von 3.898,16 €. P.S. kaufte der Klägerin im Juni 2013 Wertpapieranteile ab und überwies der Klägerin dafür 2.882,04 € auf
ihr Girokonto.
Die Klägerin verfügte bei der HG über eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert zum 1. April 2013 in Höhe von 15.358,10
€. Nach Kündigung der Lebensversicherung überwies diese am 17. Juli 2013 auf das Girokonto der Klägerin einen Betrag in Höhe
von 15.384,85 €. P.S. überwies daraufhin von dem Konto der Klägerin an sich wegen "Auslagen und Unterhalt und SRH" einen Betrag
in Höhe von 16.055,35 € an sich.
Die Eltern der Klägerin wandten sich wegen der Übernahme der ungedeckten Heimkosten zunächst an die Stadt Karlsruhe, die den
Antrag mit Schreiben vom 21. Januar 2013 (Eingang bei der Beklagten am 23. Januar 2013) weiterleitete.
Die Betreuer der Klägerin reichten ein gegenüber dem Amtsgericht H. - Betreuungsgericht - erstelltes Vermögensverzeichnis
vom 11. April 2013 ein. In einer von P.S. unter dem 11. April 2013 verfassten Anmerkung zum Vermögensverzeichnis hat dieser
u.a. ausgeführt: "Da ich als Vater wusste, dass A. zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung keinerlei Einkommen hat, war es für mich
selbstverständlich, dafür zu sorgen, dass immer genügend Liquidität auf A.s Girokonto bei der Sparkasse K.-E. ist, damit die
Zahlungsverpflichtungen jederzeit erfüllt werden können. ... Dies habe ich dadurch erreicht, indem ich als Versicherungsnehmer
die A. L. Versicherung gebeten habe, die mir zustehenden Zahlungen direkt auf das Konto meiner Tochter A. bei der Sparkasse
K.-E. zu überweisen ... Die Sparkasse K.-E. habe ich gebeten, zum Stichtag 08.03.2013 den Kontostand von A.s Girokonto an
diesem Tag zu bestätigen. Dieser beträgt € 3.490,00. Diesen Betrag habe ich ganz bewusst im Vermögensverzeichnis zum Stichtag
08.03.2013 nicht genannt, weil es sich bei dieser Summe um kein Vermögen meiner Tochter A. handelt, sondern dass dieses Geld
eine von mir freiwillig bereitgestellte Summe ist, um den Zahlungsverpflichtungen von A. nachzukommen. ...".
Durch Bescheide vom 10. Juni 2013 lehnte die Beklagte sowohl Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ab 1. März 2013 als
auch Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung ab 1. März 2013, jeweils mangels Hilfebedürftigkeit, ab. Dagegen legte
die Klägerin durch Schreiben ihrer Betreuer vom 14. Juni 2013 Widerspruch ein. Die Klägerin habe kein laufendes Einkommen.
Insbesondere stellten die Versicherungsleistungen in Höhe von monatlich 1.458,14 € kein Einkommen dar. Diese seien Einkommen
des P.S., der diese Leistungen auch zu versteuern habe. Sowohl das Betreuungsgericht als auch die Krankenkasse hätten die
Berufsunfähigkeitsrente nicht als Einkommen der Klägerin bewertet. Die Lebensversicherung der Klägerin sei mittlerweile gekündigt.
Auch sei ein Verkauf der Wertpapiere veranlasst, da die Leistungen der H. Lebensversicherung noch nicht ausgezahlt worden
seien, würden die monatlichen Zuzahlungen an die Pflegeeinrichtung in Höhe von 2.565,00 € von P.S. ausgelegt und mit dem Vermögen
der Klägerin verrechnet. Seine Aufwendungen für die Klägerin bezifferte P.S. auf 16.055,35 € (Versicherungsleistungen der
A. L. in Höhe von 10.617,11 €, Heimkosten gemäß Rechnung vom 23. April 2013, 6. April 2013 und 3. Juni 2013 in Höhe von insgesamt
5.438,25 €). Durch Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 21. Februar 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben (S 1 SO 609/14).
Auf den weiteren Antrag der Klägerin vom 5. April 2014, die ungedeckten Heimkosten zu übernehmen, hat die Beklagte mit Bescheid
vom 23. Juli 2014 für April 2014 Hilfe zur Pflege in Höhe von 546,06 € bewilligt und mit weiterem Bescheid vom 23. Juli 2014
den Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit ab 1. April 2014 abgelehnt. Auch in der Folgezeit hat die Beklagte Hilfe
zur Pflege erbracht, jedoch jeweils unter Anrechnung der (privaten) Berufsunfähigkeitsrente. Über die gegen diese Bescheide
eingelegten Widersprüche hat die Beklagte bisher noch nicht entschieden.
Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgebracht, die Beklagte sei der irrigen Auffassung, dass die Leistungen der
Berufsunfähigkeitsversicherung im vorliegenden Fall zum Einkommen der Klägerin zu zählen seien. Zum Einkommen im Sinne des
§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehöre nicht ein Darlehen, das ein Dritter gewähre, soweit er für das Sozialamt einspringe. Einnahmen, die als Darlehen von
Verwandten gewährt würden, seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 106, 185) dem Leistungsnachfragenden nur vorübergehend zur Verfügung gestellt worden. Sie stellten deshalb keinen wertmäßigen Zuwachs
des Vermögens dar und müssten somit bei der Einkommensbemessung unberücksichtigt bleiben. Die Beklagte verkenne in diesem
Zusammenhang, dass P.S. ausschließlich in Vorleistung getreten sei. Sämtliche Gelder, die der Klägerin zur Verfügung gestellt
worden seien und würden, seien von dieser wieder zurückzuzahlen. Die Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung,
die dem Vater der Klägerin zustünden und die er der Klägerin vorläufig und darlehensweise zur Bestreitung der Kosten zur Verfügung
gestellt habe, seien nicht bei der Einkommensbemessung der Klägerin zu berücksichtigen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch
auf die Versicherungsleistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Dabei handle es sich nicht um eine sogenannte
Versicherung für fremde Rechnung. Der Klägerin stünden aus § 44 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) keine Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu. Dementsprechend sei der Vater der Klägerin auch nicht im Innenverhältnis verpflichtet
und empfange die Versicherungsleistung nicht als Treuhänder für die Versicherte. Die Beklagte verkenne in diesem Zusammenhang
die Regelungen zur Berufsunfähigkeitsversicherung nach §§ 172 bis 177 VVG. Nach § 176 VVG würden die §§ 150 bis 170 VVG als entsprechend anwendbar für die Berufsunfähigkeitsversicherung erklärt. Die §§ 150 bis 170 VVG beträfen die Regelungen zur Lebensversicherung. Damit werde die Berufsunfähigkeitsversicherung evident der Lebensversicherung
zugeordnet. Nach § 150 Abs. 1 VVG könne eine Lebensversicherung auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Bei der Lebensversicherung
als Personenversicherung sei daher anerkannt, dass eine andere Gefahrperson im Versicherungsvertrag bestimmt werde, als der
Versicherungsnehmer selbst. Diese Regelung sei nach § 176 VVG ohne Weiteres auf die Berufsunfähigkeitsversicherung anzuwenden. Insbesondere seien keine Besonderheiten der Berufsunfähigkeitsversicherung
zu erkennen, die der Anwendung entgegenstehen könnten. Damit könne auch die Berufsunfähigkeitsversicherung auf den Versicherungsnehmer
oder eine andere Person als Gefahrperson abgeschlossen werden. Nach der gesetzlichen Regelung führe die versicherungsvertragsrechtliche
Bestimmung einer anderen Person als dem Versicherungsnehmer als Gefahrperson nicht dazu, dass es sich um eine Versicherung
für fremde Rechnung handle. Der Versicherungsnehmer sei auch bei einer dritten Person als Gefahrperson ebenso wie der Inhaber
des Versicherungsscheins alleiniger Anspruchsinhaber bezüglich der Leistungen aus dem Versicherungsvertrag. Danach sei vorliegend
ausschließlich P.S. Anspruchsinhaber der Leistungen aus der abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Ein eigener
Anspruch der Klägerin bestehe nicht. Aus § 150 Abs. 1 VVG folge unmittelbar, dass in der Lebensversicherung strikt zwischen der Person des Versicherungsnehmers und der versicherten
Person zu unterscheiden sei. Der Versicherungsnehmer sei alleiniger Prämienschuldner. Ihm kämen grundsätzlich auch alle Verfügungs-
und Gestaltungsrechte aus dem Versicherungsvertrag zu. Die versicherte Person im Sinne von § 150 VVG sei lediglich der Risikoträger (Gefahrperson), weil die Versicherung auf ihr Leben genommen sei. Weder Versicherungsnehmer
noch Gefahrperson müssten aber zugleich Bezugsberechtigter sein. Bezugsberechtigter sei nach § 159 VVG diejenige Person, der im Versicherungsfall die Versicherungsleistung zukomme. Der Bezugsberechtigte werde vom Versicherungsnehmer
grundsätzlich frei bestimmt. Die Regelungen der §§ 150 VVG (versicherte Person) sowie 159, 160 VVG (Bezugsberechtigter) stellten Sonderregelungen dar, die den §§ 43 ff. VVG vorgingen. Bei der streitigen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung handele es sich ausschließlich um eine Versicherung auf
eigene Rechnung des Vaters der Klägerin.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Durch Beschluss vom 10. Dezember 2014 hat sich das SG Karlsruhe für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das
SG Mannheim verwiesen.
Das SG Mannheim hat durch Gerichtsbescheid vom 10. November 2017 die Beklagte "unter Abänderung der Bescheide vom 10.06.2013
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.01.2014 in der Fassung der Bescheide vom 23.07.2014 verurteilt, der Klägerin für
März 2014 Leistungen in Höhe von 1.572,37 € und für April 2014 in Höhe von weiteren 731,03 € zu gewähren". Im Übrigen hat
es die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien insoweit rechtswidrig, als die Beklagte der Klägerin nicht bereits
ab März 2014 Leistungen der Hilfe zur Pflege gewähre. Hinsichtlich der streitigen Anrechnung der Berufsunfähigkeitsrente bei
der Klägerin seien die Bescheide jedoch rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, die Leistungen ohne die Anrechnung
der Berufsunfähigkeitsrente zu erhalten. Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung handele es sich um eine Versicherung für fremde
Rechnung. Der Versicherungsnehmer könne den Versicherungsvertrag nach § 43 Abs. 1 VVG im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde
Rechnung). Ergebe sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag für einen anderen abgeschlossen werden solle,
gelte er nach § 43 Abs. 3 VVG als für eigene Rechnung geschlossen. Aus den Umständen ergebe sich aber vorliegend, dass der Versicherungsvertrag durch P.S.
