Gründe:
I. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) wendet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Übernahme der durch die Beauftragung
des Prof. Dr. H. entstandenen Kosten auf die Staatskasse.
Die Klägerin und Bf. begehrte in dem Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg die Feststellung, dass es sich bei
dem Ereignis vom 14. Juli 2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, bzw. die Gewährung von Leistungen. Die Bf. war als Schülerin
am Ende des Unterrichts von einer Treppe gestürzt und mehrere Stufen herabgefallen. Nach Augenzeugenangaben war sie sofort
bewusstlos. Der Durchgangsarzt hatte keine äußeren Verletzungszeichen festgestellt. Im Rahmen einer stationären Behandlung
vom 14. Juli bis 18. August 2008 wurde eine hypoxische Hirnschädigung bei Zustand nach Reanimation bei Kammerflimmern, ein
Verdacht auf Myokarditis und ein Verdacht auf Aspirationspneumonie festgestellt. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2009 hatte die Beklagte die Gewährung von Leistungen abgelehnt, weil die Voraussetzungen
eines Versicherungsfalls nicht gegeben seien.
Das Sozialgericht hat ärztliche Befunde beigezogen und ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. G. vom 28. April
2010 eingeholt. Das vom Notarzt nachgewiesene Kammerflimmern könne nicht durch den Treppensturz verursacht worden sein. Alles
spreche dafür, dass eine akute Herzrhythmusstörung die Ursache für die Bewusstlosigkeit gewesen sei und es dadurch zu dem
Treppensturz gekommen sei. Die Rhythmusstörungen seien am ehesten durch eine akute Myokarditis verursacht.
Der auf klägerischen Antrag gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) gehörte Leiter der Abteilung für Neuropädiatrie des H. Kinderspitals M., Prof. Dr. F. H., ist in seinem mit dem Internisten
Dr. T. R. erstellten Gutachten vom 24. Oktober 2011 unter Einbezug eines kinderkardiologischen Zusatzgutachtens des PD D.
P. vom 15. September 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass überwiegend wahrscheinlich das Vorliegen einer inneren Krankheitsursache
sei, welche zu einer plötzlich auftretenden Herzrhythmusstörung mit Bewusstlosigkeit und Treppensturz geführt hat. Das Vorliegen
einer Commotio cordis (durch Gewalteinwirkung auf den Brustkorb ausgelöste Herzrhythmusstörung) könne gemäß dem Krankheitsverlauf
ausgeschlossen werden. Demgegenüber habe das EKG ergeben, dass eine spezifische Form des Kammerflimmerns, wie sie bei angeborenen
Erkrankungen der Herz-Depolarisation und Herz-Repolarisation vorliegen könne ("Torsade de points"), bestehe. Eine Myokarditis
sei zwar möglich, aber weniger wahrscheinlich.
Mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 22. Dezember 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da eine innere Ursache,
nämlich ein Kammerflimmern, ursächlich für den eingetretenen Gesundheitsschaden gewesen sei. Das Sozialgericht hat sich dabei
sowohl auf das Gutachten des Dr. G. als auch des Prof. Dr. H./Dr. R./PD Dr. D. P. gestützt. Welche Ursache nun genau verantwortlich
sei, könne dahingestellt bleiben. Das Sozialgericht hat es für erwiesen erachtet, dass der Treppensturz nicht durch eine Einwirkung
von außen - sei es in Form eines Schubsens, Stolperns o.ä. - erfolgt sei; dieser sei vielmehr durch das zuvor infolge einer
inneren, nicht versicherten Ursache eingetretene Kammerflimmern verursacht worden.
Einen Antrag auf Übernahme der Kosten des Gutachtens des Prof. Dr. H./Dr. R. einschließlich des Zusatzgutachtens des PD Dr.
D. P. auf die Staatskasse hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 abgelehnt. Auch diese hätten eine innere
Ursache als verantwortlich für die Gesundheitsschäden angesehen. Das Gutachten habe die Sachaufklärung nicht wesentlich gefördert.
Dass eine andere innere Ursache als Grund genannt werde, sei für die Entscheidung unerheblich.
Zur Begründung der am Montag, den 30. Januar 2012 eingegangenen Beschwerde hat die Klägerin auf die unterschiedliche Begründung
der Gutachten hingewiesen. Während Dr. G. seine Beurteilung weitgehend auf Vermutungen stütze, stütze Prof. Dr. H. und Dr.
