Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens darum, ob der Kläger in seiner Tätigkeit für den Beigeladenen
zu 1) (im Folgenden Beigeladener) als Physiotherapeut abhängig beschäftigt oder selbstständig war.
Der 1979 geborene Kläger ist ausgebildeter Physiotherapeut. Am 08.06.2015 stellte er einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen
Status hinsichtlich seiner Tätigkeit in der Praxis S ... Mit Bescheid vom 12.11.2015 stellte die Beklagte insoweit Versicherungspflicht
ab 01.02.2015 fest, da die Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Den dagegen eingelegten
Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 30.05.2016 als unbegründet zurück.
Am 01.06.2016 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich seiner
Tätigkeit als Physiotherapeut in der Praxis für Physiotherapie des Beigeladenen. Er sei darüber hinaus in der Praxis S. tätig.
Er hat dazu angegeben, seine Arbeitszeiten richteten sich nach der Nachfrage der Patienten je nach Auftragslage. Er organisiere
seine Arbeitsabläufe selbständig. Die Patienten müssten ihn ausdrücklich verlangen bzw. ihn direkt ansprechen, um von ihm
therapiert zu werden. Er trage ein Unternehmerrisiko, da er bei entsprechender niedriger oder keiner Anfrage von Patienten
nur einen geringen Umsatz habe. Er legte dazu einen "Vertrag freie Mitarbeiter" vom 30.12.2016 mit dem Beigeladenen vor. Der
Kläger erhält danach ein Honorar von 70 % des von ihm erzielten Umsatzes. Die Abrechnung erfolge monatlich auf der Grundlage
der jeweils gültigen Honorarvereinbarungen mit den Krankenkassen bzw. bei Privatpatienten auf Grundlage der im Einzelfall
mit diesen getroffenen Honorarvereinbarungen. Der freie Mitarbeiter habe keinen Anspruch auf Gehalt oder die Übernahme von
Versicherungspflichten. Anfallende Steuern trage der freie Mitarbeiter für sich selbst. Eine Entgeltfortzahlung werde nicht
gewährt. Es sei ein Nachweis über den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung, die Anmeldung beim Gesundheitsamt sowie
bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege und die Meldung beim Finanzamt innerhalb eines Monats vorzulegen.
Hinsichtlich der Tätigkeit für Herrn F. wurde ein Klageverfahren anhängig (SG Landshut, S 10 R 8058/16).
Die Beklagte zog eine Auskunft des Beigeladenen vom 27.09.2016 bei. Dieser führte aus, die Patienten müssten ausdrücklich
den Kläger verlangen, um auch von ihm behandelt zu werden. Die Behandlungen fänden in den Praxisräumen statt. Die Terminierungen
und die Festlegung der Arbeitszeiten würden vom Kläger selbst durchgeführt. Der Kläger nütze die Räumlichkeiten der Praxis.
Die Belegung der Räume erfolge nach Vereinbarung. Der Kläger kümmere sich eigenständig um seine Termine und führe einen eigenen
Terminkalender. Der Kläger nutze lediglich die Räume der Praxis und die Therapieliegen, der Rest an Therapiemitteln werde
von ihm gestellt. Die Abrechnung erfolge mit der Abrechnungsstelle der Praxis. Die Rezeptgebühren kassiere der Kläger. Diese
Einnahmen würden über das Kassensystem des Beigeladenen laufen. Der Kläger stelle Rechnungen an den Beigeladenen in Höhe von
70 % hinsichtlich "aktiver Leistungen".
Der Kläger hat weiter angegeben, seine Arbeitszeiten seien abhängig von der Nachfrage der Patienten. Dienstags und donnerstags
befinde er sich in der Praxis des Beigeladenen, Montags und Freitags in der Praxis S ... Er trage seine eigene Arbeitskleidung.
Die Erstterminierung erfolge von ihm in der Praxis vor Ort, am Telefon oder per E-Mail. Die Folgetermine würden dann in der
Praxis von ihm in den eigenen Terminplaner eingetragen. Mit der 70%-Regelung seien alle Kosten, die ihm als freiem Mitarbeiter
entstünden, abgegolten. Mit 30 % des erwirtschafteten Umsatzes seien die Aufwendungen des Praxisinhabers abgegolten.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 20.10.2016 stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 21.11.2016 gegenüber dem Kläger und gegenüber
dem Beigeladenen fest, dass die Tätigkeit des Klägers in der Praxis des Beigeladenen seit 01.01.2016 im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden
die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Zwar spreche für eine selbständige Tätigkeit, dass der
Kläger keine zeitlichen Vorgaben erhalte, die Termine selbst vereinbare und eigene Arbeitsmittel einsetze. Für ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis spreche aber, dass die Tätigkeit in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt werde, der
Kläger keine eigene Betriebsstätte habe, die Abrechnung von Privat- und Kassenpatienten durch den Auftraggeber erfolge, zwischen
dem Kläger und den Patienten keine vertraglichen Beziehungen bestünden und der Kläger kein unternehmerisches Risiko trage.