für die Klägerin habe geschlossen werden sollen. P.S. habe die Klägerin ersichtlich für den Fall der Berufsunfähigkeit abgesichert
und versorgt wissen wollen. Dies entspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung, nach der aus dem Schicksal eines nahen Angehörigen
kein geldwerter Vorteil für sich selbst erzielt werden solle. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 VVG stünden die Rechte aus dem Versicherungsvertrag bei der Versicherung für fremde Rechnung dem Versicherten zu. Etwas Anderes
ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften zu der Berufsunfähigkeitsversicherung. Nach § 176 VVG seien die Vorschriften über die Lebensversicherung auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit
die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstünden. Während bei Leistungen aus der Lebensversicherung beim Eintritt
des versicherten Risikos, nämlich dem Tod der versicherten Person, die Versorgung des Versicherungsnehmers im Vordergrund
stehe, gelte dies gerade nicht für die Berufsunfähigkeitsversicherung, die der versicherten Person im Gegenteil hierzu zugutekommen
könne. P.S. habe das Einkommen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung auch immer an den Einrichtungsträger weitergeleitet
und damit im Interesse der Klägerin verwendet, sodass ihr das Einkommen auch dauerhaft zur Verfügung gestanden habe. Den nach
Anrechnung des Einkommens aus der Berufsunfähigkeitsrente verbleibenden Bedarf habe die Klägerin bis März 2014 aus ihrem Vermögen
bestreiten können.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 15. November 2017 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer am
15. Dezember 2017 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der sie sich gegen die Anrechnung
der monatlichen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung als Einkommen richtet. Die Leistungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
seien im vorliegenden Fall nicht zu ihrem Einkommen zu zählen. Die Klägerin hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.
Eine Treuhandkonstellation, wie sie das SG angenommen habe, liege nicht vor. Das Charakteristikum einer Treuhand bestehe darin, dass der Treugeber dem Treuhänder Rechte
übertrage oder Rechtsmacht anvertraue. Der Treuhandvertrag habe regelmäßig zwei Teile, zum einen eine schuldrechtliche Treuhandabrede,
zum anderen eine Übertragung von Rechten oder die Einräumung von Rechts- bzw. Verfügungsmacht. Vorliegend sei weder eine schuldrechtliche
Abrede noch die Übertragung von Rechten gegeben. Sie - die Klägerin - habe den Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung
nicht initiiert und habe keine Abrede mit P.S. treffen können. Die Rechte aus der Berufsunfähigkeitsversicherung hätten ihr
zu keinem Zeitpunkt zugestanden. Der Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung sei einzig und allein auf P.S. zurückzuführen.
Sie habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages keinerlei Notwendigkeit gesehen, einen solchen Versicherungsvertrag
abzuschließen. Anhaltspunkte für die Annahme eines Handelns auf fremde Rechnung fehlten vollständig. P.S. könne allein ohne
Rücksichtnahme auf das Vermögen der Klägerin berechtigt über die Leistungen der A. L. verfügen. In § 15 der Allgemeinen Bedingungen
für kapitalbildende Lebensversicherungen komme zum Ausdruck, dass die Leistung ausschließlich an den Versicherungsnehmer erbracht
werde. Mit E-Mail der A. L. vom 15. Januar 2014 werde explizit bestätigt, dass sie - die Klägerin - nur versicherte Personen
und der Vertragspartner P.S. sei. Dieser könne nach Eintritt des Versicherungsfalls über die von der A. L. erbrachten Leistungen
verfügen. Dass sich das versicherte Risiko in ihrer Person (der Klägerin) verwirklicht habe, ändere nichts an der Zuordnung
des Anspruchs zum Vermögen ihres Vaters. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass P.S. bereits mehr als 20.000,00 € aufgewendet
habe, um ihr eine von den gesetzlichen Versicherungen nicht übernommene besondere intensive Behandlung und Förderung zu ermöglichen.
Auch dies dokumentiere das ausschließlich wirtschaftliche Eigeninteresse des P.S.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10. März 2017 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide
vom 10. Juni 2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23. Januar 2014 zu verurteilen, die Kosten für die laufende Hilfe
zum Lebensunterhalt und für die Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung für die Zeit vom 26. März 2013 bis zum 31. März 2014
zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 19. Juli 2019 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens nur die Ablehnungsbescheide vom 10. Juni 2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23. Januar 2014 seien und
die Bescheide vom 23. Juli 2014 nicht Gegenstand des Verfahrens geworden seien dürften. Außerdem hat der Berichterstatter
gemäß § 106a Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) die Klägerseite aufgefordert, binnen sechs Wochen für die Zeit vom 1. März 2013 bis zum 31. März 2014 die vollständigen
Kontoauszüge der Konten der Klägerin bei der S. sowie des Wertpapierdepots vorzulegen sowie, soweit vorhanden, zu der Lebensversicherung
mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei der A. L. (Versicherungsnummer 6...) alle weiteren Vertragsunterlagen bis zum
März 2014 einzureichen. Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass der Senat Erklärungen und Beweismittel, die erst
nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht werden, unter den Voraussetzungen des § 106a Abs. 3 SGG zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne.
