Keine darlehensweise Übernahme von Reparaturkosten bzw. Anschaffungskosten für ein Kraftfahrzeug im Rahmen der Förderung einer
beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die darlehensweise Übernahme von Reparaturkosten bzw. Anschaffungskosten
für ein Kraftfahrzeug (Kfz) im Rahmen der Förderung einer beruflichen Weiterbildung.
Nach der Erteilung eines Bildungsgutscheines zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (Schreiben der Antragsgegnerin -Ag-)
vom 14.08.2015 nahm der Antragsteller (ASt) am 01.09.2015 eine bis 31.08.2018 dauernde Ausbildung zum Altenpfleger bei der
"G. T. - Leben in H." auf. Für die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme bewilligte der Ag mit Bescheid vom 28.09.2015 Lehrgangskosten
iHv 12.238,20 EUR und Fahrkosten iHv 8.920,20 EUR (September 2015 bis August 2017 monatlich 249,70 EUR und September 2017
bis August 2018 monatlich 243,95 EUR). Daneben wurde von der Ag Arbeitslosengeld iHv 13,56 EUR täglich für Oktober 2015, iHv
7,08 EUR täglich für November 2015, iHv 13,56 EUR für Dezember 2015 bis August 2016 und iHv 11,96 EUR ab September 2016 (zuletzt
Änderungsbescheid vom 23.10.2015).
Am 25.09.2015 und 28.09.2015 sprach der ASt bei der Ag vor und bat um Bewilligung von Leistungen im Hinblick auf die Reparatur
seines Kfz. Nach einem entsprechenden Aktenvermerk der Ag wurde ihm darauf mitgeteilt, es könnten im Rahmen der Förderung
der beruflichen Weiterbildung keine Reparaturkosten übernommen werden. Er könne in einen anderen Praxisbetrieb mit Anschluss
zum ÖPNV wechseln oder zum Beispiel eine Fahrgemeinschaft mit Kollegen bilden. Auf Antrag des ASt wurden ihm Abschlagszahlungen/Vorschüsse
am 29.09.2015 (357,76 EUR wegen Kfz-Reparatur), 16.10.2015 (215 EUR wegen Autokaufs) und 23.10.2015 (90 EUR wegen Kfz-Versicherung)
gewährt.
Der ASt hat am 02.10.2015 beim Sozialgerichts Bayreuth (SG) im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Ag zur Gewährung eines Darlehens von mindestens 3.000 EUR,
rückzahlbar mit 100 EUR monatlich, beantragt. Für die Fahrten von seinem Wohnort (A-Stadt) nach H. sei er mangels öffentlicher
Verkehrsmittel auf einen Pkw angewiesen. Dieser habe einen Getriebeschaden und eine Reparatur werde ca. 4.500 EUR kosten.
Dieses Geld habe er nicht. Die Ag habe die Gewährung eines Darlehens für eine etwaige Reparatur oder die Anschaffung eines
Ersatzfahrzeugs abgelehnt. Ohne Kfz werde er seine Ausbildungsstelle wieder verlieren. Mit Beschluss vom 12.10.2015 hat das
SG den Antrag abgelehnt. Das Gesetz sehe keinen Anspruch auf Gewährung eines Darlehens zur Finanzierung von Kfz-Reparaturkosten
bzw. zum Erwerb eines Ersatz-Kfz vor. Die Anschaffung, Unterhaltung und Reparatur eines Kfz sei Privatangelegenheit und aus
den allgemeinen Mitteln, die für den Unterhalt zur Verfügung stehen, zu bestreiten. Der Weg von und zu der Arbeits-/Ausbildungsstelle
sei vom Arbeitnehmer/Auszubildenden selbst zu organisieren und zu bezahlen. Insofern beziehe der ASt unter Berücksichtigung
seiner Ausbildungsvergütung, Fahrkosten und Arbeitslosengeld monatlich 1.006 EUR.
Dagegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er brauche das Darlehen jetzt, wobei ihm auch schon
1.500 EUR genügen würden. Er sehe seinen Arbeitsplatz, für den er lange gekämpft habe, in Gefahr. Sein Auto habe er von eigenen
Mitteln angeschafft, aber nicht vorhersehen können, dass das Getriebe nach fünf Wochen kaputt gehe.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug
genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), aber nicht begründet. Das SG hat vorliegend zu Recht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Bezug auf das vom ASt geltend gemachte Begehren zur Regelung
eines vorläufigen Zustandes stellt vorliegend §
86b Abs
2 Satz 2
SGG dar, denn er begehrt die Gewährung eines Darlehens zur Reparatur bzw. Anschaffung eines Kfz.