Der Beigeladene trage als Praxisinhaber die fachliche Verantwortung für die Behandlungen durch den Kläger. Fest angestellte
Mitarbeiter übten die gleiche Tätigkeit aus. Der Kläger nutze die Arbeitsmittel und -geräte des Auftraggebers. Dass zur Ausübung
der Tätigkeit der Kläger auch eigene Arbeitsmittel einsetze, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
nicht aus. Der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb derartiger Arbeitsmittel sei nicht so hoch, dass damit ein mit einem
erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne. Als Vergütung werde eine erfolgsunabhängige
Pauschalvergütung gezahlt, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse. Der Kläger trage somit kein eine selbständige
Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko, das nur dann gegeben sei, wenn der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft
auch mit der Gefahr des Verlustes verbunden sei. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses
am 01.01.2016.
Dagegen legte der Kläger am 12.12.2016 Widerspruch ein. Er sei freiberuflich tätiger Physiotherapeut, früher sei er als angestellter
Physiotherapeut tätig gewesen. Er habe sich nun selbständig gemacht, allerdings keine eigenen Praxisräume angemietet. Er beschäftige
auch kein eigenes Personal, sondern kooperiere mit verschiedenen Praxen. Diese Kooperation laufe so, dass er in den Praxen
tätig werde so, als hätte er dort Räume als eigene Räume angemietet. Er unterliege hinsichtlich Inhalt und Zeit keinerlei
Weisungen. Er übe gerade keine Tätigkeit in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation aus. Der Kläger beantragte in der Folge
das Ruhen des Widerspruchsverfahrens, bis zum Abschluß des anhängigen Klageverfahren bezüglich der in identischer Weise vollzogenen
Tätigkeit als Physiotherapeut für die Praxis S ... In dem dort anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.07.2017
(S 10 R 8058/16) wies die Kammervorsitzende darauf hin, dass ein mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24.03.2016 vergleichbarer
Fall nicht vorliege, da der Kläger den Kontakt zu seinen Patienten durchgehend persönlich führe. Es habe bereits vor dem Februar
2015 ein umfassender eigener Patientenstamm bestanden. Der Kläger hatte dort erklärt, er habe sich den Kundenstamm bereits
in einer anderen Praxis aufgebaut, dort sei er noch abhängig beschäftigt gewesen. Die Patienten seien so zufrieden gewesen,
dass sie nun in der neuen Form der Zusammenarbeit treu geblieben seien. Ein ganz großer Teil seiner Patienten sei daher Stammkunden,
mit denen er im direkten Kontakt die Termine vereinbare, persönlich oder per Telefon. Er führe für diese auch eine eigene
Patientenkartei. Daraufhin gab die Beklagte ein Anerkenntnis dahingehend ab, dass festgestellt werde, dass der Kläger seine
Tätigkeit ab 01.02.2015 in den Praxisräumen des Beigeladenen F. nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses,
sondern auf selbständiger Basis nachgehe.
Im Rahmen des sodann wieder aufgenommenen Widerspruchsverfahrens im hier zu entscheidenden Fall legte der Kläger dar, dass
keinerlei Patientenzuweisung durch den Beigeladenen gegenüber dem Kläger erfolge. Der eigene Praxisstamm betrage 100 % der
von ihm behandelten Patienten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ein gewichtiges
Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko.