Der Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 9. September 2019 insbesondere die angeforderten Versicherungsunterlagen
vorgelegt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten
der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und Abs. 2 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
2. Gegenstand des Verfahrens bilden die Bescheide vom 10. Juni 2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23. Januar 2014
(§ 95 SGG), mit denen die Beklagte als zuständiger Sozialhilfeträger (vgl. §§ 3, 97 Abs. 1 und Abs. 4, 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Bezirksverwaltungsgesetz H. sowie Ziff. I der Anordnung zur Durchführung des SGBB XII) den Antrag der Klägerin auf Übernahme
der ungedeckten Heimkosten in Form der Schuldübernahme durch Verwaltungsakt (vgl. grundlegend Bundessozialgericht <BSG>, Urteil
vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 22/07 R - BSGE 102, 1; vgl. ferner Senatsurteil vom 22. Februar 2019 - L 7 SO 2541/17 - juris Rdnrn. 29 f. dazu, dass die Leistungen des notwendigen
Lebensunterhalts in Einrichtungen integraler Bestandteil der Gesamtleistung für den stationären Aufenthalt sind) anlässlich
ihres Aufenthaltes in der stationären Pflegeeinrichtung Junges Wohnen H. seit 26. März 2013 abgelehnt hatte. Hiergegen hat
sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 56 SGG) gewandt und ihr Begehren zu Recht auf die Zeit vom 26. März 2013 bis zum 31. März 2014 beschränkt. Denn die Ablehnungsbescheide
vom 10. Juni 2013 haben sich für die Zeit ab 1. April 2014 i.S.d. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - erledigt, nachdem die Beklagte auf erneuten Antrag der Klägerin vom
5. April 2014 die von ihr geschuldeten Heimkosten ab April 2014 teilweise übernommen hat. Die neuen Bescheide der Beklagten
vom 23. Juli 2014 sind nicht gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden (z.B. BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 21/08 R - juris Rdnr. 9 m.w.N.).
Das SG hat durch Gerichtsbescheid vom 10. November 2017 die Beklagte unter teilweiser Abänderung der Bescheide vom 10. Juni 2013
in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23. Januar 2014 und der Bescheide vom 23. Juli 2014 verurteilt, der Klägerin für
März 2014 Leistungen in Höhe von 1.572,27 € und für April 2014 in Höhe von weiteren 731,03 € zu gewähren. Nachdem der streitige
Zeitraum auf die Zeit von der Aufnahme in die stationäre Einrichtung am 26. März 2013 bis zum 31. März 2014 beschränkt ist
und die Beklagte kein Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid des SG Mannheim eingelegt hat, sind Leistungen für April 2014
im Berufungsverfahren nicht mehr zu prüfen.
Da für den streitigen Zeitraum das Heimentgelt vollständig entrichtet worden ist und das Begehren der Klägerin auf die Erstattung
der verauslagten Kosten für ihren stationären Heimaufenthalt gerichtet ist, bedurfte es keiner Beiladung des Einrichtungsträgers
(BSG, Urteil vom 28. August 2018 - B 8 SO 1/17 R - juris Rdnr. 11).
3. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf (höhere) Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII für die hier streitige Zeit vom 26. März 2013 bis zum 31. März 2014 zu.
a. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch bilden § 19 Abs. 3 SGB XII und § 61 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung (a.F.). Gem. § 19 Abs. 3 SGB XII wird u.a. Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht
getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder
einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses
Buches (§§ 82 ff. SGB XII) nicht zuzumuten ist. Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die
gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens
sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, ist gem. § 61 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F. Hilfe zur Pflege zu leisten. Nach § 61 Abs. 2 S. 1 SGB XII a.F. umfasst die Hilfe zur Pflege u.a. stationäre Pflege. Der Inhalt dieser Leistungen bestimmt sich nach den Regelungen
der Pflegeversicherung in §§ 28 Abs. 1 Nr. 8, 43 Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung - ( SGB XI).
b. Die Grundvoraussetzungen für die Hilfe zur stationären Pflege waren in der hier streitigen Zeit gegeben. Die Klägerin bedurfte
als Folge der schweren Gehirnblutung im September 2012 dauerhaft der Hilfe zur stationären Pflege, die in der stationären
Pflegeeinrichtung Junges Wohnen H. erbracht wurde.
c. Der Bedarf der Klägerin ergibt sich aus dem von ihr der stationären Einrichtung auf Grundlage des Heimvertrages geschuldeten
Entgelt, dessen Höhe sich nach der im Einvernehmen mit dem örtlichen Sozialhilfeträger zwischen dem Einrichtungsträger und
den Pflegekassen geschlossenen Vergütungsvereinbarung bestimmt (§ 75 Abs. 5 SGB XI), ihren Aufwendungen für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung sowie dem Barbetrag zur persönlichen Verfügung i.S.d.
§ 27b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII.
