Rechtmäßigkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes im sozialgerichtlichen Verfahren wegen des unentschuldigten Ausbleibens
einer ordnungsgemäß geladenen Zeugin
Gründe:
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen das ihr auferlegte Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro.
In einem Schwerbehindertenverfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) ersuchte das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Schwaben (ZBFS) am 14.07.2009 das Sozialgericht Augsburg, die Beschwerdeführerin
als Zeugin vorzuladen. Diese sei am 22.04.2009 aufgefordert worden, über ihren Patienten R. B., dem Antragsteller im Verfahren
nach dem
SGB IX, einen Befundbericht vorzulegen. Auf die Mahnung vom 04.05.2009 habe sie nicht geantwortet.
Das Sozialgericht informierte die Beschwerdeführerin am 23.07.2009 über das vom ZBFS gestellte Rechtshilfeersuchen. Es kündigte
an, sie als Zeugin vorzuladen, damit sie den Bericht abgebe und stellte ihr anheim, bis 21.08.2009 den schriftlichen Befundbericht
zu übersenden. Bei rechtzeitigem Eingang könne der Beweistermin abgewendet werden. Zugleich wies das Sozialgericht darauf
hin, im Falle unentschuldigten Fernbleibens müsse Ordnungsgeld verhängt werden. Da der Befundbericht nicht einging, setzte
das Sozialgericht der Beschwerdeführerin eine weitere Frist bis 18.09.2009. Auch hierauf reagierte die Beschwerdeführerin
nicht.
Am 21.09.2009 verfügte das Sozialgericht die Ladung der Beschwerdeführerin als Zeugin auf den 15.10.2009. In der der Beschwerdeführerin
mit Postzustellungsurkunde vom 29.09.2009 zugestellten Ladung wies das Sozialgericht erneut auf die Festsetzung von Ordnungsgeld
im Falle unentschuldigten Fernbleibens hin. Es teilte mit, weitere Erinnerungen würden nicht erfolgen. Die Ladung sei aber
gegenstandslos, wenn der Befundbericht bis spätestens 02.10.2009 bei Gericht eingehe.
Im Beweisaufnahmetermin vom 15.10.2009 erschien die Beschwerdeführerin nicht. Das Sozialgericht setzte gegen sie 500,00 Euro
Ordnungsgeld fest und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, zwei Tage Ordnungshaft. Die Beschwerdeführerin
sei trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Entschuldigung nicht erschienen.
Der Ordnungsgeldbeschluss wurde der Beschwerdeführerin mit Postzustellungsurkunde am 20.10.2009 zugestellt. Einen weiteren
auf 25.11.2009 anberaumten Beweisaufnahmetermin hob das Sozialgericht auf, nach dem der Befundbericht am 02.11.2009 eingegangen
war.
Ebenfalls am 02.11.2009 legte die Beschwerdeführerin gegen den Ordnungsgeldbeschluss Beschwerde ein. Sie entschuldigte sich
für die verspätete Abgabe des Befundberichts und führte hierfür ihre hohe Arbeitsbelastung und einen Personalwechsel in der
Praxis an. In einem weiteren Schreiben vom 30.12.2009 bat sie um Information, welcher Tatbestand Grundlage des Beschwerdeverfahrens
sei und welcher Inhalt sich hinter dem Beschluss des Sozialgerichts Augsburg verberge. Der Senat teilte ihr am 12.01.2010
den Sachverhalt mit, der zu dem Ordnungsgeldbeschluss geführt hatte und wies darauf hin, dass ihr Vorbringen keine hinreichende
Entschuldigung sei. Es wurde ihre Gelegenheit zur Stellungnahme bis 01.02.2010 eingeräumt. Eine weitere Erklärung ging nicht
ein.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 15.10.2009 aufzuheben.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), aber unbegründet. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500,00 Euro ist rechtmäßig.