Das Unternehmerrisiko sei zum einen durch den Einsatz finanzieller Mittel geprägt, um einen zum Zeitpunkt des Einsatzes dieser
Mittel ungewissen Gewinn zu erzielen, zum anderen auch durch das Risiko des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft, wenn offen
bleibe, ob der Arbeitende für seine Tätigkeit überhaupt Entgelt erhalte. Der Kläger habe keine eigene Betriebsstätte unterhalten
und die Arbeitsmittel (das Mobiliar) seien von der Praxis gestellt worden. Es bestehe daher kein erhebliches unternehmerisches
Risiko. Die pauschale Abgeltung der benannten Kostenbeteiligungen stelle kein unternehmerisches Risiko dar, da sie nur fällig
werde, wenn der Kläger tatsächlich tätig werde. Dies sei nicht mit den Kosten für Anschaffung und Unterhalt von Betriebsräumen
und Arbeitsmitteln zu vergleichen. Das unternehmerische Risiko liege allein beim Auftraggeber, da er die Unterhaltskosten
der Praxis zu tragen habe, unabhängig davon, ob der Kläger dort tätig sei oder nicht. Der Kläger könne seine Tätigkeit nur
dann ausüben, sofern die Praxis einen entsprechenden Bedarf an einem Physiotherapeuten habe. Weiterhin könne er nur tätig
werden, sofern ein Zugang zur Praxis und Zugriff auf die Arbeitsmittel gewährt werde. Er könne daher seine Arbeitszeit im
Wesentlichen nicht frei einteilen, da sie vom Bedarf der Praxis und von der Verfügbarkeit der Räume und Arbeitsmittel abhängig
sei. Die Abrechnung der Patienten erfolge ausschließlich durch die Praxis. Eine direkte Abrechnung zwischen dem Kläger und
auch den Privatpatienten finde nicht statt. Hinsichtlich der Betreuung ausschließlich eigener Patienten seien keinerlei Nachweise
vorgelegt worden. Dass der Kläger über eine eigene Haftpflichtversicherung verfüge, spreche nicht gegen das Bestehen einer
abhängigen Beschäftigung, weil eine solche Versicherung aufgrund der hohen Verantwortung für Gesundheit und Leben der Patienten
auch bei angestellten Physiotherapeuten die Regel darstelle und damit kein Alleinstellungsmerkmal selbständiger Physiotherapeuten
sei. Das Risiko, für seine Arbeit kein Entgelt zu erhalten bzw. bei Patientenrückgang oder bei nicht zufriedenstellender Arbeit
nicht weiter beschäftigt bzw. beauftragt zu werden, stelle kein unternehmerisches Risiko im Sinne der Rechtsprechung dar.
Dieses Einkommensrisiko und das Risiko der Nichtbeschäftigung trügen auch beschäftigte Arbeitnehmer. Allein der Wille der
vertragschließenden Parteien sei nicht maßgebend.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2017
aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, beim Kläger in Bezug auf das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen über die
Durchführung einer Tätigkeit als Physiotherapeut die Feststellung zu treffen, dass keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
vorliege.
Der Kläger hat vorgebracht, dass es eine strenge Trennung der Patientenstämme gebe. Dies gelte sowohl für die, die der Kläger
aus früherer Tätigkeit eingebracht habe, wie auch für die, die jetzt im Laufe der Zusammenarbeit hinzukämen. Der Kläger wohne
im Praxisort und vergrößere mit zunehmender Bekanntheit seiner Tätigkeit seinen Patientenstamm. In dem Parallelverfahren sei
die Behandlung eines eigenen Patientenstammes als entscheidendes Kriterium zugunsten der Sozialversicherungsfreiheit angesehen
worden und deshalb von der Beklagten ein Anerkenntnis abgegeben worden.
Mit Urteil vom 09.05.2018 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2017 aufgehoben und die Beklagte
verurteilt, festzustellen, dass der Kläger seine Tätigkeit in der Praxis des Beigeladenen als Physiotherapeut ab 01.01.2016
nicht im Rahmen einer abhängigen, dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausübt, sondern selbständig
tätig ist.
Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass gegen eine abhängige Beschäftigung spreche, dass der Kläger seine eigenen Patienten behandele und nicht
die Patienten der Physiotherapiepraxis des Beigeladenen. Der Erstkontakt mit dem (zukünftigen) Patienten erfolge in aller
Regel unmittelbar zwischen diesem und dem Kläger, nicht durch Zuweisung durch die Praxis des Beigeladenen. Soweit gelegentlich
eine Vermittlung durch den Beigeladenen erfolge, weil ansonsten keine zeitnahe Behandlungsmöglichkeit bestehe, ändere dies
nichts an der ansonsten strikten Trennung der Patientenstämme. Für eventuelle Schäden durch eine Fehlbehandlung würde der
Kläger persönlich haften. Der Kläger und die Praxis des Beigeladenen führten getrennte Terminkalender. Der Kläger habe, vertraglich
zugesichert, feste Behandlungstage. Er sei insoweit nicht, wie die Beklagte meint, auf das Wohlwollen und freie Kapazitäten
des Beigeladenen angewiesen. Der Kläger trete selbst am Markt auf, akquiriere neue Patienten selbst und behandele diese, für
jedermann erkennbar, im eigenen Namen als selbständiger Physiotherapeut. Der Kläger habe keine festen Arbeitszeiten und besitze
zur Abdeckung des Haftungsrisikos (Unternehmerrisiko) eine eigene Betriebshaftpflichtversicherung. Dass der Kläger keine eigene
Betriebsstätte habe und die Abrechnung seiner Leistungen über den Beigeladenen erfolge, stehe dem nicht entgegen. Eine eigene
Betriebsstätte sei für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nicht zwingend erforderlich. Dass der Kläger nicht selbst
seine Leistungen mit den Patienten abrechne, sei dem Zulassungserfordernis in der gesetzlichen Krankenversicherung geschuldet.
Diese Zulassung setze wiederum bestimmte räumliche Anforderungen voraus, die gerade für Berufsanfänger oder junge Selbständige
eine hohe (finanzielle) Hürde darstellten. Im Ergebnis sei die vereinbarte 70/30-Regelung nichts Anderes als eine pauschalierte
Aufwandsentschädigung für die teilweise Nutzung der Infrastruktur des Beigeladenen. Eine "Eingliederung" in den Betrieb des
Beigeladenen lasse sich damit nicht begründen.
Dagegen hat die Beklagte am 05.06.2018 Berufung eingelegt. Ausgehend von dem Vertrag über freie Mitarbeit vom 30.12.2016 habe
der Beigeladene dem Kläger die Mitbenutzung der Praxisräume nach Absprache im Hinblick auf die Belegungsmöglichkeiten gestattet.
Ein eigener Behandlungsraum, über den der Kläger frei disponieren hätte können, sei ihm nach der vertraglichen Vereinbarung
nicht zur Verfügung gestellt worden. Soweit das erstinstanzliche Gericht in seinen Entscheidungsgründen feststelle, der Kläger
habe vertraglich zugesicherte feste Behandlungstage, werde dem widersprochen. Eine entsprechende Regelung sei der streitgegenständlichen
Vereinbarung nicht zu entnehmen. Insoweit habe der Kläger tatsächlich lediglich im Rahmen der verfügbaren Raumkapazitäten
tätig werden können. Damit habe der Kläger nicht völlig frei über seine Arbeitszeit verfügen können. Der Kläger sei in den
Arbeitsablauf der Praxis eingegliedert gewesen. Innerhalb der Struktur der Heilmittelerbringung, die einem intensiven Qualitätsmanagement
unterliege, erbringe der Kläger seine Leistungen für den Beigeladenen. Eine eigene Zulassung zur Abrechnung gegenüber den
Leistungsträgern besitze der Kläger nicht. Er sei daher für die Ausübung seiner erlernten Tätigkeit auf die Eingliederung
in eine fremde Betriebsorganisation, wie sie der Beigeladene vorhalte, angewiesen. Es seien bislang keine Nachweise vorgelegt
worden, dass der Kläger ausschließlich eigene Patienten behandelt habe. Es werde angeregt, geeignete Nachweise anzufordern.
Anders als der Beigeladene, der über eine eigene Internetseite werbend am Markt auftrete, sei Vergleichbares für den Kläger
nicht zu finden. Der Kläger habe auch kein unternehmerisches Risiko zu tragen. Unbestritten verfüge der Kläger nicht über
eine das Unternehmerrisiko kennzeichnende eigene Betriebsstätte. Die Tätigkeit werde in den Räumlichkeiten des Beigeladenen
mit den Betriebsmitteln und im Namen des Beigeladenen ausgeübt. Der prozentuale Honorarabzug stelle kein unternehmerisches
Risiko dar, da die indirekte Kostenbeteiligung nur anfalle, wenn der Beigeladene tatsächlich tätig werde. Das Kostenrisiko
für Praxismiete und das Personal trage allein der Praxisinhaber, mithin auch in Zeiten, in denen die Praxis mangels Nachfrage
nicht kostendeckend ausgelastet sei.