Die Klägerin hatte kalendertäglich 124,00 € bzw. ab August 2013 127,28 € zu entrichten, sodass ein Heimentgelt in Höhe von
744,00 € (März 2013), 3.720,00 € (April, Juni 2013) bzw. 3.844,00 € (Mai, Juli 2013) und 3.818,40 € (September, November 2013)
sowie von 3.945,68 € (August, Oktober, Dezember 2013 und Januar, März 2014) bzw. 3.563,84 € (Februar 2014) angefallen ist.
Abzusetzen sind davon die von der Pflegekasse erbrachten Leistungen für die stationäre Pflege in Höhe von 396,00 € (März 2013)
und von monatlich 1.279,00 € (April 2013 bis März 2014). Danach hatte die Klägerin für ihren stationären Aufenthalt folgende
Kosten zu tragen:
- März 2013
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348,00 €
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- April, Juni 2013
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2.441,00 €
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- Mai, Juli 2013
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2.565,00 €
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- August, Oktober, Dezember 2013
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2.666,68 €
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- September, November 2013
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2.539,40 €
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- Januar, März 2014
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2.666,68 €
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- Februar 2014
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2.284,84 €.
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Hinzu kommen die Aufwendungen der Klägerin für ihre freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. § 32 Abs. 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung), die sich in der streitigen Zeit auf monatlich 154,51 € belaufen haben.
Schließlich ist der Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von monatlich 103,14 € und ab Januar 2014 von monatlich 105,57
€ zu berücksichtigen.
d. Die Klägerin war in der Zeit vom 26. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 bereits im Hinblick auf ihre Lebensversicherung bei
der H. Lebensversicherung nicht hilfebedürftig. Sie verfügte über verwertbares Vermögen. Vermögen sind alle beweglichen und
unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte, soweit
sie nicht normativ dem Einkommen zuzurechnen sind. Das Vermögen umfasst die Summe aller aktiven Vermögenswerte (z.B. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 28/09 R - juris Rdnr. 22). Alle aktiven Vermögenswerte müssen grundsätzlich zur Sicherung des Lebensunterhaltes eingesetzt werden.
Deshalb erfordert die Bedürftigkeitsprüfung im SGB XII keine Saldierung aller Aktiva und Passiva. Vielmehr sind alle Vermögensbestandteile einzeln zu betrachten. Zu berücksichtigen
ist nur das tatsächlich vorhandene Vermögen (Senatsurteil vom 4. August 2016 - L 7 SO 1394/16 - juris Rdnr. 32).
Die Klägerin war Inhaberin einer prämienfreien Lebensversicherung Nr. 8..., die im Juli 2013 aufgelöst wurde. Der Rückkaufswert
(einschließlich Überschussbeteiligung) stellt den für die Vermögensprüfung maßgeblichen Verkehrswert dar (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 29/12 R - juris Rdnrn. 13, 29; Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 10/13 R - BSGE 115, 148). Dieser belief sich am 1. April 2013 auf 15.358,10 € (Schreiben der H. Lebensversicherung vom 25. März 2013) und zum 16.
Juli 2013 auf 15.454,00 € (Abrechnung der H. Lebensversicherung vom 16. Juli 2013). Die Lebensversicherung der Klägerin war
auch verwertbar. Insbesondere war es der Klägerin möglich, den Rückkaufswert ihrer Lebensversicherung zeitnah zu realisieren.
Dies zeigt der vorliegende Geschehensablauf. Ausweislich des Schreibens der Betreuer der Klägerin vom 14. Juni 2013 haben
sie die Lebensversicherung der Klägerin im Juni 2013 gekündigt. Bereits unter dem 16. Juli 2013 hat die H. Lebensversicherung
die Versicherungsleistung abgerechnet und am 17. Juli 2013 auf das Girokonto der Klägerin ausbezahlt. Unter diesen Umständen
ist von einer kurzfristigen Verwertungsmöglichkeit bereits zum Zeitpunkt der Sozialhilfeantragstellung auszugehen.
Der Verkehrswert der Lebensversicherung hat die für die Klägerin maßgebliche Freibetragsgrenze nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b) Barbetragsverordnung in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung in Höhe von 2.600,00 € bei Weitem überschritten.
Die Voraussetzungen für eine Vermögensschonung nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII lagen nicht vor. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der Lebensversicherung ist im Hinblick auf die
Prämienfreiheit und die Höhe des Rückkaufswertes nicht ersichtlich; eine solche wurde von der Klägerin auch zu keinem Zeitpunkt
geltend gemacht. Schließlich war die Verwertung der Lebensversicherung auch nicht aufgrund des Ausnahmetatbestandes des §
90 Abs. 3 SGB XII ausgeschlossen (z.B. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 7/08 R - juris Rdnr. 22); eine besondere Härte wegen eines atypischen Sachverhalts hat
die Klägerin nicht geltend gemacht, ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Auf die durch Gesetz vom 23. Dezember 2016 (BGBl.