Im Wege der Rechtshilfe kann eine Behörde gemäß § 22 Abs. 1 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) ein Gericht ersuchen, eine Person als Zeugen bzw. als sachverständigen Zeugen einzuvernehmen, wenn diese ohne Rechtfertigungsgründe
eine nach § 21 Abs. 3 SGB X erbetene Aussage verweigert. Nach §
118 Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
380 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten und zugleich
ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt nach §
381 Abs.
1 Satz 1
ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich,
werden die getroffenen Anordnungen nach §
381 Abs.
1 Satz 3
ZPO aufgehoben. Für die Höhe des Ordnungsgeldes setzt Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum
Strafgesetzbuch (EGStGB) einen Rahmen zwischen 5,00 Euro und 1.000,00 Euro. Voraussetzung für die Verhängung von Ordnungsgeld ist demnach, dass die
Beschwerdeführerin ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen ihres Nichterscheinens hingewiesen worden ist. Dies trifft hier
zu. Die Ladung zum Termin wurde der Beschwerdeführerin mit Postzustellungsurkunde vom 29.09.2009 in den zu ihrer Praxis gehörenden
Briefkasten eingelegt. Dass sie ihr Fernbleiben vor dem Termin rechtzeitig entschuldigt hätte, behauptet die Beschwerdeführerin
nicht. Ihre nachträgliche Erklärung in der Beschwerdeschrift enthält keine genügende Entschuldigung, die zur nachträglichen
Aufhebung des Ordnungsmittels reichen könnte.
Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes kann nur dann aufgehoben werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der
Verspätung kein Verschulden trifft. Was als Entschuldigungsgrund gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen unter
Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls. Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben
nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen (Thomas/Putzo,
ZPO, 30. Aufl., §
381 Rn. 2).
Die von der Beschwerdeführerin angeführten Gründe, nämlich Arbeitsüberlastung und Personalwechsel in der Praxis sind keine
Gründe, die ihr Ausbleiben hinreichend entschuldigen könnten. Hinzukommt, dass der Ladung zum Beweisaufnahmetermin auf den
15.01.2009 nicht nur eine Mahnung des ZBFS vorangegangen war, sondern zwei Aufforderungen des Sozialgerichts, nämlich am 23.07.2009
und 24.08.2009, in denen auf die Rechtsfolgen unentschuldigten Ausbleibens hingewiesen wurde. Es handelt sich somit um eine
hartnäckige Weigerung der Beschwerdeführerin, ihre Pflicht als Zeugin und als behandelnde Ärztin gegenüber einem ihrer Patienten
zu erfüllen. Die Festsetzung von Ordnungsgeld ist damit rechtmäßig.
Auch der Höhe nach erweist sich der Ordnungsgeldbeschluss als rechtmäßig. Einwände gegen die Höhe des Ordnungsgeldes wurden
von der Beschwerdeführerin nicht erhoben und sind auch in Anbetracht ihrer beruflichen Stellung als niedergelassene Ärztin
nicht erkennbar. Nach der Rechtsprechung ist eine eingehende Begründung der Ermessensentscheidung zur Höhe des Ordnungsgeldes
nicht erforderlich, wenn sich das Ordnungsgeld - wie hier - im mittleren Bereich hält (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
111 Rn. 6b).
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 15.10.2009 nicht zu beanstanden ist.
Die dagegen erhobene Beschwerde war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des §
197a SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 und
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach sind demjenigen, der unterliegt bzw. der ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
§
197a SGG findet hier Anwendung, weil die Beschwerdeführerin nicht zu den kostenprivilegierten Personen des §
183 SGG gehört. Danach sind nur Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen
oder Sonderrechtsnachfolger von Gerichtskosten befreit, wenn sie als Kläger oder Beklagte in einem Rechtsstreit vor den Sozialgerichten
beteiligt sind. Die Beschwerdeführerin ist als Zeugin nicht diesem Personenkreis zuzurechnen (Meyer-Ladewig, aaO.,
§ 176 Rn. 5). Ihr waren daher die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§
177 SGG).