Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1976 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben von September 1992 bis Februar 1996 eine Lehre zum Gas- und Wasserinstallateur
absolviert. Im Anschluss daran war er bis Mai 2003 als Zugführer/Zugbegleiter und zuletzt von 2006 bis Juni 2007 als Wärmepumpenlöter
versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1. Juli 2007 ist der Kläger arbeitslos bzw. arbeitsunfähig.
Der Kläger begehrte mit Antrag vom 28. April 2008 die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von der Beklagten.
Angeregt wurde dieser Antrag durch die Bahn-Betriebskrankenkasse, nachdem deren medizinischer Dienst im Gutachten vom 28.
Januar 2008 festgestellt hatte, dass der Kläger weiter arbeitsunfähig auf Zeit sei und eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit
bei ihm vorliege. Der Kläger nahm daraufhin vom 19. Juni bis 31. Juli 2008 an Maßnahmen zur stationären Rehabilitation auf
psychosomatischer/psychotherapeutischer Grundlage in der Klinik R., Bad W., teil. Dort wurde eine posttraumatische Belastungsstörung,
ein Diabetes mellitus IIb, eine geringe gemischte Hyperlipidämie, ein angiomatöser Prozess am linken Handgelenk sowie ein
lokales Cervikal- und Lumbalsyndrom diagnostiziert. Aufgrund der schwerwiegenden psychosomatischen Erkrankung sei der Kläger
derzeit nur in der Lage, leichte Arbeiten unter drei Stunden täglich zu verrichten.
Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. R. vom 26. Januar 2009 ein. Dieser stellte
beim Kläger eine Agoraphobie mit Panikstörung fest. Bei zumutbarer Willensanspannung sei es dem Kläger möglich, die zuletzt
ausgeübte Tätigkeit als Löter, die erlernte Tätigkeit als Gas- und Wasserinstallateur sowie Tätigkeiten auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt ohne quantitative oder qualitative Einschränkungen verrichten.
Die Beklagte lehnte daraufhin den in einen Rentenantrag umgedeuteten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe mit angefochtenem
Bescheid vom 2. März 2009 ab.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch verwies der Kläger auf die Feststellungen der Klinik R. und des medizinischen Dienstes
der Krankenkassen. Seine gesundheitliche Situation und die damit verbundenen Einschränkungen seien nicht genügend gewürdigt
worden. Er legte ein Attest des Allgemeinarztes Dr. H. vor, wonach sich die psychische Erkrankung des Klägers seit Antragstellung
deutlich verschlechtert habe. Der insulinpflichtige Diabetes mellitus sowie die Schädigung der linken Hand durch den aneurysmatischen
Gefäßprozess seien ebenfalls nicht hinreichend gewürdigt worden.
Der Widerspruch wurde nach Beiziehung eines weiteren nervenärztlichen Befundberichts von Dr. F. und einer Einholung einer
Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2009 zurückgewiesen.
Zur Begründung der hiergegen zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Kläger auf eine posttraumatische Belastungsstörung, eine ausgeprägte Antriebsminderung, eine Stoffwechselkrankheit
und orthopädische Gesundheitsstörungen sowie auf den Entlassungsbericht der Kurklinik R. verwiesen.
Das SG hat Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. H., des Neurologen und Psychiaters Dr. H. und des Internisten Dr. K. beigezogen
sowie gemäß §
106 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. C. vom 4. Mai 2010. Der Sachverständige hat beim
Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Dysthymia
2. Agoraphobie mit Panikstörung
3. Chronifizierte Verlaufsform einer posttraumatischen Belastungssttörung
4. Nicht organische Insomnie (Schlafstörungen)
5. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus ohne neurologische Komplikationen.
Der Kläger sei noch in der Lage, körperlich leichte und teilweise mittelschwere Tätigkeiten im Gehen, Stehen und Sitzen sowie
im Wechselrhythmus mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten unter Lärmexposition,
in Akkord oder unter Zeitdruck, in Nachtschicht, mit Führungsverantwortung sowie mit besonderen psychosozialen Stresssituationen
und mit vielen Menschen in einem kleinen Raum. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Das SG hat daraufhin die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. August 2010 unter Berufung auf das Gutachten von Dr. C. abgewiesen.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht erhobenen Berufung hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Der
Kläger sei durch Gewalterfahrungen in Kindheit und Jugend sowie durch den Umstand, dass er als Zugführer 3 Suizidunfälle verkraften
musste, traumatisiert worden. Die Schwere dieser Traumatisierung sei von Dr. C. nicht im vollen Umfang berücksichtigt worden.
