Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Prüfung der Erfolgsaussichten bei einer Anfechtungsklage gegen einen bestandskräftigen Bescheid
Gründe
I.
Streitig ist (wohl) der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.09.2015.
Dem Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 22.07.2015 Alg II vom 01.06.2015 bis 30.11.2015 in Höhe von 399,00 € monatlich bewilligt
worden. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Nachdem der Kläger eine Arbeitsaufnahme ab 10.08.2015 mitgeteilt, aber keine
der vom Beklagten geforderten Unterlagen hierüber vorgelegt hatte, hob der dieser mit Bescheid vom 17.09.2015 die Bewilligung
von Alg II wegen der Arbeitsaufnahme auf. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid keinen Rechtsbehelf eingelegt. Am 19.11.2016
legte der Kläger eine Lohnabrechnung für August 2015 vor, laut der er nur vom 10.08.2015 bis 15.08.2015 beschäftigt gewesen
sei und ca. 131,00 € verdient habe. Im Dezember 2015 stellte der Kläger einen Weiterbewilligungsantrag. Der Beklagte ist von
einem Weiterbewilligungsantrag zum 01.11.2015 ausgegangen und versagte die Leistungen ab 01.11.2015 mangels Mitwirkung des
Klägers mit Bescheid vom 18.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2016.
Am 14.01.2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) mit dem Begehren erhoben, die bis November 2015 bewilligten "monatlichen Bezüge", die Ende August 2015 eingestellt worden
seien, nachzuzahlen (Schriftsatz vom 29.04.2016). Zudem hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren
begehrt. Das SG hat mit Beschluss vom 11.01.2017 den Antrag auf Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die
Klage sei als Untätigkeitsklage wegen der Nichtentscheidung des Beklagten über den Weiterbewilligungsantrag ab 01.11.2015
auszulegen. Mit Erlass des Bescheides vom 18.07.2016 sei diese Klage unzulässig geworden.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II.
Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht
nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht
den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder
zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich
ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. §
73a Rn.7ff.). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen
auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch
nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die
durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist
es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten
ihres Begehrens PKH vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Vorliegend fehlt es an der hinreichenden Erfolgsaussicht, auch wenn das SG das Klagebegehren unzutreffend ausgelegt haben dürfte. Mit seiner am 14.01.2016 erhobenen Klage hat der Kläger Leistungen
ab 01.09.2015 (so Schreiben an das SG vom 29.04.2016) begehrt, also eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 17.09.2015 erhoben. Soweit er - was vorliegend
nicht bekannt ist - nicht bereits vorhergehend eine Klage gegen den Aufhebungsbescheid vom 17.09.2015 erhoben haben sollte
- ein Widerspruch gegen diesen Bescheid findet sich in den Akten des Beklagten jedenfalls nicht -, ist der Bescheid vom 17.09.2015
bestandskräftig geworden. Eine am 14.01.2016 erhobene Anfechtungsklage hiergegen ist somit ohne Aussicht auf Erfolg.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).