D. P. diese auf wissenschaftliche Erkenntnisse, Untersuchungsergebnisse und Untersuchungsprotokolle. Er komme damit auch -
hinsichtlich der Myokarditis - zu einem abweichenden Ergebnis. Die genetischen Ursachen seien von Dr. G. nicht berücksichtigt
worden. Die Gutachten des Prof. Dr. H./Dr. R. und des PD Dr. D. P. hätten somit der Aufklärung des Sachverhalts gedient.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht (§
173 SGG) erhoben. Die Zustellung des Beschlusses an die Prozessbevollmächtigte der Bf. erfolgte am 28. Dezember 2011, so dass die
einmonatige Beschwerdefrist am Montag, den 30. Januar 2012 abgelaufen ist. An diesem Tag ist die Beschwerde bei Gericht eingegangen.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Kosten einer Begutachtung nach §
109 SGG von dem Antragsteller zu tragen sind, steht im Ermessen des Gerichts. Die Ermessensentscheidung ist im Beschwerdeverfahren
beschränkt darauf nachprüfbar, ob die Voraussetzungen und die Grenzen des Ermessens richtig bestimmt und eingehalten sind.
Die Übernahme der für ein Gutachten nach §
109 SGG verauslagten Kosten auf die Staatskasse im Wege einer "anderen Entscheidung" ist gerechtfertigt, wenn das Gutachten die Aufklärung
objektiv gefördert hat und somit Bedeutung für die gerichtliche Entscheidung gewonnen hat bzw. hätte. Dabei spielt weder der
Ausgang des Verfahrens noch die Frage eine Rolle, ob das Gutachten die Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil gefördert
und damit dem Rechtsfrieden gedient hat. Entscheidend ist vielmehr, ob durch das Gutachten beispielsweise neue beweiserhebliche
Gesichtspunkte zu Tage getreten sind oder die Leistungsbeurteilung auf eine wesentlich breitere und für das Gericht und die
Prozessbeteiligten überzeugendere Grundlage gestellt wurde.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Gutachten des Prof. Dr. H./Dr. R./PD Dr. D. P. vor. Zum einen stützte sich das Sozialgericht
in der Begründung des Gerichtsbescheides ausdrücklich auch auf diese Gutachten. Zum anderen gelangte Prof. Dr. H. unter Einbezug
des kardiologischen Zusatzgutachtens (EKG) in überzeugender Weise zu dem Ergebnis, dass als wesentliche Ursache für den Gesundheitsschaden
eine genetische Veranlagung war. Im Ergebnis stellte das Sozialgericht zutreffend fest, dass der Sturz mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
durch eine innere Ursache - einem Kammerflimmern - ausgelöst wurde; dies hatte auch bereits Dr. G. angenommen. Im Recht der
gesetzlichen Unfallversicherung ist bei der Beurteilung der Kausalität auf die Theorie der wesentlichen Bedingung abzustellen.
Entscheidend ist vorliegend, ob eine Unfallkausalität, d.h. ein Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und
dem Unfallereignis, gegeben ist. Hieran fehlt es z.B., wenn eine innere Ursache als wesentlich kausal anzusehen ist (siehe
zum Ganzen: BSG vom 09.05.2006, Az.: B 2 U 1/05 R). Um den Ursachenzusammenhang beurteilen zu können, müssen alle möglichen Ursachen, also auch die Konkurrenzursachen, berücksichtigt
werden. Dabei ist es vorliegend zwar nicht erforderlich, eine genaue Diagnose der Vorerkrankung zu stellen, zumindest für
die Beurteilung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist es aber von Bedeutung, inwieweit ein Kammerflimmern medizinisch begründbar
ist. Während Dr. G. hierbei im Ergebnis allein auf eine Myokarditis abstellt, sehen Prof.Dr. H./Dr. R./PD Dr. D. P. eine deutlich
größere Wahrscheinlichkeit in genetischen Ursachen bei der Bf. Für den Senat ist dabei von Bedeutung, dass Dr. G. auch Zweifel
hinsichtlich einer Myokarditis äußerte, da serologisch und mikrobiologisch kein Nachweis einer akuten Infektion erbracht werden
konnte. Ein erbliches Herzleiden konnte er jedoch nicht feststellen. Demgegenüber erläuterte Prof. Dr. H. überzeugend eine
angeborene Erkrankung der Herz-Depolarisation und Herz-Repolarisation als innere Ursache.
Das Vorliegen einer inneren Ursache als Konkurrenzursache wurde daher durch dieses Gutachten auf eine wesentlich breitere
Grundlage gestellt, indem neue beweiserhebliche medizinische Gesichtspunkte zu Tage getreten sind.
Die Kosten für das Gutachten des Prof. Dr. H./Dr. R. sowie des Zusatzgutachtens des Dr. D. P. waren somit in vollem Umfang
auf die Staatskasse zu übernehmen. Der Beschluss des Sozialgerichts ist daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.