Von der Versorgungsverwaltung sei ein Grad der Behinderung von 50 allein für die seelische Erkrankung vergeben worden. Auch
seien die weiteren leistungsmindernden Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen.
In seiner ergänzenden Stellungnahme hierzu hat Dr. C. ausgeführt, der psychopathologische Befund und der gesamte Krankheitsverlauf
rechtfertige in keiner Weise die Annahme einer Leistungsunfähigkeit des Klägers. Auch die Gesundheitsstörungen an der linken
Hand führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Bei seiner Untersuchung des Klägers habe er keine wesentlichen Auffälligkeiten
feststellen können. An der sozialmedizinischen Bewertung werde daher festgehalten.
Auf Antrag des Klägers gemäß §
109 SGG hat der Senat ein psychiatrisches Gutachten von Dr. E. vom 28. Juli 2011 eingeholt. Dieser hat beim Kläger eine passiv-aggressive
Persönlichkeitsstörung und eine Benzodiazepinabhängigkeit diagnostiziert. Eine Dysthymie, eine posttraumatische Belastungsstörung,
eine Agoraphobie und eine Panikstörung ließen sich nicht verifizieren. In den früheren Gutachten sei die deutliche Verfälschungstendenz
des Klägers im Sinne einer Aggravation nicht bemerkt worden. Der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt Arbeiten zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten mit Steuerungsfunktionen, Regelungstätigkeiten, Arbeiten
an Maschinen mit Verletzungsgefahr. Der Kläger sei noch in der Lage, Tätigkeiten zu verrichten, die üblicherweise in ungelernten
Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen. Tätigkeiten als Zugführer, in der Produktion sowie PC-Arbeiten seien jederzeit vollschichtig
möglich. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe dahingehend, dass der Kläger ohne Entgiftung bei fortgesetztem Suchtmittelkonsum
nicht am Straßenverkehr teilnehmen sollte, er sei nicht fahrtauglich. Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.
In einer Stellungnahme hierzu hat der Kläger erneut auf den Abschlussbericht der Klinik R., Bad W., verwiesen und darüber
hinaus ausgeführt, er habe vor der Erstellung des Gutachtens bei Dr. C. die doppelte Dosis Schlaftabletten genommen, um das
Gutachten und den damit verbundenen Tag gut durchstehen zu können. Dies sei von Dr. C. nicht berücksichtigt worden. Das gesamte
Gutachten spiegele nicht seine tatsächliche Leistungsfähigkeit wieder, da er unter normalen Umständen nicht so ausgeschlafen
und leistungsfähig sei. Auch das Gutachten von Dr. E. entspreche nicht den Tatsachen. Dr. E. habe wichtigen Dokumenten seiner
Ärztin keinerlei Beachtung geschenkt. Die massiven Schlafstörungen mit Albträumen seien ebenso wenig berücksichtigt worden
wie die Auswirkungen der von ihm miterlebten Suizide. Er regte an, einen Befundbericht seiner behandelnden Ärztin Dr. F. einzuholen,
die beiden Gutachten widerspreche.
Mit Senatsbeschluss vom 13. September 2011 wurde die Berufung auf den Berichterstatter übertragen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Bayreuth vom 11. August 2010 und des Bescheids der Beklagten
vom 2. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. August 2009 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung
entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Akten des SG sowie der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 2. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.
August 2009 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem
Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
2 SGB VI und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§
43 Abs.
1,
240 Abs.
1,
2 SGB VI scheidet von vornherein aus, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.
Gem. §
43 Abs.
1,
2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer
Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig
zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. §
43 Abs.
3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG und dem LSG steht für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers zwar qualitativ hinsichtlich der
Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert war, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen
rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Der Kläger kann noch
6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis zumindest gelegentlich mittelschwere Arbeiten verrichten.
