Rente wegen Erwerbsminderung
Bipolare affektive Störung
Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen
Pflichtbeitragszeiten
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin aufgrund ihres Antrags vom 26.02.2015 gegen die Beklagte einen Anspruch
auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente über den 31.05.1996 hinaus hat.
Die 1960 geborene Klägerin hat eine Berufsausbildung als Gärtnerin absolviert (17.08.1981 - 31.07.1983) und war anschließend
in der Zeit vom 01.08.1983 bis 15.08.1985 in diesem Beruf auch versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bestanden Arbeitslosigkeit
oder Arbeitsunfähigkeit bzw. Kindererziehungszeiten. In der Zeit ab 01.06.2001 bis einschließlich 01.10.2012 wurde eine nicht
versicherungspflichtige geringfügige Tätigkeit ausgeübt.
In der Zeit vom 20.06.1991 bis 30.11.1992 wurde der Klägerin von der Beklagten Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt, die nach
Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von Dr. H. vom 24.09.1992 bis zum 31.05.1996 hinaus verlängert wurde (u. a. auch
deshalb, weil die Klägerin aufgrund ihrer schwierigen häuslichen Situation (2 kleine Kinder) nicht in der Lage gewesen sei,
eine stationäre Behandlung zu absolvieren und weil es ihr nicht möglich gewesen sei, entsprechende Medikamente einzunehmen,
weil sie ihre Tochter habe stillen müssen). Eine weitere Verlängerung der Erwerbsunfähigkeitsrente wurde von der Klägerin
damals nicht beantragt. 1995 kam ein weiteres Kind der Klägerin zur Welt.
Am 08.07.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Erwerbsminderungsrente wegen einer schweren rezidivierenden
Depression, einer bipolaren Erkrankung, einer schizoaffektiven Störung, gegenwärtig depressive Form, und einer Hypothyreose
bei Zustand nach Strumektomie. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 31.07.2014 ab, da die Klägerin die notwendigen
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nicht erfülle. In der Zeit vom 18.03.2009 bis zum
17.03.2014 seien keine 36 Monate Pflichtbeiträge absolviert. Festgehalten war in dem Bescheid, dass nach den Feststellungen
der Beklagten eine volle Erwerbsminderung auf Zeit vom 18.03.2014 bis 31.03.2016 gegeben sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch
wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2014 abgelehnt. Die Klägerin sei vom 18.03.2014 bis zum 31.03.2016 voll erwerbsgemindert,
erfülle aber die notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Ein Rechtsmittel hiergegen wurde von der Klägerin
nicht ergriffen.
Am 26.02.2015 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, jetzt allerdings über den 31.05.1996
hinaus. Die Beklagte lehnte den Antrag mit streitgegenständlichem Bescheid vom 24.03.2015 ab, nachdem eine prüfärztliche Stellungnahme
von Dr. H. vom 24.10.2014 eingeholt worden war. In dem Bescheid vom 24.03.2014 war festgehalten, dass aufgrund der Feststellungen
des medizinischen Gutachters aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht davon auszugehen sei, dass die Klägerin über den 31.05.1996
hinaus erwerbsunfähig gewesen sei. Aus diesem Grund sei der Antrag auf Weitergewährung der Rente abzulehnen.
Der hiergegen am 24.04.2015 eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht
in der Lage gewesen sei, die Weiterbewilligung ihrer Rente nach dem 31.05.1996 rechtzeitig zu beantragen. Die Beklagte wies
den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2015 als unbegründet zurück. Die Klägerin sei seit dem 18.03.2014 (Krankenhausaufnahme)
zeitlich befristet unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter dreistündig täglich einsetzbar. Neue
Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Ein Weiterbestehen der Erwerbsunfähigkeit über den 31.05.1996 hinaus sei nicht anzunehmen,
ebenso wenig eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit/Erwerbsminderung im Zeitraum von Juni 1996 bis September 2007 (Zeitpunkt,
zu dem letztmalig die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen würden). In diesem Zeitraum seien lediglich
zwei stationäre Aufenthalte dokumentiert. Zur übrigen Zeit habe offenbar weitgehend Symptomfreiheit bestanden. Für den Leistungsfall
18.03.2014 lägen jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vor.