I, S. 3234) mit Wirkung zum 1. Januar 2017 eingefügten Regelungen der §§ 60a, 66a SGB XII kann sich die Klägerin nicht berufen. § 60a SGB XII ist bereits tatbestandlich nicht einschlägig, weil die Klägerin keine Leistungen der Eingliederungshilfe bezieht. Auch die
Voraussetzungen des § 66a SGB XII liegen nicht vor, weil die Klägerin das Guthaben der Lebensversicherung nicht ganz oder überwiegend als Einkommen aus selbständiger
und nichtselbständiger Tätigkeit während des Leistungsbezugs erworben hat. Im Übrigen sind die erst zum 1. Januar 2017 in
Kraft getretenen Vorschriften nicht auf den hier streitigen Zeitraum anwendbar.
Solange den Freibetrag übersteigendes Vermögen vorhanden ist, mit dem der Bedarf im jeweiligen Bedarfsmonat gedeckt werden
kann, scheidet eine Gewährung von Sozialhilfeleistungen aus; ein fiktiver Vermögensverbrauch findet dabei nicht statt (BSG, Urteil vom 28. August 2018 - B 8 SO 1/17 R - juris Rdnr. 28; Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 19/10 R - juris Rdnr. 27).
Demnach kommt eine Hilfegewährung für die Monate März bis Juli 2013 wegen des Vermögens in Form der Lebensversicherung von
vornherein nicht in Betracht.
e. Für die Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 verfügte die Klägerin über einzusetzendes Einkommen, mit dem sie
ihren Bedarf jeweils teilweise decken konnte.
Gem. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente
nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit,
bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Als Einkommen gilt all das, was jemand in Form von Geld oder Geldeswert in der Bedarfszeit dazu erhält. Für die Frage, ob
Einkommen vorliegt, spielt es zunächst keine Rolle, welcher Art die Einnahmen sind, woher sie stammen, ob sie einen Rechtsgrund
haben, wie sie geleistet wurden (einmalig oder laufend, regelmäßig oder unregelmäßig und unter welcher Bezeichnung bzw. Form)
und ob und inwieweit die Einnahmen nach dem Einkommensteuergesetz ( EStG) steuerpflichtig wären (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2013 - B 8 SO 12/11 R - BSGE 113, 86 - juris Rdnr. 14; Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 20/08 R - BSGE 108, 241 - juris Rdnr. 14; vgl. ferner § 1 Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII). Einkommen ist all das, was jemand wertmäßig dazu erhält, ohne Rücksicht darauf, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahme
besteht oder ob die Zahlung ohne Rechtspflicht erfolgt (vgl. Giere in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 82 Rdnr. 16; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 82 Rdnr. 14; Lücking in Hauck/Notfz, § 82 SGB XII <Stand November 2014> Rdnr. 15; von Koppenfels-Spies in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Sozialrecht, 9. Aufl. 2019, § 82 SGB XII Rdnr. 5).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die seitens der A. L. monatlich an P.S. ausgezahlte private Berufsunfähigkeitsrente
in Höhe von 1.458,14 € Einkommen der Klägerin. Zwar wurde dieser Betrag nicht mehr wie in der Zeit von Oktober 2012 bis April
2013 auf das Konto der Klägerin überwiesen. Jedoch hat P.S. die von ihm als Versicherungsnehmer vereinnahmte Berufsunfähigkeitsrente
im Interesse der Klägerin zur Begleichung des von ihr geschuldeten Heimentgeltes Monat für Monat eingesetzt und verwendet.
P.S. hat in der Sache als Zahlstelle der Klägerin, der die Berufsunfähigkeitsrente materiell-rechtlich zustand (dazu sogleich),
fungiert. Etwas Anderes folgt nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, dass P.S. ihr die - ihm nach seiner Ansicht rechtlich
zustehende - Berufsunfähigkeitsrente darlehensweise zugewendet habe, damit sie ihren Zahlungspflichten nachkommen könne. Zwar
sind nach der Rechtsprechung des BSG lediglich vorübergehend zur Verfügung stehende Einnahmen nicht als Einkommen zu qualifizieren, namentlich echte Darlehen,
bei denen von Anfang an eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung i.S.d. § 488 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB) besteht, sowie zurückzuzahlende Zuwendungen, die wegen einer rechtswidrigen Leistungsablehnung erbracht werden und die nur
vorübergehend bis zu einem Einsetzen der Hilfe gewährt werden (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 24/11 R - juris Rdnr. 25; Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 15/11 R - juris Rdnr.
25; Schmidt in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014 <Stand 13. August 2018>, § 82 Rdnr. 25). Jedoch steht einer darlehensweisen Zuwendung bereits entgegen, dass eine entsprechende Darlehensvereinbarung zwischen
P.S. als Darlehensgeber auf der einen Seite und der Klägerin als Darlehensnehmerin, vertreten durch P.S. als Betreuer, auf
der anderen Seite gem. §§ 1908i, 1822 Nr. 8 BGB einer Genehmigung des Betreuungsgerichts bedurft hätte, die ersichtlich nicht vorliegt.
Auch standen der Klägerin die Versicherungsleistungen aus der Berufungsunfähigkeitsversicherung materiell-rechtlich zu. Ausgehend
von dem durch P.S. im September 2003 geschlossenen Lebensversicherungsvertrag mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
ergibt sich, dass P.S. Versicherungsnehmer und die Klägerin die versicherte Person ist. Weiterhin hat P.S. keinen Bezugsberechtigten
i.S.d. §§ 159, 160 VVG bestimmt. Jedoch stellt die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung eine Versicherung für fremde Rechnung i.S.d. § 43 Abs. 1 VVG dar, sodass die Rechte aus diesem Vertrag, d.h. der Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, der Klägerin zustehen
(§ 44 Abs. 1 Satz 1 VVG).