Beim Kläger stehen die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet im Vordergrund. Sowohl nach den Feststellungen
des Gutachters gemäß §
106 SGG im Verfahren vor dem SG Dr. C. als auch nach den des Gutachters gemäß §
109 SGG Dr. E. im Verfahren vor dem erkennenden Senat liegt beim Kläger keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens
vor. Dr. E. konnte die vom Kläger und auch vom Vorgutachter Dr. C. in den Vordergrund gestellte Agoraphobie mit Panikstörung
sowie die chronifizierte Verlaufsform einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht bestätigen. Bei den erstmals auf Veranlassung
von Dr. E. durchgeführten testpsychologischen Zusatzuntersuchung hat sich vielmehr beim Kläger eine ganz klare Verfälschungstendenz
im Sinne einer Aggravation in der psychiatrischen und der psychologischen Untersuchung ergeben. Die bei der testpsychologischen
Untersuchung angegebenen Symptome und Beschwerden wurden mit Maximalwerten angegeben (maximale Lebensunzufriedenheit, maximale
psychosomatische Beschwerden, maximale Introvertiertheit, maximale Angst). Dies steht nach den Ausführungen des Dipl.Psychologen
D. in Diskrepanz zur Verhaltensbeobachtung. Hier fanden sich keine Depressivität, keine Ängstlichkeit, sondern eine dysphorische
Grundstimmung mit passiv-aggressiven Zügen. Ebenfalls in Diskrepanz zu den angegebenen sehr hohen Symptomausprägungen im Bereich
Depressivität und posttraumatischen Symptomen fand sich eine im Alltag nicht erhöhte allgemeine Belastung und Beanspruchung
und ein nicht erhöhter subjektiver Leidensdruck. Auf dem Hintergrund einer primär passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung
mit narzisstischen Persönlichkeitsanteilen und einer im Test festgestellten aktuell sehr geringen Leistungsorientierung ist
daher von einer Verdeutlichungstendenz auszugehen. Eine reale Depression sowie eine posttraumatische Belastungsstörung bestehen
beim Kläger also nicht. Die bei ihm vorliegende Lebensunzufriedenheit stellt keine psychiatrische Diagnose dar.
Nachvollziehbare Einwendungen gegen diese Feststellungen wurden vom Kläger nicht erhoben. Entgegen der Annahme des Klägers
hat Dr. E. sehr wohl den gesamten Akteninhalt zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Der Umstand, dass seine behandelnde Ärztin
diese Einschätzung nicht teilt, kann die durch eine umfangreiche testpsychologische Untersuchung untermauerte gutachterliche
Einschätzung von Dr. E. nicht entkräften.
Aus nervenärztlicher Sicht ist damit eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung und eine Benzodiazepinabhängigkeit zu berücksichtigen,
die jedoch nicht zu einer relevanten Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens führen. Die Persönlichkeitsstörung
liegt nach den Feststellungen von Dr. E. bereits seit Erreichen des Erwachsenenalters vor. Sie stand also einer vollschichtigen
Tätigkeit des Klägers nicht entgegen. Die Benzodiazepinabhängigkeit, die relativ schnell und einfach behandelt werden kann,
führt nach den Feststellungen von Dr. M. nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen, nicht aber zu einem Absinken des Leistungsvermögens
des Klägers der Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter 6 Stunden.
Wie Dr. C. in seiner ergänzenden Stellungnahme klargestellt hat, führen auch die sonstigen Gesundheitsstörungen des Klägers
nicht zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens. Die vom behandelnden Arzt Dr. H. angegebenen Schmerzen
an der linken Hand des Klägers, die zu einer weitgehenden Funktionsunfähigkeit führen würden, werden diagnostisch in keiner
Weise eingeordnet. Bei der Untersuchung durch Dr. C. konnte dieser im Bereich des linken Handgelenks keinerlei Auffälligkeiten
feststellen. Die Diabeteserkrankung hat noch nicht zu neurologischen Spätschäden geführt.