Zur Begründung der hiergegen am 11.06.2015 zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobenen Klage hat der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klägerin unter
Berücksichtigung der Schwere ihrer Gesundheitsstörungen über den 31.05.1996 hinaus nicht in der Lage gewesen sei, eine Erwerbstätigkeit
im Umfang von mindestens drei Stunden täglich auszuüben. Ihr sei vom Zentrum Bayern Familie und Soziales - ZBFS -, Region
Mittelfranken, ein Grad der Behinderung - GdB - von 50 zuerkannt.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin, insbesondere des Hausarztes Dr. S., von Dr. Z., der Fachärztin für
Psychiatrie und Psychotherapie Frau N. sowie des Bezirksklinikums A-Stadt, Institutsambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie,
Dr. K., beigezogen und sodann ein nervenärztliches Gutachten von Dr. R. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 21.09.2015
nach Untersuchung der Klägerin am gleichen Tag zu folgenden Diagnosen gelangt:
- Bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome - Hypothyreose, substituiert
Bei der bipolaren affektiven Störung mit gegenwärtig schwerer depressiver Episode handele es sich um ein echtes psychisches
Krankheitsbild, das die Klägerin weder unter eigener zumutbarer Willensanstrengung noch mit ärztlicher Hilfe in absehbarer
Zeit überwinden könne. Die Klägerin könne täglich weniger als zwei Stunden tätig sein. Es sei davon auszugehen, dass der beschriebene
Zustand und das daraus folgende Leistungsbild bereits seit August 2013 bestehen würden. Damals sei eine schwere depressive
Symptomatik dokumentiert worden. Auch die Behandlungsmaßnahme einer Elektrokonvulsionstherapie als Ultima Ratio weise auf
eine sehr schwere Störung hin, die auch über das Jahr 2014 bis zum heutigen Zeitpunkt persistiere. Es könne jedoch keinesfalls
für den Zeitraum ab dem 31.05.1996 ein unter achtstündiges und seit dem 01.01.2001 ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen
durchgehend mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also ohne vernünftigen Zweifel, belegt werden. Angesichts der
nun vorliegenden Chronifizierung einer schweren depressiven Symptomatik seit 2012 und der Therapieresistenz sei eine dauerhafte
Erwerbsminderung anzunehmen, die einer Behandlung nicht mehr zugänglich sei. Die Klägerin werde nicht mehr zu einer Erwerbstätigkeit
in der Lage sein. Im Juni 1998 sei die Klägerin von der psychiatrischen Klinik des Klinikums I-Stadt aufgenommen worden. Dort
sei eine manische Episode bei bipolarer affektiver Störung diagnostiziert worden. Diese Manie sei von der Klägerin auch eigenanamnestisch
geschildert worden. Im psychischen Befund sei ein gereizt manisches Zustandsbild beschrieben worden. Die Klägerin habe damals
angegeben, dass sie nach eigenen Angaben sowie fremdanamnestisch in den letzten Monaten und Jahren völlig beschwerdefrei gewesen
sei. Dies spreche gegen eine quantitative Leistungseinschränkung durchgehend seit 31.05.1996 bis zur Aufnahme in die psychiatrische
Klinik am 16.06.1998. Der Zeitraum zwischen 1998 und 2005 sei nicht ausreichend dokumentiert. 1998 habe eine Behandlung mit
Lithium begonnen. Erst im Frühjahr 2005 sei ein erneuter stationärer Aufenthalt nötig geworden und zwar im Zentrum für psychische
Gesundheit des Klinikums I-Stadt. Es sei eine schwere depressive Episode bei bipolarer affektiver Störung diagnostiziert worden.