Nach § 176 VVG sind Vorschriften über die Lebensversicherung (§§ 150 bis 170 VVG) entsprechend auf die Berufsunfähigkeitsversicherung anwendbar, soweit die Besonderheit dieser Versicherung nicht entgegensteht
und die Interessenlage vergleichbar ist. Zu den entsprechend anwendbaren Regelungen zählt auch § 150 Abs. 1 VVG (Dörner in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 176 Rdnr. 3; Lücke in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 176 Rdnr. 4; Mangen in BeckOK VVG, Stand 28. Februar 2019, § 176 Rdnr. 2; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 176 Rdnr. 1). Danach kann die Lebensversicherung auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen (versicherte Person
oder Gefahrperson) genommen werden. Davon ist die Frage zu trennen, wem die Versicherungsleistung zustehen soll. Dies kann
sowohl der Versicherungsnehmer, die versicherte Person oder ein Bezugsberechtigter sein (Heiss in Langheid/Wandt, Münchner
Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 150 Rdnr. 9 f.; Reich in BeckOK VVG, Stand 31. Dezember 2017, § 150 Rdnr. 20: Schneider in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 150 Rdnr. 3). Hinsichtlich der Bezugsberechtigung regelt § 159 Abs. 1 VVG, dass der Versicherungsnehmer im Zweifel berechtigt ist, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten
zu bezeichnen sowie an die Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen (vgl. auch § 15 der Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung). Diese Regelung modifiziert die Vorschriften des
BGB über den Vertrag zugunsten Dritter (Brambach in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl. 2015, § 159 Rdnr. 1 f.; Heiss in Langheid/Wandt, Münchner Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 159 Rdnr. 1). Wie bereits geschildert, hat P.S. keinen Bezugsberechtigten bestimmt. Der Bestimmung der Bezugsberechtigung vorgelagert
ist die Frage, ob der Versicherungsvertrag eine Versicherung für fremde Rechnung beinhaltet (vgl. Dageförde in Langheid/Wandt,
Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 43 Rdnr. 52; Klimke in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, Vorb. §§ 43- 48 Rdnr. 1). Nach § 43 Abs. 1 VVG, der für alle Versicherungszweige gilt (Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl. 2015, § 43 Rdnr. 1; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 43 Rdnrn. 6, 16), kann der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung
der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung). Ergibt sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag
für einen anderen geschlossen werden soll, gilt er als für eigene Rechnung geschlossen (§ 43 Abs. 3 VVG). Eine Versicherung für fremde Rechnung liegt demnach vor, wenn derjenige, der den Versicherungsvertrag mit dem Versicherer
im eigenen Namen abschließt (Versicherungsnehmer) damit Risiken, die einen anderen treffen (den Versicherten), deckt (Muschner
in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl. 2015, § 43 Rdnr. 3; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 43 Rdnr. 1). Nicht anwendbar sind die §§ 43?ff. VVG, wenn der Versicherungsnehmer lediglich ein eigenes Interesse daran decken will, dass Gefahren für die Person oder die Güter
eines Anderen abgesichert werden (Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 43 Rdnr. 3). Mit Abschluss der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wollte P.S. kein eigenes Interesse decken. Versichert durch
die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist der Eintritt der Berufsunfähigkeit der Klägerin, die die Zahlung einer monatlichen
Berufsunfähigkeitsrente zur Folge hat. Sinn und Zweck einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist es, die finanziellen Nachteile,
die mit dem Ausfall oder einer wesentlichen Einschränkung der Arbeitskraft der versicherten Person regelmäßig einhergehen,
auszugleichen (Bundesgerichtshof <BGH>, Urteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10 - juris Rdnr. 14; Dörner in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 172 Rdnr. 1; Mangen in BeckOK VVG, Stand 28. Februar 2019, § 172 Rdnr. 4; Mertens in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl. 2015, § 172 Rdnr. 5; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 3. Aufl. 2014 Rdnr. 64; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 172 Rdnr. 1). Zielsetzung einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist es, im Falle eines berufsunfähigkeitsbedingten Einkommenswegfalls
der versicherten Person deren wirtschaftliche Existenzgrundlage und damit ihren sozialen Status zumindest partiell zu erhalten.