Die vom Kläger beklagten Schlafstörungen wurden von Dr. C. gewürdigt und führen nach seiner Einschätzung nicht zu einer Einschränkung
des quantitativen Leistungsvermögens. Auch wenn die Angaben des Klägers zu seinen Schlafstörungen und dem Schlafmittelkonsum
zutreffen sollten, gibt es keinen Grund, warum das Gutachten von Dr. C. nicht verwertbar sein sollte. Der Kläger war während
der von 10.00 Uhr bis 17.30 Uhr andauernden Untersuchung zeitlich, örtlich, situativ und zur Person voll orientiert, formales
und inhaltliches Denken waren regelgerecht. Eine Vigilanzstörung fand sich beim Kläger nicht. Der Konsum der Schlaftabletten
hat also nicht dazu geführt, dass sich der Kläger während der Untersuchungssituation in einem körperlichen oder geistigen
Zustand befunden hätte, der eine Begutachtung ausschließt. Auch Dr. E. hat beim Kläger keine Gedächtnisstörungen, keine Einschränkung
der Auffassungsgabe, keine Konzentrationsstörungen und keine erhöhte Ermüdbarkeit feststellen können. Nach alledem ist die
Einschätzung der Sachverständigen nachvollziehbar, dass auch aus den geklagten Schafstörungen eine Einschränkung des quantitativen
Leistungsvermögens nicht resultiert. Zu einer weiteren Beweiserhebung etwa durch Einholung eines weiteren Befundberichts sieht
sich der Senat nicht gedrängt. Der medizinische Sachverhalt ist umfangreich aufgeklärt worden.
Angesichts dieses von den Gerichtssachverständigen gezeichneten Gesamtbildes der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers
ist für den Senat die Einschätzung von Dr. C. und Dr. E. nachvollziehbar, dass der Kläger leichte und zumindest gelegentlich
mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr verrichten kann.
Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögens des Klägers von 6 Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihm eine Summierung ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und dem Kläger keine Tätigkeit benannt
werden kann, die er trotz der qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann. Eine
schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites
Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Als Beispiel hierfür ist
etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt
hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen
betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen
besteht für den Versicherungsträger die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt
möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht
davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste
Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B5 RJ 64/02
R, in juris).
Bei der Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, sind grundsätzlich alle qualitativen Einschränkungen
zu berücksichtigen, die nicht bereits von dem Erfordernis "körperlich leichte Arbeit" erfasst werden. Es umfasst begrifflich
unter anderem solche Leistungseinschränkungen, die das Seh- und Hörvermögen, die Handbeweglichkeit oder die Einwirkung bestimmter
Witterungseinflüsse (Kälte, Nässe, Staub) betreffen (Kassler Kommentar zum SGB, §
43 SGB VI, Rn. 47).
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen mit der Pflicht der Benennung einer konkreten Tätigkeit ist aber dann
zu verneinen, wenn sich bereits Arbeitsfelder bezeichnen lassen, die der Versicherte mit seinen Einschränkungen noch verrichten
kann. Bei der Prüfung von Verweisungstätigkeiten im Rahmen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen sind an
das Benennungsgebot nicht derart strenge Anforderungen zu stellen wie bei einer Verweisung im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs
auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Hier genügt jedenfalls die Bezeichnung von Arbeitsfeldern
wie Prüfer, Montierer oder Verpacker von Kleinteilen (KassKomm-Niesel §
240 SGB VI Rdn. 117, BSG; Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 57/96, in juris).
Die von Dr. E. und Dr. C. genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind zwar in dem Sinne ungewöhnlich, als sie nicht
bereits durch das Erfordernis "körperlich leichte Tätigkeit" erfasst werden. Es liegt aber keine Summierung solcher ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen vor, die zu einer Benennung von Verweisungstätigkeiten zwingen würden. Denn der Kläger ist nach den
ausdrücklichen Feststellungen von Dr. E. in der Lage, Tätigkeiten zu verrichten, die in der Regel bei ungelernten Arbeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes anzufallen pflegen, wie etwa das Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen o.ä ...
Auch ist der Kläger noch in der Lage, PC-Arbeiten oder Bürohilfstätigkeiten zu verrichten, da insoweit keine Arbeiten anfallen,
die mit besonderen Anforderungen an soziale Interaktionen mit anderen Personen erfordern und auch den sonstigen Einschränkungen
Rechnung getragen wird.
Schließlich liegt auch keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit vor. Dr. E. hat zwar eine mangelnde Fahrtauglichkeit
des Klägers festgestellt. Der Kläger kann wegen seiner Benzodiazepinabhängigkeit also nicht selbst ein Kfz führen. Eine Einschränkung
des Gehvermögens des Klägers wurde aber von keinem Sachverständigen festgestellt. Der Kläger ist auch in der Lage, öffentliche
Verkehrsmittel zu benutzen. Er vermag damit auch einen Arbeitsplatz zu erreichen.
Damit scheidet die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus.
Die Kostenentscheidung (§
193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. §
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.