Auch der Entlassungsbefund mit einer deutlichen Besserung des depressiven Syndroms spreche gegen eine anhaltende derart schwere
Beeinträchtigung, dass eine quantitative Leistungseinschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter sechs Stunden bestanden
haben könnte. Zwischen den Jahren 2003 und 2011 habe sich die Klägerin in psychiatrisch/psychotherapeutischer Behandlung bei
Frau N. befunden. Auch für das Jahr 2010 werde von der behandelnden Psychiaterin und Psychotherapeutin ein weitgehend unauffälliger
Befund beschrieben: "Nach einer leichten hypomanen Stimmung im Winter sei nun das psychische Befinden weitgehend zufriedenstellend".
Es sei anzumerken, dass die behandelnde Ärztin Frau N. in ihren Arztbriefen häufig lediglich die Diagnose, Anamnese und Therapieempfehlung
dokumentiert habe und keinen objektivierbaren psychopathologischen Befund. Im Spätsommer/Herbst 2012 habe sich wiederum eine
manische Episode manifestiert, die stationär im BKH A-Stadt behandelt worden sei. Von der Manie und nachfolgenden Depression
habe sich die Klägerin nach eigenen Angaben nie mehr so weit erholt, dass sie ihre Haushaltstätigkeiten hätte erledigen können.
Sie habe jedoch eingeräumt, vor der manischen Episode durchaus leistungsfähig gewesen zu sein, dass sie einen Sechs-Personen-Haushalt
problemlos habe versorgen können. Auch nach der abgeschlossenen Manie habe der Neurologe und Psychiater Dr. Z. einen eher
blanden psychopathologischen Befund mit indifferenter Stimmungslage, ausreichendem Antrieb und intakten kognitiv-mnestischen
Funktionen beschrieben. Somit könne keinesfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also ohne vernünftige Zweifel,
belegt werden, dass bereits über den 31.05.1996 hinaus ein unter achtstündiges und seit dem 01.01.2001 ein unter sechsstündiges
Leistungsvermögen bestanden haben könnte.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG sodann die Klage durch Gerichtsbescheid vom 30.11.2015 als unbegründet abgewiesen. Aufgrund des Gutachtens von Dr. R. sei
davon auszugehen, dass die Klägerin gegenwärtig nur noch unter drei Stunden täglich tätig sein könne, ab August 2013 auf Dauer.
Für die Zeit nach dem 31.05.1996 sei jedoch die gesundheitliche Situation der Klägerin nur unzureichend dokumentiert. Die
Klägerin habe im Nachgang zu dem Gutachten von Dr. R. zwar noch geltend gemacht, sie wäre 1996 und 1997 bei der Psychologin
K. zu verhaltenstherapeutischen Behandlungen gewesen und wäre vom 01.04. bis 10.04.1997 im Krankenhaus G. wegen eines Tinnitus
behandelt worden. Ferner werde von der Klägerin darauf hingewiesen, dass sie vom 29.05. bis 19.06.1997 eine Mutter-Kind-Kur
gemacht habe und am 02.03.1998 ein gynäkologischer Eingriff in der Tagesklinik G. stattgefunden hätte. Dieses Vorbringen ändere
jedoch nichts an der Feststellung, dass eine Erwerbsminderung erst ab August 2013 angenommen werden könne, da erst ab diesem
Datum eine ausreichende Dokumentation vorliege. Auch ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
nach §
240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe zwar eine Gärtnerlehre absolviert und in diesem Beruf bis 1985 auch gearbeitet.
Anschließend sei sie jedoch als Arbeiterin in einer Fabrik und zuletzt als geringfügig Beschäftigte in Heimarbeit tätig gewesen.
Sie habe sich deshalb von ihrem erlernten Beruf des Gärtners gelöst, als sie die Arbeit in der Fabrik angenommen habe. Sie
sei damit auf die Tätigkeit eines ungelernten Arbeiters verweisbar, so dass der allgemeine Arbeitsmarkt für sie der Vergleichsmaßstab
sei. Der Leistungsfall einer vollen Erwerbsminderung sei zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Gutachtens von Dr. R. ab
August 2013 erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt seien aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben. Diese
lägen bis einschließlich September 2007 vor.
