Gründe
I.
Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-)
gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeiten vom 01.05.2015 bis 31.07.2015 und 01.06.2015 bis 31.08.2015 um jeweils 10 Prozent des Regelbedarfes.
Die Klägerin bezieht seit langem Alg II. Mit Meldeaufforderung vom 18.02.2015 forderte der Beklagte die Klägerin auf, am 05.03.2015
um 8.15 Uhr zur Besprechung der aktuellen beruflichen Situation zu erscheinen. In der dazu erteilten Rechtsfolgenbelehrung
wird - wie in allen Rechtsfolgenbelehrungen zu Meldeaufforderungen (so der Beklagte) - auf ein Verhalten entsprechend §
309 Abs.
3 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) nicht hingewiesen. Auf den Einwand der Klägerin vom 02.03.2015 hin, die Meldeaufforderung sei nicht unterschrieben und es
gebe weitere Unzumutbarkeitsgründe, forderte der Beklagte die Klägerin erneut mit Meldeaufforderung vom 03.03.2015 auf, am
05.03.2018 um 8.15 Uhr zu erscheinen, ohne auf die Einwände der Klägerin einzugehen. Die Klägerin erschien nicht. Mit Bescheiden
vom 17.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 hob der Beklagte nach Anhörung der Klägerin die bereits
bewilligten Leistungen teilweise für die Zeit vom 01.05.2015 bis 31.07.2015 wegen des Eintritts einer Minderung auf.
Mit weiterer Meldeaufforderung vom 09.03.2015 lud der Beklagte die Klägerin erneut zur Besprechung der aktuellen beruflichen
Situation für den 02.04.2015 um 11.30 Uhr ein. Die Rechtsfolgenbelehrung entsprach der vorangegangenen. Die Klägerin erschien
nicht. Mit Bescheiden vom 19.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2015 hob der Beklagte die bewilligten
Leistungen für die Zeit vom 01.06.2015 bis 31.08.2015 um 10 von Hundert des Regelbedarfs teilweise wegen des Eintritts einer
Minderung auf.
Wegen beider Minderungen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2018 die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Die erteilten Rechtsfolgenbelehrungen seien
unvollständig, denn auf ein Verhalten entsprechend §
309 Abs.
3 Satz 2
SGB III sei darin nicht hingewiesen worden. Die Klägerin hätte auch darauf hingewiesen werden müssen, dass ihr Erscheinen am selben
Tag zu einer anderen Uhrzeit ebenfalls genüge, wenn der Meldezweck noch erfüllt werden könne. Über diese Möglichkeit sei die
Klägerin nicht informiert worden. Der schlichte Hinweis auf den Gesetzestext (hier: §
309 SGB III) genüge nicht. Die erteilte Rechtfolgenbelehrung vermittle den Anschein, die Meldepflicht sei bei Nichterscheinen zur angegebenen
Uhrzeit verletzt und ein späteres Erscheinen ändere hieran nichts. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Der vom SG zitierten Entscheidung des Sozialgerichts Leipzig (S 22 AS 2098/16 ER) stünde eine Entscheidung des Sozialgerichts München (S 40 AS 1532/17 ER) gegenüber. Der Text des §
309 SGB III läge dem Einladungsschreiben jeweils bei. Im Übrigen werde eine zeitliche Abstimmung von Terminen für den Beklagten kaum
mehr durchführbar, wenn von der Möglichkeit des §
309 Abs.
3 Satz 2
SGB III vermehrt Gebrauch gemacht würde. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II.
Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß §
145 Abs.
1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht.
Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG).
Nach §
144 Abs.
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter
Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des
Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/ Schmidt,
SGG, 12.Aufl., §
144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur
nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten
ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).
Vorliegend ist weder ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung zu erkennen, noch wird vom Beklagten ein Verfahrensfehler, auf dem das Urteil des
SG beruhen kann, geltend gemacht.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt auch nicht vor. Die Rechtsfrage, welchen Inhalt eine Rechtsfolgenbelehrung
haben muss, ist nämlich durch das BSG bereits geklärt (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - veröffentlicht in juris). Hiernach setzt die Wirksamkeit einer Rechtsfolgenbelehrung im Rahmen von Meldeaufforderungen
nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG voraus, dass sie im Einzelfall konkret, richtig und vollständig ist und zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweils geforderten
Verhalten erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten
Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergeben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliegt.
Ob die Rechtsfolgenbelehrung in den hier zu überprüfenden Meldeaufforderungen diesen Vorgaben entspricht, ist keine Rechtsfrage,
sondern stellt sich als Tatsachenfrage bzw. Frage der zutreffenden Subsumtion dar. Dass die Klärung von Tatsachenfragen mit
verallgemeinerungsfähigen Auswirkungen zu erwarten ist, genügt nicht (Leitherer a.a.O. RdNr. 29). Die Zulassung wegen grundsätzlicher
Bedeutung erfordert eine sich stellende Rechtsfrage, also eine die Rechtsanwendung betreffende, mit den Mitteln juristischer
Methodik zu beantwortende Frage. Tatsächliche Fragen reichen nicht aus, auch nicht, soweit tatrichterliche Würdigungen oder
sogenannte generelle Tatsachen betroffen sind (Leitherer a.a.O. § 160 RdNr. 7). Im Kern und der Sache nach betrifft die vom
Beklagten formulierte Frage letztlich nur Einzelheiten im Rahmen der Subsumtion eines bestimmten Lebenssachverhaltes unter
die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten abstrakten Abgrenzungskriterien und Zuordnungsmerkmale für die
Wirksamkeit einer Rechtfolgenbelehrung (vgl. auch: BSG, Beschluss vom 09.02.2016 - B 12 R 11/15 B - veröffentlicht in juris). Allein die Behauptung, es gebe keine obergerichtliche Rechtsprechung zu einer bestimmten Formulierung
in einer Rechtsfolgenbelehrung, genügt regelmäßig nicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache; das gilt
selbst dann, wenn der Einzelfall beispielgebend für eine Vielzahl von Rechtsfolgenbelehrungen wäre (vgl. BSG a.a.O.).
Vorliegend handelt es sich somit allein um eine Tatsachenfrage, nämlich, ob die erteilte Rechtsfolgenbelehrung den vom BSG aufgestellten Anforderungen an Rechtsfolgenbelehrungen entspricht. Dass die Entscheidung des SG gegebenenfalls in der Sache unrichtig sein kann, vermag die Berufung nicht zu eröffnen; denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde
ist nicht, ob das SG in der Sache richtig entschieden hat (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 04.07.2000 - B 7 AL 4/00 B - veröffentlicht in juris).
Offen gelassen werden kann daher, ob die vom Beklagten aufgeworfene Frage überhaupt entscheidungserheblich ist, denn nach
der von diesem übersandten Aufstellung über die Einladungen (erste Einladung) bzw Meldeaufforderungen wird diese ständig gegenüber
der Klägerin wiederholt, ohne auf deren Vorbringen (mangelnde Unterschrift) einzugehen und ohne eine eventuell gemäß der Entscheidung
des BSG (Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R- veröffentlicht in juris) erforderliche Ermessensentscheidung zu treffen. Zudem ist vorliegend bereits fraglich, ob der
jeweils angegebene Meldezweck (Besprechung der aktuellen beruflichen Situation) tatsächlich auch besteht.
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass die Entscheidung des SG rechtskräftig ist (§
145 Abs.
4 Satz 4
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).