Der Kläger hat dargelegt, die Patientenstämme seien deutlich getrennt gewesen. Es sei auch Inhalt der Vereinbarung gewesen,
dass der Kläger feste Praxistage bei dem Beigeladenen habe. Der Kläger habe im Rahmen der mit dem Beigeladenen getroffenen
Abstimmungen an den für ihn reservierten Tagen freien Zugang zu den Behandlungsmöglichkeiten in der Praxis und könne an diesen
Tagen frei disponieren.
Im Rahmen eines am 04.11.2019 durchgeführten Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage hat der Kläger erklärt, er habe
keine festen Praxisräume, sondern behandele in den Räumen, die gerade frei seien. Wenn Urlaubsvertretungen anfallen oder krankheitsbedingte
Ausfälle des Personals gegeben seien, behandele der Kläger auch die Patienten des Beigeladenen. Er habe insoweit aber das
Recht, die Behandlung abzulehnen. Am Praxiseingang befinde sich auch ein Schild des Klägers. Insoweit werde für die Patienten
deutlich, dass er in den Praxisräumen tätig sei. Den Patienten werde gesagt, dass die Möglichkeit bestehen würde, sich vom
Kläger behandeln zu lassen, wenn kein Termin anderweitig zu vergeben sei. Insgesamt verbleibe die Patientenkartei in der Praxis
des Beigeladenen. Die direkte Abrechnung mit den Krankenkassen übernehme der Beigeladene. Dies erfolge in gleicher Weise bei
den Privatpatienten. Auch hier schreibe der Beigeladene die Rechnung an den Patienten. Auf dieser Rechnung stehe auch der
Briefkopf des Beigeladenen. Der Kläger als Behandler sei aber vermerkt. Bei Absage eines Patienten fehlten ihm die Einnahmen.
In diesem Fall habe er aber auch nicht 30 % an den Beigeladenen zu zahlen. Eine Miete zahle er nicht. Hinsichtlich der Therapieberichte
schreibe der Kläger diese selbst mit seinem Briefkopf. Ein spezieller Briefkopf der Beigeladenen existiere nicht. Die Patientenkartei
verbleibe in der Praxis und werde dort datenschutzrechtlich ordnungsgemäß behandelt. Der Kläger hat dargelegt, dass er für
Hausbesuche seine eigene mobile Liege verwende. Außerdem habe er ein Auto geleast, das er auch für die Tätigkeit bei dem Beigeladenen
benutze. Dieses Auto benutze er für seine Tätigkeit insgesamt. Steuerrechtlich führe er ein Fahrtenbuch.
Der Kläger hat im Nachgang dargelegt, dass er ca. 30,5 % seiner Einnahmen aus der Tätigkeit für den Beigeladenen einnimmt,
60,5 % aus der Tätigkeit für die Praxis S. und 9 % hinsichtlich seiner privaten Tätigkeit. Wenn er seine Kosten aufliste,
seien für das Jahr 2016 2.853,00 EUR und für das Jahr 2017 4.931,47 EUR anteilsmäßig hinsichtlich der Tätigkeit für den Beigeladenen
angefallen. Für das Jahr 2017 seien die Einnahmen 36 % der Gesamteinnahmen gewesen.
Nach schriftlichen Hinweisen des Gerichts mit Schreiben vom 04.06.2020 hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, es sei von
einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen. Er gab nunmehr an, in der Praxis S. in B-Stadt ca. 45 % seiner Arbeitszeit tätig
zu sein. Hier sei das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit anerkannt. Hinsichtlich der Praxis des Beigeladenen arbeite
er ebenfalls ca. 45 %. In seinen eigenen Räumen unterhalte er eine Privatpraxis. Dies umfasse ca. 10 % seiner Tätigkeit. Die
Tätigkeiten hinsichtlich der Praxis des Beigeladenen und der Praxis S. würden sich nicht unterscheiden. In seiner eigenen
Praxis behandele er nur Privatpatienten. In den Praxen des Beigeladenen und in der Praxis S. behandele er im Rahmen deren
Zulassung als Leistungserbringer. Er sei jedoch deswegen nicht in eine fremde Betriebsorganisation eingegliedert. Er habe
lediglich ein Nutzungsrecht an Praxisräumen und er müsse gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherern die Abrechnungswege
nutzen. Er führe eine eigene Patientenkartei innerhalb der Praxis, gesondert abschließbar. Es sei ein eigener Patientenstamm
gegeben. Dieser sei zum Teil bei Aufnahme der Tätigkeit bereits vorhanden gewesen und habe sich durch persönliche Empfehlungen
erweitert. Der Kläger nutze lediglich Raum und Liege. Andere Betriebsmittel wie Bälle, Rollen oder auch Öle, Schlingentrainer
und Desinfektionsmittel stelle der Kläger jeweils zu den Behandlungen selbst. In Bezug auf Hausbesuche gebe es keine Fahrtkostenerstattung
durch die Krankenkassen, es gebe allerdings eine Hausbesuchspauschale. Diese stehe nach der Vereinbarung zwischen dem Kläger
und dem Beigeladenen dem Kläger zu 100 % zu, werde also ohne Abzüge an den Kläger weitergegeben. Ansonsten gelte der übliche
Schlüssel 70/30. Der Kläger habe von Anfang der Zusammenarbeit an eigene Praxisschlüssel, so dass er die Räume in der Praxis
des Beigeladenen auch außerhalb von dessen Betriebszeiten nutzen könne. Auf der derzeitigen Homepage des Klägers werde die
Tätigkeit in allen Praxen bekanntgegeben.
In rechtlicher Hinsicht seien die Entscheidungen des BSG vom 04.06.2019 und vom 07.06.2019 von den Sachverhalten her gerade nicht übertragbar. Es seien jedoch auch nach diesen Entscheidungen
die Umstände der Erbringung der Leistung und die Eingliederung in die Arbeitsabläufe maßgebend.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.05.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.05.2018 zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen
Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.05.2018 ist aufzuheben.
Der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2017 ist rechtmäßig. Der Kläger
war in seiner Tätigkeit für den Beigeladenen als Physiotherapeut abhängig beschäftigt und deshalb in der GKV, GRV und SPV
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der GKV, GRV und SPV sowie nach
dem Recht der Arbeitsförderung (§
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V, §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI, §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB XI und §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III). Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einer Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen z. B.
BSG, Urteil vom 16.08.2017, B 12 KR 14/16 R, BSG, Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit
setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite
zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen
der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG a. a. O.).
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den
die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit
der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt
der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit
vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung
notwendig machen (BSG, Urteil vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R).
Das BSG hat hinsichtlich der Tätigkeit eines Physiotherapeuten in einer Praxis dargelegt, dass die insoweit maßgebenden Regelungen
des Leistungserbringungsrechts zwar keine zwingende, übergeordnete oder determinierende Wirkung besitzen (BSG, Urteil vom 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R). Die sogenannten regulatorischen Vorgaben sind aber bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung sehr wohl zu berücksichtigen.
Im Fall der Leistungserbringung durch Krankenhäuser hat der 12. Senat des BSG klargestellt, dass insoweit die regulatorischen Rahmenbedingungen im Regelfall die Eingliederung des Personals in die Organisations-
und Weisungsstruktur des Krankenhauses bedingen (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019, B 12 R 11/18 R und BSG, Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R).
Für den Senat ist daher bei der Gewichtung der Indizien wesentlich zu berücksichtigen, dass der Kläger vorliegend selbst keine
Zulassung als Leistungserbringer hatte, sondern allein der Beigeladene. Nur dieser war berechtigt, unter Einhaltung organisatorischer
und personeller Voraussetzungen die erbrachten Leistungen gegenüber den Leistungsträgern abzurechnen und damit zu erbringen.
Insoweit sind in den Rahmenempfehlungen gem. §
125 Abs.
1 SGB V Strukturen u.a. in Bezug auf Datenschutz (§
7), organisatorische Voraussetzungen (§ 11), personelle Voraussetzungen (§12) festgelegt und erforderlich. Ein Tätigwerden
außerhalb dieser Strukturen wäre unzulässig und könnte zum Verlust der Zulassung führen. Innerhalb dieser Struktur, die einem
Qualitätsmanagement unterliegt, hat der Kläger seine Leistungen für den Beigeladenen erbracht. Er war daher für die Ausübung
seiner Tätigkeit auf die Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation, wie sie der Beigeladene vorhält, angewiesen. Insoweit
hat der Kläger die Strukturen des Leistungserbringers genutzt und war in die betriebliche Organisation des Beigeladenen funktionsgerecht
dienend eingegliedert. Der Kläger hat die Praxisräume und die Infrastruktur der Praxis (Patientenkartei, Abrechnung) genutzt.
Dass er dabei auch einen eigenen Terminkalender geführt hat, ist von untergeordneter Bedeutung. Hinsichtlich seiner Tätigkeit
war er wie ein festangestellter Beschäftigter des Beigeladenen tätig. Er hat in diesem Zusammenhang auch Urlaubs- und Krankheitsvertretungen
wahrgenommen. Im Wesentlichen hat er seine Tätigkeit mit den Betriebsmitteln des Beigeladenen und in den Räumen des Beigeladenen
ausgeübt. Davon zu unterscheiden ist seine Tätigkeit, die er bei sich zu Hause ausgeübt hat. Diese Räume hat er für die Patienten
im Rahmen der Tätigkeit für den Beigeladenen nicht genutzt. Auch die konkret erfolgte Abrechnung spricht für eine Eingliederung
des Klägers. Die Art und Weise der Abrechnung der erbrachten Behandlungen gegenüber den Krankenkassen unterschied sich nicht
von denen der anderen Mitarbeiter. Die Patientenakten der vom Kläger behandelten Patienten sind in der Praxis des Beigeladenen
verblieben. Der Beigeladene hat die Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufbewahrung und anschließend datenschutzrechtlich
nicht zu beanstandende Vernichtung der Patientenakten übernommen.
Dem Umstand, dass Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld nicht vereinbart waren, kommt kein entscheidendes Gewicht
zu, denn es ist typisch, dass bei Vertragsgestaltungen, bei denen von selbständiger Tätigkeit ausgegangen wird, solche den
Arbeitnehmer schützenden Rechte nicht vereinbart werden und ein einseitiges Risiko besteht. Allein die Belastung des Beschäftigten
mit solchen zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit (BSG, Urteil vom 25.01.2001, B 12 KR 17/00 R Rn. 24 juris).
Auch die Bezahlung des Klägers spricht nicht für eine selbständige Tätigkeit. Es erfolgte eine Abrechnung anhand der erbrachten
Leistungen der Krankenversicherung abzüglich einer prozentualen Pauschale. Eine eigene Abrechnung hat auch bei Privatpatienten
nicht stattgefunden. Der Kläger hat letztlich eine Vergütung für seine Arbeitskraft im Rahmen der Betriebsstruktur des Beigeladenen
erhalten. Innerhalb der betrieblich vorgegebenen Ordnung - verglichen mit angestellten Physiotherapeuten - hatte der Kläger
keine ins Gewicht fallende Freiheit hinsichtlich Gestaltung und Umfang der Arbeitsleistung innerhalb des einzelnen Dienstes.
Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht grundsätzlich jeweils auf die Verhältnisse
abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (BSG, Urteil vom 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R).
Für eine Selbstständigkeit sprechende Anhaltspunkte, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie die Eingliederung des Klägers
aufwiegen könnten oder überwiegen könnten, sind nicht ersichtlich. Zwar spricht für eine Selbstständigkeit des Klägers, dass
er selbstständig Terminvereinbarungen mit den Patienten treffen konnte, auch Patienten selbst akquirierte und in die Praxis
einbrachte und keine festen Arbeitszeiten, kein fester Stundensatz und kein monatliches Arbeitsentgelt vereinbart war. Auch
konnte der Kläger die Folgetermine und auch Ersttermine selbst vereinbaren. Andererseits richtete sich die Arbeitszeit nach
den Wünschen der Patienten entsprechend der rezeptierten Behandlungen innerhalb der vereinbarten Arbeitsmöglichkeiten in der
Praxis des Beigeladenen. Insoweit war eine Abstimmung erforderlich. Die Patienten waren alle ausschließlich mit dem Beigeladenen
vertraglich verbunden. Dem Umstand, dass der Kläger für die Patienten als selbstständiger Mitarbeiter aufgrund von mündlichen
Hinweisen und dem Praxisschild erkennbar war, kommt kein entscheidendes Gewicht zu. Dass der Kläger nunmehr auch im Internet
seine verschiedenen Arbeitsfelder ausweist, ist daher ebenfalls nicht von Belang. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R) ist die Wahrnehmung durch Dritte für die rechtliche Bewertung der Eingliederung ohne Belang. Außerdem hat die vom Kläger
im Erörterungstermin übergebene Visitenkarte lediglich seine Privatanschrift angegeben. Die Tätigkeit für den Beigeladenen
war daraus nicht ersichtlich. Auch die Tatsache, dass der Kläger Hausbesuche unter Einsatz seines eigenen Pkw s durchgeführt
hat und insoweit seine eigene Praxisliege verwendet hat, steht der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht
entgegen. Der Kläger hat insoweit die Fahrtkostenpauschale, die von den Krankenkassen erstattet wird, vollumfänglich erhalten.
Sie ist von dem Beigeladenen zu 100 % an den Kläger weitergegeben worden. Das Vorbringen einer strikten Trennung der Patientenstämme
wurde vom Kläger nicht belegt. Dies kann jedoch auch dahinstehen. Die Abrechnungen erfolgten durch die Praxis des Beigeladenen.
Offen bleiben kann auch, ob der Kläger den Praxisschlüssel jeweils an den Behandlungstagen oder, entsprechend den späteren
Einlassungen, generell erhalten hat. Diesen Umständen kommt kein entscheidendes Gewicht zu.
Maßgebend ist vielmehr, dass der Kläger kein nennenswertes Unternehmerrisiko trug. Für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos
ist maßgeblich, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg
des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist insoweit ein Risiko, welches über
die Gefahr hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen. Vorliegend hat der Kläger kein wesentliches eigenes
Wagniskapital hinsichtlich der Tätigkeit für den Beigeladenen eingesetzt. Er war auch im wirtschaftlichen Erfolg der Praxis
des Beigeladenen nicht eigenständig und unabhängig vom Ausmaß des eigenen persönlichen Arbeitseinsatzes beteiligt. Er hat
für die ihm zur Verfügung gestellten Praxisräume keine Miete bezahlt und hat sich auch damit nicht der Gefahr ausgesetzt,
mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen werden. Es bestand keine Vereinbarung dahingehend, dass
der Kläger einen festen Betrag für die Nutzung der Ausstattung und der Räumlichkeiten an den Beigeladenen, unabhängig von
der tatsächlichen Nutzung zu zahlen hatte. Aufgrund der getroffenen Vergütungsabrede entstanden dem Kläger keine Kosten, wenn
er keine Einnahmen erzielte. Die Vergütung des Klägers ist dahingehend erfolgt, dass er für jeden behandelten Patienten vergütet
worden ist. Er hat insoweit nach dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geschlossenen Vertrag als Honorar 70 % des von
ihm erzielten Umsatzes erhalten. Die Abrechnung erfolgte monatlich auf der Grundlage der jeweils gültigen Honorarvereinbarungen
mit den Krankenkassen bzw. bei Privatpatienten auf Grundlage der im Einzelfall mit diesen getroffenen Honorarvereinbarungen.
Allein die Tatsache, dass 30 % des vom Kläger erzielten Umsatzes beim Beigeladenen verblieben ist, führt nicht zum Vorliegen
einer selbstständigen Tätigkeit. Der vereinbarte Abschlag fiel nur bei einem Gegenanspruch auf Vergütung an und wurde direkt
mit diesem verrechnet. Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist aber, ob eigenes Kapital auch unter der Gefahr
eines Verlustes eingesetzt wird, so dass der Erfolg des Einsatzes der Mittel ungewiss ist (BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 Rdnr. 27 juris). Auch aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner
Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R Rdnr. 21 juris; vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 05.03.2020, L 1 BA 14/18 Rdnr. 42). Hinsichtlich der vom Kläger dargelegten Kosten seiner Tätigkeit für den Beigeladenen wäre hinsichtlich des benutzten
Pkw s eine Relevanz nur hinsichtlich der Hausbesuche gegeben. Insoweit wurde aber die Kostenpauschale der Krankenkassen vollumfänglich
an den Kläger weitergeleitet.
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarung und deren tatsächlicher Umsetzung
überwiegen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung, so dass die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des
§
7 SGB IV sowie die grundsätzliche Versicherungspflicht zu den hier maßgeblichen Zweigen der Sozialversicherung durch die Beklagte
mit den angefochtenen Bescheiden rechtmäßig erfolgte. Die hier nicht streitgegenständliche Frage, ob hinsichtlich der Tätigkeit
des Klägers in der Praxis S., für welche die Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben und Sozialversicherungspflicht verneint hat,
aufgrund einer möglichen hauptberufliche selbstständigen Tätigkeit nunmehr Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung
und der sozialen Pflegeversicherung (§
5 Abs.
5 SGB V, §
1 Abs.
2 SGB XI) angenommen werden könnte, wird von der Beklagten nach Abschluss des Verfahrens zu prüfen sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Die Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Eigene Anträge wurden nicht gestellt.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
1, Abs.
2 SGG liegen nicht vor.