Im Hinblick auf diese Zweckrichtung einer Berufsunfähigkeitsversicherung ging es von Anfang an um die Absicherung des Interesses
der Klägerin als versicherte Person. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt des Abschlusses der Berufsunfähigkeitsversicherung
die Klägerin bereits volljährig war und diese Versicherung nicht dem Interesse eines Sorgeberechtigten an der Absicherung
vor eigenen Einbußen, verursacht durch eine Berufsunfähigkeit der Klägerin, gedient hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2006
- IV ZR 205/04 - NJW 2006, 1434). Eigene wirtschaftliche Einbußen des P.S., die mit einer Berufsunfähigkeit der Klägerin unmittelbar verbunden wären, sind
nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 390/12 - NJW 2014, 778). Die Behauptung der Klägerin, sie sei mit dem Abschluss der Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsversicherung durch
P.S. nicht befasst gewesen, steht im Widerspruch zu § 150 Abs. 2 Satz 1 VVG, wonach zur Wirksamkeit des zugrundeliegenden Lebensversicherungsvertrages die schriftliche Einwilligung der Klägerin erforderlich
war (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1998 - IV ZR 306/97 - BGHZ 140, 167). Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin ihre schriftliche Einwilligung, die sich auch auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
bezieht (vgl. Mangen in BeckOK VVG, Stand 28. Februar 2018, § 176 Rdnr. 3), zum Abschluss des Lebensversicherungsvertrages erteilt hat und um ihre Absicherung für den Fall einer Berufsunfähigkeit
gewusst hat. Schließlich ist die steuerrechtliche Einordnung und Beurteilung der Berufsunfähigkeitsrente für die Qualifikation
als Einkommen i.S.d. § 82 SGB XII nicht relevant.
Demnach stand die Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 1.458,14 € der Klägerin zu (§ 44 Abs. 1 Satz 1 VVG), sodass auch kein Grund für einen Anspruch des P.S. gegen die Klägerin auf "Erstattung" dieser Beträge ersichtlich ist.
Im September 2013 ist der Klägerin in Form der Einkommensteuererstattung in Höhe von 629,82 € weiteres Einkommen zugeflossen.
Absetzungen von diesem Einkommen sind nicht vorzunehmen (§ 82 Abs. 2 SGB XII). Die Klägerin hat dieses Einkommen nach §§ 87, 88, 92a SGB XII zur Deckung ihres Bedarfs vollständig einzusetzen.
Demnach stehen dem Einkommen der Klägerin in Höhe von 1.458,14 € bzw. im September 2013 von 2.07,96 € folgende Bedarfe gegenüber:
Bedarf:
- August, Oktober, Dezember 2013
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2.666,68 € + 154,51 € + 103,14€ = 2.924,33 €
|
- September, November 2013
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2.539,40 € + 154,51 € + 103,14 € = 2.882,65 €
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- Januar, März 2014
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2.666,68 € + 154,51 € + 105,57 € = 2.926,76 €
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- Februar 2014
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2.284,84 € + 154,51 € + 105,57 € = 2.544,62€
|
Daraus ergeben sich nach jeweiliger Einkommensanrechnung verbleibende Bedarfe:
- August, Oktober, Dezember 2013
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1.466,19 €
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- September 2013
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794,69 €
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- November 2013
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1.364,51 €
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- Januar, März 2014
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1.468,62 €
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- Februar 2014
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1.086,48 €
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f. Diese ungedeckten Bedarfe in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 28. Februar 2014 vermochte die Klägerin aus ihrem Vermögen
zu decken. Hinsichtlich des Bedarfsmonats März 2014 hat das SG der Klägerin einen Anspruch in Höhe von 1.572,37 € zugesprochen, der ihren tatsächlichen Bedarf übersteigt, sodass allein
deshalb ein weitergehender Anspruch ausscheidet.
In dem Zeitraum August 2013 bis Februar 2014 verfügte die Klägerin zunächst auf den Konten bei der S. (Wertpapierdepot und
Sparbuch) über verwertbares Vermögen in Höhe von 1.930,63 € (926,47 € + 1.004,31 €). Zwar haben die Kontoguthaben der Klägerin
unter Einbeziehung der Girokonten Nr. Y (S.) und Nr. X (Sparkasse K.) in den Bedarfsmonaten August 2013 und Oktober 2013 nur
geringfügig die für sie maßgebliche Vermögensfreigrenze in Höhe von 2.600,00 € überschritten. Jedoch ist der Senat davon überzeugt,
dass die Klägerin die ihr im Juli 2013 ausbezahlte Lebensversicherung (15.384,85 €) sukzessive bis März 2014 verbraucht hat.
Zwar hat P.S. als Betreuer der Klägerin von deren Konto am 19. Juli 2013 16.055,35 € an sich selbst zur Begleichung vermeintlicher
Forderungen überwiesen. Dabei hat er zunächst übersehen, dass ihm hinsichtlich der durch die A. L. an die Klägerin für die
Zeit von Oktober 2012 bis April 2014 ausbezahlten Berufsunfähigkeitsrente kein materiell-rechtlicher Anspruch auf diese Versicherungsleistung
zugestanden hat. Damit geht sein "Erstattungsanspruch", den er mit 10.617,11 € beziffert hat, ins Leere. Weiterhin ist zu
beachten, dass P.S. zwar von dem Konto der Klägerin mehr als die ausbezahlte Lebensversicherung abgehoben hat, jedoch die
Rechnungen der Pflegeeinrichtung für die Monate August 2013 bis Februar 2014, soweit sie nicht bereits durch die Berufsunfähigkeitsrente
finanziert waren, aus dem Guthaben der Lebensversicherung bezahlt hat. Mithin hat er aus Mitteln der Klägerin, ihrem Vermögen,
die ungedeckten Heimkosten in Höhe von insgesamt 9.112,87 € finanziert. Unter diesen Umständen verfügte die Klägerin im hier
streitigen Zeitraum über einzusetzendes Vermögen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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