Zur Begründung der hiergegen am 23.12.2015 beim SG Nürnberg eingelegten Berufung, die am 12.01.2016 an das Bayer. Landessozialgericht
weitergeleitet wurde, weist die Klägerin darauf hin, dass sie erstmals 1986 psychisch chronisch erkrankt und seither nicht
mehr erwerbsfähig sei. Ihr Alltag sehe so aus, dass sie sich zwingen müsse, ihren Haushalt zu schaffen. Sie sei schnell überfordert,
brauche viele Pausen, es gebe auch Stunden auf der Couch, wo nichts gehe. Sie sei zwar 2005 mit dem Hinweis "deutlich gebessert"
aus der Klinik I-Stadt entlassen worden. Zurück im Leben sei das ganz schnell wieder umgeschlagen, aber deswegen könne man
nicht gleich wieder zurück in die Klinik. Man müsse durchhalten, vor allem wenn man Familie habe. Im Februar 2006 sei sie
im Krankenhaus D-Stadt wegen eines Suizidversuches gewesen. Sie sei nicht stolz darauf und habe es deswegen niemandem erzählt.
Zudem habe die Gefahr bestanden, in eine geschlossene Klinik eingewiesen zu werden. Davor habe sie große Angst gehabt. In
der Zeit von 2001 bis 2012 sei sie alle drei Monate bei Frau Dr. N. gewesen. Sie habe ihr Antidepressiva verschrieben, sie
2005 ins Klinikum I-Stadt eingewiesen und sie habe immer wieder depressive Schübe gehabt. Im Jahr 2012 sei sie zwangsweise
in die Psychiatrie in A-Stadt eingewiesen worden. Sie sei seit 2012 in ständiger Behandlung. Sie bitte nochmals um Überprüfung
und Gewährung der beantragten Rente.
Mit Schreiben vom 14.09.2016 hat die Klägerin eine ärztliche Bescheinigung von Dr. S. vom 26.01.2015 vorgelegt. Darin bestätigt
Dr. S., dass die Klägerin seit 1986 in regelmäßiger psychiatrischer Behandlung wegen einer affektiven Erkrankung gewesen sei.
Sie sei damals im Zentralinstitut für seelische Gesundheit in M-Stadt behandelt worden. Die Behandlung habe bis August 1989
stattgefunden. Nach Besserung seien die Medikamente ca. Mitte 1991 abgesetzt worden. Die Klägerin sei dann ambulant in Behandlung
beim Kollegen Dr. Z. in G. gewesen. Von dort läge ihm von 1993 und 1998 jeweils ein ambulanter Brief vor. 1998 habe eine stationäre
Behandlung in der psychiatrischen Klinik am Klinikum I-Stadt stattgefunden wegen einer Verschlechterung und schwerer manischer
Symptomatik. Weitere Behandlungen in I-Stadt hätten sich im Jahr 2005 angeschlossen. Von August bis November 2012 habe eine
stationäre Behandlung im BKH A-Stadt sowie vom 01.01.2013 bis 06.01.2013 wiederum im Klinikum I-Stadt, vom 14.08.2013 bis
17.09.2013 in der Psychiatrischen/Psychotherapeutischen Klinik in E-Stadt und im Jahr 2014 vom 18.03.2014 bis 31.10.2014 in
der A.-Klinik M-Stadt stattgefunden. Aufgrund der chronischen Erkrankung halte er die Klägerin über den gesamten, ihm seit
1995 bekannten Zeitraum bis jetzt für erheblich erwerbsgemindert und nicht arbeitsfähig. Weiter vorgelegt wurde ein Bericht
des Kreiskrankenhauses D-Stadt vom 11.03.2006, in der ein stationärer Aufenthalt vom 12.02.2006 bis 14.02.2006 wegen einer
Tablettenintoxikation bei chronifizierter Depression dokumentiert wird. Die Klägerin habe am Vorabend des stationären Aufnahmetags
wegen Unruhe und Schlaflosigkeit 20 Tabletten Doxepin 50 mg eingenommen. Ein Suizidversuch habe nicht sicher festgestellt
werden können bzw. sei von der Klägerin verneint worden. Der konsiliarisch zugezogene Psychiater der Klinik habe einen Suizidversuch
letztlich nicht sicher gegenüber einer akzidentellen Überdosierung abgrenzen können. Er habe jedoch das Rezidivrisiko nicht
als erhöht eingeschätzt und habe sich nicht gezielt gegen eine umgehende Entlassung ausgesprochen. Er habe jedoch zu einer
umgehenden poststationären Weiterbetreuung in einer psychiatrischen Ambulanz, möglichst auch mit dem Ziel der Umsetzung der
antidepressiven Medikation auf Mirtazapin, geraten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.11.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.03.2015 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31.05.1996 hinaus Rente
wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.11.2015 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - erklärt.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster
und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG).
Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2015 einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente über
den 31.05.1996 hinaus abgelehnt. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 24.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 12.05.2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Klägerin muss als Antragstellerin die Voraussetzungen für das Vorliegen einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung
und damit die Anspruchsvoraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nachweisen. Dazu gehören sowohl die notwendigen versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen als auch die medizinischen Umstände, die eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens deutlich
machen.
Für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ist sowohl nach dem vor dem 01.01.2002 als auch nach diesem Zeitpunkt
geltenden Rechtsvorschriften die Erfüllung der sog. versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erforderlich. Dazu müsste die
Klägerin in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge
für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Pflichtbeitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht zur gesetzlichen
Rentenversicherung fristgemäß und wirksam gezahlt worden sind. Der Fünf-Jahres-Zeitraum kann sich durch weitere Zeiten, etwa
um Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit oder um Ersatzzeiten verlängern. Der Versicherungsverlauf der Klägerin
zeigt den letzten Pflichtbeitrag im April 2004 sowie Berücksichtigungszeiten für Kindererziehung vom 12.04.1989 bis 06.08.2005.
Für die von der Klägerin von 2001 bis Oktober 2012 ausgeübte geringfügige Beschäftigung wurden keine Pflichtbeiträge entrichtet,
obwohl hierfür rechtlich die Möglichkeit durch Verzicht auf die Versicherungsfreiheit bestanden hätte. Die notwendigen versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen sind deshalb bei der Klägerin längstens bis September 2007 gegeben. Hinweise auf spätere Pflichtversicherungszeiten
oder Anrechnungs- oder Zurechnungszeiten sind nicht geltend gemacht worden und sind auch sonst nicht ersichtlich, so dass
der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit oder der vollen Erwerbsminderung im Zeitraum von Mai 1996 bis spätestens September
2007 von der Klägerin nachzuweisen ist. Der spätere, von der Beklagten auch anerkannte Leistungsfall im August 2013 kann nicht
mehr zu einer Rentengewährung führen.
Gemäß § 44 Abs. 2
SGB VI in der ab 08.05.1996 geltenden Fassung sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare
Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen
zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Gemäß §
43 Abs.
2 S 2
SGB VI in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf
nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden
täglich erwerbstätig zu sein.
Die Beklagte hat der Klägerin aufgrund von im Jahr 1991 bestehenden Erkrankungen in der Zeit vom 20.06.1991 bis 31.05.1996
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs. 2
SGB VI a. F. gewährt. Eine Weiterbewilligung dieser Leistung über den 31.05.1996 ist von der Klägerin damals nicht beantragt worden.
Der Grund hierfür ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat jetzt im Verfahren vorgetragen, sie 1996 dazu aus gesundheitlichen
Gründen nicht in der Lage gewesen sei, ohne dies näher darzulegen oder nachzuweisen. Dieser Sachvortrag erfolgte zudem erst
im Rahmen des Rentenantrags vom 26.02.2016, nachdem zuvor der Rentenantrag vom 08.07.2014 wegen Fehlens der notwendigen versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen abgelehnt worden war.
Die Klägerin kann eine durchgehende Erwerbsminderung im rentenrechtlichen Sinne nach dem 31.05.1996 bzw. bis spätestens September
2007 nicht nachweisen.
Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befundberichte und des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. R. im SG-Verfahren ist davon auszugehen, dass sich die gesundheitliche Situation der Klägerin ab August 2012, dem Zeitpunkt der Einweisung
der Klägerin in das Bezirksklinikum A-Stadt, deutlich verschlimmert hat. Ab diesem Zeitraum sind lange stationäre Aufenthalte
in Kliniken mit nur geringer oder keiner Besserung der Symptomatik der manischen Erkrankung mit schwerer Depression dokumentiert,
so dass die Annahme eines Leistungsfalls im August 2013 (spätestens) durchaus nachvollziehbar ist. Für den Eintritt eines
deutlich früheren Leistungsfalles finden sich dagegen keine ausreichenden Anknüpfungspunkte. Das SG hat insoweit zutreffend auf das Gutachten von Dr. R. Bezug genommen.
Es ist festzuhalten, dass die Klägerin in der Zeit von 1996 bis 2012 eine nervenärztliche Betreuung erfahren hat, in dieser
Zeit finden sich jedoch nur vereinzelte stationäre Aufenthalte, aus denen die Klägerin jeweils in deutlich gebessertem Zustand
in die ambulante Behandlung entlassen werden konnte. Die Klägerin hat gegenüber dem Sachverständigen und auch ihren behandelnden
Ärzten wiederholt angegeben, über weite Strecken symptomfrei bzw. zumindest nicht massiv in ihrer Lebensführung eingeschränkt
gewesen zu sein. Dies hat das SG in seinem Gerichtsbescheid ausführlich abgehandelt und das Gutachten von Dr. R. auch umfassend diskutiert. Neuere Erkenntnisse
liegen demgegenüber nicht vor. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung ab und verweist
gem. §
153 Abs.
2 SGG im vollen Umfang auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 30.11.2015.
Zu beachten ist darüber hinaus auch, dass die Klägerin selbst angegeben hat, dass ab dem Jahr 2012 eine deutliche Verschlechterung
ihrer gesundheitlichen Situation eingetreten war. Sie war ab diesem Zeitpunkt in intensiver ambulanter nervenärztlicher Behandlung,
aber auch immer wieder in kurzen Abständen in langen stationären Klinikaufenthalten, die nur zu einer kurzen vorübergehenden
Linderung der Krankheitssymptomatik geführt hatten. Konsistent hierzu hat die Klägerin ihre geringfügige Tätigkeit ab Oktober
2012 nicht mehr ausüben können. Von den behandelnden Ärzten der Klägerin wird eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation
seit 2012 beschrieben. Eine dauerhaft seit dem Jahr 1996 bestehende Erwerbsminderung der Klägerin wurde auch erst mit dem
hier streitgegenständlichen Antrag von Februar 2015 geltend gemacht, nachdem der Antrag vom Juli 2014 wegen der fehlenden
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bestandskräftig abgelehnt worden war. Dr. R. hatte in seinem Gutachten darauf hingewiesen,
dass die Klägerin in der Lage gewesen sei, einen Sechs-Personen-Haushalt zu versorgen, was offenbar nur in den Phasen einer
akuten Erkrankung nicht möglich gewesen ist. Zudem war sie von 2001 bis 2012 in der Lage, neben dieser Belastung noch eine
geringfügige Beschäftigung auszuüben, selbst wenn diese in Heimarbeit erfolgte. Hinsichtlich des Sachvortrages, dass im Jahr
2006 ein Suizidversuch vorgelegen hatte, ergibt sich aus dem vorgelegten Bericht des Krankenhauses D-Stadt zum einen schon
nicht eindeutig die Tatsache eines Suizidversuchs, zum anderen konnte die Klägerin trotz eines psychiatrischen Konzils bereits
am nächsten Tag wieder entlassen werden, was sicherlich bei einer schweren depressiven Episode oder eines manischen Schubs
nicht möglich gewesen wäre. Ein Nachweis einer dauerhaften, seit 1996 durchgehend bestehenden Erwerbsunfähigkeit kann jedenfalls
aus diesem Ereignis nicht abgeleitet werden.
Weitere Möglichkeiten, das Leistungsbild der Klägerin in der hier fraglichen Zeit aufklären zu können, vermag der Senat nicht
zu erkennen.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gem. §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.