Insoweit ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der
Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren
Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes
- das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche
Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§
86b Abs
2 Satz 2 und
4 SGG i.V.m. §
920 Abs
2, §
294 Zivilprozessordnung -
ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer,
SGG, 11. Aufl, §
86b Rn 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes
sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen
Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde
Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen.
In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden
(vgl BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06; weniger eindeutig BVerfG, Beschluss vom 04.08.2014 - 1 BvR 1453/12).
Ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben. Die Gewährung eines Darlehens zur Reparatur bzw. Anschaffung eines Kfz kann der
ASt von der Ag nicht begehren.
Nach §
81 Abs
1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) könne Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert
werden, wenn (1.) die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende
Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt
ist, (2.) die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und (3.) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme
für die Förderung zugelassen sind. Die Anspruchsvoraussetzungen sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Ag hat dem ASt
insofern mit Bescheid vom 28.09.2015 dementsprechend Lehrgangs- und Fahrkosten bewilligt.
In §
83 Abs
1 SGB III ist für die Weiterbildungskosten abschließend (vgl dazu Urteil des Senats vom 27.01.2015 - L 10 AL 253/13 -; Hassel in Brand,
SGB III, §
83 Rn 2) geregelt, dass nur die durch die Weiterbildung unmittelbar entstehenden Lehrgangskosten und Kosten für die Eignungsfeststellung
(Nr 1), Fahrkosten (Nr 2), Kosten für auswärtige Unterbringung und Verpflegung (Nr 3) und Kosten für die Betreuung von Kindern
(Nr 4) übernommen werden können. Hierunter fallen die geltend gemachten Kosten für die Reparatur eines Kfz oder die Ersatzanschaffung
eines Kfz nicht. Im Hinblick auf Fahrkosten verweist §
85 SGB III dabei auf §
63 Abs
1 und
3 SGB III. Insofern werden solche Kosten nicht von §
63 Abs
3 Satz 1
SGB III erfasst, wonach die Fahrkosten in Höhe des Betrags zugrunde gelegt werden, der bei Benutzung des zweckmäßigsten regelmäßig
verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels in der niedrigsten Klasse zu zahlen ist; bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel
wird für Fahrkosten die Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes zugrunde gelegt. Demnach kann der ASt nur die Kosten beanspruchen, die bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehen
oder eine Wegstreckenentschädigung. Unter beides lässt sich die Reparatur des Kfz oder eine Ersatzbeschaffung nicht subsumieren.
Eine andere Anspruchsgrundlage, nach der solche Kosten von der Ag beansprucht werden könnten - sei es auch nur als Darlehen
- ist nicht gegeben. Insbesondere ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der ASt behindert wäre und insofern ein Anspruch
auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht käme. Die Gewährung von Förderleistungen aus dem Vermittlungsbudget
(§
44 SGB III) erfordert das Anbahnen oder die Aufnahme einer Beschäftigung. Die Ausbildung hat der ASt aber bereits aufgenommen, so dass
eine diesbezügliche Förderung nicht mehr notwendig iSv §
44 Abs
1 Satz 1
SGB III ist (vgl BSG, Urteil vom 04.03.2009 - B 11 AL 50/07 R - SozR 4-4300 §
53 Nr 2; Rademacker in Hauck/Noftz,
SGB III, Stand 05/2012, §
44 Rn 25).
Eine Förderung der beruflichen Eingliederung durch Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme (§
45 Abs
1 Satz 1 Nr
5 SGB III) steht im Ermessen der Ag. Unabhängig davon, dass die Notwendigkeit von Reparaturen nicht nachgewiesen ist - in der Akte
finden sich keinerlei Belege -, und offenbar auch kleinere Reparaturen genügen - vgl dazu die ausgezahlten Abschlagszahlungen
-, ist eine Ermessensreduzierung auf Null nicht erkennbar, zumal schon nicht hinreichend dargelegt worden ist, dass die Ausbildungsstätte
tatsächlich nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, es dem ASt nicht möglich oder zumutbar wäre, eine Fahrgemeinschaft
oder Mitfahrgelegenheit zu finden bzw. die betriebliche Ausbildungsstelle so zu wechseln, dass er sie mit den ihm zur Verfügung
stehenden Mitteln erreichen kann.
Die Beschwerde hat demnach keinen Erfolg und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